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[h=1]Siebenundzwanzigstes Wort - Rechtsschulen (Idjtihad)[/h]
[h=3]Eine Abhandlung über »Persönliche Meinungsfindung (Idjtihad)«[/h]
Eine Frage, die ich vor fünf, sechs Jahren in einer Abhandlung auf arabisch über Idjtihad
»Im Namen Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen. Wenn sie es jedoch vor den Gesandten und vor diejenigen von ihnen bringen würden, die zu befehlen haben, würden diejenigen von ihnen es wissen, die der Sache wirklich nachgehen können.« (Sure 4, 83)
Das Tor der Idjtihad ist zwar offen, aber es gibt in dieser Zeit »sechs Hindernisse« um hindurch zu gehen.
Erstens: So wie im Winter, einer Zeit heftiger Stürme, auch die kleinsten Löcher abgedichtet werden, wäre es keineswegs vernünftig, Neue Tore zu öffnen. Ferner bestünde die Gefahr, zu ertrinken, schlüge man Löcher in die Wände, während draußen eine gewaltige Sturmflut wütet, um sie zu reparieren. Genauso ist es ein Verbrechen am Islam, in dieser Zeit, wo die Verbote Gottes unbeachtet bleiben, in der Ära, wo unislamische Gebräuche eindringen, in der Periode, wo abzulehnende Erneuerungen im Übermaß auftreten und Irrlehren Zerstörungen anrichten, unter der Bezeichnung »Idjtihad« aus dem Schloss »Islam« heraus neue Tore nach draußen zu öffnen, und in seine Wände Löcher zu schlagen, die den Zerstörern Einlass gewähren.
Zweitens: Was die beiden unabänderlichen Rechtsquellen (Qur'an und Sunna) im Glauben betrifft, so kann die Idjtihad sie nicht berühren. Denn sie sind endgültig und festgesetzt. Ferner sind diese Grundlagen lebensnotwendig wie Nahrungsmittel und Nährstoffe. Sie bleiben heute unbeachtet und werden erschüttert. Man soll heute die ganze Begeisterung und Anstrengung für deren Aufrichtung und Belebung aufwenden. Darüber hinaus sind die Lehrmeinungen aus den beiden anderen Rechtsquellen Drittens: Je nach Jahreszeit ist auf dem Markt das Verlangen nach einer bestimmten Sache groß. Von Zeit zu Zeit wird je eine Ware marktgängig. Genauso findet in dem Ausstellungsort der Welt, auf dem Markt des gesellschaftlichen Lebens und der Zivilisation der Menschen in jedem Jahrhundert je eine Sache ihren Anklang. Auf den Straßen, das heißt, auf den Märkten werden diese Dinge ausgestellt und das Interesse daran geweckt. Die Augen wenden sich ihnen zu und die Gedanken beschäftigen sich mit ihnen. Zum Beispiel stehen in dieser Zeit politische Dinge, die Absicherung des weltlichen Lebens und das Interesse für Naturwissenschaft und Philosophie im Vordergrund. In dem vorausgegangenen Zeitalter der »Reinen« (selef-i salihin = die erste und zweite Schülergeneration) und auf dem Markt jener Zeit war die beliebteste Sache das, womit der Schöpfer der Himmel und der Erde mit uns zufrieden wird, und was Er von uns verlangt, aus Seinen Worten herauszufinden und die Mittel zu beschaffen, die die ewige Glückseligkeit in der jenseitigen Welt erwerben lassen, welche durch das Licht des Prophetentums und des Qur'an dermaßen weit geöffnet wurden, um sie niemals mehr wieder zu schließen.
Da in jener Zeit die Gedanken, Herzen und Gemüter mit all ihrer Kraft daraufhin ausgerichtet waren, Wünsche des Herrn der Erde und des Himmels zu erkennen, waren auch die Unterhaltungen, Gespräche, Geschehnisse und Zustände im Alltagsleben der Menschen dementsprechend. Und da alle Dinge in dieser Richtung ihren Lauf nahmen, konnte jeder, der dafür empfänglich war, auf schönste Weise in seinem Herzen und seiner Natur entsprechend von jedem Ding unbewusst eine Lehre, die ihm Erkenntnis brachte, empfangen. Er bildete sich durch die Zustände, Ereignisse und Gespräche, die in jener Zeit abliefen. Als wäre jedes Ding ein Lehrer für ihn, dient alles durch seine Beschaffenheit und seine Natur als Vorbereitung für seine Idjtihad. Dieser natürliche Unterricht war sogar ein solches Licht, dass jeder fast ohne Anstrengung die Fähigkeit zu seiner Idjtihad besaß, gleich einem Licht, das sich beinahe wie von selbst entzündete.
So erlebte, wer dafür empfänglich war und auf diese Weise einen natürlichen Unterricht empfangen hatte, das Geheimnis des »Licht über Licht« und konnte schnell und in kurzer Zeit einen eigenen Kommentar finden, sobald er begann, sich seine Idjtihad zu erarbeiten, da seine Fähigkeit schon gleichsam der Bereitschaft eines Streichholzes entsprach.
