Risale-i Nur lesen -Neunundzwanzigster Brief

ABDULLAH4

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[h=1]Neunundzwanzigster Brief: Neun Kapitel[/h]


[h=1]Erstes Kapitel, zugleich erste Abhandlung - Auslegbarkeit des Qur’an[/h]
Dieses Kapitel besteht aus Neun Punkten


»Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Barmherzigen. Und es gibt kein Ding, das nicht lobend Ihn preist.«




Mein lieber, treuer Bruder und treuer Freund im Dienst am Qur’an!
In deinem letzten Brief möchtest du auf eine wichtige Frage eine Antwort, die zu geben mir weder meine Zeit noch mein Zustand (hal) es erlauben.
Mein Bruder! Dank sei Gott, dass in diesem Jahr die Anzahl der Schreiber für unsere Risalas sehr gewachsen ist. Die Kopien kommen zu mir für die zweite Korrektur und ich bin von morgens bis abends emsig damit beschäftigt. Andere wichtige Arbeiten bleiben dabei liegen. Doch ich halte diese Aufgabe für weitaus wichtiger. Besonders in den Monaten Scha’ban und Ramadan nimmt das Herz mehr daran Anteil als der Verstand und der Geist (ruh) gerät in Bewegung. Ich verschiebe daher diese Angelegenheit auf einen anderen Zeitpunkt. Wann immer ich mit der Gnade Gottes des Gerechten einen Einfall in meinem Herzen verspüre, werde ich ihn dir absatzweise schreiben. Jetzt werde ich dir erst einmal drei Punkte erläutern.

Erster Punkt
»Die Geheimnisse des Weisen Qur’an sind unbekannt. Die Kommentatoren haben seine Wahrheit nicht verstanden.«
Mit diesen (Worten) werden zwei verschiedene Aspekte einer Idee zum Ausdruck gebracht und die, welche sie vertreten, bilden zwei Gruppen.
Die ersten sind die Leute der Wahrheit und die Forscher. Sie sagen; »Der Qur’an ist ein niemals endender, unerschöpflicher Schatz. Jedes Jahrhundert empfängt und bestätigt (in ihm) die Grundsätze und Vorschriften und entnimmt (ihm) auch als Ergänzung seinen Anteil an verborgenen Wahrheiten, wobei es den noch verborgen gebliebenen Anteil der anderen nicht stört.« Das heißt, dass im Laufe der Zeit stets mehr Wahrheiten des Weisen Qur’an entdeckt werden. Dies geschieht keineswegs, um – was Gott verhüten möge – die offensichtlichen Wahrheiten des Qur’an, die die vorausgegangenen Imame bereits erklärt haben, in Zweifel zu ziehen. Denn der Glaube an sie ist notwendig. Sie stehen fest und sicher, sind Pfeiler und Fundament. Der Qur’an verkündet mit dem Ferman


»...in klarem Arabisch.« (Sure 16, 103)




dass seine Aussage klar und deutlich ist. Vom Anfang bis zum Ende dreht sich diese göttliche Aussage um diese Bedeutungen, bekräftigt sie und macht sie offensichtlich. Solche (von Gott) autorisierte Aussagen nicht anzunehmen, führt dazu – was Gott verhüten möge – Gott den Gerechten der Lüge zu bezichtigen und das Verständnis des Ehrenwerten Botschafters (Hasret-i Risalah) für gering zu achten. Das heißt, solche feststehenden, autorisierten Aussagen wurden über die Kette der Überlieferungen (Silsilah) der Quelle, die der Ehrenwerte Botschafter (Risalah) ist, entnommen. Sogar Ibn Jarir at-Tabari führte alle Bedeutungen des Qur’an, schrittweise und namentlich der Kette der Überlieferungen folgend bis auf ihre Quelle, den Ehrenwerten Botschafter (Risalah), zurück und verfasste auf diese Weise seinen großen bedeutenden Kommentar.
Die zweite Gruppe sind entweder ziemlich törichte Freunde, die »das Auge entfernen, wenn sie eine Braue machen wollen« (d.h. also das Kind mit dem Bade ausschütten – A.d.Ü.), oder aber es sind Feinde von geradezu teuflischer Klugheit, die den islamischen Sitten und den Glaubenswahrheiten entgegenarbeiten wollen. Sie suchen einen Weg in die fest ummauerten Suren des Allweisen Qur’an zu finden, die – nach deinen Worten – stählernen Burgen gleichen. Leute wie diese verbreiten Ideen wie die obigen, um – was Gott verhüten möge – Zweifel an Glaube und Qur’an zu säen.

Zweiter Punkt
Gott der Gerechte schwört im Qur’an bei vielen Dingen. Zu diesen Beschwörungen des Qur’an gibt es viele bedeutende Anmerkungen und in ihnen liegen viele Geheimnisse.
Zum Beispiel: In dem Schwur:


»Bei der Sonne und ihrem Glanz.« (Sure 91, 1)




erfolgt ein Hinweis auf den Kern dieses glänzenden Vergleichs, der im Elften Wort (behandelt wird). Er zeigt das Universum in der Gestalt eines Schlosses oder einer Stadt.
Des Weiteren wird mit dem Schwur


»YaSien und bei dem Weisen Qur’an. (Sure 36, 1-2)




auf die Heiligkeit des Qur’anischen Wunders hingewiesen. Er ist so sehr aller Verehrung wert, dass man auf ihn schwören kann.


»Bei dem Stern, wenn er fällt.« (Sure 53, 1) »Und so schwöre ich denn bei dem Ort, an dem die Sterne niedergehen. Und dies ist fürwahr ein gewaltiger Schwur, wenn ihr es nur wüsstet.« (Sure 56, 75-76)




Diese Schwüre weisen darauf hin, dass diese Sternschnuppen ein Zeichen dafür sind, dass die Dschinnen und die Teufel daran gehindert werden, Nachrichten aus dem Unsichtbaren zu empfangen, sodass sie über die Offenbarung keine Zweifel säen können. Die Sterne in ihrer Furcht erregenden (Größe) werden in perfekter Ordnung an ihren Platz gesetzt und die Planeten auf eine Staunen erregende Weise in Umdrehung versetzt. Die gewaltige Macht und vollkommene Weisheit, mit der dies alles geschieht, wird mit diesem Schwur wieder in Erinnerung gebracht...


»Bei denen, die aufwirbeln.« (Sure 51, 1) »Bei denen, die ausgesandt werden.« (Sure 77, 1)




(Hier schwört Gott) bei Seinen Engeln, die Er zu Seinen Beauftragten für die Winde (gemacht hat) und die mit einer sehr subtilen Weisheit an besonders wichtigen Aufgaben arbeiten, lenkt so die Aufmerksamkeit auf die Elemente und erinnert dadurch an die Wogen der Luft und den Wechsel (der Winde), die (doch sonst für rein) zufällig gehalten werden usw...
Jeder dieser Schwüre berührt wieder andere, unterschiedliche Punkte und dient wieder anderen Zwecken. Da die Zeit (im Augenblick) nicht gerade günstig ist, wollen wir hier nur auf eine Anmerkung unter vielen Anmerkungen, auf die sich dieser Schwur


»Bei der Feige und bei der Olive.« (Sure 95, 1)




(bezieht), kurz hinweisen. Es ist dies wie folgt:
(Hier schwört) Gott der Gerechte also bei der Feige und bei der Olive und erinnert zugleich an Seine ungeheure Macht, die Vollkommenheit Seines Erbarmens und Seine großen Gnadengaben gegenüber denen, die in Richtung der Niedersten aller Niedrigen gehen, wendet sodann ihr Gesicht von dieser Richtung um und verweist sie auf die Möglichkeit ihres geistigen Fortschritts durch Dankbarkeit, Nachsinnen, Glaube und gute Werke bis hin zu den höchsten aller Erhabenen. Der Grund dafür, dass unter den Gnadengaben (Gottes) ganz besonders die Feige und die Olive erwähnt werden, ist der, dass diese (beiden) Früchte ganz besonders gesegnet und nutzbringend sind und dass in (der Art) ihrer Erschaffung viele Dinge liegen, die eine Quelle allen Interesses und der Segensfülle (ni’met) sind. Denn die Olive gehört zu den wichtigsten Gütern im privaten wie im kommerziellen Leben, für Beleuchtung sowohl wie für die Ernährung. Das gleiche gilt auch für die Feige. Nach ihrer Erschaffung ist sie ein Wunder der göttlichen Allmacht, da in ihren winzig kleinen Saatkörnern alle Bestandteile eines riesigen Feigenbaumes gespeichert und verborgen sind. Durch (Gottes) Schwur ruft sie die göttlichen Gnadengaben ins Gedächtnis, ist sie Nahrung und Segen, überdauert im Gegensatz zu anderen Früchten und hat darüber hinaus noch viele andere Vorteile. So unterrichtet sie denn den Menschen, daraus eine Lehre zu ziehen, damit er glaube und gute Werke tue und nicht (auf die Stufe) der Niedrigsten aller Niedrigen hinabstürze.

Dritter Punkt
Alleinstehende Buchstaben am Anfang einiger Suren sind göttliche Chiffren. Durch sie gibt (Gott) seinem besonderen Diener einige Zeichen aus dem Unsichtbaren. Der Schlüssel zu diesen Chiffren liegt bei Seinem besonderen Diener, als gleichsam Seinem »Erben« (und Kalifen). Da der Weise Qur’an aber nun einmal zu allen Zeiten und Völkern spricht, können (diese Buchstaben) sehr unterschiedliche Aspekte und Bedeutungen haben und alle Bevölkerungsschichten können in jedem Jahrhundert darin ihren Anteil haben. Was aber die früheren Gelehrten (Selef-i Salihin) betrifft, so ist ihrer der reinste Anteil, den sie auch verkündet haben. Die Leute der Erforschung und der Gottesfreundschaft haben in ihnen viele Hinweise und (Anleitungen) zum Umgang mit dem Unsichtbaren gefunden, wie sie zu ihrer spirituellen Reise gehören. In meinem Kommentar: »Zeichen eines Wunders« am Anfang der Sure »el-Baqara« haben wir sie im Hinblick auf die wundersame Beredsamkeit des Qur’an zum Teil bereits behandelt. Dort kann man also nachschlagen.

Vierter Punkt
Das Fünfundzwanzigste Wort hat bereits bewiesen, dass eine wahrheitsgemäße Übersetzung des Weisen Qur’an nicht möglich ist. Zudem kann der erhabene Stil, wie er sich in seiner geistigen Wundersamkeit findet, nicht übertragen werden. Es wäre auch besonders schwer, die Freude und die Erfahrung, die aus dem erhabenen Stil erwächst, der sich in seiner geistigen Wundersamkeit findet, zu erklären und verständlich zu machen. Doch um den Weg dahin aufzuzeigen, wollen wir auf ein, zwei Aspekte (dieses Stils) hinweisen. Es ist dies wie folgt:


»Und unter Seinen Zeichen ist die Erschaffung der Himmel und der Erde und die Verschiedenheit eurer Sprachen und Hautfarben.« (Sure 30, 22) »Und die Himmel werden aufgerollt sein in Seiner rechten.« (Sure 39, 67) »Er erschafft euch im Schoße eurer Mütter, Schöpfung nach Schöpfung in dreifacher Finsternis.« (Sure 39, 6) »Er erschuf die Himmel und die Erde in sechs Tagen.« (Sure 7, 54) »Er dringt zwischen den Menschen und sein Herz.« (Sure 8, 24) »Vor Ihm ist auch nicht das kleinste Stäubchen verborgen.« (Sure 34, 3) »Er lässt die Nacht in den Tag übergehen; und Er lässt den Tag in die Nacht übergehen; und Er hat Kenntnis über das Innere der Herzen.« (Sure 57, 6)




Der Qur’an, dessen Verkündigung ein Wunder ist, beschreibt mit dergleichen Versen die Wahrheit von der Schöpfung in einem so wunderbar erhabenen Stil und mit einer so umfassenden Vielseitigkeit, damit wir eine Vorstellung davon bekommen können und zeigt uns: »Mit welchem Hammer auch immer der Gestalter dieser Welt und Baumeister des Universums bei Seiner Arbeit die Sonne und den Mond an ihren Plätzen befestigte: mit dem selben Hammer und im selben Augenblick (befestigt Er auch) die Atome an ihren Plätzen, zum Beispiel im Augapfel eines lebenden Wesens. Und mit welchem Maßstab, mit welchem unsichtbaren Instrument auch immer Er die Himmel ordnet und entfaltet, mit dem gleichen Maßstab und in der gleichen Reihenfolge öffnet Er unsere Augen, zieht den Schleier vor unseren Augen hinweg, Er erschafft sie, ordnet sie und weist ihnen ihren Platz an. Und mit welchem unsichtbaren Hammer Seiner Macht der ruhmreiche Meister (Sani-i dhu-l’Djelal) die Sterne am Firmament befestigt, mit der gleichen geistigen Kraft, mit dem gleichen unsichtbaren Hammer befestigt Er die zahllosen Unterscheidungsmerkmale im Gesicht des Menschen und seine inneren und äußeren Sinne an ihren Plätzen.« Das heißt, um bei Seiner Arbeit Seine Werke sowohl dem Auge als auch dem Ohr vorzuführen, schlägt Er mit dem Hammer einer Ayah des Qur’an auf ein Atom und schlägt mit dem Hammer eines anderen Wortes derselben Ayah auf die Sonne, in einem erhabenen Stil, als schlüge er mitten hinein ins Zentrum, um seine Einheit (Vahdaniyet) in Seiner Allgegenwart (Ahadiyet) und Seine grenzenlose Majestät (Djelal) in Seiner grenzenlosen Schönheit (Djemal) und Seine unendliche Gewalt (asamet) in Seiner unendlichen Verborgenheit, und Seine unendliche Allumfassendheit in Seiner unendlich genauen Aufmerksamkeit, Seine unendliche Majestät in Seiner grenzenlosen Barmherzigkeit (rahmet), Sein Unendlich-Entfernt-Sein in Seinem Unendlich-Nahe-Sein, drückt die äußerste Stufe der Vereinigung der Gegensätze in einer Form aus, die bei aller scheinbaren Unmöglichkeit doch den Grad einer Notwendigkeit (vacib) erreicht. So ist es denn diese Art Ausdruck und der Stil, der selbst noch die größten und bedeutendsten Dichter und Literaten dazu veranlasst, sich vor einer solchen Eloquenz niederzuwerfen (sedjde).
Und noch ein weiteres Beispiel:


»Und es gehört zu Seinen Zeichen, dass der Himmel und die Erde durch Seinen Befehl bestehen: dann, wenn Er euch aus der Erde herausruft, kommt ihr hervor.« (Sure 30, 25)




Durch diese Ayah zeigt Er uns die Majestät der Herrschaft Seines Königreichs in Seinem erhabenen Stil auf folgende Weise:
»Vom Himmel herab und aus der Erde herauf, erscheinen wie aus zwei Standorten oder Heerlagern, die zwei gehorsame und wohlgeordnete Hauptquartiere bilden, wie auf einen einzigen Befehl oder eine Fanfare hin mit vollendeter Schnelligkeit alle Lebewesen (maudjudat), die in diesen beiden Kasernen unter der Decke der Vergänglichkeit und des Nicht-Seins liegen, sagen gehorsam: »Hier sind wir!« und treten auf den Platz der Versammlung und der Prüfung.«
So ist es denn dieser so wunderbare, erhabene Stil, in dem Auferstehung und Wiederversammlung ausgedrückt werden und auf den in dem folgenden überzeugenden Beweis hingewiesen wird, der in der folgenden Bestätigung enthalten ist: Offensichtlich werden die Saatkörner, die wie tot im Dunkel der Erde verborgen sind, und die Wassertropfen, die sich in der Luft verteilt wie versteckt halten, als ob sie gar nicht da wären, mit vollendeter Schnelligkeit wohlgeordnet in jedem Frühling wieder versammelt und treten auf dem Platz der Erfahrung und Prüfung hervor. So nehmen die Saatkörner in der Erde und die Wassertropfen unter dem Himmel jederzeit eine Form an, die an die Wiederauferstehung erinnert. In gleicher Weise wird auch die Große Wiederversammlung ebenso leicht zu Stande kommen. Da ihr also dies seht, könnt ihr auch jene nicht bestreiten. Usw...
Mit diesen Ayat kann man den Grad der Beredsamkeit in anderen Ayat vergleichen. Könnte etwa nun eine wahre Übersetzung dieser Art Ayat möglich sein? Mit Sicherheit nicht! Höchstenfalls könnte es entweder eine kurz zusammengefasste, sinngemäße Übertragung sein, oder man müsste für jeden Satz einer Ayah eine Art Kommentar von fünf, sechs Zeilen schreiben.


Fünfter Punkt
Zum Beispiel: »Elhamdu li’llah« (Lobpreis und Dank sei Gott) ist ein Satz im Qur’an. Seine kürzeste Bedeutung ist, entsprechend den Regeln, die der arabische Satzbau- und seine Ausdruckslehre erfordern, folgender:







Das heißt: « Wie viel Lobpreis und Dank es auch immer geben möge, von wem auch immer er kommen möge, an wem auch immer er von Ewigkeit zu Ewigkeit gerichtet sein möge: Er ist dem zu Eigen und dessen würdig, der da notwendiger Weise sein muss (Vadjibu-l’Vudjud) und der ALLAH genannt wird.«
Das aber heißt:
»Wie viel Lobpreis und Dank es auch immer geben möge« ergibt sich in Konsequenz aus dem Artikel »al«.
»Von wem auch immer er kommen möge.« ist ein Zitat, verbunden mit dem Verbalsubstantiv »Dank« zu dem das aktive Partizip weggelassen wurde, wodurch in diesem Zusammenhang eine Allgemeinheit ausgedrückt wird.
Aber auch durch die Weglassung des passiven Partizips in dem Ausdruck: »An wen auch immer er gerichtet sein möge.« ist das Zitat, unter der wiederum eine Allgemeinheit und Allumfassendheit angesprochen wird.
»Von Ewigkeit zu Ewigkeit« ist das Zitat, mit dem durch die Regel von der Transponierung eines Verbalsatzes in einen Nominalsatz Fortdauer und Zeitlosigkeit dargestellt wird.
Das »li« wird »Harf car« genannt und benennt (als eine Präposition) in Verbindung mit dem Objekt »Allah« seinen Besitzer, also den, der gewürdigt ist.
»Das Wesen, das da notwendigerweise sein muss (Vadjibu-l’Vudjud)« ist ein Zitat, das die Notwendigkeit des Seins (Vucub-u vudjud) als zwangsläufige Notwendigkeit aus der Gottheit (Uluhiyet) ableitet, eine treffende Bezeichnung für den Majestätischen Herrn (Dhat-i dhu-l’Djelal) in Anbetracht dessen, dass das Wort »Allah« (neben Seiner Uluhiyet) auch alle anderen Namen und Eigenschaften umfasst und der Gewaltig Große Name (Ism-i A’dham) ist, so wie (der Name Allah) mit einem kategorischen Beweis (die Gottheit) beweist, so beweist Er gleichermaßen die Bezeichnung »der Notwendig Seiende« mit dem selben kategorischen Beweis.
Wenn dies also nun die kürzeste offensichtliche Bedeutung des Satzes »Lobpreis und Dank sei Gott« ist, auf die sich die arabischen Gelehrten geeinigt haben, wie könnte man sie dann mit den gleichen Zeichen der Kraft und des Wunders (die sich in ihm offenbart) in eine andere Sprache übertragen?
Des Weiteren gibt es neben der arabischen Sprache in der Welt der Sprachen nur eine einzige mit einer vergleichbaren Grammatik; und auch diese hat zu keiner Zeit den Umfang und die Ausdrucksfähigkeit der arabischen Sprache erreicht. Ja wäre es denn möglich, dass in dieser so einzigartigen und so vollkommenen Sprache dessen, der ihre wunderbare Gestalt mit all ihren grammatikalischen Regeln, die in dieser so umfassenden Sprache erscheinenden Worte des Qur’an (und alle Dinge) in all ihren Aspekten gleichermaßen kennt und (über sie auch entsprechend) mit Seinem Willen (irade) verfügt, in einer anderen Sprache (erscheinen), die nach einer völlig anderen Satzbau- und Ausdruckslehre (erstellt wird), durch einige Menschen, deren Bewusstsein begrenzt und deren Verständnis gestört ist und deren Herzen düster sind, wo dann andere den Platz dieser Heiligen Worte einnehmen? Ja, ich kann sogar sagen und vielleicht sogar beweisen, dass jeder einzelne Buchstabe des Qur’an einer ganzen Schatzkammer der Wahrheit gleichkommt. Ja, manchmal kann ein einziger Buchstabe über eine ganze Seite lang die Wahrheit unterrichten.

Sechster Punkt
Um auf diese Ansicht ein etwas deutlicheres Licht zu werfen, möchte ich von einem lichtvollen Erlebnis berichten, das mir selbst (hal) widerfahren und mir in einer Art Vision (hayal) deutlich (haqiqat) geworden ist; und zwar folgendermaßen:


»Dich allein beten wir an und von Dir allein erbitten wir Hilfe.« (Sure 1, 4)




Einmal habe ich über den Sinn des Buchstabens »nun« als dem Zeichen der ersten Person Plural (vor einem Verbum) nachgedacht und mein Herz gefragt, warum hier die erste Person Singularis in die erste Person Pluralis (wir beten) transponiert worden ist. Plötzlich wurde mir in diesem »nun« die Besonderheit der Gemeinschaft im Gebet und ihr Geheimnis enthüllt. Da sah ich: meine Teilnahme in der Gemeinschaft in der Beyazid-Moschee, in der ich betete, machte jeden Einzelnen zu meinem Fürsprecher, der in meinem Gebet (kiraat) jede meiner Erklärungen und Behauptungen bezeugte und bestätigte. Inmitten der großen, vielfachen Anbetung dieser Gemeinde bekam ich den Mut, meine mangelhafte Anbetung an der Schwelle Gottes darzubringen. Dann öffnete sich plötzlich noch ein anderer Vorhang. Das heißt, all die großen Moscheen Istanbuls vereinigten sich miteinander. Die ganze Stadt wurde der Beyazid-Moschee gleich. Und plötzlich war es mir, als würde ich ihre Anbetung und all ihre Bestätigungen gleichsam in mir empfangen. Danach sah ich mich selbst auf dieser unserer Erde, die insgesamt zur Moschee geworden war, im Kreise der Reihen rund um die Ehrenwerte Kaaba stehen.


»Lobpreis und Dank sei Gott, dem Herrn der Welten.« (Sure 1, 1)




sagte ich. ich habe so viele Fürsprecher. Sie sagen genau das gleiche, was auch ich im Gebet sage und bestätigen mich. Da aber nun einmal in meiner Vorstellung (hayal) dieser Vorhang sich geöffnet hatte, wurde auch die Ehrenwerte Kaaba zum Mihrab. Da nutzte ich diese Gelegenheit aus, rief diese Reihen zu Zeugen an, (kniete nieder zum) Tahayyat und vertraute das







als Sprachrohr meines Glaubens dem Schwarzen Stein an. Und während ich dies sagte, öffnete sich plötzlich vor mir noch eine weitere Szene: Da sah ich, dass die Gemeinschaft der ich angehöre, sich in drei Kreisen entfaltete:

Erster Kreis: Die riesige Gemeinschaft aller Gläubigen und derer, die sich auf dem ganzen Erdenrund zur Einheit Gottes (muvahhit) bekennen.

Zweiter Kreis: Ich blickte mich um (und erkannte, dass) ich ein Teil jener ganzen, großen Gemeinschaft alles Geschaffenen (maudjudat) bin, in der ein jeder Teil mit seinem eigenen Gebet (salavat) und Lobpreis (tesbihat) beschäftigt ist. Ihr Dienst besteht aus den Tätigkeiten, wie wir sie beobachten können und die als die »Aufgaben der Dinge« bezeichnet werden. Daraufhin sagte ich: »Gott ist groß!« und voll Bewunderung beugte ich mein Haupt und betrachtete mich selbst (nefs), und da sah ich in einem

Dritten Kreis einen erstaunlichen Mikrokosmos, der augenscheinlich und nach seiner Eigenschaft klein, in Wirklichkeit aber, seiner Zahl und seinen Aufgaben entsprechend groß ist. In ihm erkannte ich eine Gemeinschaft, worin eine jede Gruppe, von den Zellen meines Körpers angefangen bis zu seinen Sinnesorganen mit ihren Aufgaben des Dienstes, der Anbetung und der Danksagung beschäftigt ist. In diesem Kreis sprachen die Blumen des Herrn in meinem Herzen zu mir:




Das sagten sie zu mir im Auftrag dieser Gemeinschaft, genauso wie meine Zunge dies in den beiden vorigen Gemeinschaften gesagt hatte, in der Absicht, für diese beiden großen Gemeinschaften zu sprechen.

Zusammenfassung: Der (Buchstabe) nun in dem Wort »na’budu« verweist auf diese drei Gemeinschaften. Während ich also noch in diesem Zustand (hal) war, verkörperte sich plötzlich der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei, der Interpret und Verkünder des Weisen Qur’an, auf seinem geistigen, die »Leuchtende Stadt« (Medinatu-l’Munauver) genannten Mimber, in seiner spirituellen Gestalt und in all seiner Majestät und in meinem Inneren hörte ich wie jeder andere, seine Zusprache


»Oh ihr Menschen, betet euren Herrn an!« (Sure 2, 21)




und gleich mir antwortete jeder in diesen drei Gemeinschaften:


»Dich allein beten wir an.« (Sure 1, 4)




Und entsprechend dem Gesetz, nachdem


»Wenn etwas feststeht, so steht es fest auf Grund seiner Voraussetzungen.«




erkannte ich in mir (fikr) die folgende Wahrheit:
Da nun einmal der Herr aller Welten die Menschen zu seinem Ansprechpartner erwählt hatte und nun (durch ihn) mit allem Sein (maudjudat) spricht, verkündet nun Sein Ehrenwerter Gesandter, mit dem Friede und Segen sei, diese ehrenvolle Ansprache dem Menschengeschlecht, ja allem, was über Geist (ruh) und Bewusstsein verfügt. So werden denn nun die ganze Vergangenheit und auch die Zukunft der Gegenwart gleich. Seine Ansprache richtet sich an das ganze Menschengeschlecht als eine einzige (große) Versammlung, deren unterschiedliche Reihen auf diese Weise (doch zusammen) eine (einzige) Gemeinde bilden. Und dann sah ich, dass jede einzelne Ayah des Qur’an über eine erhabene Macht verfügt, eine sprachliche Eleganz und Schönheit, die sie aus der ganzen Größe und Weite ihres Status (maqam) empfangen hat, ihren außerordentlich zahlreichen, verschiedenen, bedeutenden Ansprechpartnern, durch ihren Sprecher von Ewigkeit her, dem einen von unendlicher Größe und Majestät, und von ihrem erhabenen Interpreten, der den Rang (maqam) des Geliebten Gottes einnimmt. Und ich sah jede einzelne Ayah in strahlendem, dem fürwahr strahlenden Licht seiner Wunderhaftigkeit. Und dann erscheint nicht nur der ganze Qur’an, oder eine Sure, oder eine Ayah, sondern jedes einzelne Wort als ein Wunder. »Lobpreis und Dank sei Gott für das Licht des Glaubens und für den Qur’an!«, sagte ich da und erwachte aus meiner inneren Schau (hayal), welche doch reine Wahrheit war, die gleiche wie die, in die ich mit dem »nun« des
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eingetreten war, und ich verstand, dass nicht nur die Ayat des Qur’an und seine Worte, sondern auch einige seiner Buchstaben wie das »nun« in
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ein leuchtender Schlüssel zu bedeutenden Wahrheiten waren.
Nachdem Intuition (qalb) und Imagination aus dem »nun« des »na’budu« herausgetreten waren, trat ihnen nun auch der Verstand entgegen und sagte: »Auch ich möchte meinen Anteil. Doch ich kann nicht fliegen, so wie ihr. Meine Füße sind dafür der Beweis, das Zeugnis. Genauso wie in
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und
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ist es notwendig, den Weg, der zum Schöpfer (Khaliq) führt, welcher Ma’bud (der Angebetete) und Muste’an (der um Hilfe Angeflehte) ist, aufzuzeigen, damit ich mit euch gehen kann.« Und dann geschah es, dass es in meinem Herzen aufkam: Sage zu diesem verwunderten Verstand:
Betrachte alles (maudjudat), was es da im Universum gibt: ob es lebend oder leblos ist: in vollkommenem Gehorsam und einer perfekten Ordnung hat alles seine Aufgabe und betet an, indem es seine Pflicht (vasife) erfüllt. Obwohl manche Dinge kein Bewusstsein und kein Gefühl haben, erfüllen sie doch ihre Aufgabe (vasife), wie gesteuert von einem, der über Bewusstsein verfügt, die Ordnung liebt und sie zu Dienst und Anbetung anleitet. Das aber heißt: es gibt einen in Wahrheit Angebeteten (Ma’budu bi-l’Haq) und Obersten Befehlshaber (Amir-i Mutlaq), der sie in Dienst (ibadet) nimmt und leitet.
Betrachte ferner alles (maudjudat), was da ist und besonders, was da lebt. Alle (lebenden Dinge) haben sehr viele und sehr verschiedene Bedürfnisse und besonders viele unterschiedliche Wünsche für ihren Fortbestand und die Erhaltung ihrer Existenz. Ihre Hände können auch nicht den kleinsten von ihnen erfüllen. Doch ihnen allen wird alles, dessen sie unentwegt bedürfen, regelmäßig und zu rechter Zeit aus einer unerwarteten Quelle in die Hände gelegt. Das kann man ganz klar erkennen...
So zeigt denn diese grenzenlose Bedürftigkeit und Not und die außerordentliche Hilfe aus dem Unsichtbaren und der Beistand des Erbarmers (Rahman) offensichtlich, dass sie einen Beschützer und Versorger haben, dessen Reichtum (Ghaniyy) vollkommen, dessen Freigiebigkeit (Keriem) vollkommen, dessen Macht (Qadier) vollkommen ist. Er ist es, von dem alle Dinge und alles, was da lebt, Hilfe erwartet und Beistand erfleht.


»Von Dir allein erbitten wir Hilfe.« (Sure 1, 4)




Sagen (alle Dinge, wenn auch) ohne Worte. Da sagte auch der Verstand: »Wir glauben und bestätigen es.«

Siebenter Punkt
Als ich sodann sagte:


»Führe uns den rechten Weg, den Weg derer, denen Du Gnade erwiesen hast.« (Sure 1, 5-6)




sah ich in der Karawane der Menschheit, die sich in Richtung auf die Vergangenheit hin ziehend bewegte, auch die leuchtende, glänzende Karawane der Propheten, der Getreuen, der Märtyrer, der Gottesfreunde und aller Aufrichtigen. Sie zerstreuen die Dunkelheit der Zukunft und reisen auf dem Weg in die Ewigkeit, auf der Großen Straße, die der Rechte Weg ist. Dieses Wort zeigt mir den Weg, der Karawane zu folgen, vielmehr verbindet es mich mit ihr... Da rief ich denn plötzlich aus: »Gepriesen sei Gott!« Ein jeder, der auch nur über ein Körnchen Bewusstsein verfügt, muss wissen, welch ein Verlust, ja was für eine Katastrophe es ist, dieser gewaltigen, lichtvollen Karawane zu folgen, welche die Finsternis der Zukunft erleuchtet und in vollkommener Sicherheit dahinzieht. Woher sollte aber einer, der sich von dieser gewaltigen Karawane trennt, indem er Neuerungen (bid’a) erfindet, denn noch ein Licht finden? welchen Weg sollte er einschlagen? Der (unsere Karawane) anführt (rehber), der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei, erließ den Ferman



»Jede Neuerung ist eine Irreführung und jede Irreführung ist im Feuer.«




Was für einen Vorteil finden denn einige Unglückselige, die man mit dem Ausdruck »Gelehrte des Bösen« bezeichnen könnte, angesichts dieses gesicherten Fermans? was für eine Fetva sprechen sie damit aus, dass sie unnötiger- und gefährlicherweise den unumstrittenen Kennzeichen des Islam widersprechen und es auch noch für möglich halten, sie zu verändern? Vielleicht war es so, dass ein vorübergehendes Erwachen, hervorgerufen durch die flüchtige Erscheinung einer Übersetzung (mana) diese »Gelehrten des Bösen« betrogen hat. Zum Beispiel: wenn man einem Tier oder einer Frucht die Haut abzieht, sieht das Fleisch zunächst noch frisch aus. Doch schon nach ganz kurzer Zeit wird das frische Fleisch und die schöne Frucht unter der fremd und wie rostig, hart, dunkel und nun nebensächlich gewordenen Haut bereits schwarz und verrottet. Genauso sind die Worte Gottes und Seines Propheten, (eingehüllt) in die Zeichen des Islam, wie eine lebendige Haut, eine verdienstbringende (sevab) Schale. Schält man sie ab, so liegt die Leuchtkraft der (darunter verborgenen) Bedeutung vorübergehend bloß und wird teilweise sichtbar. Doch gleich einer Frucht, die von ihrer Schale getrennt wurde, verflüchtigt sich der Geist ihrer gesegneten Bedeutung, lässt die menschliche Haut in der Finsternis ihres Herzens und ihres Kopfes zurück und geht... das Licht entflieht, während der Rauch (seiner Flamme) zurückbleibt. Wie dem auch sei...

