Risale-i Nur lesen -Achtundzwanzigster Brief

ABDULLAH4

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Achtundzwanzigster Brief - Acht Problemstellungen


Dieser Brief besteht aus acht Problemstellungen


Achtundzwanzigster Brief - Erste Problemstellung, zugleich erste Abhandlung



»Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Barmherzigen. Falls ihr Traumgesichte deuten könnt.« (Sure 12, 43)




Als wir uns vor drei Jahren einmal getroffen haben, erfüllte sich drei Tage später ein Traum, um dessen Deutung du heute bittest. Dieser schöne, gesegnete, verheißungsvolle Traum von damals ist nun heute längst verjährt. Habe ich also nicht recht, wenn ich angesichts dieses Traumes, der seine Bedeutung inzwischen enthüllt hat, folgendes sage:


»Ich bin weder die Nacht, noch liebe ich die Nacht.





Mein Bruder, ich habe mich in der Tat daran gewöhnt, mit dir die Lektionen über die reine Erkenntnis zu besprechen. Da es nun einmal nicht so ganz der Art und Weise der Wahrheitssuche entspricht, Träume, deren Türen für jede Art von Phantasie offen stehen, auf der Suche nach der Wahrheit zu durchforschen, wollen wir nun hier im Zusammenhang mit deinem Traum in sechs Anmerkungen Kenntnisse des Schlafes und die allgemeinen Erfahrungen mit ihm, der der kleine Bruder des Todes ist, den Versen des Qur’an entsprechend erläutern. Im siebenten werden wir dann eine kurze Auslegung deines Traumes geben.

Erstens: Ein wichtiges Element in der Sure »Yusuf« ist Josefs Traum, wie die Ayah


»Wir gaben euch den Schlaf zu eurer Erholung.« (Sure 78, 9)




gleich vielen anderen Ayat zeigt, dass in Traum und Schlaf viele bedeutende Wahrheiten verschleiert enthalten sind.

Zweitens: Kenner der Wahrheit befürworten es nicht gerade, sich auf eine (nach dem Zufallsprinzip ausgewählte) Stelle im Qur’an als Orakel oder Deutung eines Traumes zu verlassen, denn der Weise Qur’an schlägt die Leute des Unglaubens häufig und heftig. Wenn sich also ein solches Orakel in all seiner Strenge gegenüber den Ungläubigen einem Menschen zeigt, der gerade einen solchen Orakelspruch sucht, treibt es ihn in die Verzweiflung, bringt es sein Herz in Verwirrung. Auch Träume, selbst wenn sie gut sind, erscheinen manchmal als böse, weil sie als der Wahrheit entgegengesetzt betrachtet werden, bringen zur Verzweiflung, zerstören die moralische Kraft, verführen zu negativer Deutung. Es gibt viele Träume, die nach Form und Inhalt schrecklich, verletzend oder unrein, ihrer Bedeutung und Auslegung nach aber sehr schön sind. Da nicht jeder den Zusammenhang zwischen einem Traum, seiner Form, seiner Wahrheit und seiner Bedeutung finden kann, wird er unnötig ängstlich, verzweifelt, traurig und besorgt. Es ist einzig und allein aus diesem Grunde, dass ich anfänglich wie die Kenner der Wahrheit und nach dem Beispiel von Imam Rabbani gesagt habe


»Ich bin weder die Nacht, noch liebe ich die Nacht.«




Drittens: Einer wahren Überlieferung entsprechend zeigte sich eines von vierzig Merkmalen des Prophetentums in Form eines wahren Traums im Schlaf. Das heißt, dass Träume sowohl wahr sind, als auch verbunden mit der Aufgabe der Erfüllung des Prophetentums. Diese dritte Anmerkung ist besonders wichtig, sehr lang, mit dem Prophetentum verbunden und zudem auch tiefschürfend. Wir wollen sie für ein andermal aufheben und öffnen diese Türe jetzt nicht.

Viertens: Träume sind von dreierlei Art. Zwei von ihnen sind nach den Worten des Qur’an


»...wirre Träume.« (Sure 12, 44)




In diesen mit eingeschlossen sind sie es nicht wert, erklärt zu werden. Auch wenn sie einen Sinn haben, sind sie nicht wichtig. Entweder stellt die jeweilige Person infolge einer Abweichung in der Stimmung und kraft ihrer Einbildung entsprechend ihrer Krankheit etwas zusammen und schildert es dann, oder diese Einbildungskraft ruft irgendein aufregendes Ereignis des gleichen Tages oder davor, ja sogar eines, das ihn zu gleicher Zeit ein, zwei Jahre zuvor getroffen hat ins Gedächtnis, verformt und verändert es und gibt ihm wieder eine andere Gestalt. So sind denn auch diese beiden Arten


»...wirre Träume.« (Sure 12, 44)




und es nicht wert, erklärt zu werden.
Was aber die dritte Art betrifft, so handelt es sich hier um wahre Träume. Durch die Sinne, die den Menschen an die von ihm bezeugte Welt binden und die in dieser Welt umherschweifen, sie schließen oder fortsetzen, finden die Blumen des Herrn (latife-i Rabbaniyye) im Wesen des Menschen eine Öffnung, eine unmittelbare Verbindung zur Unsichtbaren Welt. Durch diese Öffnung betrachtet er die kommenden Ereignisse, wie sie sich vorbereiten, begegnet den Erscheinungen auf der Wohlverwahrten Tafel, trifft auf ein Beispiel von der Art der Briefe des Göttlichen Vorherwissens und sieht dort einige wahre Ereignisse. Und gerade über diese Ereignisse verfügt manchmal unsere Einbildungskraft, gewandet sie in das Kleid einer bestimmten Gestalt. Diese Art (Träume) umfasst viele verschiedene Ebenen. Manche von ihnen erweisen sich später als genau das, als was sie zuvor gesehen worden sind. Von anderen erscheint (die Bedeutung) wie hinter einem dünnen Schleier verborgen. Bei wiederum anderen scheint (die Bedeutung) wie unter einer Decke versteckt zu sein.
Es gibt eine ehrenwerte Hadith: Die Träume, die der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei, zu Beginn der Offenbarung geschaut hatte, waren so klar und wahr und deutlich wie die Morgendämmerung.

Fünftens: Ein wahrer Traum gleicht diesem Heraufdämmern einer fortgeschrittenen Vorahnung. Was aber diese Vorahnung betrifft, so hat sie mehr oder weniger ein jeder. Es gibt sie auch bei den Tieren. Ich hatte sogar einmal, diese Vorahnung mit eingeschlossen, zusätzlich zu den schon bekannten äußeren und inneren Sinnesorganen, nach wissenschaftlichen Maßstäben bei Menschen und Tieren noch zwei weitere Sinne entdeckt, die leitenden und stimulierenden Kräfte genannt, vergleichbar dem Gesicht und dem Gehör. Die Leute des Irrweges und die (modernen) Philosophen nennen diese weniger bekannten Sinne fälschlicher und törichter Weise »Naturinstinkte«. Gott bewahre! Nicht naturgegebene Instinkte, sondern eine Art schöpferische Eingebung göttlichen Vorherwissens lenkt und leitet den Menschen und die Tiere. Zum Beispiel: So gehen einige Tiere, wie die Katzen, wenn ihre Augen zu erblinden beginnen, in der Führung göttlicher Vorherbestimmung und finden ein Kraut als Heilmittel für ihre Augen, reiben es in ihre Augen und finden Heilung.
Auch Greifvögel wie die Adler, die gleich einer öffentlichen Gesundheitspolizei der Erde den Auftrag haben, die Kadaver umherziehender Tiere zu beseitigen, werden durch diese Führung göttlicher Vorherbestimmung, diesen intuitiven Sinn einer Vorahnung, diesen göttlichen Antrieb, ausgelöst durch irgendwelche Überreste in einer Entfernung von einer ganzen Tagesreise geleitet und finden (so ihre Beute).
Auch eine kleine, junge Biene, sobald sie in die Welt gekommen und noch keinen Tag alt ist, unternimmt eine ganze Tagesreise durch die Luft, ohne in der Luft ihre Spur zu verlieren und kehrt in der Führung dieser göttlichen Vorherbestimmung und dieses intuitiven Sinnes zurück zu dem Stock (ihres Volkes). Und es wird ein jeder schon häufig erlebt haben, dass während er von jemandem spricht, die Tür aufgeht und eben diese Person völlig unerwartet hereinkommt. Ja es gibt sogar ein kurdisches Sprichwort







d.h. »wenn du von einem Wolf sprichst, halte deinen Stock bereit zu schlagen; denn der Wolf kommt.« Das heißt in einer Vorahnung verspüren die Blumen des Herrn (in Form eines) allgemeinen Eindrucks das Kommen dieses Mannes. Da aber das Bewusstsein (diesen Vorgang) nicht in seinem Geist umfasst, veranlasste es ihn nicht absichtlich, sondern ungewollt, von ihm zu sprechen. Intuitiv begabte Menschen sagen manchmal ein solches Kommen wie ein Wunder (keramet) voraus. Eine Zeitlang war sogar bei mir eine solche Art Sensitivität besonders gesteigert. Ich wollte schon diesen Zustand in eine Regel fassen, fand jedoch nichts dergleichen Treffendes; und so unterließ ich es denn. Unter den Gerechten und besonders den Gottesfreunden findet sich eine solche Vorahnung jedoch besonders hoch entwickelt und zeigt ihre Früchte auf wunderbare Weise. So gibt es denn auch für gewöhnliche Menschen die Erfahrung einer Art Gottesfreundschaft, sodass sie gleich den Gottesfreunden in wahren Träumen unsichtbare und künftige Dinge schauen können. So wie der Schlaf in der Tat für gewöhnliche Leute durch einen wahren Traum einer Stufe der Gottesfreundschaft gleicht, so ist er auch für alle der wunderschöne und prächtige Vorführraum des Herrn dieses Schauspielhauses. Wer jedoch von guter Gesinnung ist, der denkt auch gut. Wer gut denkt, der schaut auch schöne Bilder. Wer in seiner üblen Gesinnung schlecht denkt, schaut auch schlechte Bilder. Ferner ist er für einen jeden ein Fenster in der (von ihm) bezeugten Welt, das in die unsichtbare Welt hinüberblickt. Ferner ist er ein Platz von unbegrenzter Weite und ein Zuschauerraum, der eine Art der Beständigkeit (beka) zeigt und in dem Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft für alle Menschen gleich sind, die (in dieser Welt) gebunden und vergänglich sind. Ferner ist er ein Erholungsort aller beseelten Wesen, die unter der Last und Mühsal des Lebens gebeugt gehen. Es ist aus dergleichen Geheimnissen, dass der Weise Qur’an mit Ayat wie


»Wir gaben euch den Schlaf zu eurer Erholung. (Sure 78, 9)




nachdrücklich über die Bedeutung des Schlafes unterrichtet.

Sechstens und als wichtigstes: Der wahre Traum hat für mich den Grad einer wahrheitsgemäßen Gewissheit erreicht und ist mir durch vielfältige Erfahrung zu einem sicheren Beweis dafür geworden, dass das göttliche Vorherwissen alles umfasst. Besonders in diesen letzten Jahren haben diese Träume in der Tat einen solchen Grad erreicht, dass es für mich sicher geworden ist, dass z.B. selbst das kleinste Ereignis, das ich morgen erleben werde, die unbedeutendsten Handlungen und selbst noch das gewöhnlichste Gespräch bereits aufgeschrieben und (Gott bereits) bekannt ist, bevor es geschieht und während ich es im Traume sehe, ist es für mich zur Sicherheit geworden, dass ich mit meinen Augen lese und nicht mit meinem Mund. Nicht einmal, nicht hundert Mal, ja tausend Mal erwies es sich, dass ich manchmal (im Traum) Menschen gesehen habe, an die ich zuvor noch nicht einmal gedacht hatte oder Dinge, über die ich (im Traum) gesprochen hatte, mir an dem Tag, der dieser Nacht folgte, mit ein wenig Ausdeutung genauso begegneten und sich genauso ereigneten. Das heißt, dass auch noch das unbedeutendste Ereignis (im Vorherwissen Gottes bereits) festgelegt und aufgezeichnet ist. Das heißt also, dass es keinen Zufall gibt, dass Ereignisse nicht herrenlos sind und Dinge nicht ohne jede Ordnung geschehen.

Siebentens: Die Ausdeutung deines wunderschönen, gesegneten, uns Gutes verkündenden Traumes ist sehr gut für (den Dienst) am Qur’an und für uns. Des Weiteren hat die Zeit ihn ausgedeutet und deutet ihn noch weiterhin aus, sodass es für mich nicht mehr notwendig ist, ihn noch weiter auszudeuten. Und ferner hat sich bereits seine teilweise Ausdeutung als schön erwiesen. Wenn du aufmerksam bist, kannst du sie verstehen. Wir werden also nur auf ein oder zwei Punkte hinweisen, d.h. wir wollen ihren Sinn erklären. Die Ereignisse, die von der Art der Realität deines Traumes sind, spiegeln diesen ihren Sinn wieder. Das ist wie folgt:
Dieses weite Feld ist die Welt des Islam. Die Moschee an seinem Ende ist der Regierungsbezirk Isparta. Das schlammige Wasser rundum ist der Sumpf der Ausschweifung, des Müßiggangs und der ketzerischen Neuerungen unter den Verhältnissen (hal) unserer heutigen Zeit. Dass du selbst diese Moschee sicher, unbefleckt und zugleich so rasch erreicht hast, ist ein Zeichen, dass du dich vor allen anderen für die Lichter des Qur’an in die Bresche geschlagen hast, unversehrt und mit unbeflecktem Herzen. Was aber die kleine Gemeinde in der Moschee betrifft, so handelt es sich dabei um die Träger des Wortes (Sözler), um Hakki, Hulusi, Sabri, Süleyman, Rüschtü, Bekir, Mustafa, Ali, Sühtü, Lutfi, Husrev und Re’fet. Was das Lesepult (in dieser Moschee) betrifft, so versinnbildlicht es ein kleines Dorf, so wie Barla. Was die laute Stimme betrifft, so ist sie ein Hinweis auf die Kraft in den »Worten« (Sözler) und auf deren rasche Verbreitung. Was den dir zugesprochene Platz (maqam) in der ersten Reihe betrifft, so ist er (der Platz) Abdurrahmans, der nun für dich frei geworden ist. Was aber den Hinweis und die Tatsache betrifft, dass diese Gemeinschaft die ganze Welt wie durch den Telefonhörer eines drahtlosen Gerätes ihren Unterricht hören lassen will, so wird sich das mit Gottes Hilfe später vollständig herausstellen. Noch ist jeder einzelne wie ein kleines Samenkorn; doch wird er in Zukunft mit dem Erfolg von Gott wie ein hoher und mächtiger Baum werden. Und er wird wie ein ganzes Telegrafenamt sein. Was aber den kleinen jungen Mann mit dem Turban betrifft, so ist es einer, der mit Hulusi Seite an Seite arbeitet und ihm vielleicht (eines Tages) voraus sein wird. Er ist dazu bestimmt, einmal den Schülern beizutreten und einer ihrer Multiplikatoren zu werden. Es kämen mehrere dafür in Frage, doch mit Sicherheit kann ich das nicht bestimmen. Dieser junge Mann wird eine Persönlichkeit sein, die in der Kraft ihrer Heiligkeit hervortreten wird. Alle übrigen Punkte magst du nun statt meiner ausdeuten.
Nun ist es mir sowohl angenehm mit Freunden wie mit dir lange Gespräche zu führen, und ich weiß es auch zu schätzen. Deswegen habe ich mich auch so lang über dieses kurze Thema ausgelassen. Ja vielleicht war dies auch Verschwendung. Weil ich aber in der Absicht begonnen habe, eine Art Hinweis auf die qur’anischen Ayat zu geben, die den Schlaf betreffen, möge Gott es wollen, dass diese Verschwendung vergeben werde; aber vielleicht ist es ja auch gar keine Verschwendung...


Zweite Problemstellung, zugleich zweite Abhandlung

  • Dies wurde geschrieben, um ein wichtiges Streitgespräch über ein Hadith zu beenden, in dem es sinngemäß heißt, dass Hasret-i Musa, mit dem der Friede sei, Hasret-i Asrail, mit dem der Friede sei, einen Schlag aufs Auge versetzt habe usw. und (dieses Problem schließlich am Ende) abzuschließen.
Ich hörte von einem wissenschaftlichen Disput in Egridir. Dieser Disput war falsch; und das besonders in dieser Zeit. Doch ich wusste noch nichts von diesem Disput. So stellte man auch mir diese Frage. Dabei zeigte man mir in einem durchaus ernst zu nehmendem Buch eine Hadith, die mit einem »Q« als dem Merkmal der Übereinstimmung der beiden Scheychs (Buchari und Muslim) gekennzeichnet war. Man fragte mich also: »Ist dies eine Hadith oder ist es keine Hadith?« Ich antwortete ihnen: »Man sollte sich auf eine Person, die in einem so vertrauenswürdigen Buch auf die Übereinstimmung der beiden Scheys verweist, verlassen können. Es ist also Hadith. Doch bei einer Hadith tauchen genauso wie im Qur’an Allegorien auf. Nur die Gelehrten können solche Sinnbilder erkennen. So sagte ich, dass es möglich sei, dass auch diese Hadith, auch wenn ihr Sinn ganz offensichtlich ist, zu jener Art Hadithe gehört, die allegorisch zu verstehen und mehrdeutig sind. Hätte ich damals bereits gewusst, dass es sich hierbei um den Gegenstand eines Disputes handelte, hätte ich keine so kurze Antwort gegeben, vielmehr folgendes gesagt:

Erstens: Die erste Bedingung für einen Disput bei dieser Art Problemstellungen ist Mäßigung und die Absicht, die Wahrheit zu finden, ohne sich auf sie zu versteifen, geführt unter Fachleuten. Und es ist nur erlaubt, (auf eine Weise) zu disputieren, die keinen Anlass zu Missverständnissen bietet. Der Beweis dafür, dass ein solcher Disput (tatsächlich nur) um der Wahrheit willen geführt wurde, ist folgender: Sobald die Wahrheit in der Hand des Gegners offensichtlich wird, wird (sein Diskussionspartner) nicht aufgebracht sondern ist zufrieden, denn er hat nun gelernt, was er zu wissen begehrte. Wäre sie hingegen in seiner eigenen Hand offenbar geworden, so hätte die Möglichkeit bestanden, dass er nichts Neues mehr hinzugelernt hätte und stattdessen dem Stolz verfallen wäre.