In dieser Zeit sind aber infolge der Vorherrschaft der europäischen Kultur, ihrer Naturwissenschaften mit ihrer Aufdringlichkeit und die erschwerten Lebensbedingungen auf Erden die Herzen und Gedanken (der Menschen) zerstreut, ihre Opferbereitschaft und Güte gespalten. Der spirituelle Bereich ist in ihrer Gedankenwelt zu einem Fremdkörper geworden.
Aus diesem Grund braucht jemand in unserer Zeit zehnfach mehr Zeit, um zu seiner Idjtihad zu gelangen, als zum Beispiel Sufyan ibn Uyaina, ein Exeget, der schon in seinem vierten Lebensjahr den ganzen Qur'an auswendig konnte und mit Gelehrten wissenschaftliche Dispute führte, und das selbst bei einer in etwa vergleichbaren Intelligenz! Benötigte also Sufyan noch zehn Jahre, um zu seiner Idjtihad zu gelangen, so benötigt dieser Mann nun hundert Jahre, um (die gleiche innere Reife) zu erlangen. Denn für Sufyan begann der Prozess der Selbstfindung ganz natürlich bereits im frühesten Alter der Selbstentdeckung. Allmählich entwickelten sich seine Fähigkeiten, entfaltete sich ein inneres Licht, begann er von all überall seine Lehren zu empfangen und (in der steten Bereitschaft und Entflammbarkeit seines Geistes) einem Streichholz gleich zu werden.
Was aber seinen Vetter in heutiger Zeit betrifft, so ertrinken seine Gedanken in der Philosophie, verliert sich sein Verstand in der Politik, berauscht sich sein Herz im irdischen Leben und er verliert die natürliche Fähigkeit zur Idjtihad. Er hat im Grade seiner intensiven Beschäftigung mit den modernen Wissenschaften mit Sicherheit die Fähigkeit zu der Idjtihad, Gesetze (aus dem Qur'an ableiten zu können) verloren und bleibt im Grade seiner vielseitigen Bildung in den weltlichen Wissenschaften hinter der Annahme der Idjtihad (eines aus dem Qur'an abgeleiteten Gesetzes) zurück. Deswegen kann er nicht sagen: »Ich bin genauso klug wie er. Warum sollte ich ihm nicht gleich sein.« Er hat kein Recht so zu sagen und er kann ihm auch nicht gleich kommen.
Viertens: Jedem Ding wohnt eine Tendenz inne, sich zu entfalten, damit es wachsen und gedeihen kann. Diese Tendenz, sich zu entfalten, dient, da sie von innen heraus wächst, der Vervollkommnung dieses Dinges und seiner Anlagen. Wenn aber diese Tendenz, sich zu entfalten, von außen angreifen würde, so hieße das, die Haut des Körpers zu zerreißen und zu zerstören und wäre dies keine Entfaltung. Ebenso entspricht es der Vervollkommnung, ist es Vollkommenheit, wenn solche, die, wie die Selef-i Salihin durch die Türe der vollkommenen Gottesfurcht und auf dem Weg der Befolgung Pflichten des Glaubens in das Gebäude des Islam eingetreten sind, die Neigung in sich verspüren, sich zu entfalten und den Willen zur Idjtihad haben.
Wenn aber anderenfalls dieses Bedürfnis, sich zu entfalten und dieser Wille, seinen eigenen Platz (im Leben) zu finden, von Leuten kommt, die aufgegeben haben, ihren Verpflichtungen nachzukommen, die das irdische Leben dem jenseitigen Leben vorziehen und von der materialistischen Philosophie besudelt sind, so heißt das, den Islamkörper zu zerstören und ist ein Mittel, die Kette des Gesetzes von ihrem Hals zu streifen.
Fünftens: Die drei (nachstehenden) Standpunkte verkehren die Idjtihad in heutiger Zeit ins Irdische, lösen sie aus ihrer himmlischen (Verankerung) heraus. Es ist aber die Scharia vom Himmel (herabgekommen) und auch die Idjtihad des Gesetzes ist im Himmel (verankert), da sie die verborgenen Gesetze des Himmels entschleiert.
Erstens: Die Weisheit hinter einer Bestimmung ist das eine, ihre Begründung das andere. Was die Weisheit und Zweckmäßigkeit betrifft, so begründen sie die Prioritäten, sind aber nicht der eigentliche Anlass zu einem Tun oder einem Unterlassen. Was aber die Begründung betrifft, so ist sie der eigentliche Anlass zu der Inkraftsetzung dieser Prioritäten. Zum Beispiel wird das Gebet auf Reisen gekürzt und werden nur zwei Reqat verrichtet. Die Begründung für diese Erlaubnis im Gesetz ist die Reise, die Weisheit dahinter aber liegt in den Anstrengungen (der Reise). Wird eine Reise unternommen und ist diese mit gar keiner Anstrengung verbunden, wird trotzdem das Gebet verkürzt. Denn die Begründung dafür ist gegeben. Wird jedoch keine Reise unternommen, sind aber hunderterlei Anstrengungen gegeben, fehlt eine Begründung für die Verkürzung des Gebetes. Nun stellt die Betrachtungsweise dieser Zeit aber, im Gegensatz zu dieser Tatsache, Zweckmäßigkeit und Weisheit an die Stelle einer (stichhaltigen) Begründung und bestimmt dementsprechend. Eine solche Idjtihad entspringt mit Sicherheit einer diesseitigen (weltlichen Gesinnung) und ist nicht jenseitig (himmlisch begründet).