Achter Punkt: (Zu diesem oben angeführten Punkt) ist es notwendig noch ein Prinzip der Wahrheit zu erklären. Damit verhält es sich folgendermaßen:
So wie es zwei verschiedene Arten von Recht gibt, das »Persönliche Recht« und eine Art von »Recht Gottes«, als welches das »Öffentliche Recht« bezeichnet wird. Desgleichen betrifft in den Angelegenheiten der Schari’a ein Teil der Angelegenheiten die Privatpersonen, ein anderer Teil betrifft die im allgemeinen Interesse liegenden Angelegenheit der Öffentlichkeit. Diese werden die »Kennzeichen des Islam« genannt. Da aber diese Kennzeichen die Allgemeinheit betreffen, haben alle daran ihren Anteil. In sie ohne das Einverständnis der Allgemeinheit einzugreifen, ist ein Angriff gegen die Rechte der Allgemeinheit. Das allerkleinste dieser Zeichen (eine Angelegenheit die Art einer Sunnah betreffend) hat hinsichtlich ihrer Bedeutung den selben Wert wie die allergrößte Angelegenheit. Weil aber diese Dinge unmittelbar die ganze islamische Welt betreffen, sollten diejenigen, welche die Lichterkette, die seit dem Glücklichen Zeitalter (des Propheten) bis heute alle bedeutenden Persönlichkeiten des Islam bindet, zu zerbrechen, zu zerstören, zu korrumpieren und alle, die ihnen dabei auch noch helfen, einmal darüber nachdenken, was für einen schrecklichen Fehler sie damit begehen. Und wenn sie auch nur ein Körnchen Bewusstsein dabei haben, mögen sie zittern!...

Neunter Punkt: Es gibt im islamischen Gesetz gewisse Angelegenheiten, welche die Anbetung (Taabudi) betreffen. Sie sind nicht an den Verstand gebunden und werden erledigt, weil sie befohlen wurden. Ihr eigentlicher Grund (ilet) ist der Befehl (emr).
Ein anderer Teil wird als ein solcher mit einer »verständlichen Bedeutung« (Makulu-l’Mana) bezeichnet. Das heißt, sie enthalten eine gewisse Weisheit und einen Nutzen, dessen Logik dazu führte, dass auch sie in die Schari’a mit aufgenommen wurden. Doch ist dies nicht die wahre Ursache oder der eigentliche Grund, denn der wahre Grund ist der Befehl oder das Verbot Gottes.
Jener Teil der Zeichen, der den Dienst und die Anbetung betrifft, kann durch Weisheit oder Nutzen nicht verändert werden. Der Aspekt des Dienstes und der Anbetung überwiegt hier und bleibt daher stets unberührt. Und täten sich auch hunderttausend mögliche Nutzanwendungen auf, so werden dennoch (die Zeichen) nicht geändert. In gleicher Weise kann man nicht sagen, dass der Sinn der »Zeichen« auf jene Art von Nutzen beschränkt bleibt, der uns bekannt ist. So etwas anzunehmen, ist falsch. Was vielmehr ihren Sinn und Zweck betrifft, so kann es einer der vielen Weisheiten und Nutzanwendungen sein. Wollte man z.B. sagen: »Die Weisheit des Rufes zum Gebet liegt darin, die Muslime zum Gebet einzuladen. Zu diesem Zweck genügt ein Schuss mit einem Gewehr.« Doch weiß dieser törichte Mensch nicht, dass dies nur einer der Vorzüge ist, die in dem Ruf zum Gebet (esan) enthalten sind. Auch wenn der Schuss aus einem Gewehr diesen Zweck erfüllt, wie könnte er denn an die Stelle des Rufes zum Gebet treten, der ein Mittel ist, um der Verkündigung der Einheit Gottes (Tauhid) und Seiner göttlichen Herrschaft willen, im Namen des Menschengeschlechtes oder doch wenigstens im Namen der Bewohner dieser Stadt den Dienst und die Anbetung vor Ihm zu verkünden, was doch das gewaltigste Ergebnis der Erschaffung des Weltalls und der Zweck der Erschaffung des Menschengeschlechtes ist?...

Kurzum: Die Hölle ist nicht unnötig. Es gibt viele Dinge, die mit aller Kraft ausrufen: »Es lebe die Hölle!« Das Paradies ist auch nicht billig. Es verlangt nach einem hohen Preis.


»Nicht gleich sind die Gefährten des Feuers und die Gefährten des Paradieses. Die Gefährten des Paradieses sind es, die glückselig sein werden.« (Sure 59, 20)




[h=1]Zweites Kapitel, zugleich zweite Abhandlung - Über den Heiligen Monat Ramadan[/h]
Nachdem am Ende des ersten Kapitels die Kennzeichen des Islam bereits kurz besprochen worden waren, soll nun im zweiten Kapitel ein Teil der Weisheiten des Heiligen Monats Ramadan behandelt werden, welcher das glänzendste und prächtigste aller Kennzeichen ist. Dieses Kapitel umfasst neun Abschnitte, in denen neun der sehr zahlreichen Weisheiten erklärt werden.


»Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Allbarmherzigen. Es war im Monat Ramadan, in dem der Qur´an herabgesasndt wurde, als Rechtleitung für die Menschen und als deutliche Zeichen für Rechtleitung und Unterscheidung.« (Sure 2, 185)




Erster Abschnitt:
Das Fasten im Monat Ramadan ist die erste der fünf Säulen des Islam. Es ist gleichzeitig eine der markantesten Äußerungen der islamischen Lebensart. Das Fasten im Monat Ramadan birgt viele Geheimnisse in sich, welche sowohl den Herrschaftsanspruch Gottes des Gerechten, als auch das soziale Leben des Menschen, als auch das persönliche Leben der Gläubigen, als auch eine Schule der Selbstdisziplin, als auch (eine Zeit der kraftvollen) Dankbezeigung für die von Allah erhaltenen Gaben.
Im Hinblick auf den Herrschaftsanspruch Gottes des Gerechten ist eine der vielen Weisheiten des Fastens die folgende:
Gott der Gerechte hat das Antlitz der Erde zu einer Tafel voller Gaben für die Menschen gemacht. Auf dieser Tafel bieten sich


»...von Orten, von denen er dies nicht erwartet hatte. (Sure 65, 3)«




alle erdenklichen Arten Seiner Gaben an. Auf diese Weise bringt Er die Vollkommenheit Seiner Herrschaft, Seines Erbarmens (Rahman) und Seiner Barmherzigkeit (Rahim) zum Ausdruck. Die Menschen, in Trägheit verfallen und von äußeren Ursachen und Wirkungen geblendet, übersehen entweder die Tatsache, die in dieser Wahrheit zum Ausdruck kommt, oder vergessen sie manchmal sogar. Im Monat Ramadan indessen gleichen die Gläubigen plötzlich einer gut organisierten Armee. Sie alle sind dann zum Gastmahl des ewigen Sultans geladen und warten bis zur beginnenden Abenddämmerung auf die Aufforderung: »Bitte, greift zu!« Indem sie so ihre Haltung als Diener in der Anbetung Gottes erweisen, erwidern sie auf diese Weise die liebevolle, majestätische, allumfassende Barmherzigkeit mit einem alles umfassenden, wohlgeordneten und erhabenen Dienst und Anbetung. Darf man wohl jene Menschen, die sich diesem erhabenen Dienst, der Anbetung und vor diesen ehrenvollen Gastfreundschaft (keramet) verschließen, ihres menschlichen Namens für würdig erachten?

Zweiter Abschnitt: In Anbetracht der Tatsache, dass das Fasten im segensreichen Monat Ramadan, der Dankbarkeit für die Gnadengaben Gottes des Gerechten dient, ist eine Weisheit unter vielen Weisheiten die folgende: Wie bereits im Ersten Wort erwähnt wurde, erfordern die Speisen, die der Kellner aus der kaiserlichen Küche bringt, ihren Preis. So wie es im höchsten Grade eine Torheit wäre, hat man dem Kellner bereits ein Trinkgeld gegeben, nun zu glauben, dass diese so kostbaren Gnadengaben wertlos seien und den, der sie uns gespendet hat, nicht zu kennen. So hat auch Gott der Gerechte für das Menschengeschlecht zahllose verschiedene Gaben über die Erde ausgebreitet und erwartet von uns nun als Preis für Seine Gnadengaben unseren Dank. Die äußerlichen Ursachen, Dinge und Umstände dienen dabei, wie der Kellner, nur als Träger. Diesen Kellnern zahlen wir einen Preis, ja wir sind ihnen zu Dank verpflichtet. Unser Dank und Respekt geht zuweilen noch weit über das erforderliche Maß hinaus, während doch der Wahre Geber (Mun´im) aller Gaben in unendlichem Grade mehr als alle Ursachen würdig ist, unseren Dank entgegen zu nehmen. Ihm zu danken bedeutet also, zu wissen, dass jene Gaben unmittelbar von Ihm kommen, ihren Wert zu schätzen wissen und dabei seine eigene Bedürftigkeit wahr zu nehmen.
So ist denn das Fasten im Heiligen Monat Ramadan der Schlüssel zu wahrer, reiner, tiefer und allumfassender Dankbarkeit. Denn zu anderen Zeiten, wenn die meisten Menschen sich nicht gerade in einer Zwangslage befinden, sind sie auch kaum in der Lage, den Wert der vielen Gnadengaben zu erkennen, weil sie echten Hunger gar nicht verspüren. Für einen Menschen der satt ist und ganz besonders, wenn er reich ist, ist der Grad der Gnade völlig unverständlich, der sich schon allein in einem trockenen Stück Brot verbirgt. Zur Stunde des Fastenbrechens (iftar) aber bezeugt uns der Geschmackssinn, welch wertvolle Gabe Gottes jenes trockene Stück Brot in den Augen eines Gläubigen ist. Während des Heiligen (Monats) Ramadan gelingt es einem jeden, vom König bis zum Ärmsten durch sein Verständnis des Wertes solcher Gnadengaben innere Dankbarkeit zu gewinnen.
Wenn er sodann, weil ja tagsüber das Essen verboten ist, sagt: »Diese Gaben sind nicht mein Eigentum. Ich bin nicht so frei, sie zu mir zu nehmen. Das heißt, sie sind Eigentum eines anderen und Sein Geschenk. Ich warte auf Seinen Befehl.« erkennt er das Geschenk als ein Geschenk und bringt so seine innere Dankbarkeit zum Ausdruck. Auf diese Weise wird das Fasten zu einem Schlüssel der Dankbarkeit, die in vielerlei Hinsicht die eigentliche Aufgabe des Menschen ist.

Der dritte Abschnitt: Was das Fasten hinsichtlich des Gemeinschaftslebens für den Menschen betrifft, so ist eine Weisheit unter vielen Weisheiten, folgende: Die Menschen sind, was ihren Lebensunterhalt betrifft, verschieden. Gott der Gerechte fordert in Anbetracht dieser Verschiedenheit die Reichen auf, den Armen zu helfen. Doch die Reichen können nur durch ihren Hunger während des (eigenen) Fastens den bedauernswerten, bitteren Zustand der Armen erspüren. Gäbe es kein Fasten, so gäbe es (statt dessen) viele selbstsüchtige Reiche, die nicht begreifen (idrak) können, wie weh Hunger und Armut tun können und wie vieler Liebe (shefqat) diejenigen bedürfen, (die darunter leiden).
In dieser Hinsicht bildet die Liebe zum Mitmenschen, so wie sie sich im menschlichen Wesen findet, die Grundlage wahrer Dankbarkeit. Wie auch immer ein Mensch sein mag, er wird immer einen anderen finden können, der in gewisser Hinsicht noch ärmer ist als er. Ihm gegenüber ist es seine Pflicht, ihm Mitleid (shefqat) zu erweisen.
Wenn er selbst noch nie dazu gezwungen war, Hunger zu leiden, kann er auch die Güte und Hilfe nicht aufbringen, zu der er allein schon aus Mitleid (shefqat) verpflichtet ist. Und wenn er es auch könnte, so wäre (seine Hilfe dennoch) unvollkommen, da er ja diesen Zustand (hal) nicht wirklich in seiner eigenen Seele (nefs) verspürt hat...

Vierter Abschnitt: Betrachten wir einmal das Fasten vom Standpunkt der Diätetik der Seele, so ist auch hier eine Weisheit unter vielen Weisheiten folgende: die Seele (nefs) möchte frei und unabhängig sein und versteht sich selbst auch so. Ja sie sehnt sich sogar nach einer, (wenn auch nur) erträumten Herrschaft und hält es geradezu für selbstverständlich, nach eigenem Gutdünken zu handeln. Sie denkt nicht ohne weiteres daran, sich in der grenzenlosen Gnade (Gottes) erziehen und durch Seine Gaben versorgen zu lassen. Hat sie überdies Macht und Reichtum (zusammengerafft) und ihre Gottvergessenheit ihr auch noch dazu verholfen, so reißt sie die Gnadengaben Gottes an sich, stiehlt sie wie ein Dieb und verschlingt sie wie ein Tier.
Nun begreift aber im Heiligen (Monat) Ramadan ein jeder in seiner Seele, vom reichsten bis zum ärmsten, dass er nicht der Eigentümer ist, sondern selbst das Eigentum, dass er also nicht frei ist, sondern (Gottes) Diener und Anbeter. Erhält er keinen Befehl, so kann er noch nicht einmal die einfachsten und leichtesten Dinge tun. Wenn er noch nicht einmal seine Hand nach dem Wasser ausstrecken kann, bricht seine eingebildete Selbstherrlichkeit zusammen. Nun beginnt er in Dienst und Anbetung jene Dankbarkeit darzubringen, die seine ureigenste Aufgabe ist.

Fünfter Abschnitt: Hinsichtlich des Fastens im Heiligen (Monat) Ramadan ist, was die ethische Vervollkommnung der Seele und die Aufgabe ihrer Widersetzlichkeiten betrifft, eine von vielen Weisheiten folgende: Die menschliche Seele vergisst sich selbst in ihrer Gottvergessenheit (und weiß dann nicht mehr, wer sie ist). Sie verkennt leicht die unendliche Ohnmacht, die unsagbare Armut und die hochgradige Fehlerhaftigkeit ihres Wesens und will sie auch gar nicht sehen. Zudem denkt der Mensch ungern daran, wie schwach er ist, wie sehr er dem Verfall ausgesetzt ist, wie oft er vom Unglück verfolgt ist und dass er nur Fleisch ist über einem Skelett, das zerfällt und vermodert. Als hätte er einen Körper aus Stahl und wäre unsterblich, klammert er sich an diese Welt und stellt sich vor, er wäre ewig. Mit einer Gier und Habsucht, mit ungezügelter Liebe (muhabbet) und Leidenschaft stürzt er sich in die Welt. Er ist gefesselt von allen Dingen, die ihm Vorteile bringen und Genuss bereiten. Dabei vergisst er seinen Schöpfer, der ihn mit vollkommener Liebe (shefqat) versorgt. Auch das Fazit seines (diesseitigen) Lebens und das jenseitige Leben liegen nicht in seinem Blickfeld und er wälzt sich im Morast seiner Unmoral.
So lässt denn das Fasten im Heiligen (Monat) Ramadan alle, selbst die in tiefster Gottvergessenheit und die Starrköpfigsten ihre Schwäche, Ohnmacht und Armseligkeit erkennen. Der Hunger treibt sie, an ihren Magen zu denken und seine Bedürfnisse wahrzunehmen. Sie beginnen zu begreifen, in welch hohem Maße ihr Körper schwach und anfällig ist. Es wird ihnen klar, wie sehr sie des Mitleids und der Güte (shefqat) bedürfen. So beginnt (der Mensch) die pharaonengleiche Selbstherrlichkeit loszulassen und verspürt den Wunsch in Anbetracht der vollkommenen Ohnmacht und Armseligkeit an der Schwelle Gottes Zuflucht zu suchen und bereitet sich vor, mit dankbarem Herzen an der Pforte der Barmherzigkeit (rahmah) anzuklopfen, soweit nicht sein Herz in seiner Gottvergessenheit schon verdorben ist.

Sechster Abschnitt: Eine von vielen Weisheiten des Fastens im Heiligen (Monat) Ramadan ist in Anbetracht der Herabsendung des Weisen Qur'an, und weil der Heilige (Monat) Ramadan hinsichtlich der Herabsendung des Weisen Qur'an die wichtigste Zeit ist, die folgende: Da der Weise Qur'an nun einmal im Heiligen (Monat) Ramadan herabgesandt wurde, sollte man, um sich die Zeit, in der der Qur'an geoffenbart wurde, zu vergegenwärtigen, wodurch dieses göttliche Buch auf das schönste willkommen geheißen wird, im Heiligen (Monat) Ramadan seine Seele (nefs) von den niederen Begierden zurück halten, vor unsinnigen Zuständen (halat) bewahren, und so unter ähnlichen Umständen (vaziyet) verkehren, wie die Engel, die weder Speise noch Trank bedürfen, sollte den Qur'an lesen und hören, so als wäre er neu herabgesandt worden, und in ihm die Ansprache Gottes hören, so wie sie der Ehrenwerte Gesandte, mit dem Friede und Segen sei, von dem Ehrenwerten Engel Gabriel, oder vielmehr dem Urewigen Sprecher gehört hat und so einen heiligen Zustand (hal) verwirklichen. Er sollte sich selbst zu seinem Sprecher machen, damit andere ihn hören können und so andere in gewissen Grade die Weisheit erkennen lassen, die in der Herabsendung des Qur'an liegt.
Es ist in der Tat so, als verwandele sich die islamische Welt im Heiligen (Monat) Ramadan gewissermaßen in eine Moschee (mesdjid). Sie wird zu einem Gebetshaus, in dem Millionen Rezitatoren (Hafis), in allen Ecken dieser gewaltigen Moschee den Qur'an, diese göttliche Ansprache, den Erdenbewohnern zu Gehör bringen. In jedem Ramadan wird in glänzender, strahleder Weise die Ayah dargestellt:


»Der Monat Ramadan, in dem der Qur´an herabgesandt wurde.« (Sure 2, 185)




Der Ramadan beweist, dass er der Monat des Qur'an ist. Einige Mitglieder dieser gewaltigen Gemeinschaft lauschen den Vorträgen eines Hafis mit Hingabe, andere lesen still, jeder für sich. Sich unter den gegebenen Umständen (vasiyet) wie denen in einer Moschee, den niederen Trieben seiner Seele (nefs) hingeben und so durch Essen oder Trinken diese lichterfüllte Situation zu verlassen, ist dermaßen verabscheuungswürdig, dass es unter der Gemeinschaft in der Moschee verständlicherweise eine innerliche Verachtung hervorruft und (Leute, die so etwas tun) deshalb zu deren Zielscheibe werden. Genau so machen sich im Heiligen (Monat) Ramadan diejenigen, die den Leuten, die fasten, zuwiderhandeln im gleichen Grade auch zur Zielscheibe des innerlichen Abscheus und der Verachtung der ganzen islamischen Welt.

Siebenter Abschnitt: Eine Weisheit unter vielen Weisheiten des Ramadanfastens hinsichtlich des Verdienstes für das Menschengeschlecht, das in diese Welt kommt, um für das Jenseits zu ackern und zu handeln, ist folgende:
Im Heiligen (Monat) Ramadan werden gute Taten von Gott tausendfach vergolten. Nach einem Hadith bringt jeder Buchstabe im Weisen Qur'an zehn Pluspunkte (Sevab) und zehn Früchte des Paradieses bei Gott ein und wird für zehn gute Werke (hasanah) gezählt. Im Heiligen (Monat) Ramadan sind es nicht zehn sondern tausend. Der Gotteslohn für die gelesenen Qur'antellen, wie für Ayatu-l´Kursi (2, 255) ist Tausend für jeden Buchstaben und an den Freitagen im Heiligen (Monat) Ramadan ist es sogar noch mehr. Und in der Nacht der Offenbarung (des Qur'an) ist er selbst dreißigtausendfach. In der Tat gleicht jeder Buchstabe einem ganzen Qur'an, der dreißigtausend Früchte hervorbringt, wie der leuchtende Baum der Glückseligkeit (schecere-i tuba). Auf diese Weise können die Gläubigen im Monat Ramadan Millionen von Früchten ernten.
Nun komm und siehe diesen heiligen, ewigen, verdienstvollen Handel! Bedenke, welch großem Schaden jene sich aussetzen, die den Wert dieser (arabischen!) Buchstaben nicht begreifen.
Der Heilige (Monat) Ramadan gleicht also einer außerordentlich ertragreichen Handels- und Messeveranstaltung für das jenseitige Leben. Er gleicht einem außerordentlich fruchtbaren Stück Land für die Ernte im Jenseits und einem Frühlingsregen für das Wachstum und Gedeihen all unserer Handlungen. Er gleicht einer glänzenden heiligen Festveranstaltung des Königs mit einem Vorbeizug der Menschheit in Seinem Dienst, in Seiner Anbetung, veranstaltet zu Ehren ihres göttlichen Herrschers. Und da dies nun einmal so ist, wurde die Seele in ihrer Gottvergessenheit dazu verpflichtet, nicht ihren tierischen Bedürfnissen, wie Essen und Trinken, oder irgendwelchen anderen sinnlosen, egoistischen Interessen und Begierden zu verfallen, sondern statt dessen besser zu fasten. Es ist, als ob sie vorübergehend ihrer tierischen Verhaftung entschlüpfe, den Status (vasiyet) eines Engels einnähme, bzw. einen Handel mit der jenseitigen (Welt) einginge, die irdischen Bedürfnisse vorübergehend hinter sich ließe, oder aber die Gestalt eines Menschen annähme, der für das Jenseits (lebt) und den Status eines Geistes (ruh) auf sich nähme, der in einem Körper sichtbar geworden ist. Durch ihr Fasten wird sie zu einer Art Spiegel der Unwandelbarkeit (samedaniyet Gottes). Der Heilige (Monat) Ramadan trägt fürwahr schon in dieser vergänglichen Welt, während dieser kurzen, vorübergehenden Lebensspanne, in diesem kurzen irdischen Leben, eine Spanne ewigen, unvergänglichen Lebens in sich, das es zu gewinnen gilt.
Ein einziger Ramadan kann uns in der Tat die Früchte eines achtzigjährigen Lebens gewinnen lassen. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Qur'an ist die Nacht der Bestimmung (Laylatu-l´Qadr) besser als tausend Monate, was ein sicherer Beweis für dieses Geheimnis ist. So wie also ein König im Verlauf seiner Regierungszeit jährlich oder gelegentlich, z. B. anlässlich Seiner Thronbesteigung Festtage ausrufen und eine glanzvolle Feier veranstalten kann, Seinen Untertanen an einem solchen Tag außerhalb der allgemein gültigen Gesetze (eine allgemeine Amnestie verkünden), ihnen Seine Huld erweisen; Er zeigt sich höchstderoselbst in der Öffentlichkeit, gewährt Privataudienzen und ehrt die treuen und verdienten Bürger seines Reiches durch Sein persönliches Wohlwollen und sein königliches Interesse. Genauso hat auch der König, der in Seiner Majestät und Herrlichkeit über die achtzehntausend Welten herrscht von Ewigkeit zu Ewigkeit in diesem Heiligen (Monat) Ramadan den hochehrwürdigen Qur'an als einen königlichen Erlass für diese achtzehntausend Welten herabgesandt. Darum ist es mit Sicherheit ein Erfordernis Seiner Weisheit, diesen Monat mit Recht, ein besonderes Fest Gottes, eine Messe des Herrn und eine Versammlung und Vereinigung der Seelen (zu Gottes Gedenken) zu nennen. Da nun einmal der Ramadan ein solches Fest (ein solches feierliches Gedenken Gottes) ist, wurde mit Sicherheit auch ein Fasten befohlen, um die Menschen in gewissem Grade von ihren niederen, tierischen Bedürfnissen zurückzuhalten.
Das vollkommenste Fasten heißt, nicht nur dem Magen, sondern mit ihm zugleich auch allen Organen des Menschen, wie den Augen, den Ohren, der Zunge, aber auch dem Herzen, der Phantasie und den Gedanken ein Fasten aufzuerlegen, also mit anderen Worten: all den verbotenen, aber auch allen nichtigen Dingen aus dem Wege zu gehen und jedes Organ auf seine Art Dienst und Anbetung hin zu orientieren, seine Zunge vor der Lüge, vor übler Nachrede, vor groben und hässlichen Worten zu bewahren und in dieser Form ein Fasten zu halten und die Zunge statt dessen darin zu üben, den Qur'an zu lesen, die Heiligen Namen Gottes immer wieder zu rezitieren, Ihn zu loben, zu rühmen und zu preisen, Segenswünsche (für den Propheten) auszusprechen und Allah um Verzeihung anzurufen; die Augen vor unerlaubten Dingen zu bewahren und sie statt dessen auf lehrreiche Dinge zu lenken; das Ohr vom Hören schlechter Dinge abzuwenden und es auf schöne und wahrhaftige Reden zu richten, den Qur'an anzuhören - dies alles ist (in dem ganz allgemeinen Begriff) »Fasten« mit eingeschlossen.
Weil aber nun der Bauch die größte Industrieanlage in unserem Körper darstellt, ist es um so leichter, alle die anderen kleinen Werkstätten zur Nachfolge anzuregen, hat man erst einmal diese große Anlage stillgelegt (und ihre Arbeiter in Urlaub geschickt).

Achter Abschnitt: Eine Weisheit unter vielen Weisheiten des Heiligen (Monats) Ramadan hinsichtlich des individuellen menschlichen Lebens ist folgende: Eines der wirksamsten Heilmittel in der Gestaltung eines gesunden Lebens ist es, eine Diät einzuhalten für Leib und Seele. Medizinisch wie diätetisch gesehen schädigt ein Mensch, der seiner Seele bei der Einnahme von Speisen freien Lauf lässt, seinen Körper, weil er der Maßlosigkeit nicht mehr Herr werden kann und das Erlaubte von dem Verbotenen nicht zu unterscheiden vermag. Einem solchen Menschen fällt es mit der Zeit schwer, sich nach den feinen Empfindungen des Herzens zu richten und dem Geist (ruh) zu folgen. Nun nehmen die Vagabunden in ihm selbst die Zügel in die Hand und der Mensch kann (seine Begierde) nicht mehr bezwingen. Jetzt reitet sie ihn vielmehr.
Im Ramadan gewöhnt sich (der Gläubige) mit Hilfe des Fastens an seine Art von Diät. Er unterwirft sich der Askese und lernt, Befehle zu befolgen. Er beugt den Krankheiten vor, indem er seinen armen, schwachen Magen keinen Überlastungen aussetzt und ihn schon wieder füllt, noch bevor er überhaupt leer geworden ist. Dadurch, dass er lernt, sich einem Befehl zu unterwerfen, auf Erlaubtes zu verzichten und von Verbotenem Abstand zu nehmen, befähigt er sich, Befehle, die aus der Vernunft und dem Gesetz erwachsen, leichter zu befolgen. Er bemüht sich somit, sein spirituelles Leben nicht zugrunde zu richten.
Des Weiteren wird der überwiegende Teil der Menschheit sehr häufig von Hunger geplagt. Darum braucht (der Mensch) Hunger und Askese, um Geduld und Ausdauer zu lernen und zu üben. Im Heiligen (Monat) Ramadan ist ein Fasten, wo der Hunger fünfzehn Stunden oder selbst vierundzwanzig Stunden fortdauert, falls man auf das Frühstück (sahur) verzichtet, eine ausgezeichnete Schule der Geduld und der Askese. Mit anderen Worten: das Fasten ist das Heilmittel gegen die Ungeduld und den Mangel an Ausdauer, welche das Übel des Menschen verdoppeln.
Des Weiteren gibt es in der Fabrik des Bauches auch sehr viele Arbeiter. Ferner gibt es im Bauch des Menschen auch noch sehr viele Organe, die unter einander verbunden sind. Wenn nun die Seele nicht im Verlauf eines Monats tagsüber Urlaub von ihrer Arbeit erhält, vergessen auch die Arbeiter in jener Fabrik und alle ihre Organe ihren besonderen Dienst und die Anbetung. Sie sind weiterhin ständig beschäftigt und bleiben so der Zwangsherrschaft (der Seele) verhaftet. Auch die übrigen menschlichen Organe werden durch das Getöse der unsichtbaren Zahnräder und die Dunstschwaden in der Fabrik ganz verwirrt. So sind sie ständig mit sich selbst beschäftigt und vergessen vorübergehend ihre erhabenen Aufgaben (vasife). So kommt es denn, dass sich schon von alters her die Freunde Gottes zu ihrer Vervollkommnung einer Askese mit stets nur wenig Essen und Trinken zu unterziehen pflegten.
Im Zuge des Fastens im Heiligen (Monat) Ramadan beginnen jene Fabrikarbeiter zu begreifen, dass sie nicht allein für die »Fabrik« erschaffen worden sind. Auch die übrigen Organe genießen im Heiligen (Monat) Ramadan statt der niederen Freuden jener Fabrik die Freuden der Engel und Geister. Und ihre Blicke sind unverwandt darauf gerichtet. Dadurch lässt es sich erklären, dass im Heiligen (Monat) Ramadan die Gläubigen vielfach verschiedene (Stufen) der Erleuchtung, der Fülle und geistigen Freude erfahren, und zwar entsprechend dem jeweiligen Grad ihrer geistigen Entwicklung. Alle innerlichen und äußerlichen Sinne und Kräfte des Menschen, Herz, Verstand und Gemüt, die geheimnisvollen, feinen inneren Kräfte des Geistes werden in diesem gesegneten Monat durch das Fasten entfaltet und gesegnet. Während der vor Hunger leere Magen weint, füllt sich die Seele mit unschuldiger innerer Freude.

Neunter Abschnitt: Unter den Weisheiten des Fastens im Heiligen (Monat) Ramadan hinsichtlich der unmittelbaren Zerstörung der eingebildeten Selbstherrlichkeit der Seele und der Bekanntgabe ihres Dienstes und ihrer Anbetung durch einen Hinweis auf ihre Schwäche ist eine Weisheit die folgende:
Die Seele ist von sich aus nicht geneigt, ihren Herrn zu erkennen. Wie Pharao will sie ihre eigene Herrschaft aufrichten. Wievielen Qualen sie auch immer ausgesetzt würde, dieser Charakterzug bliebe dennoch in ihr erhalten. Durch den Hunger wird jedoch diese ihre Grundneigung gebrochen. So wird denn im Heiligen (Monat) Ramadan ein direkter Schlag gegen die Frontlinie der Seele und ihr pharaonengleiches Verhalten geführt. Ihre Schwäche, Ohnmacht und Armseligkeit werden aufgedeckt. So erfährt sie, dass sie ein Diener und Anbeter ihres Herrn ist.
In den Ahadith begegnen wir folgender Überlieferung: Gott befragte die Seele (nefs): »Was bin ich? was bist du?« Die Seele sagte: »Ich bin ich! Du bist Du!« Gott unterzog sie darauf einer Strafe. Sie wurde in die Hölle geworfen. Dann stellte Er wieder dieselbe Frage. Sie erwiderte auch diesmal: »Ich bin ich! Du bist Du!« Welcher Strafe Er sie auch unterzog, sie ließ von ihrem Trotz nicht ab. Da verhängte Er über sie die Strafe des Hungers. Mit anderen Worten: Er ließ sie hungern. Dann befragte Er sie von neuem: »men ene wa ma ente?« (Wer bin ich und was bist du?) Nun sagte die Seele:


Das heißt: »Du bist mein barmherziger Herr. Ich hingegen bin Dein schwacher Diener.«




»Oh Gott gib Friede unseren Herrn Mohammed und segne ihn mit Segen, wie es auch Deinem Wohlgefallen entspricht. Verleihe ihm die Erfüllung in Deiner Wahrheit nach der Anzahl der Verdienste der im Monat Ramadan gelesenen Worte im Qur´an. Schenke ihm Frieden, seiner Familie und seinen Gefährten. Lob sei Deinem Herrn, dem Herrn der Macht. Erhaben ist Er über das, was sie da sagen. Und Friede sei über die Gesandten und Preis und Dank sei Gott, dem Herrn der Welten! Amen!« (Sure 37, 180-182)




Entschuldigung: Da dieses zweite Kapitel in vierzig Minuten, also sehr schnell geschrieben worden ist, während ich und mein Schreiber, dem ich diktierte, beide krank waren. So finden sich darin mit Sicherheit Fehler und Ungereimtheiten. Wir erwarten daher von unseren Brüdern, dass sie (dieses Kapitel) mit Nachsicht betrachten mögen. Wo sie das für nötig halten, mögen sie es aber korrigieren!


