Risale-i Nur lesen -Erstes Kapitel

ABDULLAH4

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[h=1]Erstes Kapitel[/h]

»Im Namen Allahs, des Erbarmers des Barmherzigen; und Wir senden hinab vom Qur'an, was eine Arznei ist und eine Barmherzigkeit für die Gläubigen;...« (Sure17, 82) »Und nicht lehrten Wir ihn (den Propheten) Poesie, noch geziemte sie ihm...« (Sure 36, 69)



Willst du den Weisen Qur'an und die Philosophie nach der Frucht ihrer Weisheit, der Lehre ihrer Wissenschaften und dem Grad ihrer Erkenntnisse miteinander vergleichen, dann merke auf die nun folgenden Worte:
Siehe, der Qur'an zerreißt durch das Wunder seiner Verkündigung mit eindringlichen Worten den Schleier einer gewohnheitsmäßigen Sicht- und Betrachtungsweise, der über der Schöpfung liegt, schärft das Bewusstsein der Menschen und Dschinnen für die Wunder in ihr und die Wahrheit, lenkt ihren Blick auf das, was sie lehrt und öffnet für alle Denkenden eine unerschöpfliche Schatzkammer der Erkenntnis.
Was aber die Weisheit der Philosophie betrifft, so wickelt sie alle wunderbaren Werke der Macht (Gottes) in den Schleier des Gewöhnlichen ein, betrachtet sie völlig indifferent oder geht wie die Beduinen der Vorzeit in Unwissenheit über sie hinweg. Sie präsentiert dem Bewusstsein nur solche seltenen Einzelexemplare, die aus dem Rahmen des Wunderbaren herausgefallen, aus der Ordnung der Schöpfung herausgetreten sind, ihre ihnen wesensgemäße Vollkommenheit verloren haben und stellt sie als Lehrbeispiel vor.
So betrachtet sie zum Beispiel in ihrer Indifferenz die Erschaffung des Menschen, der das umfassendste Wunder göttlicher Allmacht ist, als etwas ganz Gewöhnliches. Jedoch einen Menschen außerhalb dessen, was in Vollkommenheit erschaffen wurde, mit drei Beinen oder zwei Köpfen stellt sie mit dem lauten Schrei der Verwunderung als ein Lehrbeispiel vor. So betrachtet sie zum Beispiel die wohlgeordnete Versorgung der Jungtiere, die eines der umfassendsten und tiefgreifendsten Wunder der göttlichen Barmherzigkeit ist, als etwas ganz Gewöhnliches und überzieht es mit dem Schleier des Unglaubens und der Undankbarkeit. Sobald sie jedoch einen Käfer sieht, der die gewohnte Ordnung verlassen hat, nun abgesondert von seinen Artgenossen ganz allein in der Fremde lebt und sich unter dem Meere von einem grünen Blatt ernährt, möchte sie die dortigen Fischer durch die so in Erscheinung getretene Güte und Freigiebigkeit zu Tränen rühren So siehe denn, welche Reichtümer und Güter dem Ehrwürdigen Qur'an für die Wissenschaft, zu Weisheit und Gotterkenntnis zur Verfügung stehen und wie arm und unfähig dahingegen die Philosophie ist hinsichtlich ihrer Wissenschaft, Lehre und Erkenntnis des Schöpfers, und nimm dir daran ein Beispiel!
So ist es denn aus dieser tiefen Wahrheit heraus, dass der Weise Qur'an, der alle die unendlichen, strahlenden, hohen Wahrheiten in sich umfasst, einer dichterischen Ausschmückung nicht bedarf. Ein anderer Grund dafür, dass der Qur'an, ein Wunder der Verkündigung, nicht erdichtet ist, besteht darin, dass er, obwohl er ein vollständiges Kompendium ist und eine Komposition, welche ans Wunderbare grenzen und so das Buch der Schöpfung in künstlerischer Ausgewogenheit kommentiert, sich dennoch nicht jeder einzelne Qur'anvers einem Versmaß unterwirft, sondern sich meistens wie die Sterne mit den anderen, sei es zu einer Art Zentrum oder auch Bruderschaft, zusammenschließt, um sie miteinander durch das Band einer inneren Verbindung zu verknüpfen, und so mit jedem einzelnen Qur'anvers in deren Umfeld eine Verbindungslinie bildet. Es ist, als habe jeder freie Qur'anvers ein Auge, das nach vielen anderen Qur'anversen blickt, ein Gesicht, das sich ihnen zuwendet. So finden sich im Qur'an tausende Qur'ane, sodass jeder entsprechend seiner Berufung einen von ihnen erhält. Wie bereits im »Fünfundzwanzigsten Wort« erklärt wurde, finden sich in der Sure-i Ihlas insgesamt 36 Sure-i Ihlas, deren jede einzelne in der Vielseitigkeit ihrer Zusammenstellung aus sechs Sätzen eine Schatzkammer für die Lehre von der Einheit formt und umschließt.
So wie in der Tat das Bild der Sterne ohne jede Ordnung zu sein scheint und jeder einzelne Stern, sich in Anbetracht der Aufhebung einer Ordnung keiner Regel unterwirft, sondern jeder einzelne von ihnen mit vielen anderen Sternen eine Art Zentrum bildet, so ist er auch durch seine Einflusssphäre mit jedem einzelnen Stern seiner Umgebung verbunden, wodurch er einen Hinweis auf die wechselseitige Beeinflussung der Massen gibt. Es ist, als ob jeder einzelne Stern, genauso wie die Qur'anverse, die den Sternen gleichen, ein Auge habe, das nach all den anderen Sternen blickt und ein Gesicht, das sich ihnen zuwendet. So siehe denn die vollkommene Ordnung hinter der scheinbaren Unordnung und nimm dir daran ein Beispiel!
Wisse auch das Geheimnis des Qur'anverses