Zweitens: Wenn es sich bei dem Gegenstand für einen Disput um eine Hadith handelt, muss man die Stufen der Hadithe und die Grade der in ihr verborgenen Offenbarung und die Ausdrucksformen prophetischer Redeweise kennen. Vor dem einfachen Volk ist es nicht erlaubt, die allegorische (Bedeutung) einer Hadith zu disputieren, die Überlegenheit des eigenen Standpunktes nach Art eines Advokaten unter Beweis zu stellen, sein Ego herauszustreichen und dafür gegen Recht und Mäßigung nach Beweisen zu suchen. Da aber diese Angelegenheit nun schon einmal offengelegt und zum Anlass eines Disputes wurde und nun eine negative Auswirkung auf die Vorstellungswelt der armen und einfachen Leute hat, weil sie solche allegorische Hadithe nicht verstehen können, und falls sie (die Echtheit der Hadithe) bestreiten, sich ihnen eine schreckliche Türe öffnet, das heißt, es sich ihnen ein Weg öffnet, auch die zuverlässigen Hadithe, die sie mit ihrem kleinen Verstand nicht verstehen können, abzustreiten, und weil sich den Leuten des Irrglaubens, wenn sie anderenfalls die offensichtliche Bedeutung dieser Hadith anerkennen und sie so weiter verbreiten, ein Weg zur Kritik öffnet und sie dann sagen können, dass sie ein Aberglaube sei, und da nun einmal die Aufmerksamkeit in unnötiger und in negativer Weise auf (die Möglichkeit einer) allegorischen (Ausdeutung) dieser Hadith gelenkt wurde und es viele Hadithe dieser Art gibt, ist es sicherlich notwendig, eine Ausdeutung zu bringen, die ihre Zweifel wieder ausräumt, und auch erforderlich, unabhängig von der Authentizität dieser Hadith, (im Folgenden) deren Sinn herauszustellen.
So wollen wir denn hier die ausführlichen Erklärungen in den bereits niedergeschriebenen Abhandlungen, wie z.B. die Zwölf Pfeiler des Dritten Astes, den Vierten Ast im Vierundzwanzigsten Wort den Zweiten Grundsatz im Vierten Hinweispunkt des Neunzehnten Briefes, wo die beiden Arten der Offenbarung behandelt wurden, als ausreichend betrachten und mit einem kurzen und bündigen Hinweis auf den Sinn (dieser Hadith) hinweisen. Es ist dies wie folgt:
Die Engel sind nicht an eine einzige Gestalt gebunden wie die Menschen. Obwohl sie einzelne Personen sind, ist doch jeder auch eine Gesamtheit (wie z.B. Spiegelbilder – A.d.Ü.). Hasret-i Asrail, mit dem der Friede sei, ist der oberste der Engel, die damit beauftragt sind, die Seelen (ruh) herauszuziehen.
»Zieht Hasret-i Asrail, mit dem der Friede sei, die Seele eines jeden Verstorbenen persönlich heraus? oder ziehen seine Helfer sie heraus?« In dieser Angelegenheit gibt es drei Auffassungen (meslek):
Erste Auffassung: Asrail, mit dem der Friede sei, zieht die Seele eines jeden heraus. Eine Arbeit behindert eine andere Arbeit nicht, denn er ist eine Lichtgestalt. Wenn (eine Gestalt) aus Licht ist, so kann sie in zahllosen Spiegeln an zahllosen Orten als Person anwesend sein und sich an ihnen verkörpern. Die Verkörperung eines Lichtwesens besitzt die selben charakteristischen Eigenschaften des Lichtwesens selbst. Sie wird als ein und dasselbe Wesen betrachtet und ist kein anderes. So wie das Spiegelbild der Sonne ihr Licht und ihre Wärme ausstrahlt, so sind auch die Abbildungen der Geistwesen, wie die der Engel in den verschiedenen Spiegeln der Bilderwelt ihnen gleich und strahlen ihre persönlichen Eigenschaften aus. Doch entspricht ihre Rückspiegelung der jeweiligen Eigenschaft des reflektierenden Hintergrundes. So wie Hasret-i Cebrail (Gabriel), mit dem der Friede sei, zur gleichen Zeit in der Gestalt Dihyas vor den Sahabis erschien, so war er im selben Augenblick auch an tausend anderen Orten in verschiedenen Gestalten zugleich zugegen und warf sich zugleich auch mit seinen gewaltigen, den Osten wie den Westen umspannenden Flügeln, vor Gottes gewaltigem Throne nieder. Seine Verkörperung zeigte sich entsprechend den Eigenschaften des betreffenden Ortes und war zugleich an Tausenden von Orten gegenwärtig.
So wäre es denn nach dieser Lehre (meslek) im Augenblick der Entnahme der Seele (ruh) für den Engel des Todes, der sich eines Menschenkörpers als Spiegel bedient, keineswegs unmöglich, wenn dieses Spiegelbild (in Menschengestalt) und (für diesen Menschen) persönliche Abbild von einer so gewaltigen, kurz entschlossenen, majestätischen und zugleich energischen Persönlichkeit wie Hasret-i Musa (Moses), mit dem der Friede sei, eine Ohrfeige bekommt und wenn das Auge dieses Spiegelbildes, das dem Kleid des Todesengels gleicht, dabei ausgeschlagen wird, es wäre nicht außergewöhnlich oder unvorstellbar.

Zweite Auffassung: Erzengel wie Gabriel, Michael oder Asrail gleichen einem Minister und haben Helfer, die von der gleichen Art aber kleiner als sie selbst sind. Diese Helfer sind entsprechend den Arten der Geschöpfe verschieden. Diejenigen, welche die Geister der Gerechten herausziehen, sind von der einen Art, die, welche Geister der Leute der Qual herausziehen, wieder von einer anderen Art.
Dementsprechend weisen auch die folgenden Ayat darauf hin


»Bei denen, die gewaltsam herausreißen. Bei denen, die mit sanfter Hand hinausführen.« (Sure 79, 1-2)




So gehören denn diejenigen, welche die Geister herausziehen, verschiedenen Gruppen an. Dieser Lehre (meslek) entsprechend war es für Hasret-i Musa, mit dem der Friede sei, durchaus verständlich, wenn er nicht Asrail, mit dem der Friede sei, sondern der spiegelgleichen Verkörperung einer seiner Helfer infolge seiner natürlichen Reizbarkeit, seiner Unerschrockenheit und zugleich seiner Verehrung gegenüber Gott dem Gerechten eine Ohrfeige versetzt hat. *

Dritte Auffassung: Wie bereits im Vierten Grundsatz des Neunundzwanzigsten Wortes erklärt wurde, gibt es, entsprechend einem Hinweis der ehrwürdigen Hadithe, Engel mit vierzigtausend Köpfen. In jedem Kopf sind vierzigtausend Zungen. Das heißt, dass sie auch achtzigtausend Augen haben. Und mit jeder Zunge sprechen sie vierzigtausend Lobpreisungen.« Da die Engel nun einmal mit Aufgaben betraut werden entsprechend den Arten in der (von uns) bezeugten Welt, repräsentieren sie diese Art Lobpreisungen auch in der Welt der Geister. Das muss sicherlich auch so sein, denn so ist z.B. die Erde ein Geschöpf. Sie lobpreist Gott den Gerechten. Es gibt auf ihr vielleicht nicht vierzigtausend sondern Hunderttausende von Arten, den (oben erwähnten) Häuptern vergleichbar. Jede Art hat Hundertausende Glieder, den (oben erwähnten) Zungen vergleichbar usw... Das heißt, dass der Engel, der für unsere Erde zuständig ist, vierzigtausend, ja vielleicht sogar Hunderttausende Häupter haben muss. Und jeder Kopf muss wieder Hunderttausende Zungen haben usw... Also hat denn nach dieser Lehre (meslek) Hasret-i Asrail, mit dem der Friede sei, ein Gesicht, das jedem einzelnen zugewandt ist, mit Augen, die alles sehen. Was aber nun die Ohrfeige betrifft, die Hasret-i Musa, mit dem der Friede sei – Gott bewahre! – (dem Engel) Asrail, mit dem der Friede sei, versetzt hat, so war sie nicht gegen dessen wahres Selbst, nicht gegen dessen wahre Gestalt gerichtet, nicht als eine Beleidigung und auch nicht als eine Zurückweisung gedacht, sondern als ein Ausdruck seiner Sehnsucht, seine Botschaft als Aufgabe beizubehalten und fortzusetzen, um seine Todesstunde im Auge zu behalten und – damals wie heute – als ein Schlag ins Auge dessen, der ihn von seinem Dienst abhalten will...


»Gott weiß, was richtig ist. Niemand kennt das Verborgene außer Gott. Sprich: Fürwahr, das Wissen ist bei Gott. Er ist es, der dir das Buch herabgesandt hat. In ihm sind eindeutige Verse. Sie sind die Mutter des Buches. Andere sind mehrdeutig. Diejenigen aber, deren Herzen dem Irrtum zugeneigt sind, folgen dem, was daran mehrdeutig ist. Sie suchen nach Gespaltenheit und trachten nach eigener Deutung. Doch die Deutung kennt niemand außer Gott. Die aber, die fest stehen in ihrem Wissen sagen: Wir glauben daran. Alles ist von unserem Herrn. Doch nur die Verständigen beherzigen es.« (Sure 3, 7)




Dritte Problemstellung, zugleich dritte Abhandlung

  • Bei dieser Problemstellung handelt es sich um eine allgemeine Frage, die die meisten all meiner Brüder nonverbal, ein Teil von ihnen jedoch auch verbal geäußert haben, worauf denn die Antwort teils persönlich oder privat oder auch familiär ausgefallen ist.
Frage: Du sagst zu jedem, der zu dir zu Besuch kommt: »Erwartet von meiner Person nicht einen besonderen Beistand (himmet) und betrachtet meine Person nicht als besonders gesegnet. Ich bekleide keinen besonderen Rang (maqam). So wie ein einfacher Soldat nur die Befehle seines Marschalls weiter gibt, so verkündige auch ich gleichsam nur die Befehle eines geistlichen Marschalls. Ich bin nur wie ein Bankrotteur, der die teuren und kostbaren Diamanten aus seinem Juwelierladen auspreist.«
»Doch so wie unser Verstand der Erkenntnis bedarf, so sehnen sich auch unsere Herzen nach dem Segen (feyiz). Unsere Seele (ruh) sehnt sich nach dem Licht (nur) usw... Wir sehnen uns in vielerlei Hinsicht nach vielerlei Dingen. Wir haben geglaubt, du seiest der Mann, der unseren Bedürfnissen entgegen käme und sind darum gekommen, dich zu besuchen. Mehr als einen Gelehrten brauchen wir einen Gottesfreund, jemanden, der über allen Segen, einen, der über alle Vollkommenheit (kemalat) verfügt. Wenn die Sache (hal) aber so ist, wie du uns gesagt hast, war es dann falsch, dass wir gekommen sind, dich zu besuchen?« Dies alles brachten sie in ihrer Haltung (hal) zum Ausdruck.

Antwort: »Hört euch erst einmal die folgenden fünf Punkte an. Dann erst urteilt darüber, ob euer Besuch vergeblich war, oder euch einen Nutzen gebracht hat.«

Erster Punkt: Bekanntlich überreicht ein einfacher Diener oder der (ansonsten) mittellose Soldat eines Königs einem General oder Marschall königliche Geschenke und Orden und empfängt dafür deren Dankbarkeit. Wollten diese Generäle und Marschäle aber nun sagen: »Warum erniedrigen wir uns denn vor diesem einfachen Soldaten, nehmen diese Gunsterweise und Orden aus seiner Hand an?« so wäre das nichts als Dummheit und Arroganz. Auch wenn dieser Soldat außerhalb seines Dienstes nicht vor dem Marschall aufstünde und nicht anerkennte, dass er ihm gegenüber von höherem Rang ist, so wäre auch das eine ganz törichte Dummheit. Wenn ferner einer dieser zufriedenen Generäle in seiner Dankbarkeit in die bescheidene Hütte des Soldaten hinabstiege und der Soldat hätte nichts als trockenes Brot, so würde doch der König, um ihm aus der Verlegenheit zu helfen, da er doch die Lage (seines Soldaten) sieht und kennt, für den verehrten Gast seines treuen Dieners aus der königlichen Küche ein Tablett (mit Speisen) senden, um ihn nicht in Verlegenheit zu bringen.
In gleicher Weise wird auch ein treuer Diener des Weisen Qur’an, was für ein einfacher (Mensch) er auch immer sein mag, im Namen des Qur’an ohne zu zögern auch den höchstgestelltesten Menschen seine Befehle verkünden und auch denen, die schon alle Reichtümer des Geistes besitzen, nicht in Erniedrigung wie ein Bettler die erhabenen Diamanten des Qur’an verkaufen, sondern stolz und in Unabhängigkeit. Wie groß und bedeutend sie auch immer sein mögen, so können sie sich doch nicht überheblich verhalten gegenüber diesem einfachen Diener, der (nur still) seine Pflicht erfüllt. Und auch dieser Diener darf nicht, wenn sie sich an ihn wenden, dies für sich zu einer Quelle seines Stolzes machen und seine Grenzen überschreiten. Wenn nun einige der Kunden an diesem heiligen Schatz diesen armseligen Diener wie einen Heiligen betrachten und ihn als einen ihrer Großen erkennen, so ist es doch das Merkmal eines heiligen Mitleids der qur’anischen Wahrheiten, ihnen zu helfen, ihnen beizustehen und sie mit allem Segen (feyiz) aus Gottes königlichem Schatz zu erfüllen, ohne dass sein Diener seiner Mitwirkung gewahr wird, um nicht seinen Diener in Verlegenheit zu bringen.

Zweiter Punkt: Imam Rabbani und der Erneuerer des zweiten Jahrtausends, Ahmed Faruqi, mit dem Gott zufrieden sein möge, sagt: »Nach meiner Meinung ist die Entfaltung und Verdeutlichung einer einzigen Thematik unter den Glaubenswahrheiten Tausenden Freuden, Ekstasen und Wundern (keramet) vorzuziehen. Ferner ist das Ziel und Ergebnis aller Sufi Wege die Entfaltung und Verdeutlichung der Glaubenswahrheiten.« Da nun einmal ein so großer Geist unter den Sufis auf diese Weise urteilt, mögen nun auch die »Worte« (Sözler), die die Glaubenswahrheiten mit einer so vollkommenen Klarheit ausdrücken und dabei von den Geheimnissen des Qur’an ausgehen, die Ergebnisse hervorbringen, die man von einer Gottesfreundschaft erwarten darf.

Dritter Punkt: Dreißig Jahre zuvor hagelte es auf den Kopf des Alten Said in seiner Sorglosigkeit fürchterliche Schläge herab. Er dachte an seinen Urteilsspruch:


»Der Tod ist die Wahrheit.«




Er sah sich selbst in Schlamm und Schmutz, erwartete Hilfe, suchte einen Weg, hielt Ausschau nach einem Retter, sah, wie verschieden die Wege waren, zögerte unentschlossen. Da wandte er sich an Scheich Geylani, der ein Gausu-l’azam ist, griff zu seinem Futuhu-l’ghayb, schlug das Buch auf und der Satz sprang ihm die Augen:


»Du bist im Hause der Weisheit (Daru-l’Hikmet). Suche einen Arzt, der dein Herz heilen kann!«




Das war merkwürdig! Denn ich war damals Mitglied der Daru-l’Hikmeti-l’islamiye. Es war, als sei ich ein Arzt, der sich darum bemüht, die Wunden der Muslime zu heilen. Aber die schwerste Krankheit hatte ich selbst. Ein Kranker muss sich zuerst um sich selbst kümmern, bevor er andere Kranke besuchen kann.
So also sagte mir Hazret-i Scheich: »Du selbst bist krank. Suche einen Arzt für dich!« Ich antwortete: »Sei du mein Arzt!« Es war mir, als spräche er selbst zu mir, las das Buch so, als redete es mit mir. Aber sein Buch war fürchterlich. Und schrecklich war es, wie es meinen Stolz zerbrach. Es vollzog in meiner Seele eine fürchterliche Wundoperation. Ich konnte mir zu meinem Gesprächspartner, hatte keine Ausdauer mehr, es zu Ende zu lesen. Ich legte das Buch in den Schrank. Aber danach vergingen die Schmerzen, die diese heilbringende Operation verursacht hatte. Ich bekam Geschmack an diesem Buche meines ersten Lehrers (Ustadh), las es jetzt ganz durch und zog einen großen Nutzen daraus. Ich lauschte seinen Hymnen und Gebeten und empfing viel Segen und Gewinn.
Danach habe ich die »Mektubat« vom Imam Rabbani gesehen. Ich nahm es in meine Hand, bat in reiner Absicht um ein Zeichen und schlug es auf. Seltsamer Weise gibt es im ganzen Mektubat nur zwei Stellen, wo von einem »Bediuzzaman« die Rede ist. Unerwartet öffneten sich mir diese beiden Briefe »Mektup«. Meines Vaters Name war Mirza und ich sah, dass als Titel auf dem ersten dieser Briefe »Brief an Mirza Bediuzzaman« geschrieben stand. »Lobpreis und Dank sei Allah!« sagte ich: diese Rede gilt mir. Ein Beiname des Alten Said war damals »Bediuzzaman«. Denn außer Bediuzzaman-i Hemedani, der im dritten Jahrhundert nach der Hidschra unter diesem Beinamen berühmt geworden war, kannte ich keine Persönlichkeiten mit diesem Titel. Das heißt, es hatte zu Imams Zeiten noch einen Mann gegeben, dem diese beiden Briefe geschrieben worden waren. Der Zustand dieses Mannes ähnelte meinem eigenen Zustand so, dass ich in diesen beiden Briefen ein Heilmittel für meinen Kummer fand. Der Imam empfiehlt in diesen beiden Briefen das, was er auch in vielen anderen Briefen empfohlen hat, nämlich: »Tauhid sei deine Qibla!« das heißt: »Nimm dir nur einen einzigen Meister, folge ihm nach und kümmere dich um keinen anderen!« Dieser sein wichtigster Rat entsprach meiner Begabung und meinem Geisteszustand nicht. Ich dachte lange nach... sollte ich diesem folgen? oder sollte ich einem anderen folgen? Ich blieb unschlüssig. Jeder von ihnen hatte seine besonderen Eigenarten, von denen ich mich angezogen fühlte. Nur einer von ihnen genügte mir nicht. Während ich noch unschlüssig war, gab Gott der Gerechte meinem Herzen ein: »Der Anfang dieser verschiedenen Wege (Tarikat), die Sonne inmitten der Planeten und die Quelle, aus der die Bewässerungskanäle gespeist werden, ist der Weise Qur’an, die wahrhaftige Tauhid-i Qibla findet sich in ihm. Wenn dem so ist, dann ist auch der erhabenste Lehrer (Murschid) und der heiligste Meister (Ustadh), an dem ich mich festhalte.« Meine mangelhafte, nicht gesammelte Veranlagung kann sicherlich nicht den Nutzen, den Segen, gleich dem Wasser des Lebens von diesem wahrhaften Lehrer so aufsaugen wie es sich gebührt. Wir können diesen Segen aber dem Grade der Leute des Herzens (der Sufis) und der Besitzer des Zustandes (der Ekstatiker) entsprechend, dieses Wasser des Lebens wiederum mit seinem Segen sichtbar machen. Das heißt: diese »Sözler (Worte)« und »Nurlar (Lichter)«, die aus dem Qur’an entstanden, sind nicht nur wissenschaftliche Fragestellungen, sondern des Herzens, des Geistes, des (ekstatischen) Zustandes Fragestellungen nach dem Glauben und gelten als eine sehr hohe und wertvolle Gotteserkenntnis.

Vierter Punkt: Alle die Persönlichkeiten, die sich als Sahabis, als deren Schüler (Tabiine) und als die Schüler der Tabiine auf der höchsten Stufe einer Großen Gottesfreundschaft befanden, entnahmen ihren Anteil für alle Feinheiten direkt aus dem Qur’an und da der Qur’an ein wahrer und ihnen in allem entsprechender Führer (kafi bir Murschid) war, so zeigt uns dies, dass der Weise Qur’an, so wie er jeder Zeit der Wahrheit Ausdruck verleiht, auch die Segnungen (feyiz) der Großen Gottesfreundschaft denen verleiht, die dafür empfänglich sind.
Der Übergang vom nur Äußerlichen zur Wirklichkeit geschieht in der Tat auf zweierlei Weise:
Der eine ist der, in das Zwischenreich (bersah) der Sufis (tariqat) einzutreten und die wahre (Erkenntnis) auf einer spirituellen Reise zu erreichen, wobei man alle Stufen (des Weges) hinter sich lässt.
Der andere aber ist der, auf dem direkten Wege, ohne erst das Zwischenreich auf dem Wege der Sufis zu betreten, mit der Gnade Gottes zur wahren (Erkenntnis) zu gelangen. Dies ist der hohe Pfad und der kurze Weg, der für die Sahabis und die Tabiine bestimmt war.
Das aber heißt, dass die Lichter, die aus der qur’anischen Wahrheit heraus sickern und die »Worte« (Sözler), welche diese Lichter interpretieren, diese Besonderheiten besitzen könnten. Und sie besitzen sie in der Tat.