[h=1]Drittes Kapitel, zugleich dritte Abhandlung - Symmetrische Übereinstimmung im Qur’anIch habe dieses Kapitel geschrieben, um meinen Mitbrüdern einen wichtigen Plan zur Begutachtung vorzulegen. Diese Absicht betrifft die Niederschrift eines Qur’anexemplars in der Art, dass sie in der Beibehaltung eines Maßstabs eine der zweihundert Arten einer Darstellung der Wunderhaftigkeit des Qur’an zur Anschauung bringt, wobei die Seiten in der Weise niedergeschrieben werden, dass sie in Übereinstimmung mit der Schreibweise von Hafis Osman sind, wobei der Mudayana-Vers als Maßstab für die Seite Verwendung findet, und die Suratu-l’Ichlas als Maßstab für eine Standard-Zeile. Diesen dritten Abschnitt habe ich geschrieben, um mich mit euch über diese Angelegenheit zu beraten, eure Meinung einzuholen und mich auch selbst dabei zu kontrollieren.[/h]
Der hochehrwürdige Qur’an ist ein Wunder, und das auf verschiedene Arten und bis zu vierzig Weisen. Dies wurde im Fünfundzwanzigsten Wort, genannt die Wunderhaftigkeit des Qur’an, anhand von Zeugnissen bewiesen. Einige von ihnen wurden ausführlich, andere nur in aller Kürze dargestellt, sodass es selbst noch die Engstirnigen erkennen können.
Des Weiteren wurde im Achtzehnten Hinweis des Neunzehnten Briefes erklärt, dass die Wunderhaftigkeit des Qur’an vierzig verschiedenen Klassen unter den menschlichen Schichten ihr jeweils für sie geeignetes Wunder zeigt und dabei der spezielle Anteil an Wunderhaftigkeit für zehn von diesen (vierzig) Schichten bewiesen. Die übrigen dreißig Klassen sind die Gottesfreunde und ihre Schüler nach den verschiedenen Richtungen (meschreb), sowie die Schüler der verschiedenen Wissenszweige. Ihr auf Forschung beruhender Glaube hat mit wissenschaftlicher, augenscheinlicher und wahrhaftiger Gewissheit (yaqien) gezeigt, dass der Qur’an das wahre Wort Gottes (kelamu’llah) ist und für eine jede Richtung ein besonderes Wunder darstellt. Mit anderen Worten: eine jede (dieser Schichten) muss also auf eine jeweils andere Weise einen anderen Aspekt seiner Wunderhaftigkeit erkannt haben. So ist denn in der Tat die Wunderhaftigkeit, so wie sie ein Heiliger erlebt, der Gott auf dem Wege der Erkenntnis sucht und die Schönheit der Wunderhaftigkeit, so wie sie ein Gottesfreund als Sein Geliebter (aschk) erlebt, nicht dasselbe. Genauso ändert sich auch den verschiedenen Richtungen entsprechend die Erscheinung der Schönheit (Djemal) der Wunderhaftigkeit. Der Aspekt der Wunderhaftigkeit, wie sie ein Gelehrter mit profunder Kenntnis des Glaubens und ein Imam erfährt, ist nicht derselbe, wie der Aspekt der Wunderhaftigkeit, wie sie ein Rechtsgelehrter und Kenner aller Einzelheiten des islamischen Rechts erfährt, usw... Ich bin nicht im Stande, alle diese verschiedenen Aspekte einer derartigen Wunderhaftigkeit ausführlich darzustellen. Mein Verständnisvermögen kann sie nicht alle umfassen, denn mein Blick ist dafür zu kurz. Aus diesem Grunde wurden nur zehn Klassen erklärt und die übrigen nur kurz angedeutet. Was aber nun die beiden Schichten dieser (dreißig) Schichten betrifft, so sind sie in der Abhandlung »Die Wunder Mohammeds« nur sehr kurz behandelt worden, obwohl sie doch einer längeren Erklärung bedurft hätten.

Erste Schicht: Das einfache, ungebildete Volk, das wir die Schicht »mit den Ohren« nennen, hört den Qur’an und erkennt dessen Wunderhaftigkeit mit Hilfe seiner Ohren, denn es sagt: »Dieser Qur’an, den ich höre, gleicht keinen anderen Büchern. Er muss entweder allen andern überlegen oder aber unterlegen sein. Er sei unterlegen, kann niemand behaupten und hat auch noch nie einer behauptet. Noch nicht einmal der Teufel kann so etwas behaupten. So muss er denn allen anderen überlegen sein.« In der Weise kurz zusammengefasst wurde das bereits im Achtzehnten Hinweis beschrieben. Um es näher zu beleuchten, schildert und beweist das Erste Kapitel des Sechsundzwanzigsten Briefes »Zeugnis des Qur’an gegen den Teufel und seinen Anhang«, die Art des Verständnisses der Wunderhaftigkeit dieser (ersten) Schicht.

Zweite Schicht: die Schicht derer »mit den Augen«, das heißt, für das einfache, ungebildete Volk oder die Materialisten, denen der Verstand in die Augen gerutscht ist, gibt es einen Aspekt der Wunderhaftigkeit des Qur’an, den man schon mit bloßem Auge erkennen kann, wie bereits im Achtzehnten Hinweis des Neunzehnten Briefes dargelegt worden ist. Um diese Behauptung richtig zu beleuchten und sie zu beweisen, war eine ziemlich ausführliche Erklärung notwendig. Diese Erklärung wurde auf Grund einer tiefen Weisheit des Herrn, die wir jetzt verstehen können, nicht gegeben. Nur auf ein paar unbedeutende Einzelheiten wurden bereits hingewiesen. Jetzt ist diese tiefe Weisheit verständlich geworden und wir sind jetzt sicher, dass diese frühere Verschiebung besser war. Um das Verständnis und die Wahrnehmung dieses einen unter vierzig Aspekten der Wunderhaftigkeit (des Qur’an), den man mit den Augen wahrnehmen kann, für diese Schicht zu erleichtern, haben wir einen Qur’an schreiben lassen, der (diesen Aspekt) für das Auge sichtbar macht.


[h=1]Viertes Kapitel, zugleich vierte Abhandlung - Symmetrische Übereinstimmung im Qur’anAnmerkung: Da die übrigen Abschnitte dieses dritten Kapitels und das vierte Kapitel von der symmetrischen Übereinstimmung im Qur’an handelt, begnügen wir uns hier mit einer kurzen Zusammenfassung. Hier wurde nur eine Anmerkung und der dritte Punkt zum vierten Kapitel angeführt.[/h]
Anmerkung: In den Erklärungen zu dem bedeutenden Punkt, der das Wort »Rasul (Prophet, Botschafter, Gesandter)« betrifft, wurden einhundertsechzig Ayat zusammengestellt. Da (die Zusammenstellung) dieser Ayat, die eine ganz besondere Bedeutung haben, sich mit Hinsicht auf ihre Bedeutung gegenseitig beweisen und vervollständigen, auch noch einen besonderen Sinn haben, sind sie zudem auch ein Auszug aus dem Qur’an für diejenigen, die verschiedene Ayat lesen oder auswendig lernen wollen. Auch der Grad der Beredsamkeit der neunundsechzig Ayat, in denen das Wort »Qur’an« vorkommt, und welche in einem besonders wichtigen Punkt zusammengefasst worden sind, ist ebenfalls höchst wunderbar und die Kraft ihrer fließenden (Sprache) erhaben. Sie mögen unseren Brüdern als eine zweite Zusammenstellung aus dem Qur’an empfohlen sein. Was das Wort »Qur’an« betrifft, das in den sieben Linien (silsilah der Korrespondenz) des Wortes auftaucht, die sie alle umfassen mit der Ausnahme von zweien, welche in der Bedeutung von »lesen« verwendet werden, so stärkt ihre Randstellung (noch den oben dargestellten) Hinweis. Was nun das Wort »Rasul« betrifft, so kommt dieses Wort hauptsächlich in der Sure »Mohammed« und in der Sure »Fath« vor, weshalb wir uns auf die Korrespondenzlinien dieser beiden Suren beschränkt und die übrig bleibenden »Rasul« außer Betracht gelassen. Falls es die Zeit noch zulässt, werden wir noch einmal über das Geheimnis ihrer Randstellung schreiben, insoweit es Gott gefallen möge.
Dritter Punkt: Er besteht aus vier Anmerkungen

Erste Anmerkung: Das Wort »Allah« wird uns im ganzen Qur’an zweitausendachthundertundsechs Mal erwähnt (dhikr). Rechnet man (die Anrufung) »im Namen Gottes, des Barmherzigen, des Allerbarmers« (am Anfang einer jeden Sure) mit hinzu, so wird das Wort »Barmherziger« (Rahman) einhundertneunundfünfzig Mal, das Wort »Erbarmer« (Rahiem) zweihundertzwanzig Mal, das Wort »Verzeihender« (Ghafur) einundsechzig Mal, das Wort »Herr« (Rabb) achthundertsechsundvierzig Mal, das Wort »Weiser« (Hakiem) sechsundachtzig Mal, das Wort »Wissender« (Aliem) einhundertsechsundzwanzig Mal, das Wort »Mächtig« (Qadier) einunddreißig Mal, »Er« (Hu) in »Es gibt keine Gottheit außer Ihm (Hu)« sechsundzwanzig Mal erwähnt (dhikr).
In der Anzahl des Namens Allah liegen viele Geheimnisse und subtile Anmerkungen. So sind zum Beispiel nach den Worten »Allah« und »Herr« die am häufigsten erwähnten Namen »der Barmherzige«, »der Erbarmer«, »der Verzeihende« und »der Weise«. Sie bilden zusammen mit dem Wort »Allah« die Hälfte der Ayat im Qur’an. Ferner sind das Wort »Allah« und das anstelle des Wortes »Allah« erwähnte Wort »Herr« zusammen wiederum die Hälfte. Obwohl das Wort »Herr« sechshundertsechsundvierzig Mal erwähnt wird, so wird es jedoch, aufmerksam betrachtet, nur fünfhundert und noch einige Male an Stelle von »Allah« erwähnt, also zweihundert und noch einige Male nicht in diesem Sinne.
Ferner ist die Anzahl von »Allah«, »Erbarmer«, »Barmherziger«, »Wissender« und »Er« in »Es gibt keine Gottheit außer Ihm« zusammen wieder die Hälfte; der Unterschied ist nur vier. Mit »Mächtig« an Stelle von »Er« zusammengezählt ergibt wiederum die Hälfte der Ayat; der Unterschied beträgt neun. Das Wort »Majestät (Djelal als Inbegriff des Göttlichen)« hat viele Aspekte. Doch für den Augenblick wollen wir uns hier damit begnügen.

Zweite Anmerkung: Sie bezieht sich auf die Suren. Auch hier gibt es wieder vielerlei subtile Anmerkungen. Auch sie stehen in einer gewissen Übereinstimmung, die auf eine Ordnung, eine Absicht, einen Willen (irade) hinweist.
In der Sure Baqarah ist die Anzahl der Ayat gleich der Anzahl der Ausdrücke für »Djelal«. Der Unterschied ist nur vier. Jedoch steht auch vier Mal »Hu« anstelle von »Allah«. Zum Beispiel: das »Hu« in »Es gibt keine Gottheit außer Ihm.« gleicht das hier vollständig wieder aus. In der Sure »Ali Imran« stimmen wiederum die Anzahl der Ayat mit (der Anzahl) der Ausdrücke für »Djelal« überein, sind also gleich. Nur (die Anzahl) der Ausdrücke für »Djelal« ist zweihundertneun und die der Ayat zweihundert. Der Unterschied ist neun. Wenn es hier um eine derartige Differenzierung in der Ausdruckskunst und Redegewandtheit geht, so machen kleinere Unterschiede kaum etwas aus. Eine auch nur ungefähre Übereinstimmung genügt bereits. In den Suren »en-Nisa’«, »El-ma’ida« und »el-En’am« stimmt die Anzahl der Ayat dieser drei insgesamt mit der (Anzahl) der Ausdrücke für (Djelal) überein: die Anzahl der Ayat ist vierhundertundvierundsechzig und die Anzahl der Ausdrücke für »Djelal« vierhundertundeinundsechzig, was mit den drei Ausdrücken für »Djelal« in der Formel »im Namen Gottes« zusammengerechnet eine exakte Übereinstimmung ergibt.
Zum Beispiel ist die Anzahl der Ausdrücke für »Djelal« in den fünf oben erwähnten Suren das Doppelte der Anzahl in den Suren »el-A’raf«, »el-Enfal«, »at-Taubah«, »Yunus« und »Hud«. Das heißt, in den letzteren fünf (sind es) die Hälfte der ersten fünf. In den folgenden Suren »Yusuf«, »Ra’d«, »Ibrahim«, »Hicr«, und »Nahl« ist die Anzahl der Ausdrücke für »Djelal« die Hälfte von dieser Hälfte. In den folgenden Suren »Isra«, »Kehf«, »Meryem«, »Taha«, »el-Enbiya’« und »el-Hac« (ist es) die Hälfte von der Hälfte der Hälfte.
Die danach folgenden fünf zu fünf setzen sich in ungefähr diesem Verhältnis fort. Dabei gibt es nur einige kleinere Abweichungen. Solche Unterschiede sind aber bei diesen Stufen (maqam), die wir hier besprechen, kaum von Bedeutung. So sind einige z.B. hundertundeinundzwanzig, andere sind hundertundfünfundzwanzig und wieder andere hundertneunundfünfzig. Schließlich vermindert sich die Gruppe der fünf Suren, die mit der Sure »es-Suchruf« beginnen, bis hinunter auf die Hälfte der Hälfte der Hälfte der Hälfte. Bei den fünf mit der Sure »en-Necm« beginnenden fünf Suren ist es die Hälfte der Hälfte der Hälfte der Hälfte der Hälfte, jedoch nur ungefähr. Solche Unterschiede sind aber bei diesen Stufen (maqam), die wir hier besprechen, kaum von Bedeutung. Bei den folgenden drei Fünfergruppen kurzer Suren finden wir nur dreimal den Ausdruck »Djelal«. Diese Erscheinung (vasiyet) zeigt uns, dass es sich bei der Anzahl des Ausdrucks »Djelal« nicht um Zufall handeln kann, diese Anzahl wurde vielmehr von einer gewissen Weisheit und Ordnung bestimmt.

Dritte Anmerkung zu dem Wort »Allah«: bezieht sich auf das Verhältnis der Seiten, und zwar folgendermaßen:
Die Anzahl der Ausdrücke »Djelal« auf einer Seite steht in Verbindung mit deren Rückseite und diese wiederum steht in Verbindung mit ihrer gegenüberliegenden Seite. Manchmal steht sie in Verbindung mit der links gegenüberliegenden Seite und mit der Rückseite der gegenüberliegenden Seite. Ich habe daraufhin mein eigenes Qur’an-Exemplar auf derartige Symmetrieerscheinungen untersucht. Meistens habe ich dabei eine besonders schöne zahlenmäßige Entsprechung vorgefunden. Ich habe mir auch in meinem Exemplar entsprechende Zeichen gemacht. Sehr häufig sind sie gleich und manchmal die Hälfte oder auch ein drittel. Es gibt hier also eine Erscheinung (vasiyet), die eine gewisse Weisheit und Ordnung erahnen lässt.

Vierte Anmerkung: Hier handelt es sich um Symmetrieerscheinungen auf der selben Seite. Ich habe hierbei mit den Brüdern zwei, drei verschiedene Ausgaben miteinander verglichen. Dabei sind wir zu der Überzeugung gelangt, dass bei allen eine gewisse Übereinstimmung beabsichtigt war. Nur dort, wo die Schreiber einer Druckerei andere Ziele vor Augen hatten, ist diese Übereinstimmung in gewissem Grade in Unordnung geraten. Brächte man das wieder in Ordnung, könnte man, von einigen ganz seltenen Ausnahmen einmal abgesehen, im ganzen Qur’an zweitausendachthundertundsechs Übereinstimmungen bei dem Ausdruck »Djelal« entdecken. Und darin erglänzt uns ein Funke der Wunderhaftigkeit. Denn der menschliche Intellekt vermag eine so umfangreiche Seitenzahl nicht zu umfassen und sich in sie einzumischen. Und was den Zufall betrifft, so kann sich keine Hand nach einer Erscheinung (vasiyet) voll so viel Weisheit und Bedeutung ausstrecken.
Um diesen vierten Punkt in gewissem Grade auzuzeigen, wollen wir ein neues Exemplar schreiben lassen, wobei dann unter Beibehaltung der gleichen Seiten- und Zeileneinteilung der am weitesten verbreiteten Kopien des Qur’an die durch die Unaufmerksamkeit des Schreibers in Unordnung geratenen Stellen wieder in Ordnung gebracht werden sollen. Möge es dann Gottes Wille sein, dass die wirkliche Ordnung wieder aufgezeigt werden kann!... und so ist es auch geschehen.


»Oh unser Gott und Offenbarer des Qur’an! Lass uns um des Qur’an willen die Geheimnisse des Qur’an verstehen, solange die beiden Lichter (am Himmel) sich drehen. Schenke Friede und Segen dem, dem Du den Qur’an herabgesandt hast, ihm und seiner Familie und all seinen Gefährten. Amen.«




[h=1]Fünftes Kapitel, zugleich fünfte Abhandlung - Visionäre Schau[/h]
»Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Allbarmherzigen. Gott ist das Licht der Himmel und der Erde. Usw.« (Sure 24, 35)




Ich sah dieses Licht aus den so vielen leuchtenden Geheimnissen einer so lichterfüllten Ayah, während ich mich im Heiligen (Monat) Ramadan in einem spirituellen und daher in einem so halb und halb kontemplativen Zustand (hal) fühlte. Es war dies wie folgt:


»Oh Gott, Du bist mein Herr und ich bin Dein Knecht. Du bist der Schöpfer und ich Dein Geschöpf. Du bist der Versorger und ich der Umsorgte.«




Ich erlebte da einmal in meinem Herzen eine visionäre Schau, die mich zu der Überzeugung brachte, dass, wie in dem berühmten Bittgebet von Uvaysa-l’Qarani, alle lebenden Wesen Gott dem Gerechten das gleiche Bittgebet darbringen und dass das, was jede der achtzehntausend Welten erleuchtet, jeweils ein Name Gottes ist. Es ist dies wie folgt:
Ich sah, dass in dieser Welt Tausende von Welten in Schleier um Schleier gehüllt sind, einer wiederum in einer anderen, wie die zahlreichen Blütenblätter in einer Rosenknospe. Jedesmal wenn ein Schleier sich mir öffnete, sah ich wieder eine andere Welt. Es war so, wie es in der Ayah heißt, die der Licht-Ayah folgt:


»...oder er gleicht den Finsternissen in der Tiefe des Meeres, überdeckt von Wogen über Wogen und über ihnen eine Wolke. Finsternisse, eine über der anderen. Wenn einer seine Hand ausstreckt, kann er sie kaum sehen. Und der, dem Gott kein Licht gibt, für den gibt es nichts von dem Licht.« (Sure 24, 40)




Mir erschien diese Welt in Finsternis und Einöde und im Dunkel der Furcht. Plötzlich zeigte sich mir die Erscheinung eines Göttlichen Namens wie ein gewaltiges Licht und erleuchtete sie... Welcher Vorhang auch immer vor meinem Geist zurückgeschlagen wurde: in meiner Imagination erschien wiederum eine andere Welt. Doch weil sie den Gottvergessenen als eine dunkle Welt erschien, leuchtete ein Name Gottes auf wie die Sonne und erfüllte diese Welt von oben bis unten mit Licht usw... Diese Reise des Herzens und Fahrt in meiner Imagination setzte sich noch lange fort. Kurz gesagt:
Als ich die Welt der Tiere erblickte, zeigte sich mir die grenzenlose Bedürftigkeit und der so große Hunger der Tiere, zugleich mit ihrer Schwäche und Hilflosigkeit als eine besonders finstere und leidvolle Welt. Plötzlich ging der Name des Erbarmers (er-Rahman) einer strahlenden Sonne gleich über dem Sternzeichen (d.h. in der Bedeutung) des Versorgers (er-Rezzaq) auf und vergoldete diese Welt von oben bis unten mit dem Lichte des Erbarmens.
Danach sah ich innerhalb der Welt der Tiere noch eine andere düstere Welt, in der ihre schwach, hilflos und bedürftig darin zappelnden Nachkommen und ihre Jungtiere mit ihrem Schmerz jeden zu Bedauern und Mitgefühl bewegen. Plötzlich ging der Name »Barmherziger« (Rahiem) über dem Sternbild der Liebe (Schefkat) auf. Da verwandelte sich diese so bittere Welt auf eine so schöne und liebliche Weise in eine freundliche Welt, wurde von Licht überstrahlt und die Tränen meiner Klage, Bitternis und Trauer wurden in Freudentränen voller Begeisterung und Dankbarkeit verwandelt.
Danach öffnete sich mir wie eine Kinoleinwand ein weiterer Vorhang und die Welt der Menschen zeigte sich mir. Diese Welt war so finster und schrecklich, dass ich vor Schreck aufschrie. »Oh weh!« rief ich, denn ich sah, dass die Wünsche und Hoffnungen der Menschen auf eine Ewigkeit hin ausgerichtet sind, dass ihre Vorstellungen und Gedanken das ganze Weltall umfassen, und wie sehr ihre Strebungen und natürlichen Antriebe das ewig Bleibende und die Ewige Glückseligkeit des Paradieses ersehnen. Seine natürlichen Fähigkeiten kennen keine Grenze und können sich frei entfalten. Doch trotz aller auf ungezählte Ziele gerichteten Bedürfnisse, aller Schwäche und Hilflosigkeit sind sie zahllosen Unglücksfällen und Leiden ausgesetzt; von Feinden verfolgt ist ihr Leben außerordentlich kurz. Sie leben ein verwirrendes und hektisches Leben mit ungesichertem Unterhalt. Sie leiden in ihrem Herzen und mit allen Sinnen ständig unter den Übeln des Abschieds und der Vergänglichkeit, verbunden mit einem Höchstmaß an Leid und Angst. Denn das Leben der Gottvergessenen Iäuft auf Grab und Friedhof hinaus, was ihnen wie die Pforte zu ewiger Finsternis erscheint. Sie wurden einer nach dem anderen, scharenweise in diese finstere Grube hinuntergeworfen. Doch siehe, in diesem Augenblick, da ich diese Welt der Menschen in dieser Finsternis geschaut hatte, Herz, Sinn, Verstand und alle meine menschlichen Sinne, ja jede Faser meines Körpers aufschreien wollte und zu weinen begann, ging plötzlich der Name Gottes, des Wahrhaftigen und Gerechten über dem Sternbild der Weisheit, der Name des Erbarmers über dem Sternbild der Freigiebigkeit, der Name des Barmherzigen über dem Sternbild der Verzeihung, der Name des Verlebendigers (baith) über dem Sternbild des Nachlassverwalters (Varith), der Name des Lebenspenders (Muhyi) über dem Sternbild des Wohltäters (Muhsin), der Name des Herrn (Rab) über dem Sternbild des Eigentümers (Malik) auf; und jeder einzelne Name erstrahlte, wobei hier jedes Sternbild die Bedeutung des Namens angibt. Die Menschenwelt insgesamt, wie sie so viele Welten in sich enthält, wurde plötzlich beleuchtet. Die Fenster zur jenseitigen lichtvollen Welt taten sich auf und die finstere Welt des Menschen wurde von Licht übergossen.
Danach wurde ein weiterer, gewaltig großer Vorhang geöffnet und die Welt hier auf diesem Erdenrund zeigte sich. Die dunklen Gesetze der (materialistischen) Wissenschaft und ihrer Philosophie malte vor meinem geistigen Auge eine furchtbare Welt. Mit einer Bewegung, siebzig Mal schneller als eine Kanonenkugel, durcheilt eine armselige Menschheit auf dieser unserer uralten und hochbetagten Erde, die zu jeder Zeit von Unruhen geschüttelt und von inneren Beben erschüttert wird, den unendlichen leeren Raum mit einer Ausdehnung von fünfundzwanzigtausend Jahren in einem einzigen Jahr. Ein Zustand Furcht erregender Verlassenheit in dieser Finsternis tauchte vor mir auf. Der Kopf drehte sich mir und vor meinen Augen wurde es schwarz. Die Namen des Schöpfers Himmels und der Erden (Halik), Allmächtiger (Qadir), Allweiser (Alim), Herr (Rabb), Gott (Allah), Herr der Himmel und der Erden, Dienstherr über Sonne und Mond (Musahhir) gingen auf über dem Sternbild des Erbarmers (Rahmet), des Gewaltigen (Azamet), dem Zeichen Seiner göttlichen Herrschaft (Rububiyet). Sie erleuchteten diese Welt so, dass die Erde mir vor dem Auge meines Glaubens wie ein Schiff erschien, das in schönster Ordnung und bestem Zustand für eine sichere Reise ausgestattet ist, beladen mit Proviant für jeden Einzelnen, vorbereitet für einen Ausflug, für Handel und Erholung.

Zusammenfassung: Jeder Name unter Tausend und einem Namen Gottes, die dem Universum zugewandt sind, erleuchtet wie eine Sonne je eine Welt und alle Welten, die (verbunden mit den Namen Gottes) in dieser Welt noch mit enthalten sind, und nach dem Geheimnis der Einheit (ehadiyet) erscheint in der Manifestation jedes einzelnen Namens in gewissem Grade auch die Manifestationen aller übrigen Namen. Da nun mein Herz hinter jeder Finsternis wieder ein anderes Licht erblickte, wuchs in mir die Sehnsucht, die Reise fortzusetzen. Da wollte ich (auf dem Einhorn) meiner Phantasie in den Himmel empor reiten. In diesem Augenblick eröffnete sich mir noch ein weiterer, besonders breiter Vorhang und mein Herz trat in die Welt der Himmel ein. Da erblickte es die Sterne, die aussahen, als hätten sie die Gestalt eines strahlenden Lächelns. Größer als die Erde bewegen sie sich mit einer noch größeren Geschwindigkeit als diese und kreisen (geozentrisch betrachtet) auf einander kreuzenden Bahnen. Würde auch nur einer von ihnen auch nur für eine Minute seine Bahn verlassen, würden sie zusammenstoßen und das würde zu einer solchen Explosion führen, dass die Galle des Kosmos zum Überlaufen käme und die Welt auseinanderfallen müsste. Da würden sie dann Feuer und nicht Licht um sich verbreiten. So betrachten sie mich nicht mehr mit einem Lächeln, sondern sehen mich böse an. Ich sah die Himmel in eine grenzenlos große und weite, öde, leere, schreckliche, Furcht und Staunen erregende Finsternis gehüllt und es tat mir tausend Mal leid, dass ich dorthin gekommen war.


»Herr der Himmel und der Erde«. (Sure 44, 7) »Herr der Engel und der Geister.«




Da gingen plötzlich diese Schönen Namen in den Sternzeichen der Bedeutung von


»...und wir haben in der Tat den Himmel über der Erde mit Leuchten geschmückt.« (Sure 41, 12) »...und Er hat die Sonne und den Mond unterworfen.« (Sure 13, 2)




auf. In diesem Sinne nahmen sich die Sterne, nachdem sie in diese Finsternis gehüllt worden waren, wieder je einen Funken von diesen gewaltig großen Lichtern und so wurde diese Welt der Himmel wieder erleuchtet, als habe man entsprechend der Anzahl der Sterne ebenso viele elektrische Lampen entzündet. Und auch die Himmel, die man für leer und öde gehalten hatte, füllten sich wieder mit Engeln und Geistern und wurden neu wieder belebt. Und ich sah, wie die Sonnen und die Sterne, die sich wie ein Heer unter den zahllosen Heeren des Königs von Ewigkeit zu Ewigkeit bewegen, den Ruhm des majestätischen Königs und den Glanz Seiner Herrschaft in der Art eines erhabenen Manövers darstellten. Und so erklärte ich mit ganzer Kraft und, wäre es möglich gewesen, mit allen Zellen (meines Körpers) und, wenn sie mir zuhörten, mit den Zungen aller Geschöpfe, ja sogar in ihrer aller Namen:


»Allah ist das Licht der Himmel und der Erde. Sein Licht ist mit einer Nische zu vergleichen. In ihr befindet sich eine (brennende) Lampe und die (Flamme) der Lampe in einem Glas und das Glas gleicht einem funkelnden Stern. (Sie brennt mit einem Öl), das entzündet wurde und von einem gesegneten Baum (her stammt), einem Ölbaum, der weder im Osten noch im Westen (steht) und dessen Öl beinahe schon leuchtet, ohne dass Feuer es berührt hätte. Licht über Licht. Gott führt zu Seinem Licht, wen immer Er will.« (Sure 24, 35)




las diese Ayah, drehte mich um, stieg ab, wachte auf und sagte: »Lobpreis und Dank sei Gott für das Licht des Glaubens und den Qur’an.«


[h=1]Sechstes Kapitel, zugleich sechste Abhandlung - Listen des Satans[/h]
Es wurde geschrieben, um die Schüler und die Diener des Allweisen Qur’an zu warnen und sie davor zu bewahren, getäuscht zu werden.


»Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Allbarmherzigen. Und wendet euch nicht den Ungerechten zu, sonst erfasst euch das Feuer.« (Sure 11, 113)




Möge es Gottes Wille sein, dass dieses Sechste Kapitel Sechs Listen des Satans in Dschinnen- und Menschengestalt wirkungslos werden und sechs ihrer Angriffsmethoden scheitern lässt.

Erste List: Infolge des Unterrichts, den die Teufel in Menschengestalt von den Teufeln in der Gestalt der Dschinnen erhalten haben, versuchen diese selbstlose Diener aus der Gruppe um den Qur’an mit Hilfe ihrer Neigung zu einer (besonderen) Position zu betrügen und sie dazu zu bringen, diesen heiligen Dienst und diesen inneren erhabenen Streit (Dschihad) wieder aufzugeben. Es ist dies wie folgt:
Unter der Mehrheit aller Menschen findet sich ein Wunsch, den man das Streben nach einer Sonderstellung nennen könnte, das Verlangen, berühmt zu werden und sich selbst herauszustreichen, ein Wunsch, den wir mehr oder weniger bei jedem einzelnen Weltmenschen antreffen, sich wie ein Heuchler vor allen Leuten sehen zu lassen, in den Augen der Öffentlichkeit eine Stellung zu bekleiden, (die verbunden ist mit dem,) was man Ehre und Ansehen nennt. Dieses Verlangen danach, etwas ganz besonderes zu sein und sich großartig zu fühlen, treibt die Menschen letztendlich sogar dazu, selbst ihr Leben zu opfern. Für Menschen, die nach dem Jenseits streben, ist dieses Gefühl geradezu gefährlich. Weltleute treibt es auf eine Art Achterbahn. Es ist auch die Quelle von vielerlei schlechter Gesinnung und der schwächste Nerv des Menschen. Das heißt, um einen Menschen an sich zu ziehen, ja ihn an sich zu binden, genügt es, ihn dadurch zu fesseln, dass man seinen Gefühlen schmeichelt und ihn auf diese Weise besiegt. Was ich daher am meisten für meine Brüder befürchte, ist, dass die Ungläubigen ihren Vorteil aus dieser ihrer Nervenschwäche ziehen könnten. Diese ihre Lage (hal) hat mich doch recht besorgt werden lassen. Denn auf diese Weise haben sie einige angezogen, die in ihrer Freundschaft nicht ganz aufrichtig waren, und sie innerlich in eine ziemlich schwierige Situation gebracht.
Oh meine Brüder und ihr, meine Freunde im Dienst am Qur’an! Sagt diesen listigen Spionen der Weltleute, den Propagandisten der Leute der Irreführung, den Schülern des Teufels, die euch mit eurer Sehnsucht nach einer höheren Stellung in die Irre führen wollen: »Zunächst einmal bedeuten die Zufriedenheit Gottes, ein Gunsterweis des Erbarmers und die Anerkennung des Herrn einen solchen Rang (maqam), dass im Vergleich damit die Beachtung der Menschen und ihre Bewunderung nur noch einem Staubkorn gleicht. Dort wo der Blick der göttlichen Barmherzigkeit hinfällt, ist dies genug. Die Zuwendung der Menschen ist annehmbar, insoweit sie die Widerspiegelung und der Schatten der Zuwendung göttlicher Barmherzigkeit ist. Andernfalls ist sie nichts, was man sich wünschen sollte. Denn sie erlischt am Eingangstor zum Grab, keine fünf Para mehr wert!«
Wenn sich dieser Wunsch nach der Verbesserung der eigenen Lage nicht zum Schweigen bringen und nicht aus der Welt schaffen lässt, muss man sein Gesicht in eine andere Richtung drehen. Es ist dies wie folgt:
Wenn es um den Lohn im Jenseits geht, oder um die Absicht, Gebete zu gewinnen, oder darum, dass der Dienst doch einen guten Einfluss haben möge, dann könnte wie in dem folgenden Beispiel dieses Gefühl vielleicht doch noch eine erlaubte Seite haben. Zum Beispiel:
Zu einer Zeit, wenn die Ayasofya Moschee mit gesegneten und ehrenwerten Leuten, Menschen von Tugend und Vollkommenheit gefüllt ist und in den Gängen und an den Türen treiben sich einige nichtsnutzige Kinder und ein paar ungesittete Schelmen herum und vor den Fenstern und in deren Nähe gucken ein paar neugierige Ausländer, Urlauber und Touristen zu, die sich amüsieren möchten, betritt ein Mann diese Moschee, schließt sich der Gemeinde (der Gläubigen) an und beginnt mit einer wohllautenden Stimme und in einer schönen und angenehmen Weise einen Abschnitt aus dem Qur’an vorzutragen, worauf Tausende Kenner der Wahrheit auf ihn aufmerksam werden, sich ihm voll Hochachtung und Bewunderung zuwenden. So empfängt er durch sie und ihr stummes Gebet seinen (himmlischen) Lohn und nur ein paar nichtsnutzigen Kindern und gottlosen Schelmen und den wenigen Ausländern wird (sein Gesang) nicht gefallen. Ginge der Mann aber in diese ehrwürdige Moschee, zu dieser gewaltigen Gemeinde und beginnt nun lauthals gemeine, sittenlose, unzüchtige Liedchen zu gröhlen und dazu zu hopsen und zu tanzen, so würden diese nichtsnutzigen Kinder lachen und den sittenlosen Schelmen würde es gefallen, weil es sie zur Unzucht ermuntert, und er würde den Ausländern ein süffisantes Lächeln entlocken, wenn sie die Fehler im Islam entdecken und sich darüber freuen. Aber er wird auch von jedem einzelnen dieser ganzen, großen, gesegneten Gemeinde Blicke des Abscheus und der Missbilligung auf sich lenken. Er wird in ihren Augen auf die Stufe der Niedrigsten aller Niedrigen gefallen sein.
Genau wie in diesem Beispiel ist auch Asien und die islamische Welt eine gewaltige große Moschee. Und in ihr sind die Leute des Glaubens und der Wahrheit die ehrenwerte Gemeinde dieser Moschee (in unserem Beispiel). Was die nichtsnutzigen Kinder betrifft, so sind es die Speichellecker mit dem Verstand eines Kindes. Die sittenlosen Schelmen sind alle diese fränkisch (d.h. westlich) gesinnten Strolche, die ihr (türkisches) Vaterland und ihren (islamischen) Glauben nicht mehr kennen. Was die Touristen aus dem Ausland betrifft, so handelt es sich hier um Journalisten, die fremdländische Ideen verbreiten. Jeder Muslim aber, besonders wenn er einer von den tugendhaften und vollendeten ist, hat seinen Platz in der Moschee entsprechend seinem Grad und Rang, der allen sichtbar ist, sodass er die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich lenkt. Wenn die Taten und Handlungen (dieses Muslims) aus den heiligen Wahrheiten und den Gesetzen heraus entstehen, die der Weise Qur’an lehrt, und sie der Wahrhaftigkeit und dem Wohlwollen Gottes entsprechen, die das grundlegende Geheimnis des Islam sind, so liest (er in dieser Weise gewissermaßen) innerlich und ohne Worte die qur’anischen Ayat, dann schließt er sich damit innerlich auch in das immerwährende Gebet (vird-i sebani) eines jeden in der islamischen Welt mit ein