Zweitens: Das Auge unserer Zeit ist hauptsächlich und vor allem auf irdisches Glück gerichtet. Auf dieses hin sind die Gesetze (unserer Zeit) ausgerichtet. Was hingegen das Auge der Scharia betrifft, so ist es hauptsächlich und vor allem auf das jenseitigen Glück gerichtet. Erst in zweiter Linie betrachtet es das irdische Glück und zwar als Mittel zum jenseitigen Glück. Das heißt, dass der Geist der Scharia dem Auge dieser Zeit fremd ist. Weil dies aber so ist, kann (sein Blick) nicht im Namen der Scharia zu einer Idjtihad hin führen.
Drittens: Es ist der Grundsatz
das heißt: »Eine Zwangslage hebt, was haram ist, auf die Stufe des helal.« Dieser Grundsatz ist aber nicht allgemeingültig. Wenn eine Zwangslage nicht durch einen verbotenen (haram) Weg zu Stande gekommen ist, so kann sie der Grund dazu sein, helal etwas zu machen, was haram ist. Wenn eine Zwangslage aber durch den Missbrauch der Handlungsfreiheit, durch (islamisch) illegale Gründe zu Stande gekommen ist, kann sie, was haram ist, nicht helal machen. Sie kann nicht zum Anlass dafür dienen, etwas rechtlich zu genehmigen, eine Entschuldigung darzustellen. Wenn zum Beispiel ein Mann seine Handlungsfreiheit missbraucht und sich in verbotener (haram) Weise betrinkt, so wird ihm alles Schlechte, das er in diesem Zustand begeht, nach (Meinung) der islamischen Rechtsgelehrten zur Last gelegt. Er wird nicht entschuldigt. Wenn er sich (in diesem Zustand) scheidet, gilt diese Scheidung und wenn er ein Verbrechen begeht, so wird er bestraft. Aber wenn sein Rauschzustand nicht durch den Missbrauch seiner Handlungsfreiheit zu Stande gekommen ist, so wird die Scheidung nicht rechtskräftig, bzw. er wird nicht bestraft.
Zum Beispiel kann einer, der von der Trunksucht befallen ist, nicht sagen »Es ist eine Zwangslage, es ist mir gebilligt,« auch wenn er im Grade einer Zwangslage davon abhängig ist. So gibt es denn in heutiger Zeit viele Situationen, die bereits den Grad einer Zwangslage erreicht zu haben scheinen, in der die Menschen gefangen sind und ihnen wie ein allgemeines Unglück vorkommen. Da diese durch den Missbrauch der Entscheidungsfreiheit aus (im Islam) nicht erlaubten Neigungen und aus verbotenen (haram) Handlungen herrühren, können sie kein Anlass zur Billigung (der Ausnahmezustände im islamischen Gesetz) sein und das Verbotene (haram) nicht als Erlaubtes (helal) geltend machen. Weil aber dahingegen die Leute (ehl-i Idjtihad) ihre Zwangslage zur Basis (ihrer Auslegung) der islamischen Gesetze machen, ist ihre Idjtihad erdgebunden, willkürlich, philosophisch, kann nicht himmlischen (Ursprungs) sein und entspricht nicht dem islamischen Recht. Indessen handelt es sich in Wirklichkeit um die Verfügung über die Gesetze Gottes, des Schöpfers der Himmel und der Erde und um eine Einmischung in Glaube und Gottesdienst Seiner Anbeter. Dergleichen Verfügungen und Einmischungen sind abzulehnen, insoweit es dazu keine vom Schöpfer autorisierte Erlaubnis gibt.
Aus zwei Gründen halten es manche Gottvergessenen für schön, wenn einige Kennzeichen des Islam, wie die Freitagspredigt (Hutbe) vom Arabischen gelöst und in der Sprache jedes Volkes gehalten wird.
Erster Grund: »Durch diese Weise soll die heutige Politik auch dem muslimischen Volk verständlich gemacht werden.« Was aber die heutige Politik betrifft, so ist in sie so viel Lug und Trug und Teufelswerk hineingeraten, dass sie bereits als Einflüsterung des Teufels gelten kann. Weil jedoch die Kanzel (minber) in der Tat ein Platz (maqam) ist, welcher der Verkündigung der göttlichen Offenbarungen (= Qur'an) geweiht ist, haben jene Einflüsterungen der Politiker kein Recht, zu diesen hohen Maqam emporzusteigen.