Fünfter Punkt: Wir wollen nun hier an fünf persönlichen Beispielen darstellen, dass die »Worte« (Sözler) sowohl die Wahrheit (hakaik) lehren, als auch die Funktion eines Führers (irschad) wahrnehmen.

Erstes Beispiel: Ich selbst bin nicht zehn, nicht hundert, nein Tausende Male durch meine eigene Erfahrung zu der Überzeugung gelangt, dass die »Worte« und die Lichtstrahlen, die vom Qur’an ausgehen, mich nicht nur dem Verstande nach belehren, sondern auch den Zustand (hal) des Glaubens in meinem Herzen aufrichten, meinem Geist (ruh) den Geschmack am Glauben eingeben usw... Ja sogar in Angelegenheiten, die diese Welt betreffen, geschah es häufig, und zwar in der gleichen Weise, in der ein Schüler (Muried) von seinem wundertätigen Scheych Hilfe und Segen (himmet) (in seinen alltäglichen Nöten und) Bedürfnissen erwartet, dass all meine Nöte, noch während ich eine Antwort aus den wunderwirkenden Geheimnissen des Weisen Qur’an erwartete, alles für mich auf eine Weise geregelt wurde, die ich nicht erhofft und nicht erwartet hatte. Dafür hier nun zwei kleine Beispiele, die ich selbst erlebt habe:

Erstens: Wie dies bereits im Sechzehnten Brief ausführlich erzählt worden ist, hatte man einem meiner Gäste, mit Namen Dhu-leyman, auf dem Wipfel einer mächtigen Zeder auf wundersame Weise einen riesigen Laib Brot gezeigt. Zwei Tage aßen wir beide von diesem Geschenk aus dem Unsichtbaren.

Zweitens: Ich will hier ein ganz persönliches und recht eigenartiges Beispiel erzählen, dass sich kürzlich ereignet hatte. Es war wie folgt:
Es war noch vor der Morgendämmerung als mir der Gedanke kam, dass ich zu jemandem ein paar Worte gesagt hatte, auf eine Weise, die sein Herz hätte beunruhigen können. »Ach könnte ich ihn doch noch einmal sehen!«, sagte ich zu mir selbst, »und könnte diese Unruhe aus seinem Herzen vertreiben.« Und im gleichen Augenblick sagte ich zu mir: »Ich benötige einen Teil jenes Buches, dass nach Nis gesandt worden war. Ach könnte ich es doch wieder in meiner Hand haben!« Nach dem Morgengebet setzte ich mich. Da sah ich, wie eben dieser Mann zur Türe hereinkam und diesen Teil meines Buches in seiner Hand hielt. Ich sagte zu ihm: »Was hast du da in deiner Hand?« Er antwortete mir: »Ich weiß es nicht. Jemand hat es mir hier vor der Türe gegeben und mir gesagt, es käme aus Nis. So gebe ich es nun dir.« Da sagte ich: »Ehre sei Gott!«, da kommt doch dieser Mann um diese Tageszeit aus seinem Haus und es sieht nicht gerade wie ein Zufall aus, dass dieser Teil der »Worte« aus Nis hierher kommt. Und so dachte ich mir: Es war dies sicher ein Segen des Weisen Qur’an, der einem Mann wie diesem, einen solchen Teil eines Buches wie dieses in die Hand gab, und sagte: »Lobpreis und Dank sei Gott! Der, welcher auch noch den persönlichsten, geheimsten und unbedeutendsten Wunsch meines Herzens kennt, wird mir sicherlich Seine Barmherzigkeit erweisen und mich beschützen. Da dies aber nun so ist, werde ich von dieser Welt noch keine fünf Para Dankesschuld annehmen.«

Zweites Beispiel: Obwohl mein verstorbener Neffe Abdurrahman seit acht Jahren von mir getrennt von Gottvergessenheit und irrigen Vorstellungen von der Welt besudelt war, hatte er eine weit bessere Meinung von mir, als mir zukam. Er wollte von mir einen Segen (himmet), den ich weder besaß, noch über ihn verfügen konnte und erwartete meinen geistigen Beistand. Der Segen des weisen Qur’an eilte ihm jedoch zu Hilfe und ließ drei Monate vor seinem Tod das »Zehnte Wor« über die Wiederauferstehung in seine Hand gelangen. Wobei dieses Wort ihn von allem geistigen Unrat, irrigen Vorstellungen und der Gottvergessenheit gereinigt hatte, so als wäre er bereits zur Stufe der Gottesfreunschaft emporgestiegen, offenbarte er in seinem Brief vor seinem Tod drei offensichtliche Zeichen seiner Wunderkraft (keramet). Dieser (Brief) wurde unter die im Siebenundzwanzigsten Brief enthaltenen Auszüge eingereiht. Dort kann man jetzt nachlesen.

Drittes Beispiel: Ich hatte einmal einen Mitbruder aus Burdur, Schüler der (Leute, die aufrechten) Herzens (sind), mit Namen Hasan Efendi. Er hatte eine weit über alle Maßen gute Meinung von mir und erwartete von mir allen Segen (himmet) wie von einem großen Heiligen (Veli). Da traf ich eines Tages einen Mann aus einem Dorf in der Gegend von Burdur und übergab ihm, noch vorläufig ohne irgendeinen näheren Zusammenhang, das »Zweiunddreißigste Wort«, damit er es studieren möge. Sodann erinnerte ich mich wieder an Hasan Efendi und sagte: »Solltest du einmal nach Burdur (in die Stadt) kommen, gib es Hasan Efendi, damit er es drei bis sechs Tage studieren kann.« Da ging dieser Mann und gab es sogleich Hasan Efendi. Hasan Efendi blieben damals noch dreißig, vierzig Tage bis zu seinem Ende. Wie ein Mann, der einen schrecklichen Durst leidet, plötzlich auf eine Quelle trifft, deren Wasser süß ist wie Kauthar (im Paradies) und sich an ihr sogleich nahezu festsaugt, so saugte er sich gleichsam an diesem »Zweiunddreißigsten Wort« fest, studierte es eifrig, empfing ständig seinen Segen, fand schließlich im Dritten Kapitl, in dem die LIEBE GOTTES behandelt wird, eine vollständige Heilung für seinen Schmerz. Er fand in diesem (Kapitel) den Segen, den er von einem gewaltigen Pol (kut-bu a’dham) erwartet hätte. Er hatte das Heil (saglam) gefunden, ging nun zur Moschee, verrichtete das Gebet und gab danach in (die Hände des) Allbarmherzigen seinen Geist (ruh) auf. (Möge Gott ihm Erbarmen schenken.)

Viertes Beispiel: So wie Hulusi Bey in einem Abschnitt des Siebenundzwanzigsten Briefes bezeugt, fand er in diesen erleuchteten »Worten«, die die Geheimnisse des Qur’an interpretieren, mehr Beistand und Hilfe, Segen und Licht denn auf dem Naqshi-Weg, dem (Weg des) bedeutendsten und einflussreichsten Sufi-Ordens.

Fünftes Beispiel: Mein Bruder Abdulmecid litt ganz schrecklich bei dem Tode Abdurrahmans (möge Gott ihm Erbarmen schenken) und noch anderen schmerzlichen Ereignissen. Auch er erwartete von mir geistlichen Beistand und Hilfe, die ich ihm nicht geben konnte. Ich unterhielt keinen (Brief)-Kontakt mit ihm. Doch übersandte ich ihm (unabhängig davon) einige wichtige »Worte«. Nachdem er sie studiert hatte, schrieb er mir: »Lobpreis und Dank sei Gott, ich bin gerettet!« Ich wäre sonst noch wahnsinnig geworden! Jedes dieser Worte ist mir zum Lehrer (Murschid) geworden. Ich hatte mich von dem einen Lehrer getrennt; doch habe ich nun auf einmal viele Lehrer gefunden und bin gerettet.« Ich sah, dass Abdulmecid tatsächlich in eine gute Schule (meslek) eingetreten war und aus seiner früheren Lage (vasiyet) befreit worden war.
Es gibt zahlreiche andere Beispiele außer diesen »Fünf Beispielen«, die zeigen, dass dort, wo die Wissenschaft des Glaubens auf Grund eines Bedürfnisses und als Heilung für die Wunden direkt als eine geistliche Medizin aus dem Geheimnis des Weisen Qur’an erfahren wurde, diese Wissenschaft des Glaubens zur geistlichen Medizin wird, ausreichend und genügend für die, welche ihre Bedürfnisse verspüren und (diese Medizin) ernsthaft und aufrichtig anwenden. Wem auch immer der Apotheker gleicht, der sie verkauft und der Ausrufer, der sie bekannt macht, sei er nun gewöhnlich, bankrott, reich, hoch gestellt oder von niederem Rang (maqam) macht dabei wenig Unterschied.
Es ist in der Tat nicht notwendig, im Kerzenlicht zu wandeln, wenn doch die Sonne scheint! Da ich nun einmal auf die Sonne hinweise, ist es sinnlos und unnötig, von mir Kerzenlicht zu erwarten, besonders da ich (gar keine Kerzen) habe. Statt dessen wäre es notwendig, dass sie mich durch ihr Gebet, durch ihren geistigen Beistand, ja ihren Segen (himmet) unterstützen. Wenn ich sie um ihre Hilfe bitte und Beistand von ihnen erwarte, so ist dies (im Rahmen meiner Rechte und) Pflichten, während mit dem Segen, den sie aus den »Lichtern« empfangen, zufrieden zu sein, (zu den Rechten und) Pflichten gehört (die man von ihnen erwartet).


»Gepriesen seist Du! Wir haben kein Wissen, außer dem, das Du uns gelehrt hast. Denn Du bist der Allwissende, der Allweise.« (Sure 2, 32) »Oh Gott segne unseren Herrn Mohammed mit dem Segen, den wir zu Deiner Zufriedenheit und in Erfüllung (seines Rechtes und) unserer Pflicht (für ihn erbitten), seine Familie und seine Gefährten und gib ihnen Frieden.«


  • (Ein kleiner, privater Brief, der als Anhang zur Dritten Problemstellung dem Achtundzwanzigsten Brief beigefügt werden kann.)
An meine Mitbrüder und fleißigen Schüler Hüsrew Efendi und Re’fet Bey
Angesichts der »Ssözler (Worte)« genannten Lichter aus dem Qur’an ahnten wir drei Wunder (keramet) des Qur’an. Ihr aber habt ihnen mit eurem Eifer und eurer Begeisterung noch ein viertes hinzugefügt. Die uns bekannten drei sind folgende:

Erstens: die außergewöhnliche Schnelligkeit und Leichtigkeit bei ihrer Abfassung. Ja, der Neunzehnte Brief, der aus fünf Teilen besteht, wurde sogar in nur zwei, drei Tagen abgefasst, wobei wir täglich nur drei, vier Stunden, also insgesamt zwölf Stunden, ohne ein Buch auf einem Berg oder in einem Weingarten gearbeitet haben. Das Dreißigste Wort wurde zu einer Zeit, in der ich krank war, in fünf, sechs Stunden abgefasst. Die Abhandlung über das Paradies, also das Achtundzwanzigste Wort wurde in ein, zwei Stunden in Dhu-leymans Garten am Bach abgefasst. Ich, Tewfik und Dhu-leyman waren über diese Geschwindigkeit erstaunt. Und so weiter...
Gleich diesem Wunder des Qur’an bei der Abfassung war da

Zweitens: auch noch eine außerordentliche Leichtigkeit, Begeisterung und Unverdrossenheit bei der Niederschrift. Zu dieser Zeit, da es viele Ursachen dafür gab, Geist und Verstand Verdrossenheit zu bereiten, erscheint einer dieser »Sözler« und an vielen Orten beginnt man mit vollkommener Begeisterung, sie niederzuschreiben. Mitten in anderen noch wichtigen Arbeiten werden sie allen anderen Dingen vorgezogen. Und so weiter...

Drittes Wunder des Qur’an: Auch ihre Lesung bereitet keinen Verdruss. Besonders aber dann, wenn man das Bedürfnis dazu verspürt, wird das Lesen zum Genuss und lässt keine Verdrossenheit aufkommen.
Damit habt auch ihr einen Beweis für ein viertes Wunder des Qur’an erbracht. Wenn ein Mann wie unser Bruder Husrew, der sich selbst einen Faulpelz nennt und in der Tat so faul ist, dass er nicht mit dem Abschreiben begonnen hat, obwohl er doch fünf Jahre lang die »Sözler« gehört hatte, in einem Monat vierzehn Bücher schön und ordentlich abschreibt, dann ist das ohne Zweifel das vierte Wunder dieses geheimnisvollen Qur’an. Besonders der Wert der Dreiunddreißig Fenster, die den Dreiunddreißigsten Brief bilden, wurde so hoch eingeschätzt, dass dieser sehr schön und sorgfältig abgeschrieben wurde. In der Tat ist diese Risala wegen ihrer Erkenntnis Gottes und des Glaubens an Gott eine ganz starke und überaus glänzende Abhandlung. Diese »Fenster« wurden besonders im Anfang ganz kurz und bündig abgehandelt. Doch im späteren Verlauf öffneten sie sich immer weiter, um die ganze Fülle des Lichtes hereinzulassen. Es sind ja ohnehin schon die ersten »Sözler« im Gegensatz zu den übrigen Abhandlungen kurz und bündig, werden aber dann im weiteren Verlauf ausführlicher, klarer und strahlender.


Vierte Problemstellung, zugleich vierte Abhandlung



»In Seinem Namen.« »Und es gibt kein Ding, das nicht lobend Ihn preist.« (Sure 17, 44)


  • An meine Brüder eine Antwort auf ihre Frage in einer privaten Angelegenheit als ein Grund zur Wachsamkeit.
Meine lieben Brüder!

Ihr fragt: Bei der Ankunft eines so gesegneten Gastes wurde diese ehrenwerte Moschee in der Nacht zum Freitag ohne jeden Grund geschändet. Was war der Anlass zu diesem Vorfall? Weshalb hat man dich belästigt?

Antwort: Ich werde hier vier Punkte erläutern, und zwar notwendigerweise in der Sprache des alten Said. Vielleicht ist dies ein Grund zur Wachsamkeit für meine Brüder und so werdet auch ihr dadurch eure Antwort finden.

Erster Punkt: Der Grund hinter diesem ungesetzlichen und rein zufälligen Zwischenfall war eine Einflüsterung des Teufels und ein Angriff der Heuchler zu Gunsten des Atheismus, mit dem Zweck, unsere Herzen in der Nacht zum Freitag in Aufregung zu versetzen, die Gemeinde einzuschüchtern und mich daran zu hindern, mich mit den Gästen zu unterhalten. Es war schon recht merkwürdig, dass ich an jenem Donnerstag vor der Nacht (zum Freitag) ein wenig hinausgegangen war, um Luft zu schöpfen. Auf dem Rückweg erschien eine schwarze Schlange, groß als wären zwei Schlangen aneinander gebunden zu meiner linken und bewegte sich zwischen mir und meinem Begleiter hindurch. Um meinen Begleiter zu fragen, ob er sich denn über die Schlange erschrocken und sich gefürchtet habe, sagte ich zu ihm: »Hast du sie gesehen?« Er antwortete: »Was denn?« ich sagte zu ihm: »Diese fürchterliche Schlange!« Er antwortete: »Nein, ich habe sie nicht gesehen. Ich kann nichts erkennen.« »Gepriesen sei Gott!« sagte ich da, »Wie konntest du nur eine so große Schlange nicht bemerken, als sie sich zwischen uns beiden hindurchwand?«
Damals habe ich mir noch nichts dabei gedacht. Doch später tauchte in meinem Herzen (der Gedanke) auf: »Das ist ein Zeichen für dich. Pass auf!« Ich dachte mir, dass dies eine von den Schlangen war, die ich (manchmal) des Nachts sehen konnte. Denn was diese Schlangen betraf, die ich in der Nacht sah, so war es immer, wenn ein Beamter in böswilliger Absicht zu mir kam, dass ich ihn in der Gestalt einer Schlange erblickte. Ja ich habe tatsächlich einmal zu einem Distriktsdirektor gesagt: »Wann immer du in böser Absicht zu mir kommst, erblicke ich dich als eine Schlange. Pass also auf!« Schon seinen Vorgänger habe ich oft so gesehen. Das aber heißt, dass die Schlange, die ich da leibhaftig vor mir sah, ein Zeichen war, dass ihre Böswilligkeit dieses Mal keine bloße Absicht bleiben würde, sondern in die Form eines wirklichen Angriffs umgesetzt werden würde. Sicherlich war der Angriff dieses Mal noch sichtlich klein und man (war sichtlich darum bemüht, ihn) herunterzuspielen, doch aufgestachelt und gefolgt von einem skrupellosen (Schul)Lehrer befahl der Beamte seinen Feldjägern: »Bringt diese Gäste herbei!«, während sie noch in der Moschee die Tesbihat-Gebete verrichteten. Es war seine Absicht, mich zu provozieren. Nach Art des alten Said sollte ich sie nun eigentlich wegen ihres gesetzwidrigen und rein willkürlichen Verhaltens hinaustreiben. In Wirklichkeit aber wusste der Kerl nicht, dass dieser Said sich nicht mit dem zerbrochenen hölzernen (Schwert) in seiner Hand verteidigen würde, wo doch auf seiner Zunge das diamantene Schwert von der Werkbank des Qur’an lag. Und er würde dieses Schwert in der Tat auf diese Weise gebraucht haben. Denn da die Feldjäger ihre fünf Sinne beieinander hatten und da kein Staat und keine Regierung Leute in der Moschee beim Gebet stört, während sie noch ihre religiöse Pflicht erfüllen, so warteten sie noch, bis Gebet (namas) und Lobpreis (tesbihat) beendet waren. Darüber ärgerte sich nun dieser Beamte, sagte sich: »diese Feldjäger hören nicht auf mich.« und schickte seine Waldwächter hinter ihnen her. Doch Gott der Gerechte zwingt mich nicht dazu, mich mit solchen Schlangen abzugeben.
So ist denn die Empfehlung für meine Brüder folgende: Solange noch keine zwingende Notwendigkeit besteht, sollt ihr euch nicht mit solchen (Leuten) abgeben. »Die beste Antwort, die man einem dummen Menschen geben kann, ist das Schweigen.« Diesem Sprichwort sollt ihr folgen und euch nicht entblöden, mit ihnen zu sprechen. Aber achtet darauf, dass Schwäche, einem wilden Tier gegenüber gezeigt, es dazu ermutigt, anzugreifen. Auch sich gegenüber denen, die das Gemüt eines solchen wilden Tieres haben, schwach zu zeigen und ihnen schmeicheln zu wollen, ermutigt sie dazu, anzugreifen. Da dies aber so ist, müssen die Freunde wachsam sein, sodass diejenigen, die den Atheismus unterstützen, die Gleichgültigkeit und die Unachtsamkeit (der Freunde) nicht ausnutzen können.

Zweiter Punkt: Mit dem Ferman der ehrenwerten Ayah:


»und sucht keine Annäherung an die Übeltäter; denn sonst ergreift euch das Feuer!« (Sure 11, 113)




werden in furchtbarer und strenger Weise nicht nur diejenigen, welche die Tyrannen unterstützen und sich ihnen als Werkzeug andienen, sondern auch solche bedroht, die dazu geneigt wären.
Denn: So wie jede Zustimmung zum Unglauben Unglaube ist, so ist auch jede Zustimmung zu einem Verbrechen ein Verbrechen.
So erklärt denn einer der Leute der Vollkommenheit unter den vielen Juwelen der obigen Ayah das folgende Juwel in vollkommener Weise:
  • Ein Helfer der Tyrannen in dieser Welt ist ein gemeiner Mensch,
    ein Hund, der seine Freude daran findet, einem ungerechten Jäger zu dienen.
Manche von ihnen benehmen sich in der Tat wie Schlangen, andere wie Hunde... Wer in einer segensreichen Nacht, wenn ein segensreicher Gast segensreiche Gebete verrichtet, Spitzeldienste verrichtet, so als hätten wir ein Verbrechen begangen, und denunziert und uns so entgegen arbeitet, so verdient er sicherlich eine Ohrfeige entsprechend der Bedeutung des obigen Gedichtes.