»Oh Gott vergib allen gläubigen Männern und Frauen!« (Du’a)




und erhält seinen Anteil an ihm und wird so mit der ganzen Gemeinde (umma) brüderlich verbunden. Nur in den Augen einiger törichter Leute, die in die Irre gehen und von denen einige wilden Tieren, andere bärtigen Kindern gleichen, kann einen solchen Wert nicht erkennen. Wenn einer von ihnen sich von seinen Vorvätern lossagt, dem Urgrund, aus dem seine Ehre und seine Geschichte erwächst, auf die er stolz ist, und in seinem Geist die leuchtende Straße seiner rechtschaffenen Vorgänger verlässt, den sie doch für ihren Stützpunkt gehalten hatten, und dann Dinge tut, durch die er seiner eigenen Lust und Laune folgt und wie ein Heuchler nach Ruhm sucht und nach Neuerungen (bid’a) strebt, so wird er in den Augen der Leute der Wahrheit und des Glauben auf die allerunterste Stufe herabsinken.
Nach dem Geheimnis des Hadith


»Achte die Einsicht eines Gläubigen, denn er schaut im Lichte Gottes!«




schaut das Herz selbst noch eines einfachen und unwissenden Gläubigen, auch wenn sein Verstand es nicht bewusst wahrnimmt, mit Kälte und Abscheu, auf solche eigensinnige und selbstsüchtige Menschen.
Und so steigt denn der Mann, der doch eigentlich fortgetrieben wird, von seinem Willen aufzusteigen und besessen ist von der Gier nach Ruhm, jener zweite Mann, in den Augen einer zahllosen Gemeinde hinab zu den Niedrigsten der Niedrigen. Und gewinnt in den Augen einiger bedeutungsloser, spöttelnder, zuchtloser Schelmen einen vorübergehenden, unansehnlichen Platz.
In dem Geheimnis


»Freunde werden an jenem Tag einer des anderen Feind sein, außer den Aufrechten.« (Sure 43, 67)




wird er nur einige wenige falsche Freunde finden, die ihm in dieser Welt ein Schaden, in der Zwischenwelt (Bersah) eine Qual und in jener Welt seine Feinde sein werden.
Der Mensch in unserem ersten Bild wird, auch wenn er dieses Bestreben etwas besseres zu sein, nicht aus dem Herzen zu reißen vermag, doch unter der Bedingung, dass er ehrlich und aufrichtig (ihlas) nach Gottes Wohlgefallen sucht und sich dieses Bestreben, stets ein Aufsteiger zu sein, nicht zur Richtschnur macht, doch eine Art geistlichen Rang (maqam) erlangen, der ihn, getrieben von seinem Wunsch, mehr zu sein, als nur ein Emporkömmling, voll und ganz zufrieden stellt. Dieser Mensch wird wenige Dinge, ja eigentlich nur sehr wenige Dinge, nur etwas Bedeutungsloses verlieren und an seiner Stelle viele Dinge, und in der Tat sehr viele Dinge, etwas wirklich Wertvolles gewinnen, das keine Gefahr für ihn birgt. Er wird vielleicht einige Schlangen von sich fortjagen und an ihrer Stelle viele gesegnete Geschöpfe zu Freunden gewinnen und Vertrautheit mit ihnen erlangen. Er wird die Hornissen vertreiben, die ihn ja doch nur stechen können, und dafür die gesegneten Honigbienen, diese Serviererinnen süßer Getränke der göttlichen Barmherzigkeit, zu sich hin ziehen. Er wird Honig aus ihrer Hand essen und solche Freunde finden, dass seinem Geist (ruh) durch ihre ständigen Gebete aus allen Teilen der Islamischen Welt Segnungen (feys) wie Kauthar-Wasser (aus dem Brunnen im Paradies) zu trinken gereicht wird, die ihm im Buch seiner Taten gutgeschrieben werden.
Als ich einmal jenem Menschen, der, wenn auch bar jeder Größe doch einen hohen Rang in dieser Welt bekleidete, während er in seiner Sucht nach Ruhm und Ehre schon auf dem Weg war, einen großen Fehler zu begehen und auf diese Weise in der Islamischen Welt all seine Würde verlor, den Inhalt des obigen Gleichnisses zur Lehre erteilte, ja sie ihm geradezu um die Ohren schlug, war er zwar zutiefst erschüttert, doch weil ich mich selbst nicht von meinem Streben nach Höherem zu befreien vermochte, konnte auch ihn meine Ermahnung nicht wach rütteln.

Zweite List: Eines der wichtigsten und fundamentalsten Gefühle des Menschen ist die Empfindung der Furcht. Arglistige Tyrannen ziehen einen großen Nutzen aus einem derartigen Flöz voller Furcht. Mit ihrer Hilfe legen sie den Angsthasen die Zügel an. Die Spione der Weltleute und die Propagandisten der Leute des Irrweges ziehen einen großen Nutzen aus einem derartigen Flöz der armen Leute und besonders der Gelehrten. Sie treiben sie in ihre Ängste hinein und rufen Wahnvorstellungen in ihnen wach. Zum Beispiel: um jemanden, der auf einem Dach steht, in Gefahr zu bringen, zeigt ein arglistiger Mensch einem ängstlichen Menschen etwas, das er für gefährlich hält. So treibt er ihn in seiner Angst Schritt für Schritt vor sich her bis zum Rand des Daches, wo er schließlich kopfüber hinab stürzt und sich das Genick bricht. In gleicher Weise treiben sie (die Menschen) dazu, auf Grund völlig unbedeutender Befürchtungen sehr bedeutende Dinge zu opfern und indem sie sagen, eine Mücke solle sie nicht stechen, fliehen sie in den Rachen eines Drachens.
Einmal fürchtete sich eine bedeutende Persönlichkeit – möge Gott (seiner Seele) gnädig sein – in ein Ruderboot einzusteigen. Eines Abends gingen wir miteinander zu der (damals noch einzigen) Brücke in Istanbul. Dort wollten wir ein Boot nehmen. Ein Auto gab es nicht. Wir mussten nach (dem Stadtteil) Sultan Eyyüb. Also drängte ich ihn.
Er aber sagte: »Nein, ich habe Angst. Vielleicht wird (das Boot) untergehen!«
Ich sagte ihm: »Was denkst du denn, wieviele Boote es hier am Goldenen Horn gibt?«
Er sagte: »Vielleicht tausend.«
Ich sagte zu ihm: »Und wieviele gehen davon jedes Jahr unter?«
Er sagte: »Vielleicht ein oder zwei, in manchem Jahr gar keines.«
Ich fragte ihn: »Wieviel Tage hat das Jahr?«
Er sagte: »Etwa dreihundertsechzig.«
Ich sagte ihm: »Die (Gefahr mit diesem Boot) unterzugehen, die (wie in einem Alptraum) in dir aufsteigt ist eins zu dreihundertundsechzigtausend. Sich vor einer derartigen Möglichkeit zu fürchten, ist nicht menschlich. (Noch nicht einmal) ein Tier kann das!... Und weiter sagte ich zu ihm: »Wie lange glaubst du, dass du noch leben wirst?«
Er sagte: »Ich bin schon alt. Doch wäre es möglich, dass ich noch zehn Jahre lebe.«
Ich sagte zu ihm: »Da deine Todesstunde unbekannt ist, könntest du jeden Tag sterben. Also ist dein Tod an einem der nächsten dreitausendsechshundert Tagen möglich. So ist denn deine Chance nicht dreihunderttausend zu eins, wie bei diesem Boot, sondern die Möglichkeit ist dreitausend zu eins und es ist möglich, dass du noch heute stirbst. Also zittere! weine! mach dein Testament!«
So sagte ich zu ihm. Da kam er denn zitternd zu Verstand und stieg in das Boot. Auf dem Boot sagte ich zu ihm: »Gott der Gerechte hat dir die Nerven gegeben, dich zu fürchten, damit du dein Leben retten sollst und nicht, um es zu zerstören!« Er hat dir das Leben nicht gegeben, um es dir schwer zu machen, zu einer Last und zu einer Strafe für dich. Sich zu fürchten, wenn das Risiko eins zu zwei, drei vier, oder selbst eins zu fünf oder sechs ist, ist eine vorausschauende Furcht und mag deshalb auch erlaubt sein. Sich aber zu fürchten, wenn das Risiko eins zu zwanzig, dreißig oder vierzig ist, gleicht einem Albtraum und das Leben in ihr einer Folterqual!«...
Also denn meine Brüder! Wenn diese Speichellecker der Atheisten euch angreifen und euch Angst einjagen wollen, damit ihr innerlich euren heiligen Kampf aufgeben sollt, so sollt ihr ihnen sagen: »Wir haben uns um den Qur’an geschart und leben nach dem Geheimnis


»Fürwahr, Wir sind es, die (den Qur’an als) eine Ermahnung herabgesandt haben, und Wir sind es auch, die sie zu bewahren wissen.« (Sure 15, 9)




und (leben im Schutz des) Qur’an als unserer Burg.


»Gott ist unser Genügen und unser bester Anwalt.« (Sure 3, 176)




Er umgibt uns wie mit einem festen Wall. Ihr könnt uns nicht mit dieser Angst (gebunden) an ein Risiko von eins unter Tausenden vor einem kleineren Schaden, der uns in diesem kurzen, flüchtigen Leben treffen könnte, freiwillig einen Weg hinunterführen, der uns mit hundertprozentiger Sicherheit im Ewigen Leben einen vieltausendfältigen Schaden einbringen wird!«... Und weiter sollt ihr sagen:
»Gibt es etwa unter den Leuten der Wahrheit einen wie wir, der auf dem Weg der Wahrheit um unseres Freundes Said Nursi willen, der im Dienst am Qur’an unser Mitstreiter und in der Führung dieses heiligen Dienstes unser Meister und Lehrer ist, irgend einen Schaden erlitten hat? Ist da etwa irgendeiner unter seinen persönlichen Schülern, dem ein Übel widerfahren wäre, das auch wir zu erleiden hätten? und sollten wir dann ob der Aussicht, dies auch zu erleiden, in Panik geraten?... Dieser unser Bruder hat Tausende Freunde und Mitbrüder. Und obwohl er sich zwanzig, dreißig Jahre lang in nachdrücklicher Weise um das soziale Leben in dieser Welt bemüht hat, haben wir doch nie von einem Bruder gehört, dem seinetwegen Böses widerfahren wäre. Und gerade zu seiner Zeit hielt er doch die politische Keule (= das Machtinstrument) in seiner Hand. Doch nun hält er an Stelle dieser Keule das Licht der Wahrheit. Zwar hatten sie auch ihn vor langer Zeit im Zusammenhang mit den Ereignissen um den einundreißigsten März (die Absetzung des Sultans – A.d.Ü.) in diese Sache mit hineingezogen. Auch einige seiner Freunde hat man damals kalt gestellt. Doch später hat es sich dann herausgestellt, dass die ganze Angelegenheit von anderen angezettelt worden war. Seine Freunde sind damals nicht um seinetwillen, sondern auf Grund seiner Feinde zu Schaden gekommen. Ja mehr noch hat er damals viele seiner Freunde (vor der Verurteilung – A.d.Ü.) gerettet. Deswegen sollte es solchen Teufeln wie ihr es seid nicht in den Kopf kommen, dass wir einen ewigen Schatz fortwerfen werden aus Furcht vor einer Gefahr, deren Risiko nicht eins zu Tausend, nein, vielmehr ein Risiko von eins zu (vielen) Tausenden ist!« So solltet ihr sagen und diesen Speichelleckern der Irregehenden eins auf den Mund geben und sie dann davon jagen.
Und weiter sollt ihr diesen Speichelleckern sagen:
»Wenn auch die Möglichkeit, zu Grunde zu gehen nicht eine unter hunderttausenden wäre, sondern eine hundert prozentige Sicherheit, so werden wir dennoch, wenn wir auch nur ein Fünkchen Verstand haben, ihn nicht vor Angst verlassen und davon laufen.« Denn wir haben in stets wiederkehrenden Erfahrungen immer wieder gesehen und erleben es stets wieder: wer seinen großen Bruder oder Meister in Zeiten der Gefahr verrät, erfährt das herankommende Übel, wie es zuerst in seinem eigenen Kopf explodiert. Sodann erteilte man ihnen gnadenlos ihre Strafe und blickte man auf sie als Verräter herab. So sind sie denn sowohl leiblich gestorben, als auch in ihrer Verachtung gleichsam geistig tot. Diejenigen, welche sie bestraft haben, fühlen in ihren Herzen kein Mitleid, denn sie sagen: »Da sie nun einmal ihren Meister, der sich ihnen gegenüber aufrichtig und wohlwollend verhalten hatte, verraten haben, müssen sie folglich verachtenswert sein und verdienen deshalb keine Gnade sondern nur die Verachtung.«
So ist denn die Wahrheit von solcher Art. Wenn also nun ein despotischer, gewissenloser Mensch jemanden zu Boden wirft und nun mit erhobenem Fuß über ihm steht, bereit ihm den Kopf zu zertreten, und der Mann, der nun auf dem Boden liegt, wollte den Fuß dieses grausamen Tyrannen küssen, so wird durch diese Erniedrigung sein Herz noch vor seinem Kopf zertreten sein und sein Geist noch vor seinem Körper sterben... Er wird sowohl seinen Kopf verlieren und zugleich wird auch seine Ehre und seine Würde zerstört. Ferner ermuntert es ein solch gewissenloses Ungeheuer nur noch, ihn in seiner Bosheit zu zertreten, zeigt man sich ihm gegenüber als schwach. Wenn aber der Mensch, der unterdrückt unter seinen Füßen liegt, nun in das Gesicht des Tyrannen spuckt, wird er Herz und Geist retten und auch sein Leib wird in der Unterdrückung das Martyrium erfahren. Also spuckt jetzt in das schamlose Gesicht dieser Tyrannen!...
Einmal, als die Briten die Kanonen am Bosporus zerstört und Istanbul besetzt hatten, stellte (der Erzbischof von Canterbury) als Oberhaupt der Anglikanischen Kirche sechs Fragen an das Amt des Scheychu-l’Islam. Auch ich war damals Mitglied des Hauses der Islamischen Wissenschaften. Sie sagten zu mir: »Gib eine Antwort.« Sie wollten auf ihre sechs Fragen eine Antwort von sechshundert Worten. Ich sagte: »Ich werde ihnen nicht mit sechshundert Worten, auch nicht mit sechs Worten, ja noch nicht einmal mit einem Wort, sondern mit meiner Spucke antworten! Denn diese Regierung hat, wie ihr hier seht, in diesem Augenblick ihren Fuß auf unseren Nacken gesetzt. Man muss ihrem Bischof für seine hochmütige Art, uns so von oben herab Fragen zu stellen, ins Gesicht speien. Also spuckt in dieses gnadenlose Gesicht solcher Tyrannen!«... sagte ich damals. Doch heute sage ich:
Oh meine Brüder! Da in einer Zeit, wenn eine despotische Regierung wie die britische (unser Land) besetzt hielt, ihnen auf diese Weise in der Sprache der Printmedien zu antworten, eine Gefahr von hundert Prozent in sich enthielt, mir der Schutz des Qur’an bereits genügte, sollte er euch bei einer Möglichkeit von eins zu hundert, angesichts der Ungelegenheiten, die euch aus der Hand der Despoten (in heutiger Zeit) erwarten, sicherlich hundert Mal mehr genügen.
Ferner, meine Brüder! Die meisten von euch haben ihren Militärdienst bereits abgeleistet. Aber auch diejenigen, welche ihn noch nicht abgeleistet haben, werden sicherlich auch schon das folgende gehört haben. Und die es noch nicht gehört haben, mögen es nun von mir hören: »Die am häufigsten verwundet worden sind, waren die, welche den Schützengraben verlassen haben und davongelaufen sind. Am seltensten verwundet wurden die, welche in ihrem Schützengraben ausgeharrt haben!«


»Sprich: der Tod, vor dem ihr flieht, wird euch mit Sicherheit einholen.« (Sure 62, 8)




Das Geheimnis dieser Ayah verweist uns darauf: »Diejenigen, welche davonlaufen, werden ihm auf ihrer Flucht um so sicherer begegnen!«...

Dritte teuflische List: Sie fangen viele (meiner Brüder) wegen ihrer Gier.
Aus den Ayat und den Erklärungen des Weisen Qur’an haben wir unseren Segen empfangen und in vielen Abhandlungen mit zuverlässigen Zeugnissen bewiesen: »Legale Versorgung kommt nicht entsprechend der Macht und dem Willen, sondern im Verhältnis zur Schwäche und Armut.« Es gibt zahlreiche Zeichen, Hinweise und Belege, die auf diese Wahrheit hinweisen. Zum Beispiel:
Die Bäume, die auf ihre Art lebendig sind und der Versorgung bedürfen, bleiben fest an ihrem Platz und ihre Versorgung kommt eilig zu ihnen gelaufen. Die Tiere aber, weil sie gierig hinter ihrer Nahrung her laufen, werden nicht, den Bäumen gleich, in so vollkommener Weise ernährt.
Des Weiteren werden auch die Fische, die doch von allen Tierarten die dümmsten und willenlosesten sind und im Sand gefunden werden, dennoch auf vollkommene Weise versorgt und sehen im Allgemeinen wohlgenährt aus, während so kluge und fähige Tiere, wie der Affe und der Fuchs, durch ihre kümmerliche Ernährung nur mager und schwächlich sind, was zeigt, dass das Mittel ihrer Versorgung nicht ihre Fähigkeit ist, sondern ihre Armut.
Des Weiteren zeigt die gute Ernährung aller Tier- und Menschenkinder und das allerfeinste Geschenk aus dem Schatz der Barmherzigkeit, wie die Milch, die ihnen in ihrer Schwäche und Ohnmacht aus Mitleid (shefqat) in unerwarteter Weise dargeboten wird, und die schwierigen Umstände (ihrer Versorgung) bei den Raubtieren in der Wildnis, dass die Mittel legaler Versorgung, Schwäche und Armut sind und nicht Klugheit und Kraft.
Des Weiteren zeigen die armseligen Verhältnisse vieler Dichter und Gelehrten und der Besitz und der Reichtum so vieler ungelehrter, dass die Quelle, aus der sich ihre Versorgung speist, nicht Intelligenz und Macht ist, sondern Schwäche und Armut, es ist die Hingabe an Gott im Vertrauen auf Ihn, ein Gebet (dua) mit Worten, mit Werken und mit ihrer ganzen Haltung.


»Denn Gott ist es, der der Versorger ist und der Herr aller unerschütterlichen Macht.« (Sure 51, 58)




So ist denn die Ayah, welche diese Wahrheit verkündet, ein zuverlässiges und unerschütterliches Zeugnis für unsere Behauptung, das in der Sprache aller Pflanzen und Tiere und ihrer Jungen vorgetragen wird. Und jede Gruppe, die ihren Unterhalt verlangt, trägt ohne Worte auf ihre Weise diese Ayah vor.
Da nun einmal die Versorgung festgesetzt ist und aus Güte (ihsan) geschenkt wird und Gott der Gerechte ist, und Er sowohl der Allbarmherzige (Rahiem) als auch der Freigiebige (Keriem) ist, so lass denn die, welche sich durch unrechtmäßigen Erwerb in einer Weise erniedrigen, die Seine Barmherzigkeit anklagt und Seine Freigiebigkeit beschuldigt, ja die ihr Gewissen und selbst einige heilige Dinge zur Bestechung anbieten, um dafür Dinge anzunehmen, die ungesetzlich und als verbotene Dinge auch ohne Heil und Segen sind, lass sie denn darüber nachdenken, was für ein vielfältiger Irrsinn das ist.
Weltleute und besonders die Leute des Irrweges geben in der Tat ihr Vermögen nicht billig weg; sie verkaufen es gegen einen hohen Preis. Manchmal wird etwas, das vielleicht ein wenig zu einem irdischen Leben von einem Jahr zu verhelfen mag, zu einem Mittel zur Zerstörung eines unendlichen Ewigen Lebens. Und durch diese schmutzige Gier zieht der Mensch den Zorn Gottes auf sich und versucht dabei das Wohlwollen der Leute des Irrweges auf sich zu lenken.
Oh meine Brüder! Wenn die Speichellecker der Heuchler und die Leute des Irrweges euch wegen der Habsucht, die der schwache Nerv in der menschlichen Natur ist, an sich zu binden versuchen, dann denkt an die oben angeführten Wahrheiten und nehmt euch diesen euren armen Bruder zum Beispiel. Ich versichere euch mit allem Nachdruck, dass Zufriedenheit und Sparsamkeit mehr zu eurem Leben und Unterhalt beitragen werden, als irgendeine Gehaltsauszahlung. Besonders ein euch unrechtmäßig ausgezahltes Geld verlangt von euch dafür einen tausendfach höheren Preis. Ja es kann sogar ein Hindernis sein für den Dienst am Qur’an, der doch für euch in jeder Stunde für ewig einen Schatz öffnen könnte, oder euch in ihm verdrießlich werden lassen. Das aber wäre für euch solch ein Verlust und hinterließe (in euren Seelen) eine solche Leere, dass selbst zahlte man euch Tausende Monatsgehälter, sie dafür keinen Ersatz bieten würden.
Anmerkung: Die Leute des Irrweges, da sie nicht in der Lage sind, sich selbst zu verteidigen und etwas auf die Wahrheiten des Glaubens zu entgegnen, die wir aus dem Weisen Qur’an entnommen haben und verbreiten, stellen heuchlerisch und arglistig Fallen von Lug und Trug auf. So wollen sie meine Freunde durch deren Neigung emporzustreben, ihre Habsucht und ihre Furcht verführen und mich durch mancherlei Anschuldigungen in Misskredit bringen. Doch wir in unserem Heiligen Dienst reagieren stets in positivem Sinne. Dabei veranlasst uns jedoch manchmal die Aufgabe, Hindernisse zu beseitigen, die jedes gute Werk mit sich bringt, ein paar negative Dinge zu tun. So ist es denn aus diesem Grunde, dass ich meine Brüder, hinsichtlich der drei oben erwähnten Punkte, vor der arglistigen Propaganda der Leute der Zwietracht warnen muss. Dabei bemühe ich mich darum, die auf sie gerichteten Angriffe zurückzuschlagen.
Im Augenblick richtet sich der wichtigste Angriff gegen meine Person. Sie sagen: »Said ist Kurde.« Warum erweist ihr ihm solchen Respekt und folgt ihm? So muss ich nun leider die vierte teuflische List in der Sprache des Alten Said erklären, auch wenn ich das gar nicht will, nur um diese Gauner zum Schweigen zu bringen.
Vierte teuflische List: Um meine Brüder zu verführen und ihr Nationalgefühl anzustacheln, sagen gewisse Atheisten, die hohe Positionen einnehmen und mich mit ihrer Propaganda angreifen wollen, durch die Einflüsterungen des Teufels, aufgehetzt durch die Leute des Irrwegs: »Ihr seid Türken, so wie es Gott gewollt hat (mascha-a’llah). Bei den Türken gibt es jede Art von Gelehrten und Leuten der Vollendung. Said aber ist Kurde. Widerspricht es denn nicht eurem Nationalstolz, mit einem zusammenzuarbeiten, der nicht von eurem Volk ist?«

Antwort: Oh du unglückseliger Atheist! Ich bin, Dank sei Gott!, ein Muslim. In dieser Zeit gibt es dreihundertfünfzig Millionen Mitglieder meines heiligen Volkes. Hunderttausend Mal nehme ich meine Zuflucht zu Gott, nicht dreihundertundfünfzig Millionen Brüder zu opfern, die eine solche ewige Bruderschaft bilden, und die mir (während ihrer täglichen) Gebete (dua) helfen und zu denen auch die überwiegende Mehrzahl aller Kurden gehören, für ein rassistisches und nationalistisches Gedankengut und an Stelle dieser zahllosen gesegneten Brüder, um eine völlig unbedeutende Minderheit solcher zu gewinnen, die sich zum kurdischen Volk zählen und Kurden genannt werden, die auf einen Weg geraten sind, auf dem sie keinen Glauben oder doch keine Glaubensschule (medhheb) kennen.
Oh du Ungläubiger! Es muss jemand schon so ein Dummkopf sein wie du, die ewig währende Bruderschaft einer Gemeinschaft von dreihundertundfünfzig lichtvollen, segenbringenden, wahrhaftigen Brüdern aufzugeben, um dafür die Bruderschaft einiger Handvoll ungläubiger Ungarn oder fränkisch gesinnter (= assimilierter) Türken zu gewinnen, die ihren Glauben verloren haben und selbst schon in dieser Welt nichts gewinnen können. Nachdem wir bereits im Dritten Kapitel des Sechsundzwanzigsten Briefesdas Wesen des Nationalismus und seine negativen Folgen mit Beweisen aufgezeigt haben, wollen wir hier auf diesen hinweisen und zugleich eine Wahrheit erläutern, die schon am Ende des Dritten Kapitels kurz erwähnt worden war. Es ist dies wie folgt:
Zu denen, die sich unter dem Deckmantel eines türkischen Nationalismus verborgen halten, in Wirklichkeit aber Feinde der Türken und glaubenslose, nationalistische Eiferer sind, möchte ich sagen: Ich bin durch das Volk des Islamischen Glaubens in einer ewigen und wahren Bruderschaft mit den Leuten des Glaubens in diesem Lande, die man Türken nennt, eng und wahrhaftig verbunden. Und ich bin mit den Kindern dieses Landes, welche seit fast tausend Jahren das Banner des Qur’an siegreich in die sechs Richtungen getragen haben, um des Islams willen stolz und mit innerer Anteilnahme in Liebe (muhabbet) verbunden. Was aber dich betrifft, du Betrüger, der du dich als Patriot aufspielst! Du lebst in einer Weise, die dich alles, worauf das türkische Volk mit recht stolz sein kann, vergessen lässt, in einer rein metaphorischen, rassistischen, vorübergehenden und hinterhältigen Bruderschaft. Ich frage dich also: besteht denn das türkische Volk nur aus gottvergessenen, von Lust besessenen jungen Leuten zwischen zwanzig und vierzig? Und erwächst etwa der Dienst, der für sie nutz- und gewinnbringend sein soll, so wie er von ihnen gemäß ihrer patriotischen Gesinnung erwartet wird, aus einer fränkisch ausgerichteten (= westlichen) Erziehung, die ihre Gottvergessenheit nur noch vermehrt, sie an Unmoral gewöhnt und sie zu verbotenen Dingen ermuntert? oder etwa in einem vorübergehenden Lachen, das sie im Alter zum Weinen bringen wird? Wenn das der wahre Patriotismus sein soll, wenn das der Fortschritt und das Glück im Leben sein soll und wenn dein Türkentum so aussieht und deine Volksverbundenheit sich so ausdrückt, dann möchte ich doch lieber vor einem solchen Türkentum davonlaufen, und auch du magst dann ruhig von mir wegrennen! Wenn du aber noch einen Funken Vaterlandsliebe in dir hast, wenn du noch bewusst und recht und billig denken kannst, dann betrachte einmal die heutigen Gesellschaftsschichten und antworte mir dann:
Die Kinder unseres Vaterlandes, die man das türkische Volk nennt, bestehen aus sechs Schichten. Die erste Schicht sind die Aufrechten und die Frommen. Die zweite Schicht sind die Opfer von Unglücksfällen, Heimsuchungen und Krankheiten. Die dritte Schicht sind die alten Leute. Die vierte Schicht sind die Kinder. Die fünfte Schicht sind die Armen und Schwachen. Die sechste Schicht sind die jungen Leute. Sind etwa all die fünf ersten Schichten keine Türken? Haben sie etwa keinen Anteil an unseren patriotischen Empfindungen? Wenn man nun etwa der sechsten Gruppe ihren Rausch und ihr Vergnügen lässt, die übrigen fünf Gruppen aber kränkt und beleidigt, ihnen das Leben vergällt und sie ihres Trostes beraubt, nennt man das dann eine patriotische Gesinnung gegenüber dem Volk? oder Feindschaft gegenüber dem Volk?... Der tiefen Weisheit (sirr) entsprechend: »Das Urteil liegt bei der Mehrheit.« ist der, welcher der Mehrheit einen Schaden zufügt, ein Feind und kein Freund!
So frage ich dich denn:
Findet man etwa die höchsten Interessen der Leute des Glaubens und der Frömmigkeit, welche die erste Volksschicht bilden, in der fränkischen (= westlichen) Zivilisation? Oder findet man sie nicht vielmehr im Gedanken an die Ewige Seligkeit im Lichte der Glaubenswahrheiten, wenn man den Weg der Wahrheit beschreitet, wo sie besonders ersehnt und geliebt (aschk) wird und wo man einen wahren Trost findet? Doch der Weg, den Irregeleitete und solche Patrioten, wie du einer bist, eingeschlagen haben, löscht das innere Licht der aufrechten Leute des Glaubens, zerstört jede echte Tröstung und zeigt stattdessen den Tod als eine Verurteilung für ewig und das Grab als das Tor zu einer immerwährenden Trennung.
Findet man etwa Segen für die zweite Volksschicht, die Gruppe derer, die von Unglücksfällen heimgesucht wurden, der Kranken und derer, die den Mut zum Leben verloren haben und verzweifelt sind, durch eine fränkisch geartete (= westliche), gottlose Erziehung? Denn diese Unglückseligen suchen nach einem Licht, verlangen nach einer Tröstung. Sie schauen nach einer Art Wiedergutmachung für ihr Leiden aus. Sie möchten gerne Rache nehmen an denen, die sie unterdrückt haben. Sie wollen all den Terror an der Pforte des Grabes, dem sie sich nähern, zurückweisen. Durch ihren falschen Patriotismus aber stoßen solche, wie ihr es seid, denen, die doch so sehr der Liebe (shefqat), der Zärtlichkeit und der Heilung bedürfen und ihrer würdig sind, diesen armen, unglückseligen (Menschen) noch eine Nadel ins Herz! Ihr schlagt sie noch auf die Köpfe! Ihr zerbrecht ihre Hoffnungen ohne Erbarmen! Ihr stürzt sie noch in die äußerste Verzweiflung!... Sieht so euer Patriotismus aus? Ist das eure Art, Wohltaten unter dem Volk zu verteilen?
Nun kommen wir zu den alten Leuten, welche die dritte Volksschicht bilden, um sie als pars tertium zu betrachten. Sie nähern sich dem Grabe, sie nähern sich dem Tode, sie entfernen sich aus dieser Welt und gehen hinüber ins Jenseits. Finden sie ihren Segen, Licht und Tröstung, wenn sie die grauenvollen Abenteuer verrohter Tyrannen wie Hulagu (der Eroberer von Baghdad 1258 – A.d.Ü.) und Dschingis Khan (sein Großvater – A.d.Ü.) mit anhören? Habt etwa ihr in eurer neuzeitlichen Bewegung ohne Sinn, ohne Zweck, innerlich zerfallen, während sie sich nach außen auch noch fortschrittlich nennt, die das Jenseits vergessen macht und dabei an das Diesseits bindet, noch einen Platz für sie? Kann man das jenseitige Licht im Kino finden? Kann man den wahren Trost im Theater finden? Wenn Patriotismus in Wirklichkeit heißt, sie mit einem unsichtbaren Messer zu schlachten, und ihnen die Vorstellung zu geben: »ihr werdet jetzt zu einer Verurteilung auf ewig getrieben« und das Grab, das sie als Tor zur Barmherzigkeit betrachten, in ein Drachenmaul zu verwandeln und dabei in ihre Ohren zu blasen: »auch ihr werdet dort eintreten!«, dann gibt es – während diese unglücklichen alten Leute von den Patrioten Respekt verlangen – angesichts eines solchen Vaterlands nur noch ein hunderttausendfaches: »Ich nehme meine Zuflucht zu Gott!«
Die vierte Volksschicht ist die der Kinder. Sie erbitten von unseren Patrioten Barmherzigkeit, erwarten von ihnen Mitleid (shefqat). Auch in Hinsicht auf ihre Schwäche, Hilflosigkeit und Machtlosigkeit möge sich ihr Geist ausdehnen, wenn sie einen mitfühlenden mächtigen Schöpfer kennen. Ihre Fähigkeiten mögen sich glücklich entfalten. Wenn sie mit einem Vertrauen auf Gott erfüllt werden, das aus dem Glauben erwächst und in der Unterwerfung im Islam, der schrecklicher Furcht und den Verhältnissen in dieser und in der künftigen Welt zu widerstehen vermag, dann mögen diese Unschuldigen mit Eifer nach dem Leben Ausschau halten. Könnte dies etwa dadurch erreicht werden, dass man sie Dinge lehrt, die den Fortschritt der Zivilisation betreffen, mit dem sie kaum etwas zu tun haben, und die Prinzipien einer lichtlosen, rein materialistischen Philosophie, die ihre Moral zerstört und ihren Geist auslöscht? Wenn der Mensch nur aus dem Körper eines Tieres bestünde und er keinen Verstand im Kopf hätte, dann könnten vielleicht diese fränkischen (= westlichen) Prinzipien, die ihr phantasievollerweise eine zivilisierte Erziehung und eine nationale Erziehung nennt, diesen unschuldigen Kindern einigen irdischen Nutzen und einige Vorteile in Form einiger vorübergehender kindischer Vergnügungen bringen. Da diese Kinder aber einmal in das Auf und Ab des Lebens geworfen werden, und da sie nun einmal Menschen sind, werden sie sicherlich auch in ihren kleinen Herzen viele weitreichende Sehnsüchte haben und in ihren kleinen Köpfen große Pläne und Ziele sich entfalten. Weil aber die Wirklichkeit nun einmal so ist, so ist auch das, was Mitleid (shefqat) für sie erfordert: den Glauben an Gott und den Glauben an das Jenseits in ihre Herzen zu pflanzen, ein außerordentlicher Stützpfeiler und eine unerschöpfliche Quelle der Zuflucht angesichts ihrer unendlichen Schwäche und Hilflosigkeit. Erbarmen und Mitleid ihnen gegenüber vollzieht sich auf diese Weise. Anderenfalls gleicht diese Trunkenheit der Nationalisten einer wahnsinnig gewordenen Mutter, die ihre Kinder schlachtet, indem sie dem spirituellen Leben dieser armen, unschuldigen (Kinder) den Hals abschneidet. Es ist eine wilde Grausamkeit und geradezu ein Verbrechen, so als wolle man ihnen Herz und Gehirn herausreißen, um damit ihren Körper zu ernähren.
Die fünfte Schicht ist die Volksschicht der Armen und Schwachen. Empfangen etwa die Armen, die auf Grund ihrer Armut sehr unter der Last und Bürde ihres Lebens leiden, und die Schwachen, die unter diesem schrecklichen Auf und Ab des Lebens besonders betrübt sind, ihren Anteil an den nationalen Gefühlen dieser Patrioten? Findet er sich etwa in den Bewegungen, die ihr unter dem Titel eurer Vernarrtheit in eine fränkische (=westliche), schamlose, pharaonengleiche Zivilisation aufgerichtet habt, welche die Verzweiflung und das Leid dieser Hilflosen nur noch vermehrt und ein Spielplatz für die Lust und Laune eines Teiles der Reichen ist und ein Fahrzeug für Ruhm und Raub eines Teiles der despotischen Machthaber? Die Salbe für die Wunde der Armut dieser hilflosen Bedürftigen könnte gefunden werden, nicht in einer rassistischen Idee, sondern in der heiligen Apotheke des Islam. Der Schwache kann nicht Stärke und Widerstandskraft in einer naturalistischen Philosophie finden, die nur finster ist, eines Bewusstseins entbehrt und an den Zufall gebunden ist, sondern aus ihrem Eifer für den Islam und ihrer Zugehörigkeit zur heiligen islamischen Nation!
Die sechste Volksschicht ist die der jungen Leute. Würde die Jugendlichkeit dieser jungen Leute ewig währen, dann würde auch der Wein, den ihr (diesen jungen Leuten) mit eurem nationalistischen (Gedankengut) eingeflößt habt, einen vorübergehenden Nutzen, eine Art guten Zweck erfüllt haben. Wenn aber die süße Trunkenheit ihrer Jugendlichkeit einer schmerzlichen Ernüchterung im Greisenalter, der erquickende Schlaf am Morgen des Greisenalters einem bedauernden Erwachen (gewichen ist), wird der Kater, der dem Rausch ihrer Trunkenheit folgt, sie bitterlich weinen lassen und der Schmerz im Vorüberrauschen ihrer süßen Träume ihnen viel Trauer und Betrübnis einflößen. »Oh weh! Sowohl meine Jugendzeit ist vorübergegangen, als auch meine Lebenszeit ist vergangen. Und nun nähere ich mich dem Grab, bankrott. Ach hätte ich doch einmal meinen Verstand gebraucht!« Besteht etwa der Anteil an dem Patriotismus dieser Schicht darin, sich eine kurze, vorübergehende Zeit zu amüsieren, um danach für eine sehr lange Zeit bitterlich zu weinen, oder liegt ihr irdisches Glück und ihre Freude am Leben vielleicht in der Art, ihre Dankbarkeit für das schöne Geschenk einer blühenden Jugendzeit zu erweisen und dieses Geschenk (einer solchen Jugendzeit) nicht auf dem Wege der Ausschweifung, vielmehr auf dem Wege der Rechtleitung auszugeben und so in sich diese vergängliche Jugend im Dienst und in der Anbetung (Gottes) zu verewigen und so durch eine in Rechtleitung (verbrachte) Jugendzeit eine ewige Jugendzeit im Haus der Glückseligkeit zu gewinnen. Wenn du also nun noch über ein Körnchen Verstand verfügst, dann sprich!