Zweiter Grund: »Die Freitagspredigt (Hutbe) ist dazu da, aus einigen qur'anischen Suren Rat zu geben und auszulegen.« Wenn das islamische Volk In der Tat die Pflichten, die allgemein bekannten Gesetze und Gebote des Islam in Mehrheit befolgt und in die Praxis umgesetzt hätte, dann könnte man vielleicht die Hutbe in der geläufigen Sprache halten und die Übersetzungen der qur'anischen Suren (wenn es möglich wäre Aber heutzutage werden Pflichten, wie das Gebet (namaz), die Almosensteuer (zekat), und das Fasten (orudj) und Verbote wie Mord, Unzucht und Alkohol, die allbekannten feststehenden Gesetze des Islam, vernachlässigt. Das einfache Volk braucht keinen Unterrichtet über die Gebote und Verbote (Gottes). Es braucht vielmehr die Ermunterung und Ermahnung, die sie an diese heiligen Gesetze wieder erinnert. Die Menschen haben eine Ader für den Islam und ein Gefühl für den Glauben und bedürfen der Anregung, der Erinnerung und der Ermunterung zu ihrer Beobachtung. Ein ungebildeter Mensch kann, wie unwissend er auch sein mag, aus dem Qur'an und der arabisch gehaltenen Predigt folgende kurze Bedeutung entnehmen. »Der Prediger und der Hafis (Qur'anrezitator) gemahnt an die Pfeiler des Glaubens und die Grundlagen des Islam, welche allen und so auch mir bekannt sind, unterrichtet sie uns und trägt sie uns vor.« So sagt er und es entsteht in seinem Herzen eine Begeisterung für sie. Welche Worte gibt es etwa im Kosmos, die den wunderbaren und allgemeinverständlichen Ermahnungen, Wiederholungen und Ermunterungen des Weisen Qur'an, der von dem gewaltigen Thron Gottes herabgekommen ist, gleichwertig sein könnten?
Sechstens: Die großen Exegeten unter den Selef-i Salihin lebten noch kurz nach dem Zeitalter der Gefährten des Propheten Mohammed, dem Zeitalter des Lichtes und dem Zeitalter der Wahrheit, konnten reines Licht empfangen und sich in Aufrichtigkeit ihre Idjtihad bilden. Was die Leute (ehl-i Idjtihad) heutiger Zeit betrifft, so schauen sie hinter dermaßen vielen Schleiern und aus einer weiten Entfernung in das Buch der Wahrheit, sodass sie selbst noch den am deutlichsten (sichtbaren) Buchstaben kaum mehr erkennen können.
Wenn du sagst: Die Sahabis sind auch nur Menschen und können nicht frei von Fehlern und Gegensätzen sein. Die Quelle ihrer Idjtihad und der Urteile über die islamischen Gesetze sind die Rechtschaffenheit und Aufrichtigkeit der Gefährten des Propheten, sodass die Umma (islamische Gemeinde) übereinstimmend sagt: »Die Sahabis sind in allen Dingen rechtschaffen und sprechen die Wahrheit.«
Antwort: In der Tat liebten die Sahabis in vollkommener Übereinstimmung das Recht, verlangten nach Aufrichtigkeit und sehnten sich nach Gerechtigkeit. Denn die Hässlichkeit allen Luges und Truges wurde in all ihrer Hässlichkeit und die Schönheit der Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit in all ihrer Schönheit so deutlich gezeigt, dass die Entfernung zwischen ihnen so groß war wie die zwischen dem Thron Gottes und der Erde. Zwischen ihnen erkannte man einen so großen Unterschied wie den, welcher zwischen der Stufe eines Müseylime Kezzab (= des Lügners), jener alleruntersten Stufe (Esfel-i Safilin) und der Stufe der Aufrichtigkeit des verehrten Propheten, mit dem Friede und Segen sei, jener höchsten Stufe besteht. In der Tat war das, was Müseylime zum Niedrigsten aller Niedrigen hinabstürzen ließ, die Lüge, wohingegen die Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit Mohammeds den Vertrauten, mit dem Friede und Segen sei, zum Ehrenwertesten aller Ehrenwerten emporsteigen ließ.
So ist es denn sicher und gewiss, zwangsläufig und ohne Zweifel, dass die Sahabis in der Erhabenheit ihrer Gefühle und ihrer Hochachtung ethischer Schönheit, erleuchtet durch die lichtvolle Unterhaltung mit der Sonne des Prophetentums, ihre Hände bewusst nicht nach dem Müllhandel mit der Lüge und Müseylimes Täuschung ausstreckten, welche so hässlich und der Grund zu seinem Sturz war. Sie schreckten vor der Lüge, einem Freund des Unglaubens, zurück, so wie sie vor dem Unglauben zurückschreckten und verlangten mit Bestimmtheit nach Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit und Rechtmäßigkeit, die so schön sind, (ein Grundstein) für Stolz und Ruhm und eine Leiter, um darauf emporzusteigen, fortzuschreiten, und die unter den hohen Schätzen, die der Stolz des Prophetentums sind, am meisten gefragt sind und durch den Glanz ihrer Schönheit dem menschlichen Zusammenleben ihr Licht verleihen, insbesondere bei der Überlieferung und Verkündigung der Bestimmungen der islamischen Gesetzgebung. Daran hielten sie sich von ganzem Herzen. Im Gegensatz dazu hat sich der Abstand zwischen Lüge und Recht in dieser Zeit so sehr verkürzt, dass sie nun sozusagen Schulter an Schulter stehen. Man geht ganz leicht von der Wahrheit zur Unwahrheit hinüber. Selbst in der Politik gibt man einer verlogenen Propaganda vor der Aufrichtigkeit den Vorzug. Wenn also nun in einem Laden minderwertige Ware zusammen mit erlesenstem Schmuck zum selben Preis verkauft wird, so wird sicherlich der Brillant der Aufrichtigkeit und Rechtmäßigkeit, ein Juwel der Wahrheit von sehr hohem Wert, im Vertrauen auf die Kenntnis und das Wort des Verkäufers blindlings nicht gekauft.