Dritter Punkt: Frage: Da du dich nun einmal auf den segensreichen und erleuchtenden Einfluss des Qur’an stützt, der auch noch die widerspenstigsten und hartnäckigsten Atheisten zu leiten vermag, was du ja auch tatsächlich tust, warum rufst du dann nicht diese aggressiven Leute in deiner Nähe zu Dir und leitest sie zum Glauben und auf den rechten Weg?
Antwort: Einer der wichtigsten Grundpfeiler des islamischen Gesetzes (Schari’a) lautet:



Das heißt: »Wer wissentlich mit einem Schaden einverstanden ist, den darf ich nicht lieben (shefqat) und mich für ihn einsetzen.«
So versichere ich denn gestützt auf die Kraft des Weisen Qur’an: »unter der Bedingung, dass jemand nicht allzu niederträchtig ist und nicht wie eine Schlange seine Freude daran hat, das Gift seines Irrglaubens überall zu verbreiten, auch noch den hartnäckigsten Ungläubigen in nur wenigen Stunden, wenn schon nicht zu überzeugen, so doch zum Schweigen zu bringen.« Jedoch zu jemandem über die Wahrheit zu sprechen, der in seinem Gewissen so tief hinab ins Bodenlose gefallen ist, zu einer Schlange in Menschengestalt, die einen solchen Grad der Heuchelei erreicht hat, dass sie ihren Glauben wissentlich an die Welt verkauft, dass sie wissentlich die Diamanten der Wahrheit gegen diese schmutzigen und gefährlichen Glasscherben eintauscht, ist ein Mangel an Respekt gegenüber dieser Wahrheit. Das gleicht dem Sprichwort:




»...als wollte man Perlen um den Hals der Kühe hängen.«
Denn diejenigen, welche diese Dinge tun, haben die Wahrheit schon oft aus der Risale-i Nur vernommen und versuchen nun diese Wahrheit wissentlich im Interesse ihres Irrglaubens zu widerlegen. Solche Leute schöpfen wie die Schlangen Freude aus ihrem Gift.

Vierter Punkt: Die Behandlung, die ich sieben Jahre lang erfahren habe, war rein willkürlich und außerhalb des Gesetzes. Denn die Gesetze für die Verbannten, die Kriegsgefangenen und die Strafgefangenen sind eindeutig. Sie können nach dem Gesetz sich mit ihren Verwandten treffen und sie werden nicht daran gehindert, einander zu schreiben. In jedem Land und in jedem Volk sind Dienst, Anbetung und Gehorsam gegenüber Gott vor allen Belästigungen geschützt. Andere, gleich mir (in der selben Lage), blieben mit ihren Verwandten und mit ihren Freunden zusammen. Sie wurden weder daran gehindert, zu schreiben, noch Neuigkeiten mit ihnen auszutauschen, noch sich frei umher zu bewegen. Mich hat man behindert. Ja man hat mich sogar in der Moschee (belästigt) und vom Gebet abgehalten. Und während es nach der Schule (Mesheb) der Schafis Sunnah ist, im Tesbihat die Worte des Tauhid zu wiederholen, hat man sich darum bemüht, mich dazu zu veranlassen, damit aufzuhören. Ja es kam sogar einer von denen, die nach Burdur ausgewandert waren, ein Mann ohne jede Schulbildung mit Namen Schebab, zusammen mit seiner Schwiegermutter hierher, weil sie eine Luftveränderung brauchten. Sie kamen zu mir, weil wir Landsleute sind. Sie wurden von drei bewaffneten Feldjägern aus der Moschee hinausgeführt. Danach versuchte dann der Beamte, (den Umstand) zu überspielen, dass er gegen das Gesetz gehandelt und also einen Fehler begangen hatte und sagte: »Verzeihen Sie mir bitte und nehmen Sie mir das bitte nicht übel! Doch es war meine Pflicht!« Sodann entließ er sie mit dem Befehl: »Geht jetzt!«
Wenn man diesen Vorfall und noch andere Dinge dieser Art mit einer solchen Behandlung vergleichen will, dann wird verständlich, dass man rein willkürlich mit mir umgegangen ist und Hunde und Schlangen auf mich losgelassen hat. Doch ich habe mich nicht entblödet, mich mit ihnen abzugeben. Ich überlasse es aber Gott dem Gerechten, weitere Untaten dieser Übeltäter zu verhindern. In der Tat sind die, welche diesen Zwischenfall verschuldet haben, der zu meiner Umsiedlung geführt hat, längst wieder in ihre Heimat zurückgekehrt und wieder mächtige Häuptlinge an der Spitze ihres Stammes geworden. Ein jeder von ihnen ist (aus der Verbannung) entlassen worden. Nur mich und noch zwei anderen Personen hat man (von dieser Entlassung) ausgenommen. Ich habe kein Interesse an ihren weltlichen (Angelegenheiten). Mögen sie ihnen ihre Köpfe abnagen! Für mich selbst habe ich schon mein OK (ist schon in Ordnung in dieser Angelegenheit) gegeben. Doch von den anderen beiden Personen ist der eine irgendwo zum Mufti ernannt worden. Er kann überall hinfahren, außer in seine Heimat, ja sogar nach Ankara reisen. Den anderen hat man nach Istanbul (verbannt, wo er) mit vierzigtausend Landsleuten und auch noch mit jedem anderen verkehren kann. Im Gegensatz zu mir sind diese beiden Personen nicht so wie ich völlig allein gelassen und solche, um die sich niemand kümmert... Wie wunderbar hat Gott es doch gewollt, dass sie so großen Einfluss haben. Des Weiteren... und ferner...
Mich aber haben sie in ein Dorf gesteckt und Menschen über mich gesetzt, die sich daraus überhaupt gar kein Gewissen machen. Ich konnte nur ins Nachbardorf gehen, zwanzig Minuten von hier, zwei Mal in sechs Jahren. Sie haben mir noch nicht einmal erlaubt für ein paar Tage Luftwechsel dahin zu gehen, mich vielmehr mit ihrer Tyrannei nur noch mehr unter Druck gesetzt. Doch was für eine Regierungsform auch immer (ein Land) annehmen mag: das Gesetz ist immer dasselbe für alle. Da kann es doch nicht für die verschiedenen Dörfer und die einzelnen Personen so ganz verschiedene Gesetze geben. Das heißt, bei dieser Rechtslage ist das Gesetz für mich die Gesetzlosigkeit. Die hiesigen Beamten gebrauchen ihren Einfluss auf die Regierung für ihre persönlichen eigennützigen Absichten. Doch ich bringe Gott dem Herrn in Seiner Allbarmherzigkeit hunderttausend Mal meine Danksagung dar, mache die Wohltaten bekannt, die Er mir erweist und sage: »All ihre Unterdrückung und die ganze Tyrannei wird mir zu Holzscheiten, deren Kraft und Hilfe die Lichter des Qur’an erleuchtet, sie entzündet und erstrahlen lässt. Und diese Lichter des Qur’an, welche eine solche Verfolgung erlitten und sich in dieser Kraft und in diesem Feuer ausgebreitet haben, haben diesen Bezirk, ja selbst den größten Teil des Landes zu einer Schule (Medrese) anstelle von Barla gemacht. Man hat geglaubt, ich sei ein Gefangener in einem Dorf. Doch den Ungläubigen zum Trotz, wurde Barla zu einem Lehrstuhl, und viele Plätze wie auch Isparta sind zu einer Medrese geworden...«




»Lobpreis und Dank sei Gott! Dies ist von der Gnade meines Herrn!«




Fünfte Problemstellung, zugleich fünfte Abhandlung - Eine Abhandlung über die Dankbarkeit



»Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Allbarmherzigen. Und es gibt kein Ding, das nicht in Dankbarkeit ihn lobpreist«
in der Wiederholung des Qur’an, der in seiner Verkündigung ein Wunder ist:




»Wollen sie etwa nicht Dank sagen?« (Sure 36, 35) »Wollen sie etwa nicht dankbar sein?« (Sure 36, 73) »Und wir werden sicherlich die belohnen, die dankbar sind.« (Sure 3, 145) »Wenn ihr Dank sagt, werde ich euch noch mehr (Gnade) erweisen.« (Sure 14, 7) »Doch bete Gott an, diene Ihm und sei einer von denen, die Ihm ihren Dank erweisen.« (Sure 39, 66)
Diese und ähnliche Ayat zeigen uns: die wichtigste Sache, die der Barmherzige Schöpfer von Seinen Dienern erwartet, ist Dankbarkeit. Mit der Weisen Unterscheidung (Furkan-i Hakiem) lädt Er uns mit allem Nachdruck zur Danksagung ein. Er zeigt, dass es eine Art Leugnung und Zurückweisung Seiner Gnadengaben ist, nicht Dank zu sagen und warnt auf fürchterliche und schreckliche Weise einunddreißig Mal mit dem Ferman in der Sure vom Allbarmherzigen (er-Rahman), und zwar mit dieser (folgenden) Ayah:




»Doch welchen Gnadenerweis eures Herrn wollt ihr nun leugnen?« (Sure 55, 13)
Damit wird gezeigt, dass es eine Verleugnung und Zurückweisung ist, nicht Dank zu sagen.
So wie der Weise Qur’an zeigt, dass die Folge der Schöpfung Dankbarkeit ist, so zeigt in der Tat auch das Weltall als der Große Qur’an, dass die bedeutendste Folge der Erschaffung der Welt Dankbarkeit ist. Denn wenn man das Universum aufmerksam beobachtet, so sieht man, dass alle Dinge in Dank münden, in der Weise, dass ein jedes Ding in gewisser Weise auf Dank ausgerichtet und ihm zugewandt ist. Es ist so, als ob die wichtigste Frucht am Baum der Schöpfung der Dank ist und das erhabenste Produkt, das in der Fabrik des Universums hergestellt wird, der Dank ist. Denn in der geschaffenen Welt sehen wir, dass in der Welt allen Seins alle Dinge in einem Kreislauf angeordnet sind, mit dem Leben als seinem Mittelpunkt. Alle Dinge sind auf das Leben hin ausgerichtet und dienen dem Leben und produzieren alles, was zum Leben notwendig ist. Das heißt, der Herr, der den Kosmos erschuf, erwählte aus ihm das Leben.
Sodann sehen wir, dass Er die Welt alles Lebendigen in Form eines Kreises erschuf und den Menschen in seine Mitte setzte. Es war, als wolle Er das Ziel, das (im Reich des) Lebendigen angestrebt war, im Menschen konzentrieren und (zugleich dieses ganze Reich alles) Lebendigen um ihn herum versammeln, es ihm unterwerfen, ihm zu Diensten machen und ihn selbst zum Herrn (Hakim) über es setzen. Das heißt, der Glorreiche Schöpfer wählte unter allen Lebewesen den Menschen aus und wollte (irade) und bestimmte diese Stellung für ihn in der Welt.
Sodann sehen wir, dass die Welt der Menschen und auch das Tierreich in einem Kreis angeordnet ist, mit der Versorgung als ihrem Mittelpunkt. Er hat die Menschheit und sogar die Tiere mit einer Liebe (aschk) zu ihrer Versorgung ausgestattet, hat sie davon abhängig gemacht und sie in ihren Dienst gestellt. Was sie regiert ist ihre Versorgung. Und Er hat ihre Versorgung zu einem so weiten und reichen Schatz gemacht, dass er grenzenlos viele Gnadengaben (ni’met) umfasst. Ja um auch nur eine unter all den vielen möglichen Geschmacksrichtungen unterscheiden zu können, hat er entsprechend der Anzahl der Speisen ebensoviele Geschmacks- (und Geruchs)empfindungen gleich unendlich hochempfindlichen Messinstrumenten auf der Zunge (und in der Nase) angeordnet. Das heißt, dass sich die bemerkenswerteste, wertvollste, wundervollste, schönste, angenehmste und umfassendste, ja nachgerade einzigartige Wahrheit in der Versorgung (offenbart).
So sehen wir denn nun: So wie sich alles rund um die Versorgung herum gruppiert und darauf ausgerichtet ist, so besteht auch die Versorgung in all ihren materiellen wie spirituellen, verbalen wie nonverbalen Ausdrucksmöglichkeiten durch die Dankbarkeit weiter, setzt sich in Dankbarkeit fort, lässt die Dankbarkeit weiter wachsen und bezeigt Dankbarkeit. Denn der Hunger und das Verlangen nach Versorgung ist eine Art naturgegebener Dankbarkeit. Freude und Genuss zu empfinden ist auch eine Art unbewusster Dankbarkeit und diese Art Dankbarkeit findet sich auch bei allen Tieren. Nur der Mensch weicht durch Irrglaube und Unglaube vom Wesen dieser natürlichen Dankbarkeit ab und begibt sich von der Dankbarkeit in die Abgötterei.
Des Weiteren laden die überaus schön verzierten Formen, die überaus schönen Düfte, der überaus delikate Geschmack der Gnadengaben, die unsere Versorgung sind, zur Dankbarkeit ein, fordern alles Lebendige zur Bewunderung auf, führen in dieser Bewunderung zu einer Art von Begeisterung und Hochachtung und erwecken so in uns das Gefühl einer tiefen inneren Dankbarkeit. Sie lenken die Aufmerksamkeit aller fühlenden Wesen auf sich und erregen deren Bewunderung. Sie ermuntern sie, alle diese Gnadengeschenke zu achten. Dadurch leiten sie sie dazu an, in Worten und in ihrer Haltung (hal) ihre Dankbarkeit zu erweisen, dankbar zu sein und führen sie auf diese Weise dazu, in aller Dankbarkeit die süßeste Freude und das höchste Vergnügen zu erleben. Das heißt, sie zeigen damit, dass sie zusammen mit dieser wohlschmeckenden Versorgung und den Gnadengaben, die einem kurzen, vorübergehenden oberflächlichen Vergnügen (verbunden sind), die Gunst des Allerbarmers, die einen immerwährenden, wahrhaftigen, unendlichen Genuss und Freude in sich trägt, durch diese Dankbarkeit erwerben. Das heißt: Sie erinnern an die Gunst des freigiebigen Königs (Malik-i Keriem) der Schatzkammern der Barmherzigkeit, die von so unendlicher Süße ist und veranlassen so, die ewig währenden Freuden des Paradieses noch in dieser Welt zu verkosten. Wenn also auf diese Weise unsere Versorgung durch unsere Dankbarkeit zu einem wertvollen, reichen, alles umfassenden Schatz wird, so wird sie durch unsere Undankbarkeit vollkommen wertlos.
Wie im Sechsten Wort bereits erklärt wurde, wird der Geschmackssinn von Zunge (und Nase), wenn er nach dem Willen Gottes des Gerechten, das heißt mit unserer inneren Aufgabe zur Dankbarkeit, der Versorgung zugewandt, so wird dieser Geschmackssinn von Zunge (und Nase) zu einem zufriedenen Küchenchef der zahllosen Küchen der unerschöpflichen Barmherzigkeit Gottes und zu einem begeistert (Gott lobpreisenden), besonders befähigten Verwalter. Wenn (dieser Geschmackssinn) aber nach eigenem (nefs) Willen nur der Versorgung zugewandt ist, das heißt, wenn er ohne an seine Dankespflicht gegenüber dem zu denken, der sie geschenkt hat, so wird dieser Geschmackssinn der Zunge vom Rang eines besonders befähigten Verwalters auf die Stufe eines Wachmanns am Tore der Fabrik des Bauches und Mundschenks an der Pforte des Magens herabsinken. So wie der Diener der Versorgung (der Geschmackssinn) durch seine Undankbarkeit auf eine solche Stufe hinabsteigt, so sinken auch der Wert der Versorgung und all ihrer Diener (d.h. der Wert des gesamten Versorgungssystems, des Verdauungssystems, der Sinnesorgane und des gesamten Organsystems – A.d.Ü.) von der höchsten Stufe (maqam) auf die niedrigste Stufe (maqam) herab auf eine Ebene, die der der Weisheit des Schöpfers des Alls zuwider und ihr entgegengesetzt ist.
Der Maßstab der Dankbarkeit ist Genügsamkeit, Sparsamkeit, Einwilligung und Zufriedenheit. Prüfstein aller Undankbarkeit aber ist die Habsucht, die Verschwendung, die Respektlosigkeit und der (gleichgültige) Verzehr (aller Speisen), ohne (die Gesetze von) haram und helal zu beachten.
So wie die Habsucht Undankbarkeit ist, so ist sie in der Tat auch ein Grund zur Entbehrung und zugleich auch ein Fahrzeug, das direkt ins Elend führt. Ja es ist sogar so, als würden die gesegneten Ameisen, die doch über ein ganzes Gemeinschaftsleben verfügen, durch ihre Habsucht stets unter unseren Füßen bleiben und zertreten. Denn obwohl ihnen doch schon einige wenige Weizenkörner für ein ganzes Jahr genügen könnten, sind sie dennoch nicht damit zufrieden, sondern würden selbst Tausende davon sammeln, wenn sie nur könnten. Hingegen fliegt die gesegnete Biene wegen ihrer Genügsamkeit über uns. Weil sie so genügsam ist, bereitet sie in ihrer Güte (ihsan) auf Gottes Geheiß Honig für die Menschen und gibt ihn ihnen zu essen.
Der Name des Allerbarmers, der nach Seinem allumfassenden Namen »Allah«, dem Eigennamen des Allheiligen Herrn, der gewalltigste ist, bezieht sich in der Tat auf die Versorgung. Und durch die Dankbarkeit, (die eine Folge) der Versorgung ist, kann dieser Name erreicht werden. Ferner ist von dem Namen »der Allerbarmer« die offensichtlichste Bedeutung »der Versorger«.
Überdies gibt es verschiedene Arten der Dankbarkeit. Von diesen Arten ist die umfassendste und gleichsam deren allgemeines Verzeichnis das Gebet (namas).
Des Weiteren gibt es innerhalb der Dankbarkeit einen reinen Glauben und ein aufrechtes (Bekenntnis) zur Einheit (Tauhid). Denn ein Mensch, der einen Apfel isst und dann: »Dank sei Gott!« sagt, gibt durch seinen Dank bekannt: »Dieser Apfel ist eine unmittelbare Erinnerung an die Hand des Allmächtigen (qudret), ein Geschenk direkt aus dem Schatz Seiner Barmherzigkeit.« Während er dies sagt und fest davon überzeugt ist, übergibt er alles, ob klein oder groß, der Hand des Allmächtigen. Er erkennt in jedem Ding die Erscheinung Seiner Barmherzigkeit. Er gibt durch seine Dankbarkeit seinen wahren Glauben bekannt und legt so ein aufrichtiges (Bekenntnis) zur Einheit (Tauhid) ab.
Von den vielen Aspekten dieses großen Verlustes, den gottvergessene Menschen durch ihre Undankbarkeit gegenüber den Gnadengaben Gottes erleiden, wollen wir hier nur einen einzigen anführen. Es ist dies wie folgt:
Wenn ein Mensch ein wohlschmeckendes Geschenk (ni’met) isst und dafür dankt, so wird ihm das Geschenk, das er gegessen hat, durch seinen Dank zu einem Licht und zu einer Frucht des Paradieses in der anderen Welt. Dieser Geschmack, der ihn daran denken lässt, dass dies ein Werk der Gunst der Barmherzigkeit Gottes des Gerechten ist, gibt ihm einen großen Genuss und eine beständige Freude. Auf diese Weise sendet er geistige Extrakte und Essenzen und geistige Stoffe hinauf in die höheren Welten (maqam), während die materiellen Überreste, der Treber und die Schale, welche ihre Aufgabe erfüllt haben, die unnütz gewordene Materie, alle überflüssigen Stoffe zurückkehren zu (Staub und Asche, ihren ursprünglichen) Elementen. Wenn er aber nicht dankt, dann hinterlassen die zeitlichen Vergnügungen Kummer und Schmerz in ihrem Vorübergehen und werden zu Unrat. Geschenke im Werte von Diamanten verlieren (dann ihren Wert und ihre Bedeutung wird gleich) der Kohle. Durch den Dank erhält unsere vergängliche Versorgung (den Wert) einer ewig bleibenden Freude und niemals verderbender Früchte. Doch eine Gabe ohne Dankbarkeit verwandelt sich von ihrer allerschönsten Form in eine ganz hässliche Form. Denn für den Gottvergessenen ist das Ende aller Versorgung nach einem vorübergehenden Vergnügen die Entsorgung.
Versorgung ist in der Tat eine Art Körper, der der Liebe (aschk) wert ist. Und dieser Körper wird durch die Dankbarkeit sichtbar. Anderenfalls ist die Liebe der Gottvergessenen und Irregeleiteten für ihre Versorgung einfach tierisch. Ihr könnt nun noch weiter vergleichen (und sehen), was für einen Verlust die Irregeleiteten und Gottvergessenen erfahren.
Unter den vielen Arten alles Lebendigen ist diejenige, die am meisten der verschiedenen Arten der Versorgung bedarf, die menschliche Gattung. Gott der Gerechte erschuf den Menschen in Form eines Sammelspiegels für all Seine Namen, als ein Wunderwerk Seiner Macht, das die Anlagen besitzt, den Inhalt aller Schätze Seiner Barmherzigkeit zu wägen und kennenzulernen und (Er erschuf ihn) als Seinen Kalifen hier auf Erden, der die Werkzeuge besitzt, um die Erscheinungen all Seiner Namen und alle die Feinheiten Seiner Kunstwerke auf die Waage zu stellen. Daher gab Er ihm ein grenzenloses Bedürfnis, machte ihn bedürftig für die endlos vielen Arten der Versorgung, materiell wie geistig. Das Mittel, das den Menschen entsprechend seiner vielfältigen Begabung zur höchsten Stufe alles Geschaffenen (ahsan-i taqwiem) emporführt, ist die Dankbarkeit. Gibt es keine Dankbarkeit, so stürzt er auf die niedrigste der niedrigen (Stufen) herab und begeht eine gewaltig große Ungerechtigkeit.