Zusammenfassung: Bestünde das türkische Volk nur aus diesen jungen Leuten der sechsten Schicht und würde die Jugendzeit niemals vergehen und gäbe es außer dieser Welt keinen anderen Ort, so könnte man eure ganze, unter einem Deckmantel alltürkische, (in Wirklichkeit aber) fränkische (= verwestlichte) Bewegung, als eine patriotische anführen. Dann könntet ihr zu einem Mann wie mir, der wenig Wert auf das Leben in dieser Welt legt, Rassismus als eine Seuche, wie die »fränkische Krankheit« (Syphilis) betrachtet, junge Leute von unerlaubten Vergnügungen und Gelüsten abzuhalten versucht und in einem anderen Land zur Welt gekommen ist, sagen: »Er ist ein Kurde. Folgt ihm nicht!« und so könntet ihr ein Recht haben, es zu sagen. Da aber nun einmal die Kinder dieses Landes, die man Türken nennt, aus sechs verschiedenen Volksschichten bestehen, ist es, wenn man fünf Schichten Schaden zufügt, ihr Wohlbefinden zerstört, einer einzigen dieser Schichten jedoch, ein vorübergehendes, weltliches Vergnügen bereitet, dessen Folge noch dazu unheilvoll ist, ja sie geradezu betrunken macht, so ist dies keineswegs ein Freundschaftsdienst für das türkische Volk, sondern Feindschaft.
Meiner Rasse nach, werde ich in der Tat nicht zu den Türken gezählt. Jedoch habe ich unter den Türken für die Leute der Gottesfürchtigen, die Gruppe der vom Unglück betroffenen, die Schicht der Alten, die Klasse der Kinder und die Schar der Schwachen und der Armen mit all meiner Kraft, völlig freiwillig, mit viel Liebe (shefqat) und in brüderlicher Gesinnung gearbeitet und arbeite ich noch immer. Auch die jungen Leute, welche die sechste Volksschicht bilden, möchte ich von ungesetzlichen Handlungen abhalten, die ihr irdisches Leben vergiften, das jenseitige Leben zerstören und für eine Stunde lachen ein Jahr weinen zur Folge haben. Alle meine Werke, und zwar nicht nur das, was ich in den letzten sechs, sieben Jahren, sondern in zwanzig Jahren dem Qur’an entnommen und in türkischer Sprache veröffentlicht habe, liegt für jedermann offen zu Tage.
Lobpreis und Dank sei Gott dafür, dass mit diesen Werken (und allem, was ich) aus dieser Lichtquelle, dem Weisen Qur’an, in der Tat entnommen habe, ein Licht gezeigt worden ist, das diese Volksschicht der alten Leute mehr als alles andere ersehnt. Die wirksamsten Heilmittel für die vom Unglück heimgesuchten und die Kranken werden in der heiligen Apotheke des Qur’an dargeboten. Durch diese Lichter des Qur’an wird das Tor des Grabes, das die alten Leute mehr als sonst etwas zum Nachdenken anregt, als das Tor der Barmherzigkeit gezeigt und nicht als ein Tor, durch das es zur Hinrichtung geht. Ein besonders mächtiger Stützpunkt angesichts so zahlloser Unglücke und gefährlicher Dinge, denen die so empfindsamen Herzen der Kinder ausgesetzt sind, und ein Ort der Zuflucht, der all den zahllosen Hoffnungen und Wünschen offen steht, wurden auf dem Fundament des Weisen Qur’an errichtet, aufgezeigt und in der Tat auch praktisch genutzt. Und die schwere Verantwortung, die die Schicht der Armen und Schwachen am meisten bedrückt, die schwere Bürde, die nahezu ihr Leben zerstört, wird durch die Glaubenswahrheiten des Weisen Qur’an erleichtert.
Es sind also diese fünf Gruppen fünf Schichten der sechs Volksschichten der türkischen Nation, für deren Wohlergehen wir arbeiten. Die sechste Schicht aber ist seine Jugend. Mit den guten unter ihnen haben wir eine ernsthafte brüderliche Verbundenheit. Aber mit solch Glaubenslosen, wie du einer bist, haben wir in gar keiner Weise irgendeine freundschaftliche Beziehung! Denn Männer, welche den Gottlosen beigetreten sind und sich aus der Gemeinschaft islamischer Völker ausschließen wollen, welche doch alles umfasst, worauf auch das türkische Volk in Wahrheit stolz sein mag, betrachten wir nicht als Türken. Wir halten sie vielmehr für Franken, die (ihre Verwestlichung) unter einem türkischen Schleier verstecken wollen. Auch sollten sie hunderttausend Mal behaupten, national türkisch gesinnt zu sein, können sie doch die Leute der Wahrheit nicht täuschen. Denn ihre Taten und Handlungen strafen ihre Behauptungen Lügen.
Wohlan denn, oh ihr Anhänger dieser Franken (und ihrer Lebensweise) und all ihr Glaubenslosen, die ihr euch darum bemüht, meine aufrichtigen Mitbrüder mit eurer Propaganda dahin zu bringen, mir nur noch die kalte Schulter zu zeigen! Was tut ihr zum Wohle dieser Nation?
Ihr löscht das Licht der Gottesfürchtigen und der Frommen, die die erste Volksschicht bilden.
Ihr streut noch Gift auf die Wunden der zweiten Schicht, die doch der Güte und Fürsorge bedürftig sind.
Ihr zerstört den Trost der dritten Schicht, die doch so sehr euren Respekt verdient, und werft sie in die völlige Verzweiflung.
Ihr brecht ganz und gar die geistige Kraft der vierten Schicht, die doch so sehr eure Zärtlichkeit (shefqat) braucht und löscht ihre wahre Menschlichkeit aus.
Ihr lasst die Hoffnungen der fünften Schicht, die doch so nötig Hilfe, Trost und Unterstützung braucht, in ihrer Hoffnung, in ihrem Ruf nach Hilfe ohne Frucht sein und verwandelt das Leben in ihren Augen in etwas, das noch furchtbarer ist als der Tod.
Und der sechsten Schicht, die ihr doch eigentlich ermahnen und wachrütteln müsstet, gebt ihr in ihrem Jugendrausch auch noch Wein zu trinken, einen Wein, der sie in eine besonders schmerzliche und besonders schreckliche Trunkenheit versetzt.
Ist das etwa euer patriotischer Eifer, dass ihr um dessentwillen, so vieles opfert, was euch heilig ist? Ist es das, was eine national-türkische Gesinnung den Türken zu bieten hat? Hunderttausend Mal Zuflucht bei Gott!
Ihr Herren! Ich weiß, dass ihr eure Zuflucht zu eurer Macht nehmt, wenn ihr angesichts der Wahrheit verloren habt. In dem Geheimnis, dass die Macht sich auf die Wahrheit stützt (und auf den, der aus ihr lebt) und nicht die Wahrheit sich auf die Macht stützt (und auf den, der sie in Händen hält), könnt ihr rund um mich die Welt in Brand setzen, doch mein Kopf (rund um den herum die Welt in Flammen steht), der sich opfert für die qur’anischen Wahrheiten, wird sich nicht vor euch beugen. Zudem will ich euch auch dies noch sagen: auch wenn nicht nur eine begrenzte Anzahl Leute wie ihr, die doch das Volk in seinem Innern verachtet, sondern Tausende euresgleichen mir selbst tätlich ihre Feindschaft zeigten, würde ich ihnen dennoch keine Beachtung schenken, ja ihnen nicht mehr Wert beimessen als einem Haufen wilder Tiere. Denn was könnt ihr schon gegen mich ausrichten? Alles, was ihr tun könnt, ist, entweder meinem Leben ein Ende setzen, oder aber mein Werk zerstören. Außer diesen beiden Dingen verbindet mich nichts mit dieser Welt. Was die Stunde betrifft, die für dieses Leben vorherbestimmt ist, so glaube ich mit der Sicherheit eines Zeugen, dass sie sich nicht ändert. Sie ist bereits bestimmt. Da dies aber nun einmal so ist, scheue ich nicht davor zurück, als Märtyrer auf dem Weg der Wahrheit zu sterben, sondern erwarte sie mit Sehnsucht. Besonders da ich schon alt bin, glaube ich, dass es schwer für mich werden wird, noch ein weiteres Jahr zu leben. Ein Jahr dieses äußerlichen (Lebens) durch den Märtyrertod in ein immerwährendes Ewiges Leben zu verwandeln, ist für Leute wie mich der letzte Wunsch und das erhabenste Ziel. Was aber mein Werk betrifft, so hat mir Gott der Gerechte in Seiner Barmherzigkeit solche Brüder im Dienste am Glauben und am Qur’an geschenkt, dass er nach meinem Tode nicht mehr in nur einem Zentrum, sondern in vielen Zentren versehen werden wird. Wenn meine Zunge mit dem Tode zum Schweigen gebracht werden wird, werden sehr viele mächtige Zungen an Stelle meiner Zunge sprechen und dieses Werk fortsetzen. Ja ich kann sogar sagen: So wie ein Samenkorn in die Erde fällt und stirbt und dadurch einem neuen Halm das Leben schenkt und so schließlich hundert Körner mit ihrer Aufgabe beginnen, so nähre auch ich die Hoffnung, dass mein Tod der Anlass zu einem Werk sein wird, dass über mein Leben hinauswachsen wird!...

Fünfte teuflische List: Die Gefolgschaft der Leute des Irrwegs wollte meine Brüder, indem sie aus deren Selbstgefälligkeit ihren Nutzen zogen, (aus meinem Kreis) zurückziehen. Tatsächlich ist ja die für den Menschen gefährlichste Ader ihre Selbstgefälligkeit. Und es ist zugleich auch ihr schwächster Nerv. Wird er gestreichelt, so kann man ihn dazu bringen, ganz schlechte Dinge zu tun. Oh meine Brüder! Gebt Acht! Lasst euch nicht bei eurer Selbstgefälligkeit treffen. Lasst euch nicht in ihr gefangen nehmen! Ferner sollt ihr wissen, dass in diesem Jahrhundert die Leute des Irrweges die Selbstgefälligkeit bestiegen haben und auf ihr durch das Tal des Irrglaubens galoppieren. Die Leute der Wahrheit können nur dann der Wahrheit dienen, wenn sie ihre Selbstgefälligkeit aufgeben müssen. Auch sollten sie glauben, das Recht zu haben, von ihrem Ego Gebrauch zu machen, weil sie meinen, damit genauso zu handeln wie alle anderen und weil (die Leute des Irrweges dadurch glauben), dass (die Leute der Wahrheit) genauso selbstsüchtig seien wie sie selbst, so ist dies dennoch eine Unwahrheit im Dienst an der Wahrheit. In jedem Fall akzeptiert der Dienst am Qur’an, um den herum wir uns versammelt haben, nicht dieses »Ich«, sondern verlangt nach einem »Wir«. Er sagt: »Sagt nicht ›Ich‹, sondern sagt ›Wir‹«.
Sie sind mit Sicherheit zu der Überzeugung gelangt, dass dieser euer Bruder nicht durch sein Ego auf den Platz getreten ist. Und er macht euch auch nicht zu einem Diener an seinem Ego. Vielmehr zeigte er sich euch als ein Diener am Qur’an ganz ohne sein Ego. Nicht selbstgefällig zu sein und nicht an der Seite seines Egos zu stehen, hat er als seinen Weg (meslek) erwählt. In jedem Fall hat er euch mit absolut sicheren Zeugnissen bewiesen, dass die Werke, die zum allgemeinen Nutzen verfasst worden sind, öffentliches Eigentum, d.h. Tropfen aus dem Weisen Qur’an sind. Niemand darf in seiner Selbstgefälligkeit einen Anspruch an ihnen erheben! Nehmen wir doch einmal den unmöglichen Fall an, ich wollte mich in meiner Selbstgefälligkeit als der Eigentümer dieser Werke ausgeben, wie einer meiner Mitbrüder gemeint hat: seit sich nun die Türen des Qur’an geöffnet haben, sollten doch die Leute der Wissenschaft und aller Vollkommenheit nicht zögern und nicht erklären, sie hätten all dies gar nicht nötig, sondern ohne meine Fehlerhaftigkeit und die Bedeutungslosigkeit (meiner Person) zu beachten, sich hinter mich stellen. Die Werke der Rechtschaffenen (selef-i salihin) und der Forscher unter den Gelehrten sind wie eine riesengroße Schatzkammer, zur Genüge ausreichend für eine jede Art von Kummer. Doch geschieht es zuweilen, dass ein Schlüssel dazu noch wichtiger ist, als diese Schatzkammer. Denn wenn eine Schatzkammer geschlossen ist, könnte doch ein Schlüssel viele solche Kammern öffnen.
So denke ich denn, dass diejenigen, deren Selbstgefälligkeit ihnen allzusehr aus ihrer Bildung erwächst, verstanden haben, dass die Worte (Sözler), die veröffentlicht worden sind, jedes für sich ein Schlüssel zu den qur’anischen Wahrheiten und je ein diamantenes Schwert sind, dass solchen den Kopf abschlägt, die diese Wahrheiten bestreiten wollen. Die Leute der Tugend und der Vollkommenheit und solche, deren Selbstgefälligkeit ihnen allzusehr aus ihrer Bildung erwächst, sollten wissen, dass sie nicht Studenten von mir, sondern Schüler des Weisen Qur’an sind und dass auch ich mit ihnen ein Studienkollege bin.
Nehmen wir doch einmal den unmöglichen Fall an, ich würde den Rang eines Lehrmeisters (ustadh) für mich beanspruchen, da wir ja nun einmal einen Weg gefunden haben, all die Schichten der Leute des Glaubens von heute, von den ungebildeten bis hinauf zu den oberen Klassen, von all den Zweifeln und Unsicherheiten, von denen sie befallen sind, zu erretten, dann sollen doch alle diese Gelehrten entweder einen einfacheren Weg finden, oder aber unseren Weg für nötig erachten, ihn lehren und auf unsere Seite treten. Doch es hängt eine sehr schwere und düstere Wolke über all den schlechten Gelehrten. So müssen denn die (wahren) Wissenschaftler in unserer Zeit ganz besonders aufmerksam sein.
Nehmt also einmal an, ich würde so, wie unsere Feinde sich das vorstellen, einen solchen Dienst um meiner Selbstgefälligkeit willen verrichten. Da aber nun einmal eine große Anzahl Leute ihren Egoismus aufgeben und sich um irgendeines irdischen, nationalen Zieles willen vollkommen loyal um einen solchen Mann wie um einen Pharao scharen und in großer Solidarität ihren Dienst versehen, sollte da nicht etwa auch euer Bruder im Glauben das Recht haben, von euch um eurer Solidarität rund um die Glaubenswahrheiten willen erwarten, dass ihr euren Egoismus aufgeben werdet, so wie jene Feldwebel einer weltlichen Gesellschaft, solange wie dieser nur seinen eigenen Egoismus zu verbergen weiß? Und wenn noch nicht einmal die größten eurer Gelehrten ihm »Da bin ich! (Labbeyk)« sagen sollten, wären sie dann nicht im Unrecht?
Meine Brüder! Einer der gefährlichsten Aspekte des Egoismus in unserem Werk ist der Neid. Geschieht etwas nicht pur um Gottes willen, so tritt der Neid dazwischen und zerstört alles. Wie die Hand eines Menschen nicht neidisch auf seine andere Hand sein kann und sein Auge nicht auf sein Ohr und das Herz nicht in Streit treten kann mit dem Verstand, so ist auch ein jeder von euch ein Sinn, ein Glied innerhalb einer geistigen Körperschaft, dessen Ganzheit ihr alle formt. Es geht nicht darum, miteinander in Streit zu liegen. Vielmehr solltet ihr im Gegenteil stolz sein auf die gemeinsamen guten Eigenschaften. Sich über sie zu freuen ist eine grundlegende Gewissenspflicht.
Aber es gibt da noch ein Ding das bleibt und äußerst gefährlich ist: untereinander und unter euren Freunden Eifersucht gegenüber diesem euren armen Mitbruder zu empfinden, ist äußerst gefährlich. Es gibt unter euch auch einige sehr bedeutende Wissenschaftler. Bei einem Teil dieser Wissenschaftler finden sich solche, deren Selbstgefälligkeit ihnen allzusehr aus ihrer Bildung erwächst. Auch wenn diese ganz allgemein gesehen doch recht bescheiden sein mögen, so sind sie doch gerade in dieser Hinsicht ziemlich selbstgefällig. Sie können diese Selbstgefälligkeit nicht so schnell aufgeben. Wie sehr sich auch Herz und Verstand (an die Risale-i Nur) anklammern mögen, ihre Seele (nefs) sucht doch hinsichtlich ihrer Selbstgefälligkeit in der Wissenschaft einen Vorrang, um sich selbst verkaufen zu können, ja sogar, um über die abgehandelten und niedergeschriebenen Themen disputieren zu können. Und wenn auch ihr Herz diese Abhandlungen liebt und sie sich verstandesmäßig für sie begeistern und sie als erhaben einschätzen, wünscht ihre Seele (nefs), als nährte sie eine heimliche Feindschaft gegen sie, wegen ihrer Selbstgefälligkeit auf Grund ihrer Bildung, die Herabsetzung der Worte (Sözler), sodass der Ertrag ihres Denkvermögens mit ihnen konkurrieren und gleich ihnen verkauft werden könne. Dabei muss ich ihnen doch gezwungenermaßen folgendes mitteilen:
Selbst wenn diese (Leute) in den Kreisen qur’anischer Unterweisung Koryphäen der Wissenschaft und der Rechtsgelehrtheit wären, so besteht doch ihre Aufgabe in theologischer Hinsicht lediglich darin, die bereits niedergeschriebenen Worte (Sözler) zu erklären und zu erläutern und sie zu ordnen. Denn auf Grund sehr vieler Hinweise ist uns klar geworden, dass wir mit der Aufgabe betraut worden sind, Etwas herauszugeben, die sich auf die verschiedenen Glaubensartikel beziehen. Wenn irgendjemand aus unserem Kreis auf Grund eines Gefühls, das ihm aus seiner Selbstgefälligkeit hinsichtlich seiner Bildung erwächst, etwas schreibt, das außerhalb der Erläuterungen und Erklärungen (der Risale-i Nur) liegt, so gilt dies als ein eiskaltes Konkurrenzbestreben oder als der fehlerhafte Versuch einer Nachahmung. Ist doch anhand vieler Beweise und Zeichen erwiesen, dass die einzelnen Abschnitte der Risale-i Nur Tropfen aus dem Qur’an sind, denn in Übereinstimmung mit dem Gesetz der Arbeitsteilung, hat jeder von uns eine Aufgabe übernommen, indem wir uns darum bemühen, dass die Tropfen vom Wasser des Lebens, die (aus dem Qur’an) hindurchgesickert sind, für einen jeden erreichbar gemacht werden können, der ihrer bedarf!...

Sechste teuflische List: Es ist dies folgendermaßen: Er nutzt die nur allzu menschliche Ader seiner Faulheit, seine Leidenschaft für äußerlichen Komfort und sein Verhaftetsein an alle nur erdenklichen Pflichten. Diese Teufel in Menschen- und in Dschinnengestalt greifen (den Menschen) in der Tat in jeder Hinsicht an. Wenn sie solche Leute unter uns erblicken, deren Herzen stark, deren Treue unerschütterlich, deren Absichten aufrichtig und deren Eifer erhaben ist, so greifen sie diese von einer anderen Richtung her an. Dies geschieht folgendermaßen:
Um unsere Arbeit ins Stocken zu bringen und uns in unserem Dienst zu entmutigen, ziehen sie ihren Nutzen aus der Faulheit, der Bequemlichkeit (unserer Brüder einerseits) und deren Pflichtversessenheit (andererseits). Mit derlei Listen halten sie (unsere Brüder) von ihrem Dienst am Qur’an ab, sodass sie für einen Teil von ihnen, ohne es zu merken, noch mehr Arbeit finden, damit sie für den Dienst am Qur’an keine Zeit mehr haben. Anderen wiederum zeigen sie alle faszinierenden Dinge dieser Welt, womit ihre Lust geweckt wird, damit in ihnen eine Gleichgültigkeit (ghafla) dem Dienst gegenüber aufsteigen solle usw.
Diese Angriffsmethoden können sich in die Länge ziehen. Um aber diese Länge kurz abzuschneiden, überlassen wir das eurem aufmerksamen Verständnis.
Oh meine Brüder! Merkt gut auf: eure Aufgabe ist heilig. Euer Dienst ist erhaben. Jede Stunde eurer Zeit kann so wertvoll sein wie ein Tag der Anbetung. Gebt also gut Acht, damit sie euch nicht zwischen den Fingern zerrinnt!...


Oh ihr Gläubigen! Seid geduldig und harrt miteinander aus in Geduld und fürchtet Gott, damit es euch wohl ergehe!« (Sure 3, 200) »Und verkauft Meine Verse nicht um ein Geringes.« (Sure 2, 41)





Ein heiliges (Jahr) in der Geschichte


Ein Jahr in der Geschichte, in dem ein bedeutendes Geheimnis des Weisen Qur’an offenbar wurde, findet sich wiederum in einem Wort des Qur’an. Es ist dies wie folgt:
Entsprechend dem Abced-System entspricht der numerische Wert des Wortes »Qur’an« dreihundertundeinundfünfzig. In ihm sind zwei Elif enthalten. Liest man das verborgene Elif als »elfun«, so ist es ein »elfun« mit der Bedeutung von Tausend.
Damit soll gesagt sein, dass das Jahr Eintausenddreihundertundeinundfünfzig als das Jahr des Qur’an bezeichnet werden kann. Das ist so, weil in diesem Jahr das merkwürdige Geheimnis der Übereinstimmungen in dem Wort »Qur’an« in denjenigen Teilen der Risale-i Nur offenbar wurde, die ein Kommentar zum Qur’an sind. Das wunderbare Geheimnis dieser Übereinstimmungen in dem Wort »Allah« im Qur’an erschien in demselben Jahr. Ein Qur’anexemplar, das dieses wunderbare Muster aufweist, zusammengestellt und geschrieben entsprechend der neuen Gestaltungsweise, erschien noch im selben Jahr. Im gleichen Jahr setzten sich die Schüler des Qur’an mit ihrer ganzen Kraft für die Erhaltung der qur’anischen (= arabischen) Schreibweise ein, angesichts ihrer Umwandlung (in die lateinische Schreibweise). Bedeutende Feinheiten der Wunderhaftigkeit des Qur’an wurden gleichfalls im selben Jahr offenbar. Ferner ereigneten sich in diesem Jahr noch viele Dinge, die mit dem Qur’an in Verbindung stehen; und es sieht so aus, als wollten sie sich auch noch weiterhin ereignen...



Sechs Fragen
Anhang zum Sechsten Kapitel, zugleich auch Anhang zur sechsten Abhandlung
Dieser Anhang wurde geschrieben, um den Abscheu und die Verachtung zu vermeiden, die sich andernfalls hier in künftiger Zeit ausbreiten werden. Das heißt, er wurde geschrieben, sodass wir, wenn man sagt: »Pfui über diese Schlappschwänze in diesem unseren Zeitalter!«, ihre Spucke unser Gesicht nicht treffen möge, bzw. um sie von ihm wieder abzuwischen. Mögen die tauben Ohren dieser wilden Leiter eines Europa hinter ihrer humanistisch gesinnten Maske davon widerklingen!... Und möge es diesen maßlosen Tyrannen, welche uns mit diesen gewissenlosen Gewaltmenschen heimgesucht haben, in ihre nichtssehenden Augen gesteckt werden! Es ist dies eine Petition, geschrieben, um damit den Anhängern einer mehr ärgerlichen als bürgerlichen Zivilisation über die Köpfe zu hauen, die es in diesem Jahrhundert mehr als hunderttausend Mal nötig gemacht haben, zu rufen: »Es lebe die Hölle!«


»Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Allbarmherzigen« »Und es gibt da für uns nichts, warum wir nicht auf Gott vertrauen sollten. Denn Er hat uns in der Tat auf unserem Weg geleitet und sicherlich werden wir geduldig alle Leiden ertragen, die Er uns auferlegt hat. Und wer immer vertraut, der vertraue auf Gott!« (Sure 14, 12)


In letzter Zeit haben die versteckten Angriffe der Glaubenslosen eine ganz besonders hässliche Form angenommen, wobei sie mit ihren erbärmlichen, ungerechten Angriffen gegen die so unglücklichen Leute des Glaubens (vorgingen und sich sogar) in unseren privaten und keineswegs offiziellen Ruf zum Gebet (edhan ve iqamah), also in dieses unser privates Gebet einmischten, das ich mit noch zwei mir eng verbundenen Brüdern in einem privaten Raum verrichtete, den ich mir selbst dafür hergerichtet hatte. Man sagte also zu mir: »Warum rezitierst du den Ruf zum Gebet in arabischer Sprache und wieso versuchst du das geheim zu halten?« Da war denn doch meine Geduld erschöpft. So richte ich mich denn nicht etwa an diese unzivilisierten, gottlosen (Leute), die einer Antwort gar nicht wert sind, sondern an den pharaonengleichen Vorstand einer Gesellschaft, der mit einer geradezu despotischen Willkür mit dem Schicksal einer ganzen Nation spielt, (mit dem Ruf): »Oh ihr Leute einer ketzerischen Neuerung (bid’a) und der Gottlosigkeit (ilhad)!... Ich erwarte eine Antwort auf (die folgenden) sechs Fragen.

Erstens: Jede Regierung in der Welt, jedes Volk und jeder Stamm, ja selbst ein Stamm Menschenfleisch essender Kannibalen, ja sogar ein Räuberhauptmann in all seiner Wildheit und Grausamkeit herrscht und regiert auf seine Weise und urteilt nach seinen Prinzipien. Ihr aber, nach welchen Prinzipien führt ihr diese außerordentlichen Angriffe aus? Legt mir die Artikel eures Gesetzes vor! Oder akzeptiert ihr die willkürlichen Einfälle einer Handvoll niederträchtiger Beamter? Denn für ein solches privates Gebet gibt es kein Gesetz und kann es ein solches Gesetz nicht geben!...

Zweitens: Auf welche Macht stützt ihr euch und woher nehmt ihr diese Unverschämtheit, das Prinzip der »Freiheit des Gewissens« zu verletzen, das fast überall in der Menschheit herrscht, besonders in diesem Zeitalter der Freiheit und in zivilisierten Kreisen, es auf die leichte Schulter zu nehmen und auf diese Weise indirekt die Menschheit zu verletzen und ihre Vorstellungen zurückzuweisen? Was für eine Macht gibt es denn, dass ihr, obwohl ihr euch doch Laien nennt und behauptet, ihr wolltet euch nicht in Glaube noch Unglaube einmischen, die Religion und die religiösen Menschen in einer Weise angreifen könnt, als hättet ihr die Glaubenslosigkeit in geradezu fanatischer Weise für euch selbst zu eurer Religion gemacht, was sicherlich nicht verborgen bleiben wird?!... Danach werdet ihr noch einmal gefragt werden... Was für eine Antwort werdet ihr dann geben?... Obwohl ihr noch nicht einmal gegen einen Einwand auch der kleinsten von zwanzig (verschiedenen internationalen) Regierungen standhalten könnt, versucht ihr dennoch gewaltsam die Freiheit des Gewissens zu verletzen, als ob ihr die Einwände von zwanzig Regierungen vollständig missachten wolltet.

Drittens: Welchem Prinzip entsprechend fordert ihr, dass Leute wie ich, die der Rechtsschule der Schafis folgen, eine irrige Fetwa annehmen sollen, die einige schlechte Gelehrte, die ihr Gewissen an die Welt verkauft haben, im Widerspruch zur Lauterkeit und Erhabenheit der Hanefitischen Rechtsschule erlassen haben?... Wenn nun, nachdem die Rechtsschule der Schafis geschlossen worden ist, die doch einige Millionen Anhänger hat, jetzt alle der Hanefitischen Schule folgen müssen und mir dies in diktatorischer Weise auferlegt wird, so könnte man vielleicht sagen, dass dies ein Prinzip areligiöser Menschen ist, wie ihr es seid. Andernfalls ist es (ein Akt) der Willkür und der Gemeinheit. Wir aber folgen nicht derartigen Willkürakten von Leuten wie diesen und wir erkennen sie auch nicht an!