[h=3]Eine Abhandlung über »Persönliche Meinungsfindung (Idjtihad)«[/h]
Eine Frage, die ich vor fünf, sechs Jahren in einer Abhandlung auf arabisch über Idjtihad
»Im Namen Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen. Wenn sie es jedoch vor den Gesandten und vor diejenigen von ihnen bringen würden, die zu befehlen haben, würden diejenigen von ihnen es wissen, die der Sache wirklich nachgehen können.« (Sure 4, 83)
Das Tor der Idjtihad ist zwar offen, aber es gibt in dieser Zeit »sechs Hindernisse« um hindurch zu gehen.
Erstens: So wie im Winter, einer Zeit heftiger Stürme, auch die kleinsten Löcher abgedichtet werden, wäre es keineswegs vernünftig, Neue Tore zu öffnen. Ferner bestünde die Gefahr, zu ertrinken, schlüge man Löcher in die Wände, während draußen eine gewaltige Sturmflut wütet, um sie zu reparieren. Genauso ist es ein Verbrechen am Islam, in dieser Zeit, wo die Verbote Gottes unbeachtet bleiben, in der Ära, wo unislamische Gebräuche eindringen, in der Periode, wo abzulehnende Erneuerungen im Übermaß auftreten und Irrlehren Zerstörungen anrichten, unter der Bezeichnung »Idjtihad« aus dem Schloss »Islam« heraus neue Tore nach draußen zu öffnen, und in seine Wände Löcher zu schlagen, die den Zerstörern Einlass gewähren.
Zweitens: Was die beiden unabänderlichen Rechtsquellen (Qur'an und Sunna) im Glauben betrifft, so kann die Idjtihad sie nicht berühren. Denn sie sind endgültig und festgesetzt. Ferner sind diese Grundlagen lebensnotwendig wie Nahrungsmittel und Nährstoffe. Sie bleiben heute unbeachtet und werden erschüttert. Man soll heute die ganze Begeisterung und Anstrengung für deren Aufrichtung und Belebung aufwenden. Darüber hinaus sind die Lehrmeinungen aus den beiden anderen Rechtsquellen Drittens: Je nach Jahreszeit ist auf dem Markt das Verlangen nach einer bestimmten Sache groß. Von Zeit zu Zeit wird je eine Ware marktgängig. Genauso findet in dem Ausstellungsort der Welt, auf dem Markt des gesellschaftlichen Lebens und der Zivilisation der Menschen in jedem Jahrhundert je eine Sache ihren Anklang. Auf den Straßen, das heißt, auf den Märkten werden diese Dinge ausgestellt und das Interesse daran geweckt. Die Augen wenden sich ihnen zu und die Gedanken beschäftigen sich mit ihnen. Zum Beispiel stehen in dieser Zeit politische Dinge, die Absicherung des weltlichen Lebens und das Interesse für Naturwissenschaft und Philosophie im Vordergrund. In dem vorausgegangenen Zeitalter der »Reinen« (selef-i salihin = die erste und zweite Schülergeneration) und auf dem Markt jener Zeit war die beliebteste Sache das, womit der Schöpfer der Himmel und der Erde mit uns zufrieden wird, und was Er von uns verlangt, aus Seinen Worten herauszufinden und die Mittel zu beschaffen, die die ewige Glückseligkeit in der jenseitigen Welt erwerben lassen, welche durch das Licht des Prophetentums und des Qur'an dermaßen weit geöffnet wurden, um sie niemals mehr wieder zu schließen.
Da in jener Zeit die Gedanken, Herzen und Gemüter mit all ihrer Kraft daraufhin ausgerichtet waren, Wünsche des Herrn der Erde und des Himmels zu erkennen, waren auch die Unterhaltungen, Gespräche, Geschehnisse und Zustände im Alltagsleben der Menschen dementsprechend. Und da alle Dinge in dieser Richtung ihren Lauf nahmen, konnte jeder, der dafür empfänglich war, auf schönste Weise in seinem Herzen und seiner Natur entsprechend von jedem Ding unbewusst eine Lehre, die ihm Erkenntnis brachte, empfangen. Er bildete sich durch die Zustände, Ereignisse und Gespräche, die in jener Zeit abliefen. Als wäre jedes Ding ein Lehrer für ihn, dient alles durch seine Beschaffenheit und seine Natur als Vorbereitung für seine Idjtihad. Dieser natürliche Unterricht war sogar ein solches Licht, dass jeder fast ohne Anstrengung die Fähigkeit zu seiner Idjtihad besaß, gleich einem Licht, das sich beinahe wie von selbst entzündete.
So erlebte, wer dafür empfänglich war und auf diese Weise einen natürlichen Unterricht empfangen hatte, das Geheimnis des »Licht über Licht« und konnte schnell und in kurzer Zeit einen eigenen Kommentar finden, sobald er begann, sich seine Idjtihad zu erarbeiten, da seine Fähigkeit schon gleichsam der Bereitschaft eines Streichholzes entsprach.
In dieser Zeit sind aber infolge der Vorherrschaft der europäischen Kultur, ihrer Naturwissenschaften mit ihrer Aufdringlichkeit und die erschwerten Lebensbedingungen auf Erden die Herzen und Gedanken (der Menschen) zerstreut, ihre Opferbereitschaft und Güte gespalten. Der spirituelle Bereich ist in ihrer Gedankenwelt zu einem Fremdkörper geworden.