»Und nicht lehrten Wir ihn (den Propheten) Poesie, noch geziemte sie ihm...« (Sure 36, 69)



Außerdem verstehe auch den Sinn dieses Wortes aus dem Qur'anvers


»...noch geziemte sie ihm.«



Daraus sollst du ersehen: Die charakteristische Eigenschaft der Dichtung liegt darin, dass sie die kleinen und unbedeutenden Ereignisse phantasievoll ausschmückt, sie zu einer großen und glänzenden Erzählung ausge-stalten möchte, sodass sie Gefallen findet. Die Qur'ani-schen Wahrheiten jedoch sind so groß, erhaben, glänzend und schön, dass dagegen auch die größte und glänzendste Erzählung verglichen mit diesen Wahrheiten nur noch klein und unbedeutend erscheint.
Zum Beispiel:





»An jenem Tag werden Wir den Himmel zusammenrollen wie man einen Brief zusammenrollt...« (Sure 21, 104) »Er lässt die Nacht über den Tag kommen und sie folgt ihm eilends nach...« (Sure 7, 54) »Es wird nur ein einziger Posaunenstoß sein, und siehe da, sie alle sind vor uns gebracht.« (Sure 36, 53)




Diese und zahllose andere ähnliche Wahrheiten sind ein Zeugnis dafür. Jeder einzelne Vers des Qur'an ist wie ein glänzender Stern.
Wenn du sehen und erleben willst, wie er die Erkenntnis der Wunder und das Licht der Rechtleitung verbreitet und dadurch die Finsternis des Unglaubens vertreibt, versetze dich zu jener Zeit der Unwissenheit in die Wüste der Beduinen, in jene Zeit, in der alles in der Finsternis der Unwissenheit und Gottvergessenheit wie in ein Tuch gewickelt erschien, dass nur noch leblose Dinge und eine seelenlose Natur übrig ließ. Dann komm und höre nun in der Sprache des Qur'an


»Es preist Allah, was in den Himmeln und was auf Erden ist, den König, den Heiligen, den Mächtigen, den Weisen.« (Sure 62, 1)




und ähnliche Qur'anverse. So wirst du plötzlich sehen, wie diese leb- und seelenlos erscheinenden Dinge, diese scheinbar toten oder schlafenden Wesen in der Welt, unter der Rezitation des:


»Es preist (Ihn)...«



in der vom Glauben erfüllten Vorstellung der Zuhörer zum Leben erwachen, auferstehen und Gott preisen. Auch die Sterne am nachtdunklen Antlitz des Himmels zeigen sich jedes einem glühenden Stückchen Kohle gleich und die über die Erde verstreuten Geschöpfe erscheinen vor den Augen der Zuhörer unter der Rezitation des