Kurzum: Der bedeutendste Grundsatz unter vier Grundsätzen der Orden derer auf dem Weg des Dienstes, der Anbetung und der Erlangung der Liebe Gottes (tariq-i ubudiyet ve mahbubiyet), und zugleich auch der höchste und erhabenste Weg, ist die Dankbarkeit. Diese vier Grundsätze sind folgendermaßen formuliert:
  • »In dem Orden der Besitzlosen (acz-i mendi) sind vier Dinge notwendig:
    vollkommene Armut,
    vollkommene Unterwerfung (acz = die Schwachheit des Menschen gegenüber der göttlichen Allmacht),
    vollkommene Dankbarkeit und
    vollkommene Hingabe (schauk = die Begeisterung des Herzens für Gott, seinen Herrn),
    Oh ihr Freunde! (aziz = ein Mensch, der die Heiligkeit Gottes respektiert und Seine göttlichen Geschenke nicht zu irdischen Zwecken missbraucht).«


»Oh Gott, setze uns unter diejenigen, die Dir dankbar sind, durch Dein Erbarmen, oh Barmherziger aller Barmherzigen!« »Gepriesen seist Du! Wir haben kein Wissen außer dem, was Du uns gelehrt hast. Denn Du bist der Allwissende, der Allweise.« (Sure 2, 32) »Oh Gott, gib Deinen Segen unserem Herrn Mohammed, dem Haupt all derer, die (Gott) Dank sagen und Ihn lobpreisen, ihm und seiner Familie und allen seinen Gefährten. Amen.« »Und ihr letztes Gebet wird sein: Aller Lob und Preis sei Gott, dem Herrn der Welten.«

Sechste Problemstellung, zugleich Sechste Abhandlung
Diese Abhandlung ist der Sammlung osmanischer Briefe beigefügt und deswegen hier nicht weiter aufgeführt.



Siebente Problemstellung, zugleich siebente Abhandlung



»Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Barmherzigen. Sprich: Bei dem Wohlgefallen (fadl) Gottes und Seiner Barmherzigkeit; wahrlich: Sie können sich daran erfreuen, denn Er ist besser, als all das, was sie sammeln!« (Sure 10, 58)
Diese Problemstellung kann man in siebenfacher Weise angehen.
Als erstes wollen wir die sieben Ursachen, welche einige Geheimnisse der göttlichen Gnadengaben (inayet) erkennen lassen, in der Form einer Verkündigung der Wohltaten Gottes (tahdis-i nimet) besprechen.

Erste Ursache: Im vergangenen Weltkrieg oder noch davor erblickte ich mich inmitten einer echten Erscheinung (vakia-i sadika) am Fuße des bekannten großen Berges im Araratgebirge. Plötzlich zerbarst der Berg mit gewaltigem Krachen und riesige Felsbrocken wurden überall umhergeschleudert. Inmitten dieses Entsetzens erblickte ich meine verstorbene Mutter an meiner Seite und sagte zu ihr: »Fürchte dich nicht, oh meine Mutter. Dies ist auf Befehl Gottes des Gerechten. Er ist sowohl barmherzig, als auch weise.« Und während ich mich noch in diesem Zustand befand, schaute ich eine bedeutende Persönlichkeit, die mir gebot: »Erkläre den Qur’an! Groß ist er und wunderbar.«
Da erwachte ich und verstand: »Es wird sich ein großer Umsturz ereignen. Und nach diesem Umsturz wird eine Erneuerungsbewegung einsetzen und die Mauern zerbrechen, die den Qur’an bisher umgeben haben. Und unmittelbar darauf wird der Qur’an sich selbst verteidigen. Man wird den Qur’an angreifen. Sein Wunder wird wie ein stählerner Panzer sein; und dieses Wunder wird sich in jeder Zeit als über alles Maß hinaus erweisen und sich der Gestalt eines Mannes wie mich als Anwalt bedienen. Und ich verstand, dass ich dieser Kandidat sein sollte.«
Da also nun einmal durch die »Sözler« bewirkt wurde, dass das Wunder, welches der Qur’an ist, klar zu Tage trat, bedeutet es sicherlich eine Hilfe, wenn wir die Gnadengaben aufzeigen, die sich bei unserem Dienst eingestellt haben und die diesem Wunder zugerechnet, gewissermaßen aus ihm hervorgegangen und als dessen Segen betrachtet werden können und die wir deshalb auch aufzeigen müssen.

Zweite Ursache: Da also nun einmal der Weise Qur’an unser Lehrer (Murschid), unser Meister (Ustadh), unser Vorsteher (Imam) und unsere Richtschnur (Rehber) im untadeligen Benehmen ist und ein Hymnus, der seinen eigenen Lobpreis besingt, werden auch wir, seiner Belehrung folgend, seine Auslegung (tefsir) loben.
Da nun einmal die Worte (Sözler), welche niedergeschrieben wurden, eine Art seiner Auslegung sind und diese Abhandlungen das Eigentum und die Realität der Wahrheiten des Qur’an, und da nun einmal der Weise Qur’an in den meisten seiner Suren, besonders aber in den Chiffren wie »Elif-Lam-Ra« oder »Ha-Mim« sich selbst in seiner ganzen Vollkommenheit und Größe zeigt, über seine Vollkommenheit spricht und den Lobpreis, der ihm gebührt, sich selbst bereitet, sind auch wir dazu verpflichtet, die Gnadengaben (inayat) des Herrn aufzuzeigen, welche ein Zeichen setzen auf das Wunder der Funken des Weisen Qur’an, die sich in den »Sözler« widerspiegeln und auch dafür, dass unser Dienst angenommen wurde. Denn unser Meister (Ustadh) tut so und unterrichtet so.

Dritte Ursache: Ich spreche über die »Sözler« nicht in Bescheidenheit, sondern sage, um die Wahrheit klarzulegen: »Die Wahrheit und Vollkommenheit der »Sözler« stammt nicht von mir, sondern aus dem Qur’an, ist ein Tropfen aus dem Qur’an.« Auch das »Zehnte Wort« besteht aus solchen Tropfen, die aus hunderten von Ayat aus dem Qur’an herausgefiltert worden sind. Das gleiche gilt auch für die übrigen Abhandlungen. Da ich dies also weiß und weil ich sterblich bin und dahingehen werde, darf man ganz gewiss nicht eine Sache und ein Werk, das bleiben wird, mit mir in Verbindung bringen. Es darf nicht an mich gebunden sein und werden. Und da es nun einmal eine Gewohnheit der Leute des Irrweges und der Übertretung ist, ein Werk, das ihnen nicht gelegen kommt, dadurch zu kritisieren, dass sie den Verfasser dieses Werkes kritisieren, sollte man die Abhandlungen, die an die Sterne über dem Himmel des Qur’an gebunden sind, gewiss nicht an einem so morschen Pfosten wie mir festmachen, der ich ein Anlass zu Widerspruch und Kritik bin und fallen kann. Da es nun einmal unter Menschen üblich ist, die Vorzüge eines Werkes in dem Verhalten seines Verfassers zu suchen, den sie als Ursprung und Quelle ansehen, und da es gegenüber der Wahrheit eine Unwahrheit wäre, wollte man dieser Gewohnheit entsprechend diese hohen Wahrheiten und kostbaren Juwelen einer Persönlichkeit zuschreiben, die dermaßen bankrott ist, dass sie davon noch nicht einmal ein Tausendstel vorzeigen kann, muss ich offenlegen, dass diese Abhandlungen nicht mein Eigentum sind, vielmehr ihre Vorzüge Tropfen aus dem Qur’an sind und Eigentum des Qur’an. Man kann doch die Ursache für die Qualität wohlschmeckender Weintrauben wirklich nicht in einem verdorrten Weinstock suchen! Und doch bin gerade auch ich so ein vertrockneter Stab.

Vierte Ursache: Manchmal führt Bescheidenheit zur Undankbarkeit für ein Geschenk, ist vielmehr selbst eine Undankbarkeit für das Geschenk. Manchmal artet auch die Verkündigung der Wohltaten Gottes (tahdis-i nimet) in Selbstgefälligkeit aus. Beides ist vom Übel. Der einzige Ausweg ist der, weder Undankbarkeit für ein Geschenk aufkommen zu lassen, noch selbstgefällig zu werden. Man muss also Qualität und Vollendung anerkennen, darf sie aber nicht sich selbst zuschreiben, sondern muss aufzeigen, dass sie Gnade und Werk dessen sind, der in Wahrheit der Geber aller guten Gaben ist. Zum Beispiel: Zöge dir jemand ein wunderhübsches Kleid an, das mit kostbaren Steinen geschmückt ist und auf das du mit Recht stolz sein darfst und in dem du auch sehr gut aussiehst und die Leute dir dann sagten: »Mascha-a’llah! Wie hübsch du aussiehst und wie wundervoll es dich kleidet!« und wenn du dann in deiner Bescheidenheit sagtest: »Gott bewahre!... Was bin ich schon? Nichts bin ich. Was ist das schon? Wo ist Schönheit?« dann ist das Undankbarkeit für das Geschenk und eine Beleidigung gegenüber dem begnadeten Künstler, der dich mit einem solchen Gewand bekleidet hatte. Sagst du aber in deinem Stolz: »Recht habt ihr. Ich bin wirklich schön. Wo gibt es eine, die so schön wäre wie ich. Zeigt mir doch eine, die mir gliche!...« so wäre dies eine überhebliche Selbstgefälligkeit.
Sich also vor dem Stolz und der Undankbarkeit zu bewahren, muss man antworten: »Ja, ich bin wirklich sehr schön geworden. Aber diese Schönheit steckt in dem Kleid und gebührt durch seine Vermittlung dem, der mich mit diesem Gewand bekleidet hat, nicht mir.«
So möchte auch ich, würde meine Stimme dazu ausreichen, über den ganzen Erdball hinweg ausrufen: »Die Sözler sind wunderschön, sie sind die Wahrheit. Aber sie entstammen nicht mir. Blitzstrahlen sind es, die aus der Wahrheit des Ehrwürdigen Qur’an aufleuchten...«




»Ich konnte mit meinem Artikel Mohammed keine Schönheit verleihen. Doch Mohammed hat meinem Artikel seine Schönheit verliehen.«
Dementsprechend sage auch ich:




»Ich konnte mit meinen Worten dem Qur’an keine Schönheit verleihen. Doch der Qur’an hat meinen Worten seine Schönheit verliehen.«
Das heißt: »Ich konnte dem Wunder der Wahrheit des Qur’an keine Schönheit mehr hinzufügen, seine Schönheit nicht aufzeigen. Vielmehr haben die schönen Wahrheiten des Qur’an meine Auslegungen verschönt und erhöht.« Auf Grund dieser Tatsache ist die Schönheit der Reflexionen, die »Sözler« genannt werden, eine Schönheit im Namen des Qur’an und diese Gnadengabe Gottes (inayat), welche aus dieser Spiegelung erhellt, darzustellen, ist ein Lobpreis der göttlichen Gnadengaben (nimet), der auch angenommen wird.

Fünfte Ursache: Vor langem habe ich einmal von einem Gottesfreund gehört, dass dieser auf Grund von Voraussagen der Heiligen aus alter Zeit die Schlussfolgerung gezogen habe und zu der Überzeugung gelangt sei: »Aus dem Osten wird ein Licht aufstrahlen und die Finsternis der verderblichen Neuerungen zerstören.« Ich habe sehr darauf gewartet, dass ein solches Licht kommen werde und warte noch darauf. Aber Blumen kommen im Frühling. Für solche heiligen Blumen den Boden zu bereiten, ist notwendig. Und wir haben verstanden, dass wir mit diesem unseren Dienst den Boden für solche erleuchteten Persönlichkeiten bereiten. Da dies aber nun nicht unsere Angelegenheit ist, kann auch die Verkündigung der »Sözler« genannten, dem Bereich der göttlichen Gnade (inayat) zugehörigen Lichter keine Quelle des Stolzes oder der Selbstgefälligkeit sein. Man kann vielmehr darin nur eine Quelle der Lobpreisung und des Dankes erblicken.

Sechste Ursache: Aus der Gnade (inayat), welche Gott uns in der Abfassung der »Sözler« als unserem Dienst am Qur’an erwiesen hat, um uns im voraus zu belohnen und um unseren Eifer weiter anzufachen, resultiert unser Erfolg. Wo aber ein Erfolg ist, kann man ihn auch vorweisen. Handelt es sich aber nicht um einen Erfolg, so ist es doch wenigstens ein Geschenk (ikram), mit dem Gott uns beehrt hat. Handelt es sich aber um ein göttliches Geschenk, so ist, es zu zeigen, eine innere Dankespflicht. Handelt es sich aber auch darum nicht, so ist es doch wenigstens ein Wunder (keramet) des Qur’an, mit dem wir willentlich gar nichts zu tun haben. Es hat sich nur an uns gezeigt. Eine solche Art Wunder, das sich ohne unser Wissen und Wollen ereignet hat, vorzuweisen, schadet aber nicht. Sollte es aber mehr sein, als ein ganz gewöhnliches Wunder (keramet), dann ist es wenigstens eine Flamme eines geistigen Wunders (‘icaz) des Qur’an. Wo man aber ein Wunder vorweisen kann, da gehört es sicherlich zu diesem Wunder hinzu, bei dessen Bekanntmachung mitzuwirken. Darin liegt keineswegs eine Quelle des Stolzes und der Selbstgefälligkeit, es wird vielmehr zu einer Quelle des Lobpreises und der Danksagung.

Siebente Ursache: Achtzig Prozent der Menschheit gehört nicht zu den Quellenforschern (ehl-i tahqiq), sodass sie in die Wahrheit eindringen und Wahrheit auch als Wahrheit erkennen und anerkennen könnte. Vielmehr nehmen sie der Form nach an und stützen sich in ehrlicher Überzeugung auf das, was sie von anerkannten und vertrauenswürdigen Menschen gehört haben. Ja, sie werden sogar eine starke Wahrheit als schwach ansehen, wenn sie sich in der Hand eines schwachen Mannes befindet und eine wertlose Sache als wertvoll betrachten, wenn sie sich in der Hand eines wertvollen Menschen befindet. Deshalb also sage ich, so unwert und schwach ich in meiner Armseligkeit bin, während sich in meinen Händen die Wahrheiten des Glaubens und der Wert des Qur’an befindet und weil es notwendig ist, dass sie nicht den Blicken der meisten Menschen entschwinden, mit aller Klarheit: Wir werden ohne unser Wissen und ohne unser Zutun zum Dienst geführt. Es gibt da Einen, der uns eine wichtige Arbeit tun lässt, ohne dass wir es wissen. Dies ist unser Zeugnis: Auch wenn wir uns dessen nicht bewusst sind, so erhalten wir doch ganz ohne unser Zutun manche Hilfe (inayat) und wird uns vieles leicht gemacht. Das ist es, weshalb wir diese Gnadengaben mit lauter Stimme ausrufen müssen.
So wollen wir nun – gestützt auf die oben dargestellten sieben Ursachen – einige Hinweise auf einige universelle Gnadengaben des Herrn geben.

Erster Hinweis: Im Ersten Punkt der Achten Problemstellung zum Achtundzwanzigsten Brief haben wir erklärt, was Übereinstimmung (tevafukat) ist. Kurz gesagt: In dem »Brief über die Wunder Mohammeds« finden sich in dem Text eines Schreibers zwischen dem dritten und dem achten Hinweis auf sechzig Seiten, zwei Seiten davon ausgenommen, ohne dass wir etwas davon wussten oder ahnten in vollkommener Ausgewogenheit die Worte »Resul-u Ekrem Aleyhissalatu Vesselam« mehr als zweihundert Mal in Entsprechung zueinander. Wer zwei dieser Seiten aufmerksam betrachtet, wird gerechterweise zugeben, dass dies kein Zufall sein kann. Wäre es aber Zufall, könnte dieser bestenfalls halb und halb auf einer Seite auftreten, wenn die Beispielwörter mehrheitlich vorhanden sind, sodass vielleicht auf ein, zwei Seiten eine völlige Entsprechung zu Stande käme. Wenn aber die Worte »Resul-u Ekrem Aleyhissalatu Vesselam« einander anschauen, sei es zwei Mal, drei Mal, vier Mal oder noch öfter, wie mit der Exaktheit einer Waage gemessen, dann ist es gewiss unmöglich, dass dies noch Zufall sein könnte. Wenn noch dazu diese Entsprechungen auch von acht ganz verschiedenen Schreibern nicht beeinträchtigt werden konnte, dann ist dies ein starker Hinweis auf das Verborgene (ischaret-i gaybiyye). So kennen wir die »Ehl-i Belagat« (= Menschen, die zur rechten Zeit das rechte Wort finden). Die Prägnanz ihres Ausdrucks (Belagat) findet sich in ihren Büchern in verschiedenen Abstufungen ausgeprägt. In dem Weisen Qur’an steigert sich die »Belagat« noch bis zur Stufe eines Wunders (i’caz). Dort finden wir jene Schranke, die niemand mehr zu erreichen vermag. Ebenso finden wir diese Entsprechungen im Neunzehnten Brief, der ein Spiegel der Wunder Mohammeds ist, im Fünfundzwanzigsten Wort, das der Dolmetscher für die Wunder (Mu’cisat) des Qur’an ist, und in den Bänden der Risale-i Nur, die eine Art Auslegung (tefsir) des Qur’an darstellen in einem über alle anderen Bücher erstaunlichen Grade. Daraus aber erhellt folgendes: was in diesen Spiegeln deutlich sichtbar reflektiert wird, ist eine Art Wunder (keramet) der Wunder (Mu’cizat) des Qur’an und der Wunder (Mu’cizat) Mohammeds.