Viertens: In Übereinstimmung mit welchen Prinzipien verlangt ihr denn durch eine verfälschte, ketzerische (bid’a) Fetwa den Aufruf zum Gebet (iqama) in türkischer Sprache, auf eine Weise, die nationalen türkischen Interessen vollkommen widerspricht, welche pur religiös und voll Respekt gegenüber dem Glauben sind und sich schon in alten Zeiten mit dem Islam vereint und vermischt haben, im Namen sogenannter national türkischer (Interessen), welche (in Wirklichkeit) nur fränkische Interessen (d.h. also eine verwestlichte Gesinnung) sind, von solchen, die wie ich doch einem anderen Volk angehören? Obwohl ich in der Tat freundschaftliche und brüderliche Beziehungen mit wahren Türken unterhalte, habe ich doch in gar keiner Hinsicht irgendeine Beziehung mit solchen national türkisch gesinnten Anhängern der Franken (d.h. der Verwestlichung), wie ihr es seid. Wie könnt ihr auch so etwas von mir verlangen? und nach welchem Gesetz?... Falls ihr etwa den Kurden ihr Volkstum aberkennen wolltet, deren es Millionen gibt und die seit Tausenden von Jahren ihr Volkstum und ihre Sprache nicht vergessen haben und welche von Alters her die treuen Volksgenossen und Kampfgefährten der Türken sind, und wenn ihr wollt, dass sie nun ihre Sprache vergessen sollen, dann könnte vielleicht eure Forderung gegenüber solchen, die wie ich einem anderen Volk zugezählt werden, in Übereinstimmung mit irgendeiner Art grausamem Prinzip sein. Andernfalls wären sie rein willkürlich. Diesen völlig willkürlichen Launen einiger Individuen sollte man nicht folgen und wir werden ihnen auch nicht folgen!

Fünftens: Eine Regierung mag gegenüber ihren Staatsbürgern und gegenüber denjenigen, die sie als ihre Bürger ansieht, alle Gesetze in Anwendung bringen; aber sie kann diese Gesetze nicht gegenüber denjenigen anwenden, die sie nicht als ihre Bürger anerkennt. Denn sie können sagen: »Da wir nicht eure Bürger sind, seid ihr auch nicht unsere Regierung!«
Ferner kann keine Regierung zwei Strafen zu gleicher Zeit verhängen. Sie wird einen Mörder entweder einsperren oder ihn hinrichten. Jemanden gleichzeitig zu einer Haftstrafe zu verurteilen und ihn gleichzeitig zum Tode zu verurteilen, gibt es nirgendwo auf der Welt. Ein solches Gesetz gibt es nicht!
Dennoch habt ihr, obwohl ich doch diesem Land und seinem Volk in keiner Weise irgendeinen Schaden zugefügt habe, mich acht Jahre lang in Gefangenschaft gehalten, unter Strafbedingungen, wie man sie noch nicht einmal dem rohesten (Gefangenen) einer ausländischen Nation auferlegt hätte. Obwohl ihr selbst noch Verbrecher begnadigt habt, habt ihr jedoch meine Freiheit mit Füßen getreten und mich in einer Weise behandelt, dass ihr mich all meiner bürgerlichen Rechte beraubt habt. Wenn ihr also nun nicht gesagt habt: »Auch dieser ist ein Sohn unseres Landes.«, in Übereinstimmung mit welchem Prinzip oder Gesetz habt ihr dann unter diesem armen Volk gegen ihren Willen diese Prinzipien, welche die Freiheit zerstören, jemandem wie mir auferlegt, der doch für euch in jeder Hinsicht ein Ausländer ist? Seit dem Weltkrieg habt ihr all diese Heldentaten, deren Vollbringer diese Person war und die von dem kommandierenden General bestätigt worden sind, für nichts erachtet und seinen selbstlosen, opferwilligen Kampf im Dienste des Vaterlandes als ein Verbrechen betrachtet. Danach habt ihr all seine ernsthaften und wirklich erfolgreichen Bemühungen, die guten Sitten dieses armen Volkes zu wahren und sein Glück in dieser und der künftigen Welt sicherzustellen, für Verrat erklärt. Danach habt ihr jemanden, der eure ungerechte, gefährliche, willkürliche Art, die doch so vollkommen sinnlos ist und die aus eurem Unglauben und eurer fränkischen (= westlichen) Gesinnung erwächst, für sich selbst nicht akzeptiert, dennoch zu acht Jahren (Haft) verurteilt (aus welcher Strafe inzwischen achtundzwanzig Jahre geworden sind). Dabei blieb das Strafurteil selbst stets das gleiche. Ich habe diese Vollstreckung niemals angenommen. Dennoch habt ihr diese Bestrafung ganz einfach durchgeführt. Welches ist aber nun das Prinzip, nachdem ihr eine Verurteilung auf diese Weise brutal ein zweites Mal vollstreckt

Sechstens: Angesichts der Behandlung, die ihr mir habt angedeihen lassen und euren eigenen Ansichten entsprechend, muss ich euch in allen Punkten widersprechen. Ihr opfert euren Glauben und verzichtet auf das Jenseits um des Diesseits willen. In jedem Fall sind auch wir, was nun uns und was dabei eure Ansichten betrifft, wenn es um das Geheimnis der Gegensätze geht, weil ja nun einmal ein Gegensatz zwischen uns besteht, dazu bereit, das Diesseits um unseres Glaubens willen und für das Jenseits jederzeit zum Opfer zu bringen. Zwei, drei Jahre eines Lebens unter eurer despotischen und brutalen Herrschaft im Elend aufzuopfern, um so ein geheiligtes Martyrium für uns zu gewinnen, gilt uns gleich dem Wasser aus der Quelle des Kauthar. Jedoch gestützt auf die Segnungen des Weisen Qur’an und seine Hinweise bringe ich euch, damit ihr zittern sollt, diese folgende zuverlässige Nachricht:
Nachdem ihr mich getötet habt, werdet auch ihr nicht mehr weiter leben können! Ihr werdet von einer unbesiegbaren (Qahhar) Hand aus dieser Welt, die euer Paradies und eure Geliebte ist, vertrieben und sehr schnell in die ewige Finsternis geworfen werden! Hinter mir werden auch eure, einem Nimrod gleichenden Anführer sehr schnell zu Grunde gehen und zu mir geschickt werden. Dann werde auch ich sie in der Gegenwart Gottes am Kragen packen. Und während die Göttliche Gerechtigkeit sie ganz hinab in den aller tiefsten Abgrund (esfela safilin) schleudert, werde ich meine Rache nehmen!
Oh ihr elenden Schufte, die ihr euren Glauben und das Jenseits um dieser Welt willen verkauft! Wenn ihr weiter leben wollt, so fasst mich nicht an!... Wenn ihr mich anfasst, so wisset, dass man für mich hundertfältig an euch Rache nehmen wird; und zittert davor!... Dabei erhoffe ich von der Göttlichen Barmherzigkeit, dass mein Tod dem Glauben mehr dienen wird als mein Leben. Mein Tod wird über euren Köpfen wie eine Bombe explodieren und er wird eure Köpfe zerschmettern! Fasst mich nur an, wenn ihr den Mut dazu habt!... Wenn ihr etwas zu tun habt, werdet ihr auch etwas zu erleben haben!... Ich werde entgegen all euren Drohungen diese Ayah euch mit ganzer Kraft ins Gesicht lesen:


»Zu ihnen haben die Menschen gesagt: ›Die Menschen haben sich gegen euch versammelt. Also fürchtet euch vor ihnen.‹ Doch das hat ihren Glauben nur noch gestärkt und so sagten sie: ›Es genügt uns Gott und Er ist unser bester Anwalt.‹« (Sure 3, 173)




[h=1]Siebentes Kapitel - Die sieben Hinweise[/h]
»Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Allbarmherzigen« »So glaubt denn an Gott und seinen Gesandten, den ungelehrten Propheten, der an Gott und Sein Wort glaubt. Folgt ihm, damit ihr recht geleitet sein mögt.« (Sure 7, 158) »Sie möchten das Licht Gottes mit ihrem Munde ausblasen. Doch Gott besteht darauf, sein Licht zu vollenden, auch wenn es den Ungläubigen zuwider ist.« (Sure 9, 32)




Diese sieben Hinweise sind die Antwort auf drei Fragen. Die Erste Fragestellung besteht aus vier Hinweisen.
Erster Hinweis: Die Begeisterung und die Argumente derer, welche die Kennzeichen des Islam verändern wollen, entstammen wieder einmal, wie alle diese üblen Dinge, aus der unbesehen blinden Nachahmung der Ausländer. Sie sagen nämlich: »Ausländer, die in London zur Rechtleitung gelangt sind und den Glauben angenommen haben, übersetzen in ihrem Lande viele Dinge, wie den Ruf zum Gebet, und übertragen sie in ihre eigene Sprache. Und die islamische Welt schweigt dazu und widerspricht dem nicht. Das aber heißt, dass es eine gesetzliche Erlaubnis dazu geben muss, weshalb man denn dazu schweigt...« Antwort: Bei diesem Vergleich gibt es einen so offensichtlichen Unterschied, dass kein mit einem Bewusstsein begabtes Wesen derartige Dinge in irgendeiner Weise miteinander vergleichen oder nachahmen könnte. Denn das Land der Ausländer wird nach islamischer Terminologie als »offenes Land« (Daru-l’harb) deklariert. In einem solch »offenen Land« können viele Dinge erlaubt sein, die in einem »befriedeten Land« (Daru-s’Selam) ungesetzlich sind. Darüber hinaus sind die fränkischen Lande der Herrschaftsbereich der allerchristlichsten Majestäten. Da dies nicht die Umgebung ist, in der der Geist des Gesetzes und die heilige Sprache ganz allgemein in wortloser Weise (lisan-i hal) zum Ausdruck gebracht, übermittelt, spürbar gemacht werden kann, musste man notwendigerweise die heilige Bedeutung den heiligen Worten vorziehen. Um dieser Bedeutung willen hat man schließlich auf die Worte verzichtet. So hat man denn das kleinere Übel gewählt. Handelt es sich aber statt dessen um ein Daru-l’Islam, so unterweist allein schon die Umgebung die Leute des Islam auf nonverbale Weise in der sinngemäßen Zusammenfassung der heiligen Worte. Die islamische Tradition und die islamische Geschichte, alle islamischen Kennzeichen und die Gespräche der Leute des Islam über die Grundpfeiler des Islam lehren die Leute des Glaubens ständig die kurz zusammengefasste Bedeutung der heiligen Worte. In diesem Lande sind neben den Moscheen und Medressen selbst noch die Grabsteine in den Friedhöfen gleich Lehrern, die diese heiligen Inhalte den Leuten des Glaubens einprägen und sie in Erinnerung rufen. Fällt denn etwa ein Mann, der sich selbst einen Muslim nennt und um irgendeines irdischen Vorteils willen, wenn er täglich fünfzig Worte irgendeiner fränkischen Sprache auswendig lernt, dabei aber solch heilige Worte wie »Gepriesen sei Gott!«, »Dank sei Gott!«, »Es gibt keine Gottheit außer Gott.« und »Gott ist groß.«, die in fünfzig Jahren täglich fünfzig Mal wiederholt werden, nicht lernt und ihre Bedeutung nicht kennt, nicht fünfzig Mal tiefer als ein Tier? Diese Heiligen Worte können nicht für derartige Tiere übersetzt, verfälscht und (aus dem islamischen Wortschatz) gestrichen werden! Sie umzuwandeln und auszustreichen hieße alle Gräber einzuebnen und die Bewohner dieser Gräber, die ob einer solchen Beleidigung zittern, gegen sich aufzubringen. Die schlechten religiösen Führer, die durch die Leute des Unglaubens verführt worden sind, sagen nun, um das Volk zu täuschen, dass Imam A’dham im Gegensatz zu allen anderen Imamen gesagt hat: »Wenn in entfernten Landen die Not es erforderlich macht, ist es für diejenigen, die des Arabischen nicht mächtig sind, keineswegs verboten, an Stelle dessen die Suratu-l’Fatiha auch in persischer Übersetzung zu rezitieren.« Wenn das aber so ist, dürfen denn dann nicht auch wir, wenn wir doch auch in Not sind, auf Türkisch beten?... Antwort: Gegen diese Fetwa des Imam-i A’dham haben die bedeutendsten der führenden Autoritäten, wie auch die zwölf leitenden Imame (der vier Rechtsschulen) eine Fetwa erlassen. Die große Straße der Islamischen Welt ist die Straße all dieser Imame. Die islamische Gemeinde (umma) in ihrer großen Masse bewegt sich auf dieser Großen Straße. Solche, die sie durch eine andere, besondere, enge Straße leiten wollen, führen sie in die Irre. Diese Fetwa von Imam-i A’dham ist in fünffacher Hinsicht etwas besonderes: Erstens: sie betrifft diejenigen, die weit entfernt von einem islamischen Zentrum leben. Zweitens: es handelt sich um eine echte Notlage Drittens: (diese Fetwa) gilt nur für eine Übersetzung ins Persische, was nach einer Überlieferung zu den Sprachen der Leute des Paradieses gezählt wird. Viertens: Diese Ausnahmeregelung wurde ausschließlich für die Suratu-l’Fatiha erteilt, damit diejenigen, welche die Suratu-l’Fatiha nicht können, nicht deswegen das Gebet unterlassen. Fünftens: Eine solche Ausnahmegenehmigung wurde erteilt, um damit einer Begeisterung für den Islam zu entsprechen, welche aus der Kraft des Glaubens erwächst, sodass die heilige Bedeutung auch von den einfachen Leuten verstanden werden konnte. Jedoch das arabische Original aufzugeben für eine bloße Übersetzung, aus einer gewissen Glaubensschwäche heraus, gepaart mit nationalistischen Gedanken und einem Hass auf die arabische Sprache, getrieben von einem destruktiven Bedürfnis, heißt andere zur Aufgabe des Glaubens zu veranlassen!... Zweiter Hinweis: Die Leute einer ketzerischen Erneuerung (bid’a), welche die Kennzeichen des Islam verändern möchten, wollten zunächst von ihren schlechten Gelehrten eine Fetwa erhalten. Sodann haben sie obige Fetwa vorgezeigt, deren Besonderheiten, wir bereits in fünffacher Hinsicht aufgezeigt haben. Zweitens: Die Leute der ketzerischen Erneuerung (bid’a) übernahmen nun von den ausländischen Reformatoren folgende unglückselige Idee: Unzufrieden mit der Katholischen Kirche versuchten die Reformatoren (Martin Luther 1517 – A.d.Ü.) eine christliche Erneuerung. Für die Katholische Kirche waren die Reformatoren Ketzer, ähnlich den Mutesiliten. Nach dem Dreißigjährigen Krieg (1648) erhielten die Länder der Reformation ihre Eigenständigkeit. Die Französische Revolution (1789) zerstörte den Kirchenstaat und beraubte die Katholische Kirche ihrer Machtposition. Nun sagen aber heute diese Pseudopatrioten hier, die nur blindlings nachahmen: »Da es nun einmal in der Katholischen Kirche Männer mit Ketzerischen Ideen gegeben hat, aus denen sich dann die Kirchen der Reformation entwickelt haben, die sich nun heute um Verständnis füreinander bemühen, warum sollte es dann nicht auch im Islam eine solche Art Reformation geben?«... Antwort: Bei diesem Vergleich ist der Unterschied vergleichsweise größer als im »Ersten Zeichen«. Denn in der Religion Jesu wurden nur die Fundamente des Glaubens von Jesus, mit dem der Friede sei, übernommen. Die meisten Grundsätze des sozialen Lebens und die Ausführungsbestimmungen zum Gesetz wurden von seinen Jüngern und Aposteln und den Kirchenvätern geformt. Der größte Teil wurde aus den vorausgegangenen Heiligen Schriften (Taurat, Sebur) entnommen. Da Jesus, mit dem Friede sei, kein weltlicher Herrscher und kein Sultan war und auch nicht die Quelle eines allgemeinen Gesellschaftsrechts, wurden die Fundamente seines Glaubens mit Gewändern allgemeiner Gesetze und des bürgerlichen Rechts von außen umkleidet, wodurch sie verschiedene Formen annahmen und nun als das Gesetz Christi bezeichnet werden. Ändert man diese Form und wechselt man die Kleider, so bleibt doch das Fundament des Glaubens Jesu, mit dem der Friede sei, weiter erhalten. Und so verleugnet (wer sich zu ihm bekennt) Hasret Isa, mit dem der Friede sei, nicht und widerspricht ihm auch nicht. Denn da der Stolz der Welt, mit dem Friede und Segen sei, der der König beider Welten, der Herr des islamischen Glaubens und Gesetzes ist, und seine Herrschaft den Osten und den Westen, Andalusien und Indien umfasst, zeigte er die Grundsätze des islamischen Glaubens und brachte die Bestimmungen zur Durchführung dieses Glaubens, was selbst noch die allerkleinsten Formen des Verhaltens mit einschließt. Er selbst lehrte sie und befahl sie zugleich. Das heißt: auch die Bestimmungen zu seiner Durchführung gleichen nicht etwa einem Gewand, das man auswechseln kann, wobei dann der ursprüngliche Glaube noch erhalten bleibt. Vielmehr bilden sie zusammen den Leib für die Fundamente des Glaubens oder doch wenigstens deren Haut. Vereinigt und ineinander verwoben kann man sie unmöglich voneinander trennen. Sie voneinander zu trennen, verursacht unmittelbar den Herrn des Gesetzes zu verleugnen oder ihm zu widersprechen. Was die Unterschiede zwischen den einzelnen Rechtsschulen betrifft, so erwachsen sie aus dem unterschiedlichen Verständnis der theoretischen Grundsätze, die der Herr des Gesetzes (schari’a) unterwiesen hat. Was aber die Prinzipien betrifft, die als unentbehrlich für den Glauben betrachtet und nicht mehr verändert werden können, so gelten sie als unverrückbar und sind keiner weiteren Auslegung zugänglich. Wer sie verändert, zieht sich aus dem Glaubensleben zurück und wechselt hinüber in ein Leben entsprechend dem Hadith:


»Sie verwerfen denn Glauben wie der Pfeil von der Sehne schwirrt.«




Die Leute der ketzerischen Erneuerung (bid’a) und der Gottlosigkeit haben sich eine Ausrede zurechtgelegt, indem sie sagen: »Die französische Revolution war der Auslöser für eine Reihe von Ereignissen in der Geschichte der Menschheit und durch sie erfolgte ein Angriff auf die Priester, Bischöfe und Mönche der Katholischen Kirche, die ihre Kirche war und nun ihre Autorität verlor. Das wurde dann später von vielen gutgeheißen. Und dann erst nahm bei den Franken (also in der westlichen Welt) der Fortschritt seinen Lauf.

Antwort: Auch bei diesem Vergleich ist genauso wie bei den vorigen Vergleichen der Unterschied offensichtlich: Denn in Frankreich lagen schon seit langem alle Mittel der Herrschaft, ja der Unterdrückung in Händen des Adels und der Herrschenden christlichen Glaubens, und das waren (in Frankreich) die Katholiken, und es war der Adel, der auf diese Weise seinen Einfluss über das einfache Volk ausbreitete. Und da sie alle Mittel der Unterdrückung patriotischer Gesinnung und derer, die im einfachen Volk aufgeklärt waren, der Freidenker und derer, die im Revolutionsrat saßen und den Adel und die Despoten angriffen, in Händen hielten, hatte es jahrhundertelanger Unruhen und Kämpfe bedurft, um schließlich die alte soziale Ordnung über Bord zu werfen. So glomm denn ein Gefühl tiefster Kränkung und Beleidigung unter dem einfachen Volk und seinen Denkern und mündete in den oben erwähnten historischen Ereignissen.
Es hat jedoch niemand unter den armen, bedauernswerten Menschen und ihren Denkern das Recht, sich über die Religion Mohammeds mit dem Friede und Segen sei, den Islam und sein Gesetz (Schari’a) zu beschweren. Denn es verletzt sie nicht, sondern beschützt sie. Die islamische Geschichte liegt dafür allen offen. Von ein oder zwei Ereignissen abgesehen hat es im Islam kaum jemals einen innerislamischen Religionskrieg gegeben. Wohingegen sich die katholischen Länder und die Länder der Reformation ständig bekriegten.
Des Weiteren war der Islam schon immer der Zufluchtsort der einfachen Leute mehr denn als der der höheren Kreise. Durch die Verpflichtung zum Sekat und das Verbot von Zins und Wucher hat er die Oberschicht nicht zu Diktatoren der einfachen Leute werden lassen, sondern in gewisser Weise zu deren Dienern. So heißt es:


»Der Herr eines Volkes ist sein Diener.« »Der beste unter den Menschen ist der ihnen am hilfreichsten ist.«




Des Weiteren heißt es mit den Worten des Weisen Qur’an:


»Haben sie denn keinen Verstand.« (Sure 2, 44) »Warum achtet ihr nicht darauf?« (Sure 4, 82) »Warum denken sie nicht nach?« (Sure 6, 50)




und fordert so den Verstand mit heiligen Hinweisen zum Zeugen auf, verwarnt uns, wendet sich an unser Urteilsvermögen und regt zu Untersuchungen an. Dadurch gibt er den Leuten der Wissenschaft und den Leuten von Verstand eine besondere Stellung (maqam) im Glauben und eine eigene Bedeutung. Er lehnt nicht wie die (alten) christlichen Kirchen den Verstand ab, bringt seine Wissenschaftler nicht zum Schweigen und fordert von ihnen keine blinde Nachahmung.
Da sich nun Christentum und Islam in ihrer heutigen Form grundsätzlich voneinanderunterscheiden und in vielfacher Hinsicht ihre eigenen Wege gehen, nicht so aber das wahre Christentum, ergeben sich daraus die oben erwähnten Unterschiede. Der entscheidende Punkt aber ist:
Islam ist die wahre Religion der göttlichen Einheit (Tauhid), weshalb er Mittler und Ursachen (neben oder außer Gott) verwirft. Er zerbricht den Egoismus und errichtet (an seiner Statt) einen reinen Dienst und eine aufrechte Anbetung (ubudiyet). Er zerstört (jegliche Herrschaft) angefangen von der (ganz offensichtlichen) Herrschaft der Seele (nefs) bis hin zu (einer noch so versteckten) Herrschaft und weist sie zurück. Es ist aus diesem Grund, dass ein großer Mensch in gehobener Stellung, wenn er den Glauben vollständig annehmen möchte, unbedingt seinen Egoismus aufgeben muss. Wer von seinem Egoismus nicht ablassen kann, der wird von seiner Glaubenskraft und zum Teil von seinem Glauben selbst ablassen.
Was nun das Christentum heutzutage betrifft, so schreibt es den Mittlern und Ursachen eine tatsächliche Wirkung zu, nachdem es einmal das Dogma von der Sohnschaft Gottes angenommen hat. Es kann den Egoismus nicht im Namen des Glaubens brechen. Vielmehr verleiht es dem Egoismus eine Heiligkeit, indem (der Papst als Gottes) geheiligter Stellvertreter von Hasret Isa, mit dem der Friede sei, genannt wird. Aus diesem Grunde können christliche Honoratioren in dieser Welt die höchsten Posten einnehmen und dennoch religiös sein. Ja es gibt in der Tat viele wie den früheren amerikanischen Präsidenten Wilson und den ehemaligen britischen Premierminister Lord George, die genauso fanatisch waren wie ihre Priester. Wer als Muslim zu einer derartigen Stellung aufsteigt, der bleibt selten derart gläubig und standhaft, denn sie können ihren Stolz und ihren Egoismus nicht aufgeben. Was aber wahre Gottesfurcht betrifft, so lässt sie sich nicht mit Stolz und Selbstgefälligkeit kombinieren.
So wie denn in der Tat der Fanatismus des christlichen Adels und die Kraftlosigkeit der muslimischen Oberschicht einen bedeutenden Unterschied aufweisen, so zeigt die Tatsache, dass (die heutigen) Philosophen im (ehemals) Christlichen Abendland dem Glauben gleichgültig oder ablehnend gegenüber stehen, während die überwiegende Mehrheit der aus dem Islam hervorgegangenen Denker ihr philosophisches (Lehrgebäude) auf den Fundamenten des Islam aufgebaut haben, wiederum einen solchen bedeutenden Unterschied.
Des Weiteren können gewöhnliche Christen, die ins Gefängnis geraten oder sonst ein Unglück gestürzt sind, von ihrer Religion im Allgemeinen kaum Hilfe erwarten. Früher verloren die meisten von ihnen ihren Glauben. Ja sogar die gottlosen Jakobiner, diese durch die Geschichte berühmt gewordenen Aufständischen der Französischen Revolution, gehörten zu diesen vom Unglück verfolgten einfachen Leuten. Was jedoch den Islam betrifft, so erwartet die übergroße Mehrheit von denen, die ins Gefängnis geraten oder sonst ein Unglück gestürzt sind, Hilfe aus ihrem Glauben und werden religiös. Auch diese Situation zeigt wiederum einen bedeutenden Unterschied auf.

Dritter Hinweis: Die Leute der ketzerischen Erneuerung (bid’a) sagen: Dieser religiöse Fanatismus hat uns rückschrittlich gemacht. Um in dieser unserer Zeit leben zu können, muss man diesen Fanatismus aufgeben. Ist Europa nicht ein fortschrittliches (Land) geworden, nachdem es seinen Fanatismus aufgegeben hat?

Antwort: Ihr irrt euch und man hat euch getäuscht! Oder ihr täuscht euch deshalb, weil Europa am Glauben festhält. Sage doch einmal einem ganz gewöhnlichen Bulgaren oder einem englischen Soldaten oder irgendeinem dahergelaufenen Franzosen: »Setze einen Turban auf oder ich werde dich ins Gefängnis werfen!«, und seine Bindung an den (christlichen) Glauben wird ihn zu der Antwort zwingen: »Nicht das Gefängnis, ja noch nicht einmal der Tod kann mich dazu veranlassen, meinen Glauben und mein Volk zu verraten!«. (Eine Anspielung auf die damaligen Bekleidungsvorschriften in der Türkei. – A.d.Ü.)
Darüber hinaus bezeugt die Geschichte, dass wann immer die islamischen Völker an ihrem Glauben festhielten, sie auch in ihrer Stärke vorangeschritten sind. Und wann immer sie ihn in ihrer Schwäche vernachlässigt haben, hat es (eine Periode des) Verfalls gegeben. Im Christentum ist aber das Gegenteil der Fall. Auch das erwächst aus einem fundamentalen Unterschied.
Des Weiteren lässt sich der Islam nicht mit anderen Religionen vergleichen. Wenn ein Muslim den Islam aufgibt und seinen Glauben vernachlässigt, so kann er keinen anderen Propheten mehr anerkennen, ja noch nicht einmal (die Existenz) eines allmächtigen Gottes annehmen, und vielleicht ist ihm danach gar nichts mehr heilig. Ja vielleicht ist ihm noch nicht einmal mehr sein Gewissen die Quelle eigener Vollkommenheit und so verdirbt es denn auch. Deswegen hat in den Augen des Islam auch der sich offen für ungläubig erklärt ein Recht auf sein Leben. Ist er im Ausland und schließt er Frieden, oder aber ist er im Inland und bezahlt seine Steuer (cizye), so ist auch sein Leben nach islamischem (Recht) geschützt. Nur der Apostat hat kein Recht auf sein Leben, denn sein Gewissen ist bereits verdorben und wird so zu Gift für das gesellschaftliche Leben. Dementgegen kann ein Christ auch dann noch für ein soziales Gemeinschaftsleben nützlich bleiben, nachdem er seinen Glauben bereits verloren hat. Es können für ihn (auch weiterhin) einige Dinge heilig sein. Er kann an einige (Persönlichkeiten als) Propheten glauben. Er kann auf seine Weise (die Existenz) eines allmächtigen Gottes bestätigen.
Ich möchte gerne wissen, welchen Vorteil diese Leute ketzerischer Erneuerung (bid’a), oder genauer gesagt: Gottlosigkeit von ihrer Glaubenslosigkeit haben?... Wenn sie dabei an Regierung und öffentliche Ordnung denken, so ist es noch schwieriger zehn glaubenslose Anarchisten zu regieren, die keinen Gott kennen und ihrer Bosheit zu wehren, als tausend Leute des Glaubens zu regieren. Wenn sie an Fortschritt denken, so sind religionslose Leute wie diese ein Hindernis für den Fortschritt, genauso wie sie zum Schaden sind für Regierung und Verwaltung. Sie zerstören die Sicherheit und die öffentliche Ordnung, welche die Grundlage für Fortschritt und Handel sind. In Wahrheit richten sie viel Schaden an durch die Gesinnung, die sie zum Ausdruck bringen. In dieser Welt ist der größte Dummkopf der, der Fortschritt und Glück im Leben von solchen glaubenslosen Anarchisten wie diesen erwartet. Einer dieser Toren, der eine hohe Position besetzt hatte, sagte: »Wir sagten immer nur Allah, Allah und sind dabei rückständig geblieben. Europa aber sagte immerzu: Kanonen und Gewehre, und schreitet dabei stets voran.«
Nach dem Grundsatz: »Die Antwort für einen Toren ist Schweigen.« ist die Antwort für solche (Leute) das Schweigen. Da aber hinter einigen unter diesen Toren auch einige recht kluge, aber bedauernswerte (Menschen) finden, wollen wir sagen:
Oh ihr Hilflosen! Diese Welt ist ein Gasthaus. Jeden Tag unterzeichnen dreißigtausend Zeugen mit ihren Leichnamen das Urteil: »Der Tod ist wahr.« und legen für diese Behauptung Zeugnis ab. Könnt ihr den Tod töten? Könnt ihr diesen Zeugen widersprechen?... Da ihr es nicht könnt, lässt der Tod die Menschen »Allah! Allah!« sagen. Welches eurer Gewehre und Kanonen kann auf dem Sterbebett eines (Menschen) an Gottes statt (Allah! Allah!) die Ewige Finsternis seiner Agonie erleuchten, und seine absolute Verzweiflung in eine vollkommene Hoffnung verwandeln?... Da es nun einmal den Tod gibt und wir einmal ins Grab hinabsteigen werden, weil das Leben vergeht und dann ein beständiges Leben beginnt, wird es notwendig, wenn Gewehre und Kanonen sprechen, tausend Mal »Allah! Allah!« zu sagen. Sollte es dann auf Gottes Wegen sein, wird auch die Kanone (im Ramadan) zum Iftar (am Abend) und zum Imsak (am Morgen) »Allah!« sprechen...

Viertes Hinweis: Es gibt zwei verschiedene destruktive Gruppen von Ketzern (bid’a).
Die erste sagt, als spräche sie im Namen ihres Glaubens und in Treuen zum Islam, als wolle sie den Glauben durch ihren Nationalismus stärken: »Wir wollen den lichtvollen Baum der Religion im Boden unseres nationalen Glaubens wieder neu einpflanzen, nachdem er schwach geworden ist, und ihm so wieder Kraft geben.« So zeigen sie sich selbst in ihrer Haltung an der Seite des Glaubens.
Der zweite Teil sagt im Namen des Volkes und im Interesse des Nationalismus und mit dem Gedanken, den Rassismus zu stärken: »Wir wollen (den Zweig) des Islam in (den Baum) unseres Volkes einpflanzen.« und begehen (auf diese Weise) eine Ketzerei.
Zu der ersten Gruppe sagen wir: Oh ihr hilflosen, schlechten Gelehrten, die ihr eure Bezeichnung als »aufrichtige Toren« bestätigt, ihr gottvernarrten, hirnlosen, vorislamischen Sufis! Der Tuba-Baum des Islam, dessen Wurzeln in der Wahrheit des Universums fest verankert sind und der (einem Brombeerstrauch gleich) in den Weiten des Universums neue Wurzeln geschlagen hat, kann nicht in der Erde eines eingebildeten, vergänglichen, exklusiven, ausschließlichen, negativen... ja eigentlich bodenlosen, hinterhältigen, despotischen und finsteren Rassismus wieder eingepflanzt werden! Ihn dort einpflanzen zu wollen, ist eine törichte, destruktive und ketzerische Unternehmung.
Zu der zweiten Gruppe von Nationalisten sagen wir: Oh ihr betrunkenen Pseudopatrioten! Vielleicht hätte ja das vergangene Jahrhundert ein solches Jahrhundert des Nationalismus sein können. Doch dieses Jahrhundert ist kein Jahrhundert des Rassismus. Der Bolschewismus und der Sozialismus überlagern alle Dinge und zerbrechen den rassistischen Gedanken. Das Jahrhundert des Rassismus geht vorüber... Ein ewiger und beständiger Islamnationalismus kann nicht an einen vorübergehenden, schwankenden Rassismus gebunden oder in ihn eingepflanzt werden. Auch könnte man ihn einpflanzen, so würde er doch, so wie er das islamische Volk verdürbe, auch den rassistischen Nationalismus nicht verbessern, ihm nicht zu seinem Fortbestand verhelfen... Und wenn auch eine solche vorübergehende Okulierung Freude bringen und eine vorübergehende Stärke zeigen könnte, so wäre sie doch nur sehr kurzlebig und ihre Folgen gefährlich.
Des Weiteren würde im türkischen Volk eine derartige Spaltung aufbrechen, dass sie in Ewigkeit nicht wieder geheilt werden könnte. Dann aber wird die Stärke des Volkes zunichte werden, da die Macht der Einen die Macht der anderen brechen würde. Befänden sich zwei Berge in zwei Waagschalen einander gegenüber, so könnte ein Gewicht von einem Batman (etwa 8 kg) mit diesen beiden Gewichten spielen, das eine heben und das andere senken.

Fünfter Hinweis: Eine ganz kurze Antwort auf eine wichtige Frage.