Aus diesem Grund braucht jemand in unserer Zeit zehnfach mehr Zeit, um zu seiner Idjtihad zu gelangen, als zum Beispiel Sufyan ibn Uyaina, ein Exeget, der schon in seinem vierten Lebensjahr den ganzen Qur'an auswendig konnte und mit Gelehrten wissenschaftliche Dispute führte, und das selbst bei einer in etwa vergleichbaren Intelligenz! Benötigte also Sufyan noch zehn Jahre, um zu seiner Idjtihad zu gelangen, so benötigt dieser Mann nun hundert Jahre, um (die gleiche innere Reife) zu erlangen. Denn für Sufyan begann der Prozess der Selbstfindung ganz natürlich bereits im frühesten Alter der Selbstentdeckung. Allmählich entwickelten sich seine Fähigkeiten, entfaltete sich ein inneres Licht, begann er von all überall seine Lehren zu empfangen und (in der steten Bereitschaft und Entflammbarkeit seines Geistes) einem Streichholz gleich zu werden.
Was aber seinen Vetter in heutiger Zeit betrifft, so ertrinken seine Gedanken in der Philosophie, verliert sich sein Verstand in der Politik, berauscht sich sein Herz im irdischen Leben und er verliert die natürliche Fähigkeit zur Idjtihad. Er hat im Grade seiner intensiven Beschäftigung mit den modernen Wissenschaften mit Sicherheit die Fähigkeit zu der Idjtihad, Gesetze (aus dem Qur'an ableiten zu können) verloren und bleibt im Grade seiner vielseitigen Bildung in den weltlichen Wissenschaften hinter der Annahme der Idjtihad (eines aus dem Qur'an abgeleiteten Gesetzes) zurück. Deswegen kann er nicht sagen: »Ich bin genauso klug wie er. Warum sollte ich ihm nicht gleich sein.« Er hat kein Recht so zu sagen und er kann ihm auch nicht gleich kommen.
Viertens: Jedem Ding wohnt eine Tendenz inne, sich zu entfalten, damit es wachsen und gedeihen kann. Diese Tendenz, sich zu entfalten, dient, da sie von innen heraus wächst, der Vervollkommnung dieses Dinges und seiner Anlagen. Wenn aber diese Tendenz, sich zu entfalten, von außen angreifen würde, so hieße das, die Haut des Körpers zu zerreißen und zu zerstören und wäre dies keine Entfaltung. Ebenso entspricht es der Vervollkommnung, ist es Vollkommenheit, wenn solche, die, wie die Selef-i Salihin durch die Türe der vollkommenen Gottesfurcht und auf dem Weg der Befolgung Pflichten des Glaubens in das Gebäude des Islam eingetreten sind, die Neigung in sich verspüren, sich zu entfalten und den Willen zur Idjtihad haben.
Wenn aber anderenfalls dieses Bedürfnis, sich zu entfalten und dieser Wille, seinen eigenen Platz (im Leben) zu finden, von Leuten kommt, die aufgegeben haben, ihren Verpflichtungen nachzukommen, die das irdische Leben dem jenseitigen Leben vorziehen und von der materialistischen Philosophie besudelt sind, so heißt das, den Islamkörper zu zerstören und ist ein Mittel, die Kette des Gesetzes von ihrem Hals zu streifen.
Fünftens: Die drei (nachstehenden) Standpunkte verkehren die Idjtihad in heutiger Zeit ins Irdische, lösen sie aus ihrer himmlischen (Verankerung) heraus. Es ist aber die Scharia vom Himmel (herabgekommen) und auch die Idjtihad des Gesetzes ist im Himmel (verankert), da sie die verborgenen Gesetze des Himmels entschleiert.
Erstens: Die Weisheit hinter einer Bestimmung ist das eine, ihre Begründung das andere. Was die Weisheit und Zweckmäßigkeit betrifft, so begründen sie die Prioritäten, sind aber nicht der eigentliche Anlass zu einem Tun oder einem Unterlassen. Was aber die Begründung betrifft, so ist sie der eigentliche Anlass zu der Inkraftsetzung dieser Prioritäten. Zum Beispiel wird das Gebet auf Reisen gekürzt und werden nur zwei Reqat verrichtet. Die Begründung für diese Erlaubnis im Gesetz ist die Reise, die Weisheit dahinter aber liegt in den Anstrengungen (der Reise). Wird eine Reise unternommen und ist diese mit gar keiner Anstrengung verbunden, wird trotzdem das Gebet verkürzt. Denn die Begründung dafür ist gegeben. Wird jedoch keine Reise unternommen, sind aber hunderterlei Anstrengungen gegeben, fehlt eine Begründung für die Verkürzung des Gebetes. Nun stellt die Betrachtungsweise dieser Zeit aber, im Gegensatz zu dieser Tatsache, Zweckmäßigkeit und Weisheit an die Stelle einer (stichhaltigen) Begründung und bestimmt dementsprechend. Eine solche Idjtihad entspringt mit Sicherheit einer diesseitigen (weltlichen Gesinnung) und ist nicht jenseitig (himmlisch begründet).