Zweiter Hinweis: Die zweite Gnadengabe des Herrn, die den Dienst am Qur’an betrifft, ist folgende: Gott der Gerechte hat einem Manne wie mir, der ich doch kaum mit der Feder umzugehen verstehe und nie eine Schule besucht habe, an diesen Ort der Fremde, wo ich niemanden habe und mir selbst der Briefwechsel untersagt wurde, in Seiner Güte (ihsan) starke, ernsthafte, aufrichtige, fleißige, ideal gesonnene Brüder als Helfer gesandt, die ihre Federn einem diamantenen Schwerte gleich zu gebrauchen wissen. Er hat den Dienst am Qur’an, der so schwer auf meinen, zu dieser Aufgabe untauglichen, schwachen Schultern lastete, deren starken Schultern aufgeladen und in Seiner vollkommenen Güte (kerim) meine Bürde leicht gemacht. Diese gesegnete Gemeinschaft aber, die einem Kopfhörer in der drahtlosen Telegraphie vergleichbar ist, wie Hulusi sagt, oder auch einem Stromkraftwerk, wie Sabri es nennt, deren Glieder alle unterschiedliche Vorzüge und verschiedene Besonderheiten haben und die tiefen Wahrheiten des Qur’an und die Lichter des Glaubens um sich mit der Lust und Liebe, mit dem Eifer und Ernst, in dem sie einander gleichen, verbreiten und dabei jeden Winkel erreichen, die, zu einer Zeit, da das Alphabet bereits geändert worden war und es (für die alte Schriftform) keine Druckereien mehr gab, einer Zeit, in der jedoch jeder der Lichter des Glaubens bedurfte, es statt dessen aber viele Gründe dafür gab, die ihren Mut hätte brechen und die Lust hätte nehmen können, ist dieser große Eifer und ihre vollendete Begeisterung für die Dienste ganz unmittelbar ein Wunder (keramet) des Qur’an und eine offensichtliche Gnade Gottes (inayet).
So wie es in der Tat das Wunder der Freundschaft mit Gott (velayetin kerameti) gibt, so gibt es auch das Wunder einer reinen Absicht (niyet-i halisenin kerameti) und das Wunder der Aufrichtigkeit (samimiyetin kerameti = arbeiten ohne Hinter- oder Nebengedanken)... Besonders im Kreise von Brüdern innerhalb einer Bruderschaft (uhuvvet) um Gottes willen kann es wahre Wunder einer echten und aufrichtigen gegenseitigen Hilfeleistung geben. Die geistige Körperschaft einer solchen Gemeinschaft kann sogar die Gestalt einer reifen Freundschaft (veliyy-i kamil) annehmen und die Gnade Gottes (inayet) offenbaren.
Nun also meine Brüder und ihr, meine Weggefährten im Dienst am Qur’an! Es wäre doch ein Unrecht, einem Feldwebel nach der Eroberung einer Burg die ganze Ehre und die ganze Beute zu geben; und genauso wie das ein Fehler wäre, so dürft auch ihr die Gnaden, die ihr mit dieser Herausgabe und Veröffentlichung kraft eurer geistigen Körperschaft und mit euren Federn erlangt habt, nicht einem so Hilflosen wie mir verleihen!... Sicherlich gibt es in einer so gesegneten Gemeinschaft noch stärkere Zeichen des Verborgenen (ischaret-i gaybiyye) als derartige geheimnisvolle Entsprechungen (tevafukat-i gaybiyye) und ich kann sie auch erkennen; aber ich kann sie nicht allen und jedem zeigen.

Dritter Hinweis: Es ist ein sehr starkes Zeichen des Verborgenen (ischaret-i gaybiyye) und ein Geschenk der göttlichen Gnade, dass alle bedeutenden Wahrheiten des Glaubens und des Qur’an in den einzelnen Kapiteln der Risale-i Nur auch noch für den unbelehrbarsten glänzend bewiesen werden. Denn unter den Wahrheiten des Glaubens (iman) und des Qur’an gibt es solche, angesichts derer selbst Ibn-i Sina (Avicenna), den man als einen der genialsten und bedeutendsten Geister ansieht, sein Unvermögen eingesteht, sie verstehen zu können, wenn er bekennt: »Für den Verstand führt kein Weg dorthin.« In der als »Zehntes Wort« bezeichneten Abhandlung werden diese Wahrheiten, welche diesem genialen Geist unzugänglich geblieben waren, selbst dem einfachen Volk und den Kindern erklärt.
Dafür zwei Beispiele: Wenn ein so gewaltiger Gelehrter wie Sad Teftazani zur Lösung des Problems um das (göttliche) Vorauswissen (Qader) und dieses Stückchen (menschlicher) Willensfreiheit in seinem berühmten »Der zwölfte Schritt« genannten Kapitel aus dem Buch »Telvih« (= Die verborgenen Andeutungen) vierzig, fünfzig Seiten nur für diese Lösung benötigt und das nur für die Gebildeten, dann aber im Zweiten Kapitel des Sechsundzwanzigsten Wortes dem Kapitel über das göttliche Vorauswissen (Qader), schon zwei Seiten genügen, um das gleiche Problem vollständig zu lösen und für jedermann verständlich zu erklären und dies dann kein Werk der göttlichen Gnade ist, was ist es dann?
So wurde auch dieses über alles Verstehen hinaus wundersame Geheimnis der Schöpfung der Welt, das bisher noch keines Philosophen Hand zu entschleiern vermochte, dieser verborgene Sinn des Kosmos, dieses, die Wunder des hochehrwürdigen Qur’an enthüllende, alle Probleme lösende Koan, dieses Staunen erweckende Rätsel wurde in dem letzten symbolträchtigen Punkt des Neunundzwanzigsten Wortes im Vierundzwanzigsten Brief und in der sechsteiligen Weisheit des Dreißigsten Wortes über die Erneuerung der Zellen (d.h. über das Fließgleichgewicht) enthüllt. Das Staunen erregende, tiefe, verborgene Geheimnis der Bewegung des Kosmos, das Rätsel von der Erschaffung des Kosmos und seinem Apex (akibet), die Weisheit, die sich hinter dem Geheimnis des Fließgleichgewichts verbirgt, wurde in ihnen enthüllt und erklärt und für jedermann sichtbar vor Augen gestellt.
Und so wie im Sechzehnten und Zweiunddreißigsten Wort mit vollkommener Klarheit die staunenswürdigen Wahrheiten vom Geheimnis sowohl der Ahadiyet (= Gott ist unteilbar eins und allgegenwärtig) in der Verbindung mit der Vahdet (es gibt keinen Herrn, keinen König, keinen Gott außer Allah) Seiner Herrschaft ohne Teilhaberschaft (shirk) einerseits erklärt wurde, als auch, dass Gott uns unendlich nahe ist, wo wir doch so unendlich weit von Ihm entfernt sind, so wurde auch im Zwanzigsten Brief mit vollkommener Klarheit aufgezeigt, dass für die Macht Gottes Atome und Planeten gleich sind, dass für Ihn die Wiederbelebung alles Beseelten bei der Gewaltigen Versammlung ebenso leicht ist, wie eine einzige Seele wiederzubeleben und dass eine Teilhaberschaft bei der Erschaffung des Alls unserem Verstande bis zur Unmöglichkeit fremd ist und dieses gewaltige Geheimnis der Einheit (Vahdet) in dem Abschnitt und seinem Anhang, der drei Beispiele enthält, aufgedeckt, wo das Wort:




»Er hat Macht über alle Dinge«
erklärt wird.
Da die Wahrheiten des Glaubens und des Qur’an so umfangreich sind, dass auch nicht der größte menschliche Geist sie zu umfassen vermag, ist es ein Werk, das als ein Wunder unmittelbar aus dem Geiste des Qur’an hervorgeht, eine Erscheinung der Gnade des Herrn und ein starkes Zeichen aus dem Verborgenen, wenn sich in einem Mann wie mir, dessen Geist mit so vielen Problemen überlastet ist, dessen Situation so ungeklärt ist, der seine Bücher dermaßen schnell und unter so bedrückenden Umständen schreibt, ohne dabei ein Nachschlagewerk zu besitzen, wenn sich in einem solchen Manne diese Wahrheiten in allen Einzelheiten mit so überwältigender Vollkommenheit offenbaren.

Vierter Hinweis: Da die fünfzig, sechzig Abhandlungen ein Geschenk der Güte (ihsan) Gottes sind, in der Art, dass sie nicht von mir, einem Mann, der von so vielen Umständen abhängig ist und so wenig Zeit findet, noch einmal gründlich über alles nachzudenken und zu korrigieren, noch von einem Team großer und genialer Forscher, die sie mit Anstrengung und Einsatzfreudigkeit zu Stande gebracht hätte, in dieser Art abgefasst worden wäre, zeigt, dass sie unmittelbar ein Werk der Gnade Gottes sind. Denn in allen diesen Abhandlungen werden alle diese tiefen Wahrheiten durch Beispiele vermittelt und so auch denen, die bislang noch nicht sehen und verstehen konnten, Unterricht erteilt. Hatten doch bis dahin die meisten großen Gelehrten gesagt, dass sie diese selbst nicht mit dem Verstande erfassen und auch weder dem einfachen Volk noch den Gebildeten lehren konnten.
Da solche Wahrheiten, die bisher noch zu hoch waren, nunmehr den Menschen so nahe gebracht werden können, dass ihre Unterrichtung auch noch einem Blinden unter die Haut geht, von Hand eines Mannes, der so wie ich, kaum des Türkischen mächtig ist, dem die Worte nur schwer über die Zunge kommen, sodass die meisten ihn gar nicht verstehen und dessen frühere Werke seinen traurigen Ruhm bestätigt haben, eine offensichtliche Wahrheit so darzustellen, dass sie nur noch mühsam verständlich ist, mit einer geradezu wunderbaren Einfachheit und Leichtigkeit erklärt werden, so ist dies ohne Zweifel ein Werk der Gnade Gottes und kein Produkt seiner Begabung, ein Wunder (i’caz), das aus dem Geiste des Edlen Qur’an aufstrahlt, eine Manifestation und eine Reflexion über die Gleichnisse des Qur’an.

Fünfter Hinweis: So wie die Risalat, obwohl sie in ihrer Gesamtheit weit verbreitet sind und alle Schichten und Gruppen von Leuten, vom größten Gelehrten bis hin zum einfachsten, ungebildeten Menschen und von den großen Heiligen unter den Sufis (ehl-i kalb) angefangen bis hin zu den verbohrtesten Ungläubigen unter den Philosophen die Risalat gesehen und gelesen haben und manche von ihnen deshalb eine Strafe erhalten haben, dennoch nicht kritisiert werden, vielmehr eine jede Gruppe ihrer Stufe entsprechend ihren Nutzen aus ihnen zieht, was unmittelbar ein Werk der Gnade des Herrn und ein Wunder des Qur’an ist, so wurden auch alle diese verschiedenen Risalat, die doch nur nach sehr gründlichen Untersuchungen und Studien hätten zu Stande kommen können, trotz dieser belastenden, bedrückenden und beengenden Umstände, da ich doch Mühe hatte, meine Gedanken und meine Eindrücke zu ordnen, in dieser so außerordentlichen Geschwindigkeit geschrieben, was wiederum ein Werk der Gnade Gottes und ein Geschenk des Herrn ist.
In der Tat wissen die meisten meiner Brüder und alle die Gefährten, die bei mir sind und die Schreiber, dass der Fünfte Abschnitt des Neunzehnten Briefes in nur wenigen Tagen geschrieben wurde, wobei wir an jedem Tag nur zwei, drei Stunden, also insgesamt etwa zwölf Stunden gearbeitet haben, ohne dass wir dabei in irgendeinem Buch hätten nachschlagen können. Ja, der vierte Absatz, welcher der wichtigste davon ist, der Absatz, indem der Ausdruck »Resul-u Ekrem Aleyhissalatu Vesselam« ganz offensichtlich das Siegel des Propheten zeigt, wurde in drei, vier Stunden auswendig, auf einem Berge im Regen niedergeschrieben. Auch eine so bedeutende und feinsinnige Risala wie das Dreißigste Wort, wurde in sechs Stunden in einem Weinberg geschrieben; und so wie das Achtundzwanzigste Wort in einer, höchstens in zwei Stunden in Süleymans Garten niedergeschrieben wurde, so geschah es auch mit den meisten Risalat. Dabei wissen meine engsten Freunde, dass ich schon seit langem unter bedrückenden und beengenden Umständen noch nicht einmal ganz offensichtliche Wahrheiten klar zum Ausdruck bringen konnte, ja noch nicht einmal um sie wusste. Kam dann unter diesen bedrückenden Umständen noch eine Krankheit hinzu, die mich noch mehr daran hinderte, Unterricht zu erteilen und etwas zu verfassen, so wurden dennoch die wichtigsten »Sözler« und Abhandlungen auch in Zeiten äußerster Bedrängnis und Krankheit in einer ungewöhnlich raschen Art niedergeschrieben. Wenn das nicht unmittelbar göttliche Gnade, ein Geschenk (ikram) des Herrn und ein Wunder (keramet) des Qur’an ist, was denn sollte es dann sein?
Nun aber schadet ein Teil der Fragestellungen einem Teil der Menschen, ganz gleich, um welches Buch es sich dabei handeln mag (wenn darin die göttlichen und Glaubenswahrheiten behandelt werden), in jedem Fall... Weil es ihnen aber schadet, wird nicht jede Fragestellung jedermann zugänglich gemacht. Was aber die Risalat betrifft, so haben sie bisher – wen auch immer ich gefragt habe – bei niemandem eine gegenteilige Wirkung ausgelöst, schlimme Folgen gezeigt, eine Beunruhigung des Gemüts bewirkt, oder sonst irgendeinen Schaden angerichtet, weshalb es für uns absolut sicher ist, dass es sich hier um ein Zeichen aus dem Verborgenen (ischaret-i gaybiyye) handelt und um eine Gnade des Herrn.

Sechster Hinweis: Ich bin heute davon überzeugt, dass es mir bestimmt war, den grössten Teil meines Lebens in der Weise zu verbringen, dass er nicht von mir selbst, von meinem Wissen, Wollen und Bewusstsein bestimmt wurde und ihm ein solch seltsamer Verlauf gegeben wurde, dass er solche Art Abhandlungen zum Ergebnis brachte, wie sie dem Dienst am Qur’an dienlich sein sollten. Es ist, als wäre mein ganzes wissenschaftliches Leben nur ein Grundkursus oder eine Vorbereitungsstufe gewesen und als sollte sein Ergebnis darin bestehen, in den »Sözler« die Wunder (‘icaz) des Qur’an aufzuzeigen. Ja ich zweifle keineswegs daran, dass ich in diese meine Lage: diese Verbannung und das Leben in der Fremde seit sieben Jahren, diese Isolation ohne Grund und gegen meinen Wunsch, mein Leben im Gegensatz zu meiner Natur ganz allein in einem Dorf zu verbringen, um am Ende gar alle Bindungen an das gesellschaftliche Leben, an das ich mich seit langem gewöhnt hatte, zu verabscheuen und alle bisherigen Grundsätze aufzugeben, nur deshalb versetzt wurde, um mich in reiner und aufrichtiger Weise einzig und allein dem Dienst am Qur’an zu widmen. Ja, ich bin der Überzeugung, dass sich hinter dem Schleier der Unterdrückung, hinter all diesen Schikanen und dem Unrecht, das man mir angetan hat, eine gnädige Hand verbirgt, die mich in ihrer Barmherzigkeit dazu veranlassen will, meine Gedanken auf die Geheimnisse des Qur’an zu konzentrieren, ohne meine Blicke von ihnen abzuwenden. Ja, obwohl ich früher aufs Lesen geradezu versessen war, wurde meiner Seele eingegeben, mich des Lesens aller anderen Bücher zu enthalten und es ganz und gar zu vermeiden. So verstand ich, dass es mir bestimmt war, den vertrauten Umgang mit den Büchern aufzugeben, der mir doch sonst eine Quelle des Trostes hier in dieser Fremde hätte sein können, damit mir einzig und allein die Ayat des Qur’an ein vollkommener Lehrer (Ustadh) sein sollten.
Zudem wurden mir die Werke, die Risalat, welche niedergeschrieben wurden – die überwältigende Mehrheit von ihnen – ohne dass irgendeine Ursache von außen hinzugetreten wäre, rein auf Grund eines Bedürfnisses, das aus meiner Seele erwuchs, plötzlich und unvermittelt von der Güte Gottes (ihsan) zum Geschenk gegeben. Wenn ich sie dann einigen meiner Freunde zeigte, sagten sie zu mir: »Sie sind ein Heilmittel für die Wunden unserer Zeit.« So wurde mir nach ihrer Verbreitung klar, dass sie in dieser Zeit für die meisten meiner Brüder das Heilmittel sind, das ihren Bedürfnissen am besten entspricht und die Medizin, die in ihren Schmerzen vollkommen für sie geeignet ist.
So blieb in mir gar kein Zweifel mehr daran zurück, dass die oben erwähnten Umstände und der Verlauf meines Lebens – ohne es zu wissen noch zu wollen – die verschiedenen Zweige der Wissenschaft, die ich ganz außer der Reihe und ohne eine feste Absicht studiert habe, ein solch geheiligtes Ergebnis herbeigeführt haben, dass es zu einem starken Geschenk der göttlichen Gnade wurde und einer Gabe (ikram) des Herrn.

Siebenter Hinweis: Während unseres Dienstes, also im Verlaufe von etwa fünf, sechs Jahren, haben wir ohne zu übertreiben hundert Werke mit eigenen Augen gesehen, die ein Geschenk Gottes (ikram), eine Gnade des Herrn und ein Wunder (keramet) des Qur’an sind. Auf einen Teil davon haben wir im Sechzehnten Brfhingewiesen, einen anderen in den verschiedenen Problemstellungen des Vierten Kapitels des Sechsundzwanzigsten Briefes, einen anderen in der Dritten Problemstellung des Achtundzwanzigsten Briefes erörtert. Meine nächsten Freunde wissen davon. Dhu-leyman Efendi, mein engster Freund und Vertrauter, kennt viele davon. Besonders bei der Abfassung der »Worte« und »Abhandlungen«, bei ihrer Korrektur, Zusammenstellung, der Niederschrift und der Reinschrift erlebten wir, wie sich ganz unerwartet alles mit geradezu wunderbarer Leichtigkeit ergab. Wir haben gar keinen Zweifel daran, dass es sich dabei um ein Wunder des Qur’an gehandelt hat. Dafür gibt es hunderte von Beispielen.
Auch was unseren Lebensunterhalt betrifft, werden wir mit so viel Liebe (shefqat) ernährt und versorgt, weil der Herr der Gnade, der unsere Arbeiten lenkt und leitet, uns in unerwarteter Weise mit seiner Güte beschenkt, um uns auch noch den geringsten Wunsch unseres Herzens zu erfüllen. Usw... Alle diese Umstände sind ein so starkes Zeichen aus dem Verborgenen (ischaret-i gaybiyye), dass wir geleitet und geführt sind nach Seinem Wohlgefallen, und Seine Gnade ist es, in der der Dienst am Qur’an von uns erfüllt wird.