»Es preisen Ihn die sieben Himmel und die Erde.« (Sure 17, 44)



wobei der Himmel dem Mund gleicht, von allen Sternen jedes ein Wort ist, das die Weisheit Gottes verkündet, ein Licht, das die Wahrheit ausstrahlt und die Erde das Haupt darstellt, dessen Länder und Meere wie deren Zunge reden und alle Tiere und Pflanzen ihre Worte sind, die die Heiligkeit Gottes verkünden.
Schaust du jedoch von heutiger Zeit in jene Zeit zurück, kannst du sicherlich die Feinheiten in den oben geschilderten Vorgängen nicht miterleben. Ja, betrachtest du sie in einer Welt, in der sich seit jener Zeit das Licht ausgebreitet hat und im Laufe der Zeit zu einem allgemeinen Leuchten geworden ist und die noch von anderen Lichtern des Islam überstrahlt wird und unter der Sonne des Qur'an die Farbe des Tages angenommen hat, oder wenn du durch deinen Schleier der Oberflächlichkeit und Gewohnheit blickst, dann kannst du sicher nicht recht erfahren, welch eine Finsternis ein jeder Qur'anvers mit welch einem so köstlich hellen, wundersamen Klang vertrieben und erleuchtet hat. So kannst du diese Art Wunder unter vielen anderen Arten von Wundern des Qur'an mit deinen Sinnen nicht erfassen. Wenn du das Wunder des Qur'an, der ein Wunder der Verkündigung ist, in seiner höchsten Stufe betrachten willst, dann komm und höre das folgende Gleichnis. Es ist wie folgt:
Versuchen wir uns einmal einen sehr hohen und weit ausladenden, einen einzigartigen, Staunen erregenden Baum vorzustellen, der durch eine Art Tarnkappe verborgen und in ein großes Tuch eingewickelt sein soll. Nun ist ja bekannt, dass zwischen den Zweigen, Früchten, Blättern, Blüten und allem, was zu einem Baum gehört, ein Verhältnis, eine Proportionalität, ein Gleichgewicht bestehen muss, wie unter den Organen des Menschen. Jedes Teil erhält also nach der Art des Baumes seine Form, das ihm entsprechende Aussehen. Jetzt trete jemand auf, der von diesem noch nie gesehenen Baum (den man tatsächlich nicht sehen kann) auf einer Leinwand ein wohlproportioniertes Bild malen soll, mit allen seinen Teilen, von ihm einen Entwurf machen mit Stamm, Ästen, Zweigen, bis hin zu den Blättern und Früchten, eine wohlausgewogene Skizze anfertigen, eine stimmige Zeichnung entwerfen soll, wobei er während seiner Arbeit, mitten zwischen ihrem Anfang und ihrem noch unendlich weit entfernten Ende die einzelnen Teile entsprechend ihrer tatsächlichen Form und Gestalt darstellen müsste. Es bliebe dann mit Sicherheit kein Zweifel daran, dass dieser Maler diesen unsichtbaren Baum mit seinem Blick, der in das Unsichtbare sieht, erschaut und danach beschreibt.
Genauso erklärt auch der Qur'an, dessen Verkündigung ein Wunder ist, das Bild von der Welt der unerschaffenen Möglichkeiten. (Dies ist das Bild vom Baum der Schöpfung, der sich vom Anbeginn der Welt an bis in die Unendlichkeit der Ewigkeit und von der Erde bis zum Thron Gottes und vom Atom bis hin zur Sonne ausbreitet.) Diese Offenbarungsschrift hat bei der Beschreibung dieses Bildes die Proportionalität so weit im Auge behalten und jeden Teil und jede Frucht dieses Baumes dementsprechend ins Bild gesetzt, dass alle Kenner der Wahrheit, am Ende ihrer Forschung, in Anbetracht der Beschreibung des Qur'an »Mashaallah, Barekallah« gesagt haben. Zudem haben sie gesagt: »Oh du, weiser Qur'an, du bist der, der die tiefe Wahrheit des Kosmos und die verschiedenen Geheimnisse der Schöpfung aufgedeckt und enthüllt hat.«