Zweitens: Das Auge unserer Zeit ist hauptsächlich und vor allem auf irdisches Glück gerichtet. Auf dieses hin sind die Gesetze (unserer Zeit) ausgerichtet. Was hingegen das Auge der Scharia betrifft, so ist es hauptsächlich und vor allem auf das jenseitigen Glück gerichtet. Erst in zweiter Linie betrachtet es das irdische Glück und zwar als Mittel zum jenseitigen Glück. Das heißt, dass der Geist der Scharia dem Auge dieser Zeit fremd ist. Weil dies aber so ist, kann (sein Blick) nicht im Namen der Scharia zu einer Idjtihad hin führen.
Drittens: Es ist der Grundsatz
das heißt: »Eine Zwangslage hebt, was haram ist, auf die Stufe des helal.« Dieser Grundsatz ist aber nicht allgemeingültig. Wenn eine Zwangslage nicht durch einen verbotenen (haram) Weg zu Stande gekommen ist, so kann sie der Grund dazu sein, helal etwas zu machen, was haram ist. Wenn eine Zwangslage aber durch den Missbrauch der Handlungsfreiheit, durch (islamisch) illegale Gründe zu Stande gekommen ist, kann sie, was haram ist, nicht helal machen. Sie kann nicht zum Anlass dafür dienen, etwas rechtlich zu genehmigen, eine Entschuldigung darzustellen. Wenn zum Beispiel ein Mann seine Handlungsfreiheit missbraucht und sich in verbotener (haram) Weise betrinkt, so wird ihm alles Schlechte, das er in diesem Zustand begeht, nach (Meinung) der islamischen Rechtsgelehrten zur Last gelegt. Er wird nicht entschuldigt. Wenn er sich (in diesem Zustand) scheidet, gilt diese Scheidung und wenn er ein Verbrechen begeht, so wird er bestraft. Aber wenn sein Rauschzustand nicht durch den Missbrauch seiner Handlungsfreiheit zu Stande gekommen ist, so wird die Scheidung nicht rechtskräftig, bzw. er wird nicht bestraft.
Zum Beispiel kann einer, der von der Trunksucht befallen ist, nicht sagen »Es ist eine Zwangslage, es ist mir gebilligt,« auch wenn er im Grade einer Zwangslage davon abhängig ist. So gibt es denn in heutiger Zeit viele Situationen, die bereits den Grad einer Zwangslage erreicht zu haben scheinen, in der die Menschen gefangen sind und ihnen wie ein allgemeines Unglück vorkommen. Da diese durch den Missbrauch der Entscheidungsfreiheit aus (im Islam) nicht erlaubten Neigungen und aus verbotenen (haram) Handlungen herrühren, können sie kein Anlass zur Billigung (der Ausnahmezustände im islamischen Gesetz) sein und das Verbotene (haram) nicht als Erlaubtes (helal) geltend machen. Weil aber dahingegen die Leute (ehl-i Idjtihad) ihre Zwangslage zur Basis (ihrer Auslegung) der islamischen Gesetze machen, ist ihre Idjtihad erdgebunden, willkürlich, philosophisch, kann nicht himmlischen (Ursprungs) sein und entspricht nicht dem islamischen Recht. Indessen handelt es sich in Wirklichkeit um die Verfügung über die Gesetze Gottes, des Schöpfers der Himmel und der Erde und um eine Einmischung in Glaube und Gottesdienst Seiner Anbeter. Dergleichen Verfügungen und Einmischungen sind abzulehnen, insoweit es dazu keine vom Schöpfer autorisierte Erlaubnis gibt.
Aus zwei Gründen halten es manche Gottvergessenen für schön, wenn einige Kennzeichen des Islam, wie die Freitagspredigt (Hutbe) vom Arabischen gelöst und in der Sprache jedes Volkes gehalten wird.
Erster Grund: »Durch diese Weise soll die heutige Politik auch dem muslimischen Volk verständlich gemacht werden.« Was aber die heutige Politik betrifft, so ist in sie so viel Lug und Trug und Teufelswerk hineingeraten, dass sie bereits als Einflüsterung des Teufels gelten kann. Weil jedoch die Kanzel (minber) in der Tat ein Platz (maqam) ist, welcher der Verkündigung der göttlichen Offenbarungen (= Qur'an) geweiht ist, haben jene Einflüsterungen der Politiker kein Recht, zu diesen hohen Maqam emporzusteigen.