»Lob und Preis sei Allah! Dies kommt durch den Segen meines Herrn.« »Gepriesen seist Du! Wir haben kein Wissen, außer dem, das Du uns gelehrt hast. Denn Du bist der Allwissende, der Allweise.« (Sure 2, 32) »O Gott, segne unseren Herrn Mohammed, mit dem Segen, der Dir wohlgefällig sein und sich in Wahrheit an ihm erfüllen möge, an ihm und seiner Familie und seinen Gefährten, und schenke ihnen Deinen Frieden in Fülle und Sicherheit. Amen.«
Antwort auf eine vertrauliche Frage

  • Dieses Geheimnis der Gnade wurde ehedem als Geheimsache aufgezeichnet. Sie wurde am Ende des Zehnten Wortesangefügt. Doch die meisten Schreiber haben sie, aus welchen Gründen auch immer, abzuschreiben vergessen. Hier wäre eigentlich der rechte und geeignete Platz dafür gewesen. Der Artikel blieb aber den Schreibern verborgen.
Man hat mir folgende Frage gestellt: »Warum geht von den »Worten«, die du über den Qur’an geschrieben hast, eine solche Kraft, ein solcher Einfluss aus, wie sie sich in den Worten anderer Theologen (arif) und Kommentatoren (mufessir) nur selten findet. Manchmal geht von einer Zeile so viel Kraft aus wie von einer ganzen Seite, von einer Seite so viel Einfluss wie von einem ganzen Buch...«

Anwort: Weil die Ehre dem Wunder des Qur’an gebührt und nicht mir zukommt, antworte ich ohne zu zögern: »Bei den meisten Abschnitten ist das so.«
Denn: Die »Sözler«, so wie sie niedergeschrieben wurden, basieren nicht auf einer Theorie, sondern auf einer Überzeugung, nicht auf einer Anhängerschaft, sondern auf einem Glauben, nicht auf wissenschaftlicher Erkenntnis, sondern auf eigenen Zeugnissen, nicht auf blinder Gefolgschaft, sondern auf Überprüfung, nicht auf Parteilichkeit, sondern auf Anteilnahme, nicht auf mystischer Schau, sondern auf der Wahrnehmung der Realitäten; sie sind keine Lehre, sondern das Zeugnis für eine Lehre. Das Geheimnis dieser Weisheit ist folgendes:
In alter Zeit wurden die Glaubensgrundsätze noch gehütet und ihre Gefolgschaft war stark. Die Aussagen der Wissenschaftler und ihre Erkenntnisse, mochten sie nun auch im Einzelnen unbewiesen bleiben, wurden angenommen und das genügte. Aber in dieser unserer Zeit, da die Irrlehre der Naturwissenschaften ihre Hand nach den Glaubensgrundsätzen und den Pfeilern des Islam ausgestreckt, hat der barmherzige König und Herr in Seiner Majestät, der ein Heilmittel für jede Krankheit geschenkt hat, meinen Schriften im Dienste des Qur’an einen Strahl von Gleichnissen als das offensichtlich glänzendste Wunder des Ehrwürdigen Qur’an geschenkt, mir in meiner Hilflosigkeit und Schwäche, Armut und Bedürftigkeit eine Barmherzigkeit zu sein. Aber Dank sei Gott, mit Hilfe des Fernglases der tiefen Weisheit, die in den Gleichnissen liegt, wurden die höchsten Wahrheiten ganz nahe gebracht. Ja, unter dem vereinigenden Gesichtspunkt dieser tiefen Weisheit, die in den Gleichnissen liegt, werden auch noch die fernliegendsten Dinge gesammelt. Ja, mit Hilfe der Leiter dieser tiefen Weisheit, die in den Gleichnissen liegt, kann man auch noch die höchsten Wahrheiten ganz leicht erreichen. Ja, durch das Fenster dieser tiefen Weisheit, durch das man die verborgenen Wahrheiten betrachtet, werden die Glaubensgrundsätze des Islam zu einer Glaubensgewissheit, fester als Zeugnisse. Gleich wie sich mein Verstand, meine Phantasie, meine Vorstellungskraft und meine Seele mit all ihren Neigungen ergeben mussten, so musste auch der Teufel die Waffen strecken und sich gleichfalls ergeben.

Kurz gesagt: Was immer an Schönheit und Wirksamkeit von meinen Schriften ausgeht, ist nur ein Blitzstrahl, der von den Beispielen zum Qur’an ausgeht. Mein Anteil daran ist einzig mein Verlangen im Bewusstsein meiner großen Bedürftigkeit und mein flehentliches Gebet im Bewusstsein meiner tiefen Hilflosigkeit. Ich habe die Krankheit und der Qur’an hat das Heilmittel.


Anhang zur Siebenten Problemstellungdient, die Zweifel zu beseitigen, die auftauchen oder auftauchen könnten, daran, dass die acht göttlichen Gnadengaben sichtbar gewordene Zeichen aus dem Verborgenen (ischarat-i gaybiyye) sind, und der Verkündigung der tiefen Weisheit dieser gewaltigen Gnadengabe. Dieser Anhang enthält vier Punkte:

Erster Punkt: In der Siebenten Problemstellung des Achtundzwanzigsten Briefes hatten wir die Behauptung aufgestellt, dass wir unter dem Titel »Achte Gnadengabe« und »Entsprechungen« ein Schmuckstück gesehen haben, das die Offenbarung eines Zeichens ist, welches wir als die sieben, acht umfassenden, innerlichen Gnadengaben Gottes und einen Hinweis aus dem Verborgenen wahrgenommen haben. Und wir behaupten ferner, dass diese sieben, acht umfassenden Gnadengaben so stark und so überzeugend sind, dass jede einzelne bereits für sich allein Beweis eines Zeichens aus dem Verborgenen ist. – Nehmen wir einmal den unmöglichen Fall an, dass einer dieser Beweise als schwach angesehen oder gar zurückgewiesen werden müsste, so würde doch die Sicherheit dieser Zeichen aus dem Verborgenen nicht davon beeinträchtigt werden. Lassen sich aber diese acht Gnadengaben nicht leugnen, so kann man auch die Zeichen nicht abstreiten. Weil aber die Menschen verschieden sind, die meisten von ihnen aber der Schicht der einfachen, ungebildeten Leute angehören, die mehr noch dem Augenschein vertrauen, die Entsprechungen unter den acht Gnadengaben aber zwar nicht die stärksten, wohl aber die offensichtlichsten Beweise liefern – und in der Tat sind die übrigen zwar stärker, doch die Entsprechungen allgemeingültiger – sehe ich mich, um auftretende Zweifel auszuräumen, dazu gezwungen, mit einem Vergleich eine Tatsache klar herauszustellen. Es ist dies folgendes:
Wir hatten über diese offensichtliche Gnadengabe gesagt: In den Abhandlungen, die wir geschrieben haben, werden bei den Worten »Qur’an« und »Resul-u Ekrem Aleyhissalatu Vesselam« Entsprechungen in einem solchen Maße sichtbar, dass kein Zweifel an ihnen mehr zurückbleibt. Derart, wie sie angeordnet wurden und der Figur, die sie bilden, liegt eine Absicht zu Grunde. Beweis dafür, dass Wille und Absicht dazu nicht bei uns lagen, ist, dass wir es erst drei, vier Jahre später bemerkt haben. Ist dies aber so, dann kommen Wille und Absicht aus dem Verborgenen und sind ein Werk der Gnade. Den beiden Worten wurde die Form einer Entsprechung gegeben, einzig dem Wunder des Qur’an und dem Wunder Mohammeds (ASM) in Form einer Verstärkung zu dienen. Der Segen, welcher auf diesen beiden Worten ruht und dem Wunder des Qur’an und dem Wunder Mohammeds (ASM) das Siegel der Bestätigung aufprägt, offenbart sich auch an anderen ähnlichen Wörtern, deren überwältigende Mehrheit eine Entsprechung zeigt. Doch findet man dies nur auf einzelnen Seiten. Bei diesen zwei Wörtern zeigt es sich jedoch in ein, zwei Abhandlungen durchgehend und bei den übrigen Abhandlungen mehrheitlich. Doch haben wir immer wieder darauf hingewiesen, dass derartige Entsprechungen sich häufig auch in anderen Büchern ansatzweise finden können, doch nicht in diesem seltsamen Ausmaß, das eine Absicht und einen erhabenen Willen aufweist. Obwohl es nun unmöglich ist, unsere Behauptung zu widerlegen, könnte es doch aus zwei Gesichtspunkten möglich sein, sie oberflächlich betrachtet als widerlegt anzusehen.

Erstens: Jemand könnte sagen: »Ihr habt auch eine solche Übereinstimmung ausgedacht und sie herbeigeführt. Wollte man so etwas absichtlich tun, wäre dies einfach und leicht.« Wir setzen dagegen: In einem Streitfall genügen zwei zuverlässige Zeugen. Doch dafür, dass wir in unserem Falle nicht mit Wunsch und Wille beteiligt gewesen sind, vielmehr die Sache erst drei, vier Jahre später bemerkt haben, ließen sich hundert zuverlässige Zeugen finden. In diesem Zusammenhang möchte ich noch einen Punkt einfügen. Das Wunder an diesem Wunder des Ehrwürdigen Qur’an nicht in der gleichen Art zu betrachten wie seine sprachliche Prägnanz. Denn zu diesem Wunder des Qur’an führt kein Weg menschlicher Macht, es in diesem Grade zu erreichen. Menschenmacht kann das Wunder dieses Wunders nicht zu Stande bringen. Macht ist an diesem Werk nicht beteiligt.

Dritter Punkt: Dieses Verhältnis zwischen einem besonderen Zeichen und einem allgemeinen Zeichen soll uns auf das Geheimnis der subtilen Herrschaft Gottes und Seiner Barmherzigkeit hinweisen.
Von einem Mitbruder stammt ein schönes Wort. Dieses Wort soll in dem nachfolgenden Beispiel unser Thema sein. Er sagte nämlich, als ich ihm eines Tages eine schöne Tawafuqat (Entsprechung) zeigte: »Wie schön das ist! Eine jede Wahrheit ist in sich selbst schön. Aber die gegenseitigen Übereinstimmungen und die Entsprechungen zwischen den Wörtern sind ganz besonders schön.« Da habe dann auch ich gesagt: »Es ist in der Tat ein jedes Ding schön entweder vom Standpunkt der Wahrhaftigkeit aus betrachtet, oder für sich selbst gesehen oder hinsichtlich seines Ergebnisses.« Und diese Schönheit betrifft die allgemeine Herrschaft Gottes, Seine allumfassende Barmherzigkeit und Seine Erscheinung in ihrer Wirkung auf die Allgemeinheit. So wie du gesagt hast, sind diese Entsprechungen als ein Zeichen aus dem Verborgenen ganz besonders schön. Denn sie weisen in ihrer Form auf Seine besondere Barmherzigkeit, Seine individuelle göttliche Herrschaft und Seine Erscheinung in ihrer ganz persönlichen Wirkung hin. Wir wollen dies mit einem Gleichnis näher verständlich machen. Es handelt sich um folgendes:
Ein Herrscher kann seine königliche Gnade durch Staatsautorität und allgemeines Gesetz auf jeden Einzelnen seines Volkes ausdehnen. Dann offenbart sich an jedem Einzelnen unmittelbar die königliche Huld und die staatliche Autorität dieses Herrschers. Auf diese Weise kommen ganz allgemein für den Einzelnen viele persönliche Beziehungen zum Tragen.
In zweiter Hinsicht gibt es für einen Herrscher die Möglichkeit zu einem persönlichen Gunsterweis, einem persönlichen Befehl. Dann erweist er einem Einzelnen über das allgemeine Gesetz hinaus seine Huld, bezeigt ihm seine Gunst, erteilt ihm seinen Befehl.
So ist also jedes Ding unserem Beispiel entsprechend und vom Standpunkte der allgemeinen Herrschaft des Notwendig-Seienden (Vadjibu-l’Vudjud), des königlichen Schöpfers und Seiner Barmherzigkeit und Seines allumfassenden Erbarmens Teilhaber. Es steht mit Ihm in seiner persönlichen Beziehung entsprechend seinem Anteil, den es von Ihm erhält. Entsprechend Seiner Macht, Seinem Willen und Seinem alles umfassenden Wissen verfügt Er über alle Dinge, wirkt auch noch auf die unbedeutendsten Vorgänge ein und übt Seine Herrschaft über sie aus. Er ist notwendig für alle Dinge und in jedem Geschehen. Unter Seinem Wissen und mit Seiner Weisheit geschieht alles und wird alles geordnet. Die Natur ist weder dazu in der Lage, sich dem Herrschaftsbereich Seiner Verfügungsgewalt zu entziehen und der Herr ihrer eigenen Auswirkungen zu sein, noch unterliegt eine Einwirkung auf die Dinge innerhalb des empfindlichen Messbereichs der Weisheit dem Zufall. Wir haben in unseren Abhandlungen – an zwanzig Stellen – durch absolut zuverlässige Zeugnisse die Natur und den Zufall entmachtet, sie mit dem Schwert des Qur’an gerichtet und gezeigt, dass sie keine Einwirkung hat. Aber in den Augen der Sorglosen (Ehl-i gaflet) werden die im Bereich der alles umfassenden Herrschaft Gottes liegenden äußerlichen Gründe, deren Weisheit und Hintergrund sie nicht kennen, als Zufall bezeichnet. Und weil sie die Weisheit nicht erfassen und einige Gesetze göttlichen Handelns (verborgen hinter dem Vorhang der Natur) nicht sehen konnten, haben sie zur Natur ihre Zuflucht genommen.
Zweitens gibt es den privaten Herrschaftsbereich Gottes, Seine persönliche Zuwendung und die Hilfe Seines Erbarmens. Diejenigen, welche den Druck der allgemeinen Gesetze nicht tragen können, erlangen die Hilfe im Namen Gottes nach der Überfülle Seiner Erbarmungen als eine Hilfe für den Einzelnen. Ihnen wird eine persönliche Unterstützung zuteil, die sie von dem Druck befreit. Darum kann alles, was da lebt, besonders aber der Mensch, Ihn jeden Augenblick zu Hilfe rufen und Beistand von Ihm erhalten.
Nun aber kann sich diese Güte in Seiner individuellen Herrschaft auch nicht vor den Sorglosen hinter dem Zufall verstecken und der Natur zugeschrieben werden.
Es ist also auf Grund dieses Geheimnisses, dass wir die Zeichen aus dem Verborgenen in dem Wunder des »Qur’an« und in dem Wunder »Mohammeds« als einen persönlichen Hinweis angesehen haben und durch ihn überzeugt worden sind. Und wir sind zu der Gewissheit gelangt, dass er eine individuelle Hilfe und eine persönliche Gnade ist, die sich auch den Verstockten zeigen wird. Wir haben es nur um Allahs willen bekannt gemacht. Sollten wir einen Fehler begangen haben, möge Allah uns verzeihen. Amen...




»Herr, strafe uns nicht für unsere Vergesslichkeit und Fehlerhaftigkeit!« (Sure 2, 286)




Achte Abhandlung, zugleich achte Problemstellung

Diese Problemstellung besteht aus den Antworten auf sechs Fragen (und umfasst) sechs Punkte.
Erster Punkt: Wir haben schon bei vielen Gelegenheiten das Gefühl gehabt, einen Hinweis aus dem Unsichtbaren zu empfangen, unter der Hand der göttlichen Gnade zum Dienst am Qur’an beauftragt zu sein und auch einige (dieser Hinweise bereits) erläutert. Nun zeigt sich unter den neuerlichen Hinweisen auch folgendes: es gibt da in den meisten »Worten« (Sözler) eine verborgene Übereinstimmung (tevafukat-i ghaybiyye) *
Zum Beispiel: Es gibt einen Hinweis darauf, dass die jeweilige (Art) des Wortes »Resul-u Ekrem (der ehrenwerte Prophet)«, oder des Ausdrucks »Aleyhissalatu Vesselam (Friede und Segen sei mit ihm)«, oder des gesegneten Wortes »Qur’an« (auf bestimmten Seiten eines bestimmten Exemplars miteinander zu korrespondieren) eine Art Erscheinung eines Wunders darstellt. Wie versteckt und schwach auch immer solche Zeichen aus dem Unsichtbaren sein mögen, so sind sie nach meiner Meinung von großer Kraft und Bedeutung für den Wert unseres Dienstes und die Richtigkeit unserer Auslegungen. Ferner brechen sie meinen Stolz und haben mir ohne jeden Zweifel gezeigt, dass ich nur ihr Dolmetscher bin. Sie lassen für mich nichts zurück, worauf ich stolz sein könnte. Sie zeigen mir nur die Dinge, für die ich dankbar sein darf. Da sie dem Qur’an zugehörig sind und auf seine Rechnung in Erscheinung treten, um dieses Wunder aufzuzeigen, das der Qur’an ist, und da sie auftreten, ohne dass sich auch nur ein Bruchteil unseres freien Willens dabei hätte einmischen können, und da sie diejenigen ermuntern, die nachlässig in ihrem Dienste waren, und da sie uns die Gewissheit geben, dass unsere Abhandlungen (risala), der Wahrheit entsprechen, und da sie eine Art göttlichen Gnadenerweises (ikram) für uns sind, und da es eine besondere Gnade (ni’met) ist, von ihnen erzählen zu dürfen und dies zu tun, das Schweigen jener hartnäckigen Leute mildert, die nur verstehen können, was sie sehen können, ist es sicherlich notwendig, sie bekannt zu machen, und das wird mit Gottes Wohlwollen niemandem etwas schaden.
So ist denn eines der Zeichen aus dem Unsichtbaren auch das Folgende: in Seiner vollkommenen Barmherzigkeit und Großzügigkeit hat Gott der Gerechte, um uns zu ermuntern, die wir im Dienst am Qur’an und am Glauben stehen, und unseren Herzen Frieden zu verleihen, uns die Gnade (ikram) von Ihm, unserem Herrn, zu schenken und uns für all das, was wir geschrieben haben, besonders aber »Die Wunder Mohammeds«, »Die Wunder des Qur’an«, die Abhandlung über »Die Fenster«, Seine Güte (ihsan) zu gewähren und uns in Form eines Zeichens aus dem Unsichtbaren zu deuten, dass unser Dienst vor Ihm angenommen ist und dass das, was wir geschrieben haben, die Wahrheit ist. Das heißt, Er veranlasst, dass Wörter auf einer bestimmten Seite mit dem gleichen Wort auf der selben oder auch einer anderen Seite korrespondieren. Darin liegt ein Zeichen aus dem Unsichtbaren, dass sie von einem unsichtbaren Willen so angeordnet worden sind... »Verlasst euch nicht auf euren Willen und auf euer Bewusstsein. Denn auch ohne euer Wissen und Wollen werden die wunderschönsten Kunstwerke gestaltet und angefertigt.« Besonders die Worte: »Resul-i Ekrem« und »lafs-i salavat« gestalten sich zu Spiegeln, in denen sich ganz klar die Zeichen einer solchen Übereinstimmung aus dem Unsichtbaren zeigen. In der Abschrift eines neuen, noch unerfahrenen Schreibers, zeigte es sich, mit Ausnahme von fünf Seiten, auf allen übrigen Seiten, dass die mehr als zweihundert salavat-i scherief stets wieder miteinander korrespondieren.
Diese Übereinstimmungen können nicht das Werk des Zufalls sein, der unbeabsichtigterweise vielleicht zu zwei Übereinstimmungen unter zehn führen könnte, noch können sie dem Gedanken eines so hilflosen und völlig untalentierten Mannes entsprungen sein, der sich doch stets nur auf den Inhalt seines Textes konzentriert und dabei in ein, zwei Stunden manchmal dreißig, vierzig Seiten sehr schnell diktiert, weil er ja selbst nicht schreibt, sondern (andere für sich) schreiben lässt.
So bin ich denn sechs Jahre, nachdem ich diese Übereinstimmungen wiederum aus dem Qur’an erfahren hatte und in meinem Kommentar: »Hinweise auf das Wunder« neun Mal bei dem Wort »inna« diese Übereinstimmung bemerkt hatte, aufmerksam geworden. Als die Schreiber dies von mir vernahmen, waren sie sehr erstaunt. Die Worte »Resul-i Ekrem« und die dazu gehörigen Segensworte im Neunzehnten Briefwurden zu einer Art kleinem Spiegel für eine Art »Wunder Mohammeds«. In ähnlicher Weise zeigte sich auch das Wort »Qur’an« im Fünfundzwanzigsten Wort, den »Wundern des Qur’an« und im Achtzehnten Hinweis des Neunzehnten Briefes als solch eine Art Wunder: unter den vierzig Klassen der Menschheit ereignete sich bei einer, und zwar bei der, welche sich doch sonst immer nur auf das verlässt, was man mit eigenen Augen sehen kann, eine Art dieser Wunder des Qur’an in allen Abhandlungen in der Form dieser Übereinstimmungen mit dem Unsichtbaren, was doch nur eine Art unter vierzig Arten dieser Form von Wundern ist. Und unter den vierzig Arten dieser Form zeigte es sich in dem Wort »Qur’an«. Es ist dies wie folgt:
Das Wort »Qur’an« wiederholt sich im Fünfundzwanzigsten Wort und im Achtzehnten Hinweis des Neunzehnten Briefes. Mit nur wenigen, vielleicht ein oder zwei Ausnahmen, korrespondieren alle übrigen (Worte) miteinander. So findet sich z.B. auf der dreiundvierzigsten Seite des Zweiten Strahls das Wort »Qur’an« insgesamt sieben Mal, und sie alle korrespondieren (auf die eine oder andere Weise) miteinander. Auf der sechsundfünfzigsten Seite korrespondieren acht miteinander und nur das neunte ist eine Ausnahmen. Die fünf Beispiele dieses Wortes auf Seite Neunundsechzig, die jetzt vor mir aufgeschlagen liegt, korrespondieren alle miteinander. Usw... Das Wort »Qur’an«, wann immer es auf irgendeiner Seite auftaucht, korrespondiert mit einem anderen. Nur selten einmal findet sich eines außerhalb dieses Musters von fünf oder sechs.
Was die übrigen Übereinstimmungen betrifft, so sehen wir auf der Seite dreiunddreißig – also hier vor unseren Augen – fünfzehn Mal das Wort »am« (Fragepartikel), wovon vierzehn miteinander korrespondieren. Außerdem findet sich hier auf dieser Seite vor unseren Augen neun Mal das Wort »iman« (Glaube); und (diese Wörter) korrespondieren miteinander. Nur einmal ist infolge eines etwas größeren Abstandes eine leichte Verschiebung entstanden. Und weiter steht auf dieser Seite – hier vor unseren Augen – zwei Mal das Wort »mahbub« (Geliebter), das erste Mal in der dritten Zeile und das zweite Mal in der fünfzehnten Zeile, und korrespondieren dabei in vollkommener Harmonie. Zwischen ihnen finden wir vier Mal das Wort »aschk« (Liebe); (und auch diese Wörter) korrespondieren miteinander. Noch andere dieser Übereinstimmungen magst du nun (als Zeichen) aus dem Unsichtbaren miteinander vergleichen...
Wer auch immer der Schreiber sein mag und welche Form auch immer ihre Zeilen, ihre Seiten annehmen mochten: diese Übereinstimmungen aus dem Unsichtbaren ereigneten sich in einem solchen Umfang, dass kein Zweifel mehr bestehen bleibt, dass dies weder ein Werk des Zufalls sein kann, noch ein (bewusst gewollter) Einfall ihres Verfassers oder ihres Schreibers. Nur sind in der Handschrift des einen diese Übereinstimmungen augenfälliger als in anderen. Das heißt, dass es eine Art der Niederschrift gibt, die für die Risala besonders passend ist. Einige von ihnen kommen dieser Abfassung besonders nahe. Dabei ist es besonders merkwürdig, dass dies nicht bei den geübtesten Schreibern, sondern besonders in den Abschriften gerade der Anfänger am deutlichsten hervortritt... Von daher wird es verständlich, dass die Kunst, die Anmut und alle hervorragenden Eigenschaften, die uns aus den »Worten« (Sözler) entgegen treten, die eine Art Kommentar zum Qur’an sind, nicht jemandes (Werk) sind, sondern die Kleider, die in ihrem harmonischen, wohl angemessenen Stil, der für gerade diese gesegnete Verkörperung dieser so schönen und harmonischen qur’anischen Wahrheiten am besten passen und die nicht mit Wissen und Wollen (einer bestimmten Persönlichkeit) angepasst und zugeschnitten worden sind. Es ist vielmehr diese Figur, diese Verkörperung selbst, welche (nach gerade diesen Kleidern) verlangt, und es ist die Hand aus dem Unsichtbaren, die dieser Figur entsprechend Maß nimmt, anpasst, zuschneidet und ankleidet. Was uns selbst betrifft, so sind wir dabei allein der Übersetzer, der Diener.
(Zweiter und Dritter Punkt fehlen im Original)
Vierter Punkt: Mit deiner ersten Frage hattest du fünf oder sechs Fragen zusammengefasst:
Wie wird die Große Wiederversammlung zu Stande kommen? (Werden die Menschen) nackt sein? Wie werden wir dort unsere Freunde wiederfinden? und wie können wir den Ehrenwerten Gesandten, mit dem Friede und Segen sei, finden, um unser Anwalt zu sein? Wie kann eine einzige Person so unendlich vielen Menschen begegnen? Wie werden die Kleider der Leute des Paradieses und der Hölle beschaffen sein? Und wer wird uns den Weg weisen?