Frage: Es gibt zahlreiche authentische Berichte über das Erscheinen des Mehdi, wie er einer zugrunde gehenden Welt am Ende der Zeiten Heilung bringen wird. Jedoch ist unsere gegenwärtige Zeit eine Zeit der Gemeinschaft und nicht die Zeit einer einzelnen Person. Wie genial nun immer eine Persönlichkeit sein mag, selbst wenn sie den Grad von hundert Genien hätte, so wird sie von der geistigen Körperschaft besiegt werden, die sich ihr entgegenstellt, wäre sie nicht der Vertreter einer Gemeinschaft, der Repräsentant einer geistigen Körperschaft. Wie sollte er in dieser Zeit, unabhängig davon, wie groß und erhaben auch die Macht seiner Heiligkeit sein möge, eine Welt verbessern können, wenn die menschliche Gesellschaft in einem so gewaltigen Ausmaß verdorben ist?... Selbst wenn alle Werke dieses Mehdi wahre Wundertaten sein sollten, so wären sie doch der göttlichen Weisheit und den Gesetzen der göttlichen Gewohnheit entgegengesetzt. Wir möchten gerne das Geheimnis hinter dieser Frage nach dem Mehdi verstehen.

Antwort: Gott der Gerechte in Seiner vollkommenen Barmherzigkeit hat immer dann, wenn die islamische Gemeinschaft ins Verderben zu geraten drohte, einen Reformator, einen Erneuerer, einen Exegeten, einen ehrenwerten Kalifen, einen gewaltigen Pol (kutub), einen vollkommenen Lehrer (Murschid) gesandt, oder andere, gesegnete Persönlichkeiten, die einem Mehdi gleichen, als ein Zeichen dafür, dass Er das islamische Gesetz (Schari’a) in Ewigkeit beschirmen wird. Sie haben das Verderben bereinigt, das Volk wieder auf den rechten Weg geführt und die Religion Ahmeds, mit dem Friede und Segen sei, bewahrt. Da nun einmal Seine Gewohnheit in dieser Weise verläuft, wird Er mit Sicherheit in der Zeit des größten Verderbens am Ende der Zeiten eine lichtvolle Persönlichkeit senden, die sowohl der größte Exeget der Gesetze, der größte Erneuerer, ein Herrscher (Hakim) und ein Mehdi sein wird, als einen Lehrer (Murschid) und gewaltigen Pol (kutub). Diese Persönlichkeit wird aus dem Hause des Propheten kommen. So wie Gott der Gerechte, die Welt zwischen Himmel und Erde mit Wolken füllt und leert und in einem Augenblick den Sturm auf dem Meere stillt und in einer Stunde im Frühling ein Musterbeispiel für den Sommer, und im Sommer in einer Stunde einen Wintersturm hervorbringt, so kann auch der Allmächtige in Seiner Majestät durch den Mehdi die Finsternis der islamischen Welt zerstreuen. Dies hat Er versprochen. Was Er versprochen hat, wird Er mit Sicherheit auch halten.
Vom Standpunkt der göttlichen Macht aus betrachtet, ist das sehr leicht. Betrachtet man aber (dies alles) aus dem Blickwinkel der Ursachen und der Weisheit des Herrn, so ist es wiederum genauso verständlich und sogar notwendig, dass Denker gefolgert haben, dass selbst dann, wenn dies alles nicht von einem wahren Berichterstatter überliefert worden wäre, es dennoch so geschehen muss. Und so wird es sein. Es ist dies wie folgt:


»Oh Gott segne unseren Herrn Mohammed und die Familie unsres Herrn Mohammed, so wie Du Abraham und die Familie Abrahams gesegnet hast in allen Welten. Denn Du bis allen Lobes und Ruhmes würdig.«




Dies ist das Gebet (dua), das täglich fünf Mal, das heißt bei allen Gebeten (namas) von allen islamischen Gemeinschaften wiederholt und (von Gott) offensichtlich angenommen wird. Denn so wie die Familie Abrahams, mit dem der Friede sei, hat auch die Familie Mohammeds, mit dem Friede und Segen sei, eine solche Bedeutung erlangt, dass (eine Schar) lichtvoller Persönlichkeiten bei allen Versammlungen an allen Orten und in allen Jahrhunderten als Kommandanten an der Spitze aller gesegneten Ketten (= die Silsilah der Meister aller islamischen Orden) dienen.
Sie sind so zahlreich, dass alle diese Kommandanten insgesamt ein gewaltig großes Heer bilden. (Könnten sie alle zusammen kommen und) leibliche Gestalt annehmen, sich solidarisch erklären und zu einer Division formieren, und würden sie dann im islamischen Glauben, in Einheit (rabita) verbunden, eine heilige Nation erwecken: die Armee keiner anderen Nation könnte ihr widerstehen!... So ist denn dies die zahlreiche und mächtige Armee der Familie Mohammeds, mit dem der Friede und Segen sei, und das erlesenste Heer von Hasret Mehdi.
Es gibt heute in der Welt in der Tat keine Familie, die sich durch solch eine große Ehre, ein so hohes Ansehen und solchen Adel auszeichnet, wie es vorzüglicher eine Generation nicht gibt, die in ungebrochener Folge und bestens beurkundeter Abstammung so bedeutend und mächtig ist, wie die Linie der Seyyeds aus der Familie des Propheten. Seit alten Zeiten sind sie es, die an der Spitze aller Gruppen von Leuten der Wahrheit standen und die angesehensten Führer aller Leute der Vollkommenheit waren. Heutzutage sind sie eine ganze gesegnete Generation, die in ihrer Anzahl bereits die Millionengrenze überschreitet. Mit wachen Sinnen und das Herz voll des Glaubens und der Liebe zu dem Propheten sind sie es, die es weltweit wert sind, durch ihre ehrenwerte Zugehörigkeit hochgeschätzt zu werden. Gewaltige Dinge werden sich ereignen, welche eine solche heilige Macht in dieser gewaltigen Gemeinde wachrufen und sie begeistern werden... Sicherlich wird die hohe Begeisterung, die in dieser gewaltigen Kraft zum Ausdruck kommt, (sich zu einer gewaltigen Bewegung) emporschwingen; dann wird Hasret Mehdi kommen, sie zu leiten und sie auf den Weg der Wahrheit und Gerechtigkeit führen. Entsprechend der Gewohnheit Gottes und von seiner göttlichen Barmherzigkeit erwarten wir, dass dies so geschehen wird, dass dies so sein wird, so wie nach diesem Winter der Frühling kommen wird; und wir tun recht daran, dies zu erwarten...

Sechster Hinweis: Die erleuchtete Gemeinschaft des Mehdi wird die ketzerische, durch Sufians Komitee verdorbene Verfassung wiederherstellen, die anerkannte Tradition (Sünnet-i seniye) wieder beleben; das heißt, sie wird Sufians Komitee, das sich darum bemüht, das mohammedanische Gesetz (Scheriat-i Ahmediye) zu zerstören, indem es Mohammeds Prophetenamt in der islamischen Welt leugnet, mit dem wundertätigen Schwert des Geistes in der Hand der Gemeinschaft des Hasret Mehdi richten und zerschlagen.
Außerdem wird eine Gemeinschaft unter der Bezeichnung einer zu Opfer und Verteidigung bereiten christlichen Gemeinde und würdig des Titels »Muslimische Christen«, die sich darum bemüht, die wahre Lehre Jesu Christi mit der Lehre des Islam in Übereinstimmung zu bringen, Deddschals Komitee, das die Kultur und alles, was den Menschen heilig ist, zu Grunde gerichtet hat, in der Absicht, Gott unter den Menschen zu verleugnen, unter der Führung von Hasret Isa, mit dem der Friede sei, richten und zerschlagen und so die Menschheit vor der Verleugnung Gottes retten.
Dieses Geheimnis zu erklären ist sehr langwierig. Da ich es aber an anderen Stellen schon ein wenig beschrieben habe, begnüge ich mich hier mit diesem kurzen Hinweis.

Siebenter Hinweis: Frage: Sie sagen: »Deine Verteidigung und dein Kampf für den Islam, so wie du ihn in alten Zeiten geführt hast, entspricht nicht deiner heutigen Art und Weise. Du verhältst dich auch nicht in der Weise wie die Denker, die den Islam gegenüber Europa verteidigen. Warum hast du die Methoden des Alten Said verändert? Warum verhältst du dich nicht in der Art der geistigen Kämpfer für den Islam?

Antwort: Der Alte Said und einige Denker akzeptierten einige Grundsätze menschlicher (= weltlicher) Philosophie und europäischer Weisheit und stellten sich ihnen mit deren eigenen Waffen entgegen. Sie akzeptierten sie teilweise. Sie blieben einigen ihrer Grundsätze in Form der positiven (Natur)wissenschaften unerschütterlich treu und konnten daher den wahren Wert des Islam nicht aufzeigen. Es war ganz einfach so, als wollten sie die Zweige ihrer Weisheit (und Wissenschaft), deren Wurzeln sie für sehr tief hielten, in den (Baum des) Islam einpflanzen, als wollten sie ihn damit stärken. Da aber diese Methode nur wenige Siege erbrachte und den Wert des Islam in gewisser Weise verminderte, gab ich diesen Weg (meslek) wieder auf. Und ich habe in der Tat nachgewiesen, dass die Grundsätze des Islam so tief hinunter führen, dass selbst die tiefsten Grundsätze der (westlichen) Philosophie sie nicht erreichen können, vielmehr an der Oberfläche bleiben. Das Dreißigste Wort der Vierundzwanzigste Brief und auch das Neunundzwanzigste Wot haben diese Tatsache anhand von Zeugnissen bewiesen. Auf dem alten Weg galt Philosophie als tiefschürfend und die Grundsätze des Islam als nur oberflächlich. Man dachte, dass der Islam durch eine Okulierung mit denweigen der Philosophie überdauern und überleben werde. Was sind aber in Wirklichkeit die Grundsätze (westlicher) Philosophie, dass sie die (des Islam) erreichen könnten!..


»Gepriesen seist Du. Wir haben kein Wissen außer dem, das Du uns gelehrt hast. Du bist der Allwissende und der Allweise.« (Sure 2, 32) »Dank sei Gott, der uns bis hierher geführt hat. Wir hätten keine Rechtleitung finden können, hätte nicht Gott selbst uns geführt. In der Tat sind die Propheten zu uns gekommen mit der Wahrheit.« (Sure 7, 43) »Oh Gott segne unseren Herrn Mohammed und die Familie unsres Herrn Mohammed, so wie Du Abraham und die Familie Abrahams gesegnet hast in allen Welten. Denn Du bist allen Lobes und Ruhmes würdig.«




Das Achte Kapitel - Die Acht Hinweise
Dieses Kapitel enthält acht kleine Abschnitte. Die Grundlage dieser Hinweise ist die symmetrische Übereinstimmung, welche ein wichtiges Prinzip der Zahlensymbolik, ein wichtiger Schlüssel hermeneutischen Wissens und ein wichtiger Zugang zu einem Teil der tiefen Geheimnisse des Qur’an ist. Es ist hier nicht mit eingeschlossen, weil es einmal in einer separaten Ausgabe erscheinen soll.

Das Neunte Kapitel - Neun Andeutungen zur Mystik

Neun Andeutungen

»Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Allbarmherzigen« »Siehe, für die Freunde Gottes gibt es weder Angst, noch werden sie traurig sein.« (Sure 10, 62)




Dieses Kapitel enthält neun Andeutungen und handelt von den Wegen der Gottesfreundschaft.
Erste Andeutung: Es gibt unter der Bezeichnung »Mystik«, »Orden«, »Gottesfreundschaft«, »Heiligkeit« und »spirituelle Reise« eine Heilige Wahrheit, die lieblich, voller Licht, voller Freude und vom Geist erfüllt ist. Diese heilige Wahrheit wurde von den Forschern unter den Leuten der meditativen Wahrnehmung und geistigen Entdeckung in Tausenden von Büchern und Bänden verkündigt, unterwiesen und dargestellt. So haben sie diese Wahrheit der Gemeinde (umma) und auch uns mitgeteilt. Möge Gott sie dafür mit allem Guten reichlich entlohnen! Und auch wir wollen unter manchen bedrängenden Umständen heutiger Zeit aus dem weiten Ozean einige Tropfen, ja nur ein paar Spritzer, zur Darstellung bringen. Frage: Was ist ein Orden? Antwort: Ziel und Zweck eines Ordens ist das Wissen um Gott und die Entfaltung der Glaubenswahrheiten durch eine innere Reise, unternommen mit den Füßen des Herzens und im Schatten der Himmelfahrt Mohammeds, mit dem der Friede sei, um die Wahrheiten des Glaubens und des Qur’an durch Erleuchtung, in gewissen Stadien und teilweise durch eigenes Zeugnis. Dies ist ein erhabenes Geheimnis der Menschheit und menschlicher Vollkommenheit und wird »Orden« oder auch »Mystik« genannt. Da der Mensch in der Tat ein umfassendes Inhaltsverzeichnis des Universums ist, ähnelt sein Herz einer inneren Landkarte von Tausenden von Welten. Denn so wie die zahllosen menschlichen Wissenschaften und Wissensgebiete zeigen, dass das Gehirn im menschlichen Schädel eine Art geistiges Zentrum des Universums ist, so wie ein Telefon oder Fernschreiber für unzählige Leitungen, so zeigen auch Millionen erleuchtender Bücher, geschrieben von unzähligen Heiligen, dass das menschliche Herz in seinem Kern und Wesen der Ort ist, wo sich ungezählte Wahrheiten des Universums manifestieren, ihre Bedeutung und ihre Saat. So wollte denn der Schöpfer des Herzens sicherlich, da ja das menschliche Herz und Hirn in diesem Zentrum sind und die Glieder eines mächtigen Baumes in Gestalt eines Samenkorns umfassen, in dem Partikel und Bestandteile einer ewigen, majestätischen Maschine, die dem Jenseits angehört, eingeschlossen sind, dass das Herz aus dem Stadium der Möglichkeit in den der Aktualität hinüber gebracht werden solle, ausgearbeitet und entwickelt weden solle und in Tätigkeit versetzt werden solle. Denn genau das war es, was Er getan hat. Da Er dies aber so wollte, wird das Herz sicherlich genauso arbeiten wie der Geist. Und die wirkungsvollste Art, das Herz in Bewegung zu versetzen, ist die, sich auf dem Weg eines Ordens, der Sprossenleiter der Heiligkeit, durch die Erinnerung an Gott (dhikr) den Glaubenswahrheiten zuzuwenden. Zweite Andeutung: Der Schlüssel und das Mittel zu dieser Reise des Herzens und geistigen Voranschreitens sind das Gedenken Gottes (dhikr) und die Kontemplation. Die Tugenden, die daraus erwachsen, sind zu zahlreich, um sie noch zählen zu können. Neben zahllosen Gnadengaben im Jenseits, menschlichen Vorzügen und Vollkommenheiten, gibt es noch eine kleinere Vergünstigung, die dem Auf und Ab dieser Welt angehört und dies ist folgendes: Jeder sehnt sich nach Tröstung und sucht nach Vergnügungen, um mit seiner schweren Bürde in den Kämpfen dieses Lebens ein klein wenig Erleichterung zu finden und aufatmen zu können. Ein jeder sucht nach ein wenig Geborgenheit, um die Einsamkeit zu vertreiben. Die sozialen Veranstaltungen im bürgerlichen Leben verhelfen zu einer Art von zeitweiliger, jedoch gottvergessener, trunkener Familiarität, Vertrautheit und Geborgenheit für ein oder zwei unter zehn Leuten. Jedoch achtzig Prozent leben ein einsames Leben auf den Bergen und in den Tälern, oder werden an entfernte Plätze getrieben, um sich ihren Lebensunterhalt verdienen zu können, oder Umstände wie die Wechselfälle des Lebens und das Alter lassen sie an das Jenseits denken. Sie sind der Geborgenheit in einer menschlichen Gruppe beraubt. Dieser Zustand bietet ihnen keine Geborgenheit und keine Tröstung. So liegt denn der wahre Trost, alle Geborgenheit, Lieblichkeit und Frohsinn eines solchen Menschen, der sich an so weit entfernten Orten, abgelegenen Bergen und trostlosen Tälern befindet, im Gedenken Gottes (dhikr) und in der Kontemplation, die das Herz in Bewegung versetzen. Er wendet sich dem Herzen zu, gedenkt Gottes (wenn er »Allah!« ruft), findet die Geborgenheit im eigenen Herzen. Und in dieser Geborgenheit bedenkt er die Dinge um sich herum, die ihn feindselig betrachten, so als wollten sie über seine Geborgenheit lachen und so sagt er: »Dieser, mein Schöpfer, an den ich stets denke, hat hier an meinem Platz der Einsamkeit, wie auch sonst überall, unzählige Diener. Ich bin nicht allein. Einsamkeit ist ohne jede Bedeutung.« Aus seinem Leben im Glauben empfängt er die Freude einer Geborgenheit. Nun erst versteht er, was Glück im Leben wahrhaft bedeutet. Und so dankt er Gott. Dritte Andeutung: Freundschaft mit Gott ist ein Zeugnis Seiner Botschaft (Risalah). Denn die Gottesfreundschaft sieht und bestätigt die Wahrheit des Glaubens, die die Botschaft (Risalah) verkündet hat, in einer Art Zeugnis des Herzens und der meditativen Wahrnehmung im Grade augenscheinlicher Gewissheit . Ihre Bestätigung ist ein sicheres Zeugnis für die Wahrheit der Botschaft. Der Orden ist ein Beweis der Schari’ah. Durch meditative Wahrnehmung und geistige Entdeckung und durch den Segen und die Wirkung, die von ihnen ausgehen, ist der Orden (= der Sufi-Weg) ein klarer Beweis der Wahrheit der Gesetze, die die Schari’ah unterweist, und auch dafür, dass diese Gesetze der Schari’ah wahr sind und aus der Wahrheit kommen. So wie die Gottesfreundschaft und der Orden (= die Heiligkeit eines Sufis und sein Weg) in der Tat Zeugnis und Beweis der Botschaft (Gottes und Seines Gesetzes) und der Schari’ah sind, so sind sie auch das Geheimnis der Vollkommenheit des Islam und die Quelle seines Lichtes und durch den Islam ein Mittel für die Entwicklung und eine Quelle für die seelische Entfaltung der Menschen. Nun aber versuchen trotz der großen Bedeutung dieses gewaltigen Geheimnisses einige Gruppen von Irrenden gerade dies leugnen zu wollen. Sie sind seines Lichtes beraubt geblieben und zugleich auch die Ursache dafür geworden, dass auch andere beraubt wurden. Quelle des höchsten Bedauerns aber ist folgendes: Ein Teil fundamentalistischer Gelehrter unter den Leuten von Tradition und Gemeinschaft (Sunna ve Cemaat) und ein Teil der ihnen zugehörigen, gottvergessenen Leute unter den Politikern, bemühen sich einige Missbräuche und Fehler, die sie unter den Sufis bemerkt haben, als Vorwand dafür zu gebrauchen, um diese gewaltige Schatzkammer zu schließen oder gar zu zerstören und so diesen Brunnen von Kauthar, aus dem das Wasser des Lebens strömt, trocken zu legen. Es gibt jedoch einige wenige Dinge, Wege und Pfade, die in jeder Hinsicht gut und fehlerfrei sind. Es gibt aber auch einige Fehler und Missbräuche. Denn wo inkompetente (Leute) erst einmal in eine Sache einsteigen, dort machen sie auch mit Sicherheit Missbrauch von ihr. Jedoch bei der Abrechnung der Taten im Jenseits zeigt Gott der Gerechte Seine königliche Gerechtigkeit dadurch, dass Er alles Gute und Böse wägt. Das heißt, wenn die guten (Taten) überwiegen und schwer wiegen, so belohnt Er sie und nimmt sie an. Überwiegen aber die schlechten Taten, so bestraft Er sie und weist sie zurück. Das Gleichgewicht zwischen guten und schlechten Taten richtet sich nicht nach der Quantität, sondern nach der Qualität. Und manchmal geschieht es auch, dass eine einzige gute Tat schwerer wiegt als tausend schlechte und dann dahin führt, dass sie vergeben werden. Da nun einmal die göttliche Gerechtigkeit auf diese Weise richtet und auch die Wahrheit das so als gerecht ansieht, ist es denn offensichtlich, dass die guten Werke eines Ordens, d.h. also eines Ordens im Rahmen der Gelobten Sitten (des Propheten) mit Sicherheit dessen schlechte (Taten) überwiegen, ein Beweis dafür, dass die Ordensleute in Zeiten der Verfolgung durch die Leute des Irrweges ihren Glauben aufrecht erhalten. Ein einziger aufrichtiger Ordensschüler schützt sich besser, als ein oberflächlicher Fundamentalist mit einem bloßen Schulwissen. In der Freude seines Ordenslebens und in seiner Liebe zu den Gottesfreunden, rettet er seinen Glauben. Auf Grund schwerer Verfehlungen wird er ein Sünder, jedoch kein Ungläubiger. Er wird auch nicht so einfach in die Gottlosigkeit hinabgezogen. Keine Macht kann in seinen Augen die Kette (Silsilah) der Scheychs widerlegen, die er in seiner starken Liebe und mit unerschütterlicher Überzeugung zu Polen (kutub) (seines Lebens) angenommen hat. Und da er sie nicht widerlegen kann, kann auch sein Vertrauen in sie nicht zerstört werden. Und solange sein Vertrauen unerschütterlich bleibt, kann er nicht in die Gottlosigkeit hinabgezogen werden. Angesichts des Listenreichtums heutiger Atheisten ist es für Leute, die nicht einem Orden verbunden sind und deren Herzen noch nicht in Bewegung gekommen sind, auch wenn sie Forscher und Gelehrte sind, schwierig geworden, sich vollständig zu bewahren. Aber es gibt da noch etwas anderes: Einige Wege (meschreb), sollten nicht auf Grund der üblen Praktiken solcher verurteilt werden, die zum Teil außerhalb des Islam stehen und außerhalb der Grenzen der Gottesfurcht liegen. Manche von ihnen haben sich fälschlicherweise selbst den Namen eines Sufi-Ordens umgehängt. Ziemlich abseits der bedeutenden, erhabenen religiösen und spirituellen Ergebnisse der Sufi-Orden, welche die ersten und wirkungsvollsten, begeisterten Mittel der Entwicklung und Verbreitung von Bruderschaft und ein heiliges Band innerhalb der islamischen Welt sind, sind sie also eine der drei wichtigsten, nicht zu erschütternden Eckpfeiler des Islam gegen die furchtbaren Angriffe der Welt des Unglaubens und die »christliche« Politik und ihre Angriffe, um das Licht des Islam auszulöschen. Was Istanbul, Sitz des Kalifats für fünfhundertundfünfzig Jahre gegen die gesamte christliche Welt aufrecht hielt, war das Licht des Glaubens an den einen Gott (Tauhid), das fünfhundert Plätzen in Istanbul entströmte, und die Stärke des Glaubens derer, die in ihren Klöstern hinter den Moscheen »Allah! Allah!« rezitierten, ein starker Stützpunkt für die Leute des Glaubens in diesem Zentrum des Islam und ihrer geistigen Liebe, die ihnen aus ihrem Wissen um Gott und dem glühenden Eifer ihrer Gebete erwächst. Oh ihr unverständigen Pseudopatrioten und falschen Nationalisten! Welches Übel der Sufi-Orden könnte all das Gute im Leben eurer Gesellschaft zunichte machen? Nun sagt selbst!? Vierte Andeutung: Obwohl der Weg zur Heiligkeit so leicht ist, ist er doch ziemlich schwierig. Obwohl er so kurz ist, ist er doch so lang. Obwohl er so kostbar ist, ist er doch zugleich auch so gefährlich. Obwohl er so breit ist, ist er doch so eng. So ist es denn aus diesem Grund, dass Einige, die auf diesem Pfade reisen, unterwegs ertrinken, andere erleiden irgendeinen anderen Schaden oder stürzen in ein Unglück, andere kehren zurück und bringen dann wieder Andere auf Abwege. Zum Beispiel: Im Sufi-Orden gibt es zwei Wege unter der Bezeichnung: Reise nach innen und Reise nach außen. Der erste Weg (meschreb) ist der Weg nach innen. Er beginnt in der eigenen Seele (nefs), zieht die Sinne ab von der äußeren Welt und richtet sie in das eigene Herz. So durchbohrt er den Egoismus, öffnet einen Weg zum Herzen und findet dort zur Wahrheit. Von dort führt er wieder nach außen zum Horizont und (unser Reisender) erblickt das Licht. Nun schließt er die Reise schnell ab. Die im inneren Kreis erschaute Welt erblickt er nun im größeren Maßstab in der Außenwelt. Die meisten stillen, geheimen Sufi-Orden, folgen diesem stillen, inneren Weg. Die wichtigste Voraussetzung dafür ist, das Ego zu brechen, die Leidenschaften aufzugeben und ihre (eigenwillige) Seele (nefs) zu töten. Der zweite Weg beginnt in der Außenwelt, betrachtet die Widerspiegelung der Namen und Eigenschaften Gottes über dem großen Bereich Seines Gartens und dann betritt (auch hier der Reisende) schließlich den inneren Bereich (der Seele, nefs). Dort beobachtet er dann diese Lichter in einem kleineren Maßstab im Bereich seines Herzens und öffnet den kürzesten Weg zu ihnen. So sieht das Herz den Unwandelbaren (Samad) in einem Spiegel und vereinigt sich mit dem Ziel, das er gesucht hat. Wenn also Leute, die auf dem ersten Weg reisen, keinen Erfolg darin haben, ihre eigenwillige Seele zu töten, und wenn sie ihre Leidenschaften nicht aufgeben und das Ego zerbrechen können, so fallen sie aus dem Rang der Dankbarkeit auf die Stufe der Überheblichkeit und von der Stufe der Überheblichkeit hinunter auf die der Selbstgefälligkeit. Wenn eine solche Person eine Ergriffenheit erlebt, die aus ihrer Liebe (muhabbet) erwächst, und eine Art Rauschzustand, der aus dieser Ergriffenheit kommt, so ergeben sich für sie daraus so hochgesteckte Ansprüche, die bei weitem ihre Grenzen überschreiten, verbunden mit Äußerungen von höchster Ekstase, was sowohl ihr selbst Schaden zufügt, als auch zur Ursache eines solchen Schadens für andere wird. Wenn zum Beispiel ein Leutnant vor Begeisterung über seine eigene Kommandostellung stolz wird und schon sich selbst für einen Feldmarschall hält, und seinen kleinen Einflussbereich mit einem universellen verwechselt, so wird er zur Ursache einer Sonne, die in einem kleinen Spiegelchen erscheint und sich nun mit der Sonne verwechselt, die in gewisser Hinsicht durch einen Aspekt der Ähnlichkeit in all ihrem Glanz im Meeresspiegel sichtbar wird. In gleicher Weise gibt es unter den Leuten der Gottesfreundschaft viele, die sich für größer halten als andere, die in Wirklichkeit im Verhältnis eines Fasans zu einer Fliege größer sind als sie, die sich selbst auch in dieser Weise betrachten und fest davon überzeugt sind, dass sie recht haben. Ich habe selbst einmal jemanden gesehen, dessen Herz gerade eben erst erwacht war und der gerade eben erst ganz von Ferne in sich selbst das Geheimnis der Gottesfreundschaft verspürte und nun sich selbst für einen gewaltigen Pol (kutub) hielt und sich auch dementsprechend aufführte. Ich habe zu ihm gesagt: »Mein Bruder, so wie die Gesetze eines Königreichs vom ersten Minister bis zum letzten Abteilungsleiter verschiedene Formen annehmen und mal mehr oder weniger umfangreich sein können, so gibt es auch für die Pole und Gottesfreunde solche verschiedenartige Gebiete und Wahrnehmungsbereiche. Und jede Stufe (maqam) hat ihre eigenen Schattenseiten und viele verschiedene dunkle Bereiche. Du hast nun die gewaltige Erscheinungsform eines Kutub, entsprechend der eines Ministers gesehen. Und du hast diese Erscheinungsform von deinem eigenen Bereich aus, der dem eines Abteilungsleiters entspricht, wahrgenommen und dich dabei getäuscht. Was du gesehen hast, war zwar richtig, nur dein Urteil darüber war falsch. Für eine Fliege ist eine Tasse mit Wasser wie ein Swimmingpool.« Dieser Mann kam über meiner Antwort mit Gottes Hilfe zur Besinnung und wurde vor einem Abgrund gerettet. So habe ich auch einige Leute gesehen, die sich selbst für eine Art Mehdi gehalten haben und die auch sagten: »Ich werde einmal der Mehdi sein.« Diese Leute sind keine Lügner und Betrüger. Sie sind selbst Betrogene. Sie glauben, das, was sie da sehen, sei die Wirklichkeit. So wie es bei den Erscheinungen der Namen Gottes von den Sphären des gewaltigen Thrones bis hinab zu den Atomen verschiedene Abstufungen gibt und auch die Orte ihrer Manifestationen sich dementsprechend voneinander unterscheiden, so unterscheiden sich auch die verschiedenen Stufen der Gottesfreundschaft, die aus der unterschiedlichen Art, wie diese Namen Gottes empfangen werden, voneinander. So ist denn der wichtigste Grund für diese Verwirrung folgender: Auf einigen Stufen (maqam) der Gottesfreundschaft finden sich auch die Charakteristika der Aufgaben (vasifah) des Mehdi oder es besteht eine besondere Beziehung mit dem gewaltigen Pol oder mit Khidr. Es gibt auch einige Stufen, die mit besonders bekannten Persönlichkeiten verbunden sind. Tatsächlich werden diese Stufen »Makam-i Khidr«, »Makam-i Uvays« oder »Makam-i Mehdiyet« genannt. Es geschieht aus diesem Geheimnis heraus, dass (Menschen), die diese Stufe erlangt haben, oder doch eine andere Stufe, die dieser Stufe oder doch wenigstens ihrem Schatten ähnlich sieht, glauben, sie seien selbst diese berühmte Persönlichkeit, die mit dieser Persönlichkeit verbunden ist. Sie verstehen sich als Khidr, oder glauben der Mehdi zu sein, oder stellen sich vor, der gewaltige Pol zu sein. Wenn ein solcher Mensch kein Ego hat, das nach Rang und Ansehen verlangt, so wird er von diesem Zustand nicht gefangen genommen. Seine exzessiven Höhenflüge werden als die Äußerungen eines Ekstatikers bewertet. Er ist für sie vielleicht noch nicht einmal verantwortlich. Wenn sein Ego jedoch sich vielleicht versteckt nach Ruhm und Ansehen gesehnt hat, so wird (dieser Mensch) von seinem Ego besiegt, unterlässt es, zu danken, wird stolz, fällt von seinem Stolz Schritt um Schritt herab bis zur Selbstgefälligkeit. So verfällt er schließlich dem (religiösen) Wahnsinn, oder irrt vom rechten Wege ab. Denn er stellt sich die großen Heiligen als Seinesgleichen vor und verliert am Ende all seinen Respekt und seine gute Meinung über sie. Denn in dem Maße, in dem sich die Seele (nefs) in ihrem Stolz erhebt, erkennt sie selbst auch ihre eigenen Fehler. Er vergleicht diese großen Persönlichkeiten mit sich selbst und hält sie für fehlerhaft. Ja sogar sein Respekt vor den Propheten schwindet. So ist es denn für solche, die in einen derartigen Zustand (hal) hineingeraten sind, notwendig, sich nach der Waage des Gesetzes (Schari’ah) auszurichten und die Regeln der Gelehrten und Kenner der Vorschriften des Glaubens als Richtschnur und die Anweisungen der Gelehrten unter den Heiligen, wie Imam Ghasali und Imam-i Rabbani als Wegweiser zu befolgen. Sie sollten ständig ihre eigene Seele (nefs) anklagen und ihren Seelen nichts anderes zuschreiben als ihre Fehler, ihre Unfähigkeit und ihre Armseligkeit. Alle ekstatischen Äußerungen auf diesem Weg entstehen aus der Eigenliebe, denn das Auge der Liebe erkennt keine Fehler. Da ein solcher Mensch sich selbst liebt, glaubt er, dass dieses fehlerhafte, wertlose Stückchen Glas ein Diamant oder sonst ein Edelstein sein müsse. Der gefährlichste Fehler unter diesen ist der, dass er sich vorstellt, diese Art Meinungen und Ansichten, die zuweilen wie Eingebungen in seinem Herzen auftauchen, seien »Gottes Wort und Wunderzeichen« (Kelamullah ve Ayat). Daraus erwächst eine Respektlosigkeit gegenüber der Offenbarung Gottes in all ihrer Erhabenheit und Heiligkeit. Nun sind in der Tat alle Eingebungen (ilham) von den Eingebungen der Biene und anderer Tiere bis zu den Eingebungen gewöhnlicher Leute und der geistlichen Elite, den Eingebungen einfacher Engel bis zu den (Engeln nahe dem Throne Gottes) Cherubim eine Art Wort des Herrn. Doch sie sind Wort des Herrn in der Übereinstimmung mit der Fähigkeit des Empfängers und seiner individuellen Stufe (maqam), wie sie gleich Funken in verschiedenen Formen der Ansprache des Herrn durch siebzigtausend Schleier zu uns hindurchdringen. Jedoch solche Eingebungen mit derart besonderen Ausdrücken wie »Vahiy« (Offenbarung), »Kelamullah« (Wort Gottes) oder »Ayat« (Wunderzeichen) zu bezeichnen, wie sie nur den Sternen des Qur’an zukommen, dem klarsten und konkretesten Beispiel für Gottes Wort, ist völlig falsch. Wie bereits im Zwölften, Fünfundzwanzigsten und Einunddreißigsten Wort erklärt und bewiesen wurde, ist, was immer nun die Beziehung dieses kleinen, trüben und verschleierten Bildes der Sonne, wie es in dem gefärbten Spiegel in deiner Hand erscheint, mit der Sonne am Himmel sein mag, vergleichbar mit der Eingebung in den Herzen derer, welche die obigen Ansprüche erheben und den Ayat der Sonne des Qur’an, welche das unmittelbare Wort Gottes ist. Wenn man sagt, dass die Abbilder der Sonne in allen Spiegeln erscheinen und mit ihr in Beziehung stehen, so wäre das richtig. Aber die Erdkugel kann nicht mit den Spiegeln jener winzig kleinen Sonnen verbunden sein und kann nicht durch deren Anziehungskraft gebunden werden!... Fünfte Andeutung: Einer der besonders wichtigen Wege im Orden ist die »Einheit im Zeugnis«, welche die »Einheit im Sein« genannt wird. Dieser Weg beschränkt den Blick auf die Existenz des notwendig Seienden (Vadjibu-l’Vudjudun Vudjuduna) und hält alles andere im Vergleich mit dem, der da notwendigerweise Sein muss, für so schwach und nur schattenhaft in seinem Dasein, dass er es nicht für würdig erachtet, mit dem Ausdruck »Dasein« (vudjud) bezeichnet zu werden. (Auf diesem Weg) wird alles in den Schleier einer (bloßen) Vorstellung gewickelt, sodass es auf der Stufe (maqam) der Aufgabe (und des Loslassens) von allem als nichts zählt, ja als gar nicht vorhanden vorgestellt wird, wobei man letzten Endes so weit geht, den Erscheinungen der Namen Gottes die Gestalt eines nur vorgestellten Spiegels zu geben. So ist denn ein wesentlicher Faktor dieses Weges der, dass durch die Existenz des Notwendig Seienden, die sich mit der Stärke des Glaubens durch eine hohe Gottesfreundschaft im Grade einer wahrhaftigen Gewissheit entfaltet, das Dasein möglicher Wesen in einem Maße heruntergespielt wird, dass außer einer bloßen Vorstellung und dem Nichtsein kein Platz in ihren Augen mehr bleibt. Es ist, als ob (dieser Weg) das Universum zu Gunsten des Einen Notwendig Seienden bestreitet. Aber dieser Weg birgt auch seine Gefahren. Die erste davon ist diese: Die Anzahl der Pfeiler des Glaubens beträgt sechs. So gibt es Träger des Glaubens wie den Glauben an Gott und den Glauben an den letzten Tag. Was diese Träger des Glaubens betrifft, so erfordern sie die Existenz von Möglichkeiten. Diese fest begründeten Pfeiler des Glaubens können nicht über einer Einbildung errichtet werden. Aus diesem Grunde sollte einer, der diesem Weg folgt und aus dieser Welt der Höhenflüge und der Ekstase wieder in diese unsere nüchterne Welt zurückkehrt, nicht seine neue Einstellung mit sich nehmen und er sollte nicht entsprechend seiner neuen Einstellung handeln. Darüber hinaus sollte er nicht den Weg des Herzens, der Vorstellungen und meditativen Wahrnehmungen in eine verstandesgemäße, vernunftgemäße, wissenschaftliche Form umgießen, denn die Prinzipien, die zum Bereich des Verstandes, die Gesetze, die zum Bereich des Wissens gehören und die Wurzeln des Wortes (Theologie), die vom Qur’an und der Sunna des Propheten ausgehen, können ihn auf diesem Weg nicht begleiten; es gibt hier keine Anwendungsmöglichkeiten für sie. Aus diesem Grund finden wir diesen Weg nicht ausdrücklich bei den (vier) rechtgeleiteten Kalifen, den führenden Imamen und Interpreten und den Großen unter den Rechtschaffenen (der ersten beiden Generationen). Das heißt, dies ist nicht der Hohe Weg! Vielleicht ist es eine der hohen Straßen; doch hat sie ihre Mängel. Es ist dies ein sehr wichtiger Weg. Aber er ist auch sehr gefährlich. Er ist zwar sehr schwierig; aber er ist zugleich auch sehr befriedigend. Die ihn in Freude wandeln, wollen ihn nicht wieder verlassen. Dank ihrer Selbstzufriedenheit, halten sie (diesen Weg) für die höchste Stufe. Da wir nun aber Grundlage und Natur dieses Weges in dem »Punkt der Botschaft« (Nokta Risalesi) und zum Teil auch in unseren »Worten« (Sözler) und »Briefen« (Mektubat) erklärt haben, wollen wir uns insoweit damit begnügen und hier nun noch einen der bedeutenden Abgründe erklären. Für die edelsten der Edlen, die den Bereich der Ursachen verlassen haben und nach dem Geheimnis des Loslassens und der Aufgabe aller Bindungen an die Möglichkeiten (der Schöpfung) in einen Zustand (hal) völliger Auflösung und Einswerdung eingegangen sind, ist dies der Weg der Reinheit (salih). Diesen Weg aber denen, die im (Meer der) Ursachen versunken sind, sich in diese Welt verliebt (aschk) haben und durch ihre materialistische Philosophie (im Sumpf) des Naturalismus stecken geblieben sind, in Form einer Wissenschaft anzubieten, hieße sie in diesem Naturalismus und Materialismus zu ertränken und sie von den Wahrheiten des Islam zu entfremden. Denn der, dessen Blick in Liebe an die Welt und das Reich der Ursachen gefesselt ist, möchte dieser vergänglichen Welt eine Art Beständigkeit verleihen. Er möchte ja seine Geliebte (mahbub) Welt nicht aus seinen Händen verlieren. Unter dem Vorwand, es handle sich hierbei um die Einheit allen Seins (vahdetu-l’vudjud), stellt er sich ihr (vergängliches) Dasein als Ewiges Sein (baqi vudjud) vor. In Anbetracht dieser Welt als seiner Geliebten und auf Grund dessen, dass er ihr Beständigkeit und Ewigkeit wie einen Besitz zuschreibt, erhebt er sie auf die Stufe seiner Angebeteten (ma’budiyet). So wollen wir denn unsere Zuflucht zu Gott nehmen (na’usu bi’llah!), aber dies öffnet nun den Weg in den Abgrund der Leugnung Gottes selbst. In diesem Jahrhundert beherrscht die materialistische Einstellung so weit (alles Denken), dass sie Materie für den Ursprung aller Dinge hält. Wenn in einem solchen Zeitalter die Leute des Glaubens Materie im Grade einer Nichtigkeitserklärung als völlig unbedeutend betrachten und auf diese Weise die Einheit allen Seins (Vahdetu-l’Vudjud) ins Gespräch bringen, so werden vielleicht die Materialisten den Anspruch erheben, zu sagen: »Auch wir behaupten genau das gleiche«. Wohingegen doch der Weg, der von allen Wegen dieser Welt derjenige, der von dem der Materialisten und Natur-Anbeter am weitesten entfernte Weg der Weg der Einheit allen Seins ist. Denn die Anhänger dieser Einheit allen Seins messen in der Kraft ihres Glaubens der Existenz Gottes eine solche Bedeutung bei, dass sie (eine tatsächliche Existenz) des Alls und allen Daseins bestreiten. Was aber die Materialisten betrifft, so messen sie allem Sein eine solche Bedeutung bei, dass sie auf Kosten des Universums Gott verleugnen. Wo also sind nun diese (Materialisten) und wo jene (Sufi-Mystiker)?... Die sechste Andeutung: Besteht aus drei Punkten. Erster Punkt: Unter den Wegen zur Gottesfreundschaft besteht der schönste, unmittelbarste, reichste und strahlendste in der Befolgung der Gelobten Sitten. Das heißt: bei all seinen Handlungen und in all seinem Verhalten an die Gelobten Sitten zu denken, sie zu befolgen und nachzuahmen und in seinem ganzen Umgang und bei allen Tätigkeiten an die Gesetze des Islam zu denken und sie sich zur Richtschnur zu nehmen. Wer ihnen also nun in dieser Weise folgt und ihnen nacheifert, dessen alltägliche Haltung und all seine Handlungen und sein natürlicher Umgang werden zu einem Gottesdienst. Durch diese Befolgung der Tradition und des Gesetzes erinnert ihn jede seiner Taten daran, dass er unter der Herrschaft des Gesetzes steht. Diese Erinnerung lässt ihn an den Herrn des Gesetzes denken. Dieses Denken ruft ihm Gott den Gerechten in Erinnerung. Diese Erinnerung wiederum ruft in ihm eine Gegenwart (husur) wach. In diesem Zustand können alle Minuten seines Lebens ständig in dieser Gegenwart als eine Art Gottesdienst gelten. Diese große Straße ist die Straße der Gefährten des Propheten und der vorausgegangenen aufrechten Persönlichkeiten, welche die Leute des Erbes des Prophetentums sind, das die große Gottesfreundschaft ist. Zweiter Punkt: Der wichtigste Grundsatz auf dem Weg der Gottesfreundschaft und in den verschiedenen Richtungen der Sufi-Orden ist die Wahrhaftigkeit; denn durch die Aufrichtigkeit kann man sich von versteckter Abgötterei befreien. Wer diese Wahrhaftigkeit noch nicht erworben hat, kann auch nicht auf dieser Straße fahren. Die mächtigste Kraft auf dieser Straße ist die Liebe (muhabbet). Liebe sucht bei ihrem Geliebten (mahbub) in der Tat nicht nach Schwächen und will seine Fehler nicht sehen. Schwache Hinweise auf die Vollkommenheit des Geliebten sieht sie als starke Beweise an. Immer steht sie auf der Seite ihres Geliebten. So ist es denn auf Grund dieses Geheimnisses, dass diejenigen, die sich auf den Füßen der Liebe dem Wissen um Gott (marifetullah) zuwenden, Zweifel und Kritik kein Gehör schenken. Sie retten sich leicht (vor ihnen). Sollten sich selbst Tausende von Teufeln versammeln, könnten sie doch in den Augen (eines Liebenden) kein einziges Zeichen der Vollkommenheit seines wahren Geliebten leugnen. Wäre da keine Liebe, kämpfte er verzweifelt gegen die Kritik seiner eigenen Seele (nefs), seines Teufels und aller Teufel um ihn herum. Er müsste geradezu eine heldenhafte Standhaftigkeit, Glaubensstärke und Aufmerksamkeit haben, um sich retten zu können. So ist es denn um dieses Geheimnisses willen, dass die Liebe (muhabbet), die aus dem Wissen um Gott aufsteigt, auf allen Stufen der Heiligkeit die bedeutendste Hefe und das wichtigste Elixier ist. Aber die Liebe enthält einen Abgrund: sie springt von einem inständigen (Bitten und) Flehen und jener (Demut), Nichtigkeit (und Anspruchslosigkeit), die das Geheimnis der Anbetung ist, zu (einem Seelenzustand, wo sie am liebsten nur noch gebeten werden und nur noch Ansprüche stellen möchte) einer (reinen) Unausgewogenheit in ihrem Handeln. Wenn sie sich allen außergöttlichen Dingen (dieser Welt) zuwendet und dabei von der präpositionalen Bedeutung (der Dinge) zu deren eigentlicher nomineller Bedeutung übergeht, so verwandelt sie sich von einem Heilmittel in ein Gift. Das aber heißt, dass jemand, obwohl er andere Dinge liebt als Gott, dennoch sein Herz um Gottes des Gerechten und um Seines Namens willen und weil sie ja Spiegel Seiner Namen sind, an sie binden sollte. So denkt er denn manchmal an die Objekte seiner Liebe um der Objekte und der ihnen eigenen Vollkommenheit und ihrer essentiellen Schönheit willen. Er liebt sie um ihrer selbst willen. So kann er sie, auch wenn er nicht an Gott und seinen Propheten denkt, dennoch lieben. Diese Liebe ist kein Mittel, um Gott zu lieben. Sie ist ein Schleier vor ihm. Geschieht dies jedoch in ihrer präpositionalen Bedeutung, so geschieht es um der Liebe Gottes willen; ja man kann hier sogar von einer ihrer Manifestationen sprechen. Dritter Punkt: Diese Welt ist das Haus der Weisheit, das Haus des Dienstes. Es ist kein Haus der Bezahlung und der Belohnung. Der Sold für hier geleisteten Dienst und hier verrichtete Arbeit liegt im Zwischenreich und im Jenseits. Die hier geleistete Arbeit trägt im Zwischenreich und im Jenseits ihre Früchte. Da dies nun einmal Tatsache ist, sollten wir die Ergebnisse unserer Handlungen, die ja dem Jenseits angehören, nicht im Diesseits suchen. Würden sie ausgeteilt, sollten sie nicht in Zufriedenheit, sondern mit Bedauern entgegengenommen werden. Denn nach dem Geheimnis, dass die Früchte des Paradieses, sobald sie gepflückt werden, an gleicher Stelle wieder nachwachsen, ist es nicht vernünftig, die Früchte der Taten, die dem Jenseits gehören und als immerwährend gelten, schon in dieser Welt in ihrer vergänglichen Form zu verzehren. Es ist, als wolle man eine ewig brennende Lampe gegen eine Lampe austauschen, die nur eine Minute brennt und dann wieder verlischt. So ist es denn auf Grund dieses Geheimnisses, dass die Leute der Gottesfreundschaft alle Arbeiten, Schwierigkeiten und Unglücke als angenehm empfinden, sich nicht beklagen noch beschweren, sondern sagen: »Lobpreis und Dank sei Gott für einen jeden Zustand!« Wenn ihnen Erleuchtung und Wunder, die Entfaltung (des Geistes) und das Licht (der Seele) geschenkt wird, so nehmen sie (diese Dinge) als göttliche Gunsterweisungen an und versuchen sie zu verbergen. Sie werden darüber nicht stolz, vielmehr dankbar und (vermehren statt dessen) ihren Dienst und ihre Anbetung. Viele von ihnen haben sich gewünscht, dieser Zustand möge verborgen bleiben oder aufhören, da sonst die Reinheit ihres Tuns beschmutzt werden könnte. Die bedeutendste göttliche Gnade (ihsan) für einen (bei Gott) angesehenen Menschen besteht in der Tat darin, ihn Seine Gnadengaben (und Vorzüge) nicht verspüren zu lassen, damit er nicht vom Bitten zum Fordern und von der Dankbarkeit in den Stolz überwechseln möge. So ist es denn auf Grund dieser Wahrheit, dass solche die nach Gottesfreundschaft und (dem Weg) im Orden streben, wenn sie dies denn tun, weil sie sich ein paar Tropfen, die aus dieser Gottesfreundschaft heraussickern, ein wenig Freude und (vielleicht) ein paar Wunder erhoffen, sich diesen Dingen zuwenden und sie willkommen heißen, sie sodann mit der Möglichkeit, diese immerwährenden Früchte des Jenseits in einer vergänglichen Welt auf eine vergängliche Weise zu verzehren, zugleich die Aufrichtigkeit als Hefe der Gottesfreundschaft verlieren, womit sich zugleich der Weg öffnet, dass diese Gottesfreundschaft wieder von ihnen entweicht. Siebente Andeutung: Besteht aus vier Anmerkungen. Erste Anmerkung: Die Schari’ah ist unmittelbar, schattenlos und unverschleiert das Ergebnis einer Ansprache Gottes im Geheimnis Seiner Einheit (ahadiyet) und absoluten Herrschaft. Die höchsten Stufen auf dem Weg des Ordens und der Wahrheit gelten als Teile der Schari’ah. Oder sie gelten stets als Mittel, als eine Einführung, eine Hilfe (für das Gesetz). Ihr Ziel sind die Ausführungsbestimmungen zum Gesetz. Das heißt, um zu den Wahrheiten des Gesetzes zu gelangen, sind Weg und Wahrheit des Ordens ein Mittel, eine Hilfe, eine Sprossenleiter, um dann auf der höchsten Stufe in die Bedeutung der Wahrheit und das Geheimnis des Ordens in der Seele des Gesetzes verwandelt zu werden. Dort werden sie dann zu Bestandteilen des großen Gesetzes. Anderenfalls wäre es nicht recht, wie einige Mystiker meinen, sich vorzustellen, die Schari’ah sei nur die äußerliche Schale und die Wahrheit ihr Inneres, ihr Ziel und Ergebnis. Nun ist in der Tat die Entfaltung des Gesetzes entsprechend den verschiedenen Schichten der Menschen höchst unterschiedlich. Es wäre jedoch falsch, anzunehmen, was die Masse des Volkes sich so vorstellt, sei jener äußere Aspekt der Schari’ah, den sie ihre Wahrheit nennen und die Bezeichnung »Wahrheit« und »Orden« den verschiedenen Stufen des Gesetzes zu geben, welche sich nur für die Elite entfalten. Das Gesetz hat aber verschiedene Stufen, die sich an alle Volksschichten wenden. So entspricht es denn diesem Geheimnis, dass die Leute des Ordens und die Wahrheitssucher, je nachdem, wie weit sie bereits fortgeschritten waren, sich mehr und mehr nach der Wahrheit der Schari’ah sehnten, von ihr fasziniert waren und ihr folgten. Selbst noch die kleinste Gelobte Sitte betrachteten sie als ihr höchstes Ziel, bemühten sich, ihr zu folgen und ihr nachzueifern. Denn in welchem Grade auch immer Offenbarung höher ist als Inspiration, genauso ist auch die Praxis des Gesetzes, welche die Frucht der Offenbarung ist, um so viel höher und wichtiger als die Praxis des Ordens als Frucht der Inspiration. Deswegen ist es auch die wichtigste Basis für den Orden, der Gelobten Sitte zu folgen. Zweite Anmerkung: Der Weg des Ordens und der Wahrheit sollte nicht über seine Funktion, ein Mittel zu sein, hinausgehen. Wenn sie selbst sich zum Ziel und Zweck steigern, dann bleiben die Gesetze und die Praxis der Schari’ah und die Befolgung der Gelobten Sitte eine bloße Formel, während zugleich sich das Herz in eine andere Richtung wendet. Das heißt, man denkt mehr an seinen Kreis für Gottes Gedenken (dhikr), als an das Gebet (namas). So fühlt man sich mehr zu diesem Gedenken (dhikr) hingezogen als zu den Geboten Gottes, ist mehr damit beschäftigt, eine Übertretung der Regeln des Ordens zu vermeiden, als sich vor einer schweren Sünde zu hüten. Dementgegen kann das Gedenken (dhikr) des Ordens nicht ein Äquivalent für das Gebet (namas) sein, das zu den Pflichten (fard) des Gesetzes gehört. Es kann nicht dessen Platz einnehmen. Die Regeln für das Verhalten im Orden und die Anrufungen der Mystiker sollten eine Tröstung sein und ein Mittel zu wahrer innerer Freude innerhalb dieser pflichtgemäßen Handlungen (fard), nicht aber deren Quelle. Das heißt, das Kloster sollte (dem Sufi) die Gelegenheit geben, seine Freude beim Gebet in der Moschee zu empfinden und dabei auch auf die rechte Haltung im Gebet (namas) zu achten. Einer, der seine Gebete in der Moschee als eine bloße Formalität herunterhaspelt und dabei glaubt, er könne auf diese Weise die wahre innere Freude und Vollkommenheit im Kloster finden, entfernt sich (auf diese Weise) von der Wahrheit... Dritte Anmerkung: Manchmal wird danach gefragt, ob ein Orden außerhalb der Gelobten Sitte und den Gesetzen der Schari’ah möglich sei. Antwort: So etwas gibt es und gibt es dennoch nicht. Es gibt so etwas, denn einige vollendete Gottesfreunde wurden durch das Schwert der Schari’ah hingerichtet. Und zugleich gibt es das nicht, denn die Forscher unter den Gottesfreunden sind unter dem Gesetz von Sa’d-i Schirasi übereingekommen:


»Es ist unmöglich, Sa’di, auf dem Weg der Glückseligkeit siegreich zu sein, außer dem, der Mustafa (= der Auserwählte) folgt.«




Das heißt, für jemanden außerhalb der großen Straße des Ehrenwerten Propheten, mit dem Friede und Segen sei, der ihm nicht nachfolgt, ist es unmöglich, die wahren Lichter der Wahrheit zu erlangen. Das Geheimnis in dieser Angelegenheit ist folgendes:
Da nun einmal der Ehrenwerte Prophet, mit dem Friede und Segen sei, das Siegel der Propheten und der Ansprechpartner Gottes für das Ganze Menschengeschlecht ist, kann das Menschengeschlecht nicht außerhalb seiner Straße gehen und muss sich daher unter seiner Fahne sammeln. Da aber die Ekstatiker und die Gottesnarren für ihre Opposition nicht verantwortlich sein können, und da es nun einmal im Menschen einige subtile Organe gibt, die nicht zur Rechenschaft gezogen werden können, und wenn nun diese subtilen Organe die Herrschaft übernehmen, so kann (ein solcher Mensch) nicht dafür verantwortlich gemacht werden, wenn er sich den Vorschriften der Schari’ah entgegen stellt. Und da es nun einmal im Menschen solche subtilen Organe gibt, die, so wenig man sie zur Rechenschaft ziehen kann, sie auch nicht (bewusst) durch unseren Willen beherrscht werden, ja noch nicht einmal von unserem Verstand kontrolliert werden können, da sie nicht (auf die Stimme) des Herzens und des Verstandes hören, besonders dann nicht, wenn diese subtilen Organe einen Menschen beherrschen, jedoch nur zu dieser besonderen Zeit, so fällt er nicht von seiner Stufe der Gottesfreundschaft herunter, wenn er sich der Schari’ah entgegen stellt; und somit ist er denn entschuldigt. Dies jedoch nur unter der Bedingung, dass er die Wahrheiten der Schari’ah und die Grundregeln des Glaubens nicht leugnet, nicht kritisiert, nicht verachtet. Auch wenn er nach dem Gesetz lebt, so muss er doch das Gesetz als richtig anerkennen. Würde er jedoch von einem derartigen Zustand überwältigt und würde er dann eine Haltung annehmen, die erkennen lässt – und hier nehme ich meine Zuflucht zu Gott! – diese feststehenden Wahrheiten leugnet und bestreitet, so wäre dies ein Zeichen seines Absturzes!

Zusammenfassung: Unter denen, die sich auf einem Sufi-Weg außerhalb des Bereiches der Schari’ah befinden, gibt es zwei Gruppen.

Erste Gruppe: Sowie oben bereits beschrieben wurde, sind (diese Menschen) entweder von ihrer Befindlichkeit (hal), oder von einer Art Rauschzustand, Trunkenheit oder Ekstase überwältigt oder aber sie werden von ihren subtilen Organen beherrscht, welche die Vorschriften des Glaubens nicht beachten oder auf einen willentlichen (Befehl) nicht hören, weshalb sie dann den Bereich der Schariah verlassen. Was aber dieses Verlassen betrifft, so hat es jedoch nichts damit zu tun, dass sie die Anordnungen der Schari’ah nicht mehr mögen oder ihnen nicht mehr (folgen) wollen. Sie verlassen ihn vielmehr gezwungenermaßen und gewissermaßen gegen ihren Willen. Diese Gruppe sind Leute der Gottesfreundschaft. Ja es gab unter ihnen sogar gelegentlich bedeutende Heilige. Ja es haben sogar Forscher unter den Gottesfreunden bestätigt, dass sich einige unter diesen (Heiligen) nicht nur außerhalb des Bereiches der Schari’ah, sondern sogar außerhalb des Bereiches des Islam befunden haben. Dies jedoch nur unter der Bedingung, dass sie niemals eines der Gesetze bestritten haben, die Mohammed, mit dem Friede und Segen sei, gebracht hatte. Sie haben entweder nicht weiter darüber nachgedacht, oder sie einfach aus den Augen verloren, nichts von ihnen gewusst, oder nicht wissen können. Hätten sie darum gewusst und sie trotzdem nicht angenommen, (so wäre diese Bedingung) nicht erfüllt!...

Was nun aber die zweite Gruppe betrifft: Diese (Menschen) sind geradezu hingerissen von den glänzenden Freuden des Ordens und der Wahrheiten und, da sie die Freuden der Wahrheiten der Schari’ah nicht erreichen können, welche weit über sie erhaben sind, so glauben sie, es handle sich dabei nur um langweilige Formalitäten und zeigen sich ihnen gegenüber gleichgültig. Schritt für Schritt meinen sie, die Schari’ah sei nur eine äußere Schale, die Wahrheit, die sie gefunden haben, hingegen die eigentliche Basis und das Ziel. So sagen sie denn: »Ich habe sie gefunden und sie genügt mir.« und handeln entsprechend den Anordnungen der Schari’ah entgegengesetzt. Diejenigen, die in dieser Gruppe ihre Sinne beieinander haben, sind dafür verantwortlich; sie stürzen ab, ja werden teilweise zu einer Maskerade des Teufels!...

Vierte Anmerkung: Einige Personen unter den Leuten des Irrwegs und in der Sekte der ketzerischen Erneuerung (bid’a) werden in den Augen der Gemeinde (umma) für akzeptabel gehalten. Genauso gibt es aber auch einige Personen, die sich äußerlich in nichts von ihnen unterscheiden, die aber von der Gemeinde zurückgewiesen werden. Ich habe mich darüber gewundert. So war zum Beispiel in der Schule (mesheb) der Mu’tesila ein gewisser Samahschari, den, obwohl er doch einer der eifrigsten (Mitglieder) in dieser Sekte war, die Erforscher der Wahrheit unter den Leuten der Sunnah dennoch und trotz seiner kritischen Anmerkungen, nicht zum Ungläubigen oder Irrgläubigen erklärten, vielmehr nach einem Ausweg suchten, um ihn zu retten. Wohingegen sie andere Imame der Mu’tesiliten, wie Abu Ali Cubbai, obwohl er doch in seinem Eifer noch weit unterhalb von Samahschari stand, ablehnten und zurückwiesen. Mich hat dieses Geheimnis eine lange Zeit neugierig gemacht. Dann aber verstand ich durch die Gnade Gottes: Samahscharis Einwände gegen die Leute der Sunnah erwuchsen aus seiner Liebe zur Wahrheit auf seinem Weg, den er für den richtigen hielt. Das also heißt zum Beispiel (in der Lehre von) der Theodizee, dass die Tiere in seinen Augen selbst Schöpfer ihrer eigenen Handlungen sind. Deshalb akzeptierte er in seiner Liebe zu Gott dem Gerechten und Seiner Rechtfertigung, insoweit es um das Thema schöpferischen Handelns geht, nicht den Grundsatz der Leute der Sunnah. Dementgegen wurden die anderen Imame der Mu’tesiliten weniger um ihrer Liebe zur Wahrheit willen abgelehnt, als vielmehr weil ihr viel zu kurzer Verstand die erhabenen Grundsätze der Leute der Sunnah nicht erreichen konnte und sie (auch nicht dazu in der Lage waren), die umfangreichen Gesetze der Leute der Sunnah in ihrer eigenen engen Vorstellung unterzubringen und sie daher abgelehnt haben. In genau der gleichen Weise wie die Mu’tesilah den Leuten der Tradition und der Gemeinschaft (Sunnah ve Cemaat) in theologischer Hinsicht widersprach, ist auch der Widerspruch einiger, die einem Sufi-Weg außerhalb der Gelobten Sitte folgen, von zweierlei Art.

Erstens: Sie bleiben ähnlich wie Samahschari, hingerissen von ihrem eigenen Seelenzustand (hal) und begeistert für ihre Schule (meschreb) ein wenig gleichgültig gegenüber dem Verhaltenskodex (der Schari’ah), weil sie (auf diesem Wege) nicht den gleichen Grad an innerer Zufriedenheit erlangen konnten.
Was die zweite Art betrifft, so betrachten (diese Leute) den Verhaltenskodex (der Schariah) im Vergleich zu den (entsprechenden) Regeln des Ordens – Gott bewahre! – als unbedeutend. Denn ihr beschränktes Auffassungsvermögen kann eine solche weitreichende Zufriedenheit nicht umspannen und sie können auf ihrer niedrigen Stufe (maqam) diese hohe Sittlichkeit (adab) nicht erreichen...

Achte Andeutung: Beschreibt acht Abgründe.

Erstens: Ein Teil der Leute, die sich zwar auf dem geistigen Weg befinden, sich jedoch nicht vollkommen an die Gelobten Sitten halten, stürzen so in einen Abgrund, weil sie ihre Gottesfreundschaft dem Prophetentum vorziehen. Im Vierundzwanzigsten und Einunddreißigsten Wort wurde bereits bewiesen, wie erhaben das Prophetentum ist, und wie geradezu öde demgegenüber eine Gottesfreundschaft.

Zweitens: Ein Teil der Leute des Ordens ziehen einen Exzentriker als Gottesfreund einem Sahabi vor, ja betrachten ihn sogar als einem Propheten gleichwertig und stürzen so in einen Abgrund. Im Zwölften und Siebenundzwanzigstent und im Anhang dazu, über die Sahabis, wurde bereits mit Sicherheit bewiesen: die Sahabis unterhielten miteinander eine so besondere Gemeinschaft (sohbet), dass sie nicht durch eine Gottesfreundschaft erreicht werden kann. Die Sahabis können also niemals übertroffen werden und die Gottesfreunde niemals einem Propheten gleichkommen!

Drittens: Ein Teil derer, die geradezu übereifrig ihrem Orden anhängen, opponieren den Gelobten Sitten und geben diese auf, weil sie die Sitten, die Lebensweise und die Rezitationen ihres Ordens vorziehen. Auf diese Weise werden sie in der Befolgung des Verhaltenskodex (der Schari’a) nachlässig und fallen so in den Abgrund.
Wie bereits in vielen Worten (Sözler) bewiesen, sagten schon manche führende Gelehrte der Ordensleute, wie Imam Ghasali und Imam Rabbani: »Der Grad der Annahme (bei Gott), der durch die Befolgung einer einzigen der Gelobten Sitten erlangt wird, kann auch durch die Beobachtung von hundert guten Gewohnheiten und persönlichen Übungen nicht erreicht werden! Und so wie auch nur eine einzige Pflichtübung (fard) tausend freiwilligen Übungen (Sunnah) überlegen ist, so ist auch eine einzige der Gelobten Sitten tausend guten Gewohnheiten (adab) der Mystiker überlegen!«

Viertens: Einige Extremisten unter den Leuten der Sufis glauben Inspiration sei das gleiche wie eine Offenbarung und die Inspiration von der gleichen Art wie eine Offenbarung und fallen so in den Abgrund. Es wurde aber bereits im Zwölften Wort und im Fünfundzwanzigsten Wort über die Wunderhaftigkeit des Qur’an mit unwiderlegbarer Sicherheit bewiesen, wie erhaben, allumfassend und heilig eine Offenbarung, und wie unbedeutend und öde dahingegen eine Eingebung ist.

Fünftens: Ein Teil der Sufis, die das Geheimnis des Ordensweges nicht verstehen, finden ihre Freude, Licht (nur) und (Gottes wunderbare) Gnade (keramat), die ihnen ungebeten geschenkt wurden so schön und sind davon so hingerissen, wenn sie die Schwachen stärken, die Gleichgültigen ermuntern und so allen Überdruss und alle Mühsal erleichtern, die aus dem strengen Dienstreglement erwachsen, dass sie der Anbetung, dem Dienst und den Rezitationen den Vorzug geben und so in den Abgrund stürzen. Es wurde schon im Dritten Punkt der Sechsten Andeutung dieses Kapitels kurz und bündig erklärt und in andern Worten (Sözler) unwiderlegbar bewiesen: Das Haus, das diese Welt ist, ist ein Haus des Dienstes und nicht das Haus der Entlohnung! Für die, welche ihre Entlohnung schon hier erwarten, wobei sie die ewig bleibenden, immerwährenden Früchte in ihre vergängliche, nur vorübergehende Form verwandeln, ist ihr Bleiben in dieser Welt recht angenehm. Sie schauen nicht sehnsüchtig nach dem Zwischenreich (bersah) aus. In gewisser Weise lieben sie dieses irdische Leben, denn sie finden in ihm eine gewisse Art des jenseitigen (Lebens).

Sechstens: Unter einem Teil der Leute des geistigen Weges, die keine Leute der Wahrheit sind, gibt es einige, die das Dämmerlicht, die Schatten und die bruchstückhaften Beispiele für einige Stufen (maqam) der Heiligkeit mit den ursprünglichen, allumfassenden Stufen verwechseln und so in den Abgrund stürzen. Bereits im Zweiten Ast des Vierundzwanzigsten Wortes und auch in anderen Worten (Sözler) wurde unwiderlegbar bewiesen: Sowie die Sonne sich mit Hilfe einiger Spiegel vervielfältigen lässt, die nun Tausende von Abbildern haben, so werden diese nun der Sonne gleich zu Eigentümern von Licht und Wärme. Doch diese abgebildeten Sonnen sind im Vergleich zu der wahren Sonne nur sehr schwach. In gleicher Weise haben die Stufen der Propheten und die Stufen der großen Gottesfreunde ihre dunklen und ihre zwielichtigen Seiten. Die Leute auf ihrer spirituellen Reise treten in diese ein und sehen sich selbst als noch gewaltiger als diese gewaltigen Heiligen, ja glauben, inzwischen schon weiter fortgeschritten zu sein als die Propheten und fallen so in einen Abgrund. Um jedoch zu vermeiden, an all diesen oben angeführten Abgründen zu Schaden zu kommen, muss man die Grundsätze des Glaubens und die Fundamente der Schari’ah stets zur Richtschnur und Basis wählen und sich immer das, was bezeugt wurde und seine Freuden als dem entgegengesetzt vorstellen.

Siebentens: Einige Leute der meditativen Wahrnehmung und der Ekstase ziehen auf ihrer geistigen Reise Stolz, Hochnäsigkeit, übertriebene Ansprüche, die Zuneigung der Menschen und (den Wunsch, ihr) Mittelpunkt