Zweiter Grund: »Die Freitagspredigt (Hutbe) ist dazu da, aus einigen qur'anischen Suren Rat zu geben und auszulegen.« Wenn das islamische Volk In der Tat die Pflichten, die allgemein bekannten Gesetze und Gebote des Islam in Mehrheit befolgt und in die Praxis umgesetzt hätte, dann könnte man vielleicht die Hutbe in der geläufigen Sprache halten und die Übersetzungen der qur'anischen Suren (wenn es möglich wäre Aber heutzutage werden Pflichten, wie das Gebet (namaz), die Almosensteuer (zekat), und das Fasten (orudj) und Verbote wie Mord, Unzucht und Alkohol, die allbekannten feststehenden Gesetze des Islam, vernachlässigt. Das einfache Volk braucht keinen Unterrichtet über die Gebote und Verbote (Gottes). Es braucht vielmehr die Ermunterung und Ermahnung, die sie an diese heiligen Gesetze wieder erinnert. Die Menschen haben eine Ader für den Islam und ein Gefühl für den Glauben und bedürfen der Anregung, der Erinnerung und der Ermunterung zu ihrer Beobachtung. Ein ungebildeter Mensch kann, wie unwissend er auch sein mag, aus dem Qur'an und der arabisch gehaltenen Predigt folgende kurze Bedeutung entnehmen. »Der Prediger und der Hafis (Qur'anrezitator) gemahnt an die Pfeiler des Glaubens und die Grundlagen des Islam, welche allen und so auch mir bekannt sind, unterrichtet sie uns und trägt sie uns vor.« So sagt er und es entsteht in seinem Herzen eine Begeisterung für sie. Welche Worte gibt es etwa im Kosmos, die den wunderbaren und allgemeinverständlichen Ermahnungen, Wiederholungen und Ermunterungen des Weisen Qur'an, der von dem gewaltigen Thron Gottes herabgekommen ist, gleichwertig sein könnten?
Sechstens: Die großen Exegeten unter den Selef-i Salihin lebten noch kurz nach dem Zeitalter der Gefährten des Propheten Mohammed, dem Zeitalter des Lichtes und dem Zeitalter der Wahrheit, konnten reines Licht empfangen und sich in Aufrichtigkeit ihre Idjtihad bilden. Was die Leute (ehl-i Idjtihad) heutiger Zeit betrifft, so schauen sie hinter dermaßen vielen Schleiern und aus einer weiten Entfernung in das Buch der Wahrheit, sodass sie selbst noch den am deutlichsten (sichtbaren) Buchstaben kaum mehr erkennen können.
Wenn du sagst: Die Sahabis sind auch nur Menschen und können nicht frei von Fehlern und Gegensätzen sein. Die Quelle ihrer Idjtihad und der Urteile über die islamischen Gesetze sind die Rechtschaffenheit und Aufrichtigkeit der Gefährten des Propheten, sodass die Umma (islamische Gemeinde) übereinstimmend sagt: »Die Sahabis sind in allen Dingen rechtschaffen und sprechen die Wahrheit.«
Antwort: In der Tat liebten die Sahabis in vollkommener Übereinstimmung das Recht, verlangten nach Aufrichtigkeit und sehnten sich nach Gerechtigkeit. Denn die Hässlichkeit allen Luges und Truges wurde in all ihrer Hässlichkeit und die Schönheit der Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit in all ihrer Schönheit so deutlich gezeigt, dass die Entfernung zwischen ihnen so groß war wie die zwischen dem Thron Gottes und der Erde. Zwischen ihnen erkannte man einen so großen Unterschied wie den, welcher zwischen der Stufe eines Müseylime Kezzab (= des Lügners), jener alleruntersten Stufe (Esfel-i Safilin) und der Stufe der Aufrichtigkeit des verehrten Propheten, mit dem Friede und Segen sei, jener höchsten Stufe besteht. In der Tat war das, was Müseylime zum Niedrigsten aller Niedrigen hinabstürzen ließ, die Lüge, wohingegen die Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit Mohammeds den Vertrauten, mit dem Friede und Segen sei, zum Ehrenwertesten aller Ehrenwerten emporsteigen ließ.
So ist es denn sicher und gewiss, zwangsläufig und ohne Zweifel, dass die Sahabis in der Erhabenheit ihrer Gefühle und ihrer Hochachtung ethischer Schönheit, erleuchtet durch die lichtvolle Unterhaltung mit der Sonne des Prophetentums, ihre Hände bewusst nicht nach dem Müllhandel mit der Lüge und Müseylimes Täuschung ausstreckten, welche so hässlich und der Grund zu seinem Sturz war. Sie schreckten vor der Lüge, einem Freund des Unglaubens, zurück, so wie sie vor dem Unglauben zurückschreckten und verlangten mit Bestimmtheit nach Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit und Rechtmäßigkeit, die so schön sind, (ein Grundstein) für Stolz und Ruhm und eine Leiter, um darauf emporzusteigen, fortzuschreiten, und die unter den hohen Schätzen, die der Stolz des Prophetentums sind, am meisten gefragt sind und durch den Glanz ihrer Schönheit dem menschlichen Zusammenleben ihr Licht verleihen, insbesondere bei der Überlieferung und Verkündigung der Bestimmungen der islamischen Gesetzgebung. Daran hielten sie sich von ganzem Herzen. Im Gegensatz dazu hat sich der Abstand zwischen Lüge und Recht in dieser Zeit so sehr verkürzt, dass sie nun sozusagen Schulter an Schulter stehen. Man geht ganz leicht von der Wahrheit zur Unwahrheit hinüber. Selbst in der Politik gibt man einer verlogenen Propaganda vor der Aufrichtigkeit den Vorzug. Wenn also nun in einem Laden minderwertige Ware zusammen mit erlesenstem Schmuck zum selben Preis verkauft wird, so wird sicherlich der Brillant der Aufrichtigkeit und Rechtmäßigkeit, ein Juwel der Wahrheit von sehr hohem Wert, im Vertrauen auf die Kenntnis und das Wort des Verkäufers blindlings nicht gekauft.