»Die erhabensten Gleichnisse erzählt uns Allah (im Qur'an).«



D.h. in Beispielen von Menschen soll man nicht nach Fehlern forschen. (A.d.Ü.)
Wir stellen die Namen und Attribute Gottes, die Taten und Handlungen Seiner Herrschaft in Form eines Tuba-Baumes aus Licht dar. Die weit ausladenden Äste dieses lichtausstrahlenden Baumes strecken sich bis in alle Ewigkeiten aus. Seine Grenzen breiten und dehnen sich in den unendlichen Raum hinein und umfassen ihn. Die Grenze seiner Ausdehnung reicht von





»Allah dringt zwischen des Menschen Inneres und sein Herz.« (Sure 8, 24) »Allah lässt Körner und Kerne keimen.« (Sure 6, 95) »Er ist es, der euch im Mutterleib gestaltet, wie Er will.« (Sure 3, 6)




bis zur Grenze von





»Und die Himmel werden zusammengerollt sein in Seiner Rechten.« (Sure 39, 67) »Er schuf die Himmel und die Erde in sechs Tagen (Epochen).« (Sure 7, 35) »Und Er zwang Sonne und Mond in den Dienst.« (Sure 13, 2)




Der weise Qur'an hat diese leuchtende Wahrheit von den Namen, Attributen, Taten und Handlungen (Gottes) auf eine solche Weise erklärt, dass die einzelnen Zweige und Äste mit ihren Früchten und allem, was der Baum an Nutzbarem hervorbringt, miteinander harmonieren, zueinander passen, einander entsprechen, ohne sich gegenseitig in ihrer Entfaltung zu behindern, einander in ihren Rechten zu beeinträchtigen und ohne einander in der Erfüllung ihrer Aufgaben allein zu lassen. Alle Erforscher und Kenner der Wahrheit, die Theologen und alle Leute von Weisheit und Bildung, die sich in der Welt der göttlichen Aspekte bewegen, haben über die Verkündigung der Errettung »Subhanallah« gesagt, und bestätigen sie mit den Worten: »Wie richtig und wie wahr, wie treffend und wie schön.«

Beispiel: Die sechs Grundpfeiler des Glaubens sind wie die Äste eines gewaltigen Baumes, die sich nach der Welt der bedingten Möglichkeiten und nach der Welt des unabdingbar notwendigen Seins erstrecken. Der Qur'an beschreibt bis zu den feinsten Früchten und Blüten hin alle Zweige und Äste dieser Grundpfeiler so treffend, schildert sie so wohlausgewogen und zeigt sie in einer so entsprechenden Weise, dass der menschliche Verstand zu schwach ist, ihm mit seiner Vorstellung zu folgen und vor dessen Schönheit in Staunen verharrt.
Zwischen den fünf Grundpfeilern des Islam, welche gemeinsam einen Zweig am Ast des Glaubens bilden, wird bis zu den feinsten Verästelungen seines Stammes, kleinsten Sitten, fernsten Zielen, tiefsten Weisheiten und winzigsten Früchten, vollkommene Proportionalität, vollkommene Beziehung und ein vollständiges Gleichgewicht aufrechterhalten. Dafür ist ein unwiderlegbarer, gerechter Zeuge und ein sicheres, zweifelsfreies Zeugnis, die vollkommene Ordnung, Gleichgewicht, vollkommene Ausgewogenheit und Autorität der Islamischen Großen Verfassung , die aus den klaren Darlegungen, Aspekten, Hinweisen und Chiffren des alles umfassenden Qur'an erwächst. Das bedeutet also, dass die Erklärung des Qur'an nicht auf der begrenzten Kenntnis eines Menschen, besonders auf dem Wissen eines Analphabeten, beruhen kann. Vielmehr ist sie das allumfassende Wissen und das Wort des Herrn, der alle Dinge gleichzeitig überschaut und von Ewigkeit zu Ewigkeit in einem einzigen Augenblick aller Wahrheiten Zeuge ist. Auf diese Wahrheit hinweisend heißt es:


»Dank sei Allah, der Seinem Diener das Buch herabgesandt hat, in dem nichts verbogen ist,...« (Sure 18, 1)




»Gelobt seist Du oh Allah! Um des Qur'an Willen und um dessen Willen, dem Du den Qur'an herabgesandt hast, erleuchte unsere Herzen und erhelle das Tor unseres Grabes durch das Licht des Glaubens und des Qur'an. Amen. Oh Du unsere Hilfe!«
 
Üst