Antwort: Auf diese Frage finden sich ganz klare, eindeutige und ausführliche Antworten in den Ahadith (Überlieferungen). Wir wollen hier nur ein oder zwei Punkte anführen, soweit sie unserer Lebensart (meschreb) und Schule (meslek) entsprechen. Es ist dies wie folgt:

Erstens: In einem der Briefe wird erklärt, dass sich der Platz der Auferstehung innerhalb der Erdumlaufbahn befindet. und so wie die Erde jetzt ihren spirituellen Ertrag zu den Tafeln auf diesem Platz entsendet, so beschreibt sie auch mit ihrem jährlichen Umlauf einen Anfang der Verkörperung eines Existenzbereiches und durch die Erträge dieses Existenzbereiches bildet sie einen Ort der Wiederversammlung. Die Kleinere Hölle im Zentrum dieses königlichen Schiffes, das unsere Erde ist, wird in die Größere Hölle umgefüllt werden, während seine Bewohner auf den Platz der Auferstehung entleert werden.

Zweitens: Besonders im Zehnten und im Neunundzwanzigsten Wort aber auch in anderen Worten wurde bereits mit vollkommener Sicherheit bewiesen, dass es eine Wiederversammlung geben wird und zugleich mit ihr, an welchem Platz dies geschehen wird.

Drittens: Was die Begegnungen (im Jenseits) betrifft, so wurde bereits im Sechzehnten Einunddreißigsten und Dreiunddreißigsten Wort mit absoluter Sicherheit bewiesen, dass eine Person im Geheimnis des Lichtes gleichzeitig an Tausenden von Plätzen anwesend sein und Millionen Menschen begegnen kann.

Viertens: So wie Gott der Gerechte allen beseelten Geschöpfen ein natürliches Kleid angezogen hat, so wird er ihnen auch auf dem Platz der Wiederversammlung, nachdem sie der künstlichen Kleider entledigt und nackt gewesen waren, wieder neue, aber natürliche Kleider anziehen, so wie es sein Name »der Allweise« (Hakiem) erfordert. In dieser Welt beschränkt sich die Weisheit künstlich (angefertigter) Kleider nicht darauf, gegen Hitze und Kälte zu schützen, uns zu schmücken und unsere Scham zu verhüllen, vielmehr (gibt es daneben noch) eine andere bedeutende Weisheit, die darin besteht, dass (Kleidung zugleich auch) ein Index oder eine Liste ist, die darauf hinweist, dass der Mensch über die anderen Lebewesen verfügt, zu ihnen in einer gewissen Beziehung steht und sie gleichsam befehligt. Anderenfalls hätte er auch in ein einfaches und billiges Kleid gehüllt sein können. Denn gäbe es diese Weisheit nicht, so würde sich der Mensch in verschiedene Arten von Lumpen hüllen und so sich selbst in den Augen verständiger Tiere und im Vergleich zu ihnen zur Vogelscheuche machen und sie würden ihn in diesem Sinne auslachen. Auf dem Platz der Wiederauferstehung gibt es eine solche Weisheit, einen solchen Zusammenhang nicht, und auch eine solche Liste ist dort nicht mehr nötig.

Fünftens: Was den Wegweiser betrifft, so ist es für solche, die wie ihr in das Licht des Qur’an eingetreten sind, der Qur’an. Schau dir den Anfang (der Suren) an, wenn sie mit »Elif-Lam-Mim«, »Elif-Lam-Ra« oder »Ha-Mim« beginnen! Du wirst sehen, was für ein geschätzter Anwalt der Qur’an ist, was für ein getreuer Führer, welch heiliges Licht!

Sechstens: Was nun die Kleidung der Leute des Paradieses und die Kleidung der Leute der Hölle betrifft, so kann man das Prinzip aus dem Achtundzwanzigsten Wort, in dem die Huris geschildert werden, die siebzig Kleider übereinander tragen, hier gleichfalls anwenden. Und zwar folgendermaßen:
Ein Mensch, der zu den Leuten des Paradieses gehört, möchte natürlich ständig aus all den Möglichkeiten, die sich den Wesen im Paradies anbieten, seinen Nutzen ziehen. All die schönen Dinge des Paradieses werden sich ihm in einer großen Variationsbreite zeigen. Er wird zu jeder Zeit mit all den verschiedenen Arten und Wesen des Paradieses kommunizieren. Da dies aber so ist, wird er sich selbst und alle seine Huris in verkleinerte Musterbeispiele all der guten Dinge des Paradieses kleiden und ein jeder (Mensch) wird einem verkleinerten Abbild des Paradieses gleichen.
So wie zum Beispiel ein Mensch in seinem kleinen Garten von allen Blumenarten, wie sie überall im Lande wachsen, einige Exemplare sammelt, wie ein Ladenbesitzer Beispiele von all seinen Waren in einer Liste aufführt und wie ein jeder Mensch sich mit Hilfe all der Exemplare der Schöpfung, mit denen er in irgendeiner Weise verbunden ist, über sie verfügt und sie beherrscht, sich ein Kleid macht und noch viele andere Dinge zum Gebrauch in seinem Hause, genauso wird auch dem Menschen, der zu den Leuten des Paradieses gehört, besonders aber dann, wenn er all seine Sinne, seine geistigen Fähigkeiten in den Dienst und die Anbetung (Gottes) gesetzt und damit das Recht erworben hat, alle Freuden des Paradieses zu erfahren, so wird ihm und allen seinen Huris durch Gottes Barmherzigkeit ein Kleid angezogen werden, das jede einzelne von all den vielen Arten von Wundern des Paradieses zur Darstellung bringt, um so allen seinen Sinnen zu schmeicheln, allen seinen Gliedern zu gefallen und all seine innerlichen Fähigkeiten zu erfreuen. Ein Beweis dafür, dass all die vielen Kleider nicht von ein und derselben Art oder Sorte sind, ist die Hadith, deren Bedeutung folgende ist: »Obwohl die Huris siebzig Kleider übereinander tragen, kann man trotzdem (noch durch sie hindurch) das Mark in ihren Knochen erkennen. Sie verhüllen sie nicht.« Das also heißt, dass es von dem obersten Kleid bis hin zum untersten verschiedene Stufen von Wahrnehmungen und Empfindungen geben wird, welche all die verschiedenen Sinne und Glieder (des menschlichen Leibes) in unterschiedlicher, doch stets wunderbarer Weise und auf verschiedene Arten ansprechen.
Was aber die Leute der Hölle betrifft, so scheint es doch der Weisheit und der Gerechtigkeit nicht zu widersprechen, wenn sie, die doch in dieser Welt mit allen ihren Sinnen gesündigt haben mit ihren Augen, mit ihren Ohren, mit ihren Herzen, mit ihren Händen, mit ihrem Verstand usw., sie nun in der Hölle ein Kleid tragen müssen, das aus verschiedenen, unterschiedlichen Teilen zusammengesetzt ist, die einer kleinen Hölle gleichen und ihnen Qualen und Schmerzen bereiten, entsprechend ihren Sünden.

Fünfter Punkt: Du fragst, ob die Vorväter des Ehrenwerten Gesandten, mit dem Friede und Segen sei, in den Zeiten zwischen den Propheten einer Religion angehört haben, oder überhaupt religiös gewesen wären.

Antwort: Nach der Überlieferung folgten sie den Spuren der Religion Abrahams (mit dem der Friede sei) und waren und blieben in seinem Sinne Gläubige. (Dieser Glaube) verbarg sich später unter dem Schleier der Gottvergessenheit und geistigen Finsternis und setzte sich stets nur in einigen wenigen Menschen (wie eine Art unterirdischer) Strömung fort. (Diese wenigen Menschen) die eine Art Lichterkette (Silsilah) bilden, die mit Abraham (mit dem der Friede sei) begann und in dem Ehrenwerten Gesandten (mit dem Friede und Segen sei) gipfelt, sind gegenüber diesem Licht des wahren Glaubens mit Sicherheit nicht gleichgültig geblieben und von der Finsternis des Unglaubens nicht besiegt worden. Doch nach dem Geheimnis der Ayah


»Und wir bestrafen niemals, hätten wir nicht zuvor einen Propheten gesandt.« (Sure 17, 15)
sind die Menschen, die in einer Zeit zwischen den Propheten (saman-i fetret) leben, gerettet. Und es wird allgemein bestätigt, dass sie für ihre kleineren Fehler nicht bestraft werden. Nach Imam Schafi und Imam Asch’ari sind sie selbst wenn sie dem Unglauben verfallen sind und sich nicht an die Grundlagen des Glaubens halten, dennoch gerettet. Denn die Verantwortung vor Gott erfolgt aus der Sendung (eines Propheten). Aus der Sendung erfolgt die Verantwortung durch die Erkenntnis. Da Gottvergessenheit und der Ablauf der Zeit den Glauben der vorhergegangenen Propheten verdunkelt hatte, war er für diese Menschen der Zwischenzeit nicht mehr beweiskräftig genug. Wenn sie dennoch gehorchen, empfangen sie ihren Lohn, falls nicht, werden sie doch nicht bestraft. Denn da (ihnen ihr Glaube) verborgen blieb, konnte er ihnen auch nicht als Beweis dienen.

Sechster Punkt: Du fragst: »Hat es unter den Vorvätern des Ehrenwerten Gesandten, mit dem Friede und Segen sei, einen Propheten (Nabi) gegeben?

Antwort: Es gibt keine gesicherte Aussage, dass es nach Isma’il (mit dem der Friede sei) noch einen gegeben hätte. Es erschienen nur zwei Propheten, der eine mit Namen Khalid b. Sinan und Hansele der andere, die aber nicht zu den Vorvätern gehören. Doch einer seiner Vorväter, Ka’b b. Lu’ayy, der das folgende berühmte und durchaus eindeutige Gedicht geschrieben hat, als rezitiere er eine Schriftstelle





»Der Prophet Mohammed kommt zu einer Zeit, da die Menschen Gott vergessen haben. Und er wird eine zuverlässig berichtende Botschaft verkünden.«
erscheint wie eine wunderbare, prophetische Aussage. Auf Grund seiner Beweisführung und Entdeckungen sagte Imam Rabbani, dass in Indien viele Propheten erschienen seien. Aber einige von ihnen hatten keine Gemeinde hinter sich, oder sie sind nicht berühmt geworden, weil ihre Gefolgschaft nur aus einigen wenigen Männern bestand, oder man sie nicht als Propheten bezeichnet hat.
Und so ist es denn, folgt man dem Prinzip dieses Imams wohl möglich, dass es unter den Vorvätern des Propheten auch einige Propheten dieser Art gegeben hat.

Siebenter Punkt: Du fragst: Welcher von den Berichten über den Glauben der Eltern des Ehrenwerten Gesandten, mit dem Friede und Segen sei, und den seines Großvaters Abdu-l’Muttalib, ist am glaubwürdigsten und überzeugendsten?

Antwort: Der Neue Said hat seit zehn Jahren kein anderes Buch bei sich als den Qur’an und sagt, ihm genüge das. In so zweitrangigen Dingen wie diesem, habe ich keine Zeit, alle Ahadith (Überlieferungen) durchzustudieren und dann darüber zu schreiben, welche davon glaubwürdig und überzeugend sind. Nur so viel möchte ich sagen, dass die Eltern des Ehrenwerten Gesandten, mit dem Friede und Segen sei, zu denen gehören, welche gerettet sind und die zu den Leuten des Paradieses gehören, den Leuten des Glaubens. Gott der Gerechte würde sicherlich das gesegnete Herz seines Ehrenwerten Gesandten und die zärtliche Sohnesliebe (Schefkat) in seinem Herzen nicht verletzen.

Wenn man also fragte: Da dies nun einmal so ist, warum waren sie dann nicht in der Lage, an den Ehrenwerten Gesandten, mit dem Friede und Segen sei, zu glauben? Warum haben sie dann nicht bis zum Beginn seiner Sendung (bi’set) gelebt?

Antwort: Gott der Gerechte wollte in Seiner Freigiebigkeit nicht die Eltern Seines Ehrenwerten Geliebten unter dem Zwang zur Dankbarkeit halten, damit so das Gefühl zärtlicher Sohnesliebe des Ehrenwerten Gesandten, mit dem Friede und Segen sei, ruhig bleiben möge. Sein Erbarmen erforderte es, sie glücklich zu machen und seinen Ehrenwerten Geliebten zufrieden zu stellen.
Sein Erbarmen erforderte es, sie »in die reine Dankbarkeit Seiner Herrschaft aufzunehmen« (d.h. seine Eltern zu sich zu nehmen – A.d.Ü.) und sie glücklich zu machen, um sie nicht von der Stufe ihres Elternseins auf die Stufe einer geistigen Kindschaft herabzusetzen und dabei Seinen Ehrenwerten Geliebten zufrieden zu stellen. Daher versetzte (Er) seine Eltern und seinen Großvater nicht in seine sichtbare Gemeinschaft (hier auf Erden, sondern nahm sie von dieser Erde hinweg). Doch alle die Vorzüge, Tugenden und auch die ewige Glückseligkeit (die sie sich in seiner Gemeinschaft verdient hätten) wurden ihnen zum Geschenk (ihsan) gemacht. Wenn der Vater des hohen Herrn Feldmarschalls, der den Rang eines Hauptmanns bekleidet, in dessen Audienz gerufen wird, so befindet er sich in der Tat mitten zwischen zwei einander entgegenlaufenden Gefühlen. So unterstellt der König in Seiner Barmherzigkeit nicht den Vater Seinem Ehrenwerten Adjutanten, dem Feldmarschall.

Achter Punkt: Du fragst: Wie lautet die Überlieferung, wenn es um den Glauben seines Onkels Abu Talib geht?

Antwort: Die Schiiten sind von seinem Glauben überzeugt. Die meisten Sunniten sind nicht von seinem Glauben überzeugt. Was ich in meinem Herzen empfinde, ist folgendes: Abu Talib mochte die Botschaft (Risalah) des Ehrenwerten Gesandten, mit dem Friede und Segen sei, nicht. Er liebte dagegen sehr in seiner Eigenschaft als eine Persönlichkeit und als Mensch. Diese seine – durchaus ernsthafte – Liebe und Zärtlichkeit wird sicherlich nicht ohne Wirkung geblieben sein. Abu Talib hatte in der Tat Gottes Ehrenwerten Geliebten stets in wahrhaft aufrechter Weise geliebt, sich stets für ihn eingesetzt und ihn beschützt. Wenn Abu Talib, der nicht wegen seines Unglaubens (inkar) oder aus Verstocktheit, vielmehr auf Grund von Gefühlen der Scham und mit Rücksicht auf sein Ansehen im Stamm nie ein formales Glaubensbekenntnis abgelegt hatte, auch zur Hölle gegangen wäre, so hätte doch Gott der Gerechte zum Lohn für seine guten Taten eine Art persönliches Paradies inmitten der Hölle erschaffen können. So wie Er manchmal an einigen Plätzen mitten im Winter einen Frühling zu erschaffen und den Kerker eines Gefangenen durch den Schlaf in einen Palast zu verwandeln vermag, so vermag er auch eine persönliche Hölle in ein persönliches Paradies zu verwandeln...





»Und alles Wissen ist bei Gott. Und das Verborgene kennt niemand außer Gott.« »Gepriesen seist Du! Kein Wissen haben wir, außer dem das Du uns gelehrt hast. Fürwahr, Du bist der Allwissende, der Allweise.« (Sure 2, 32)
 
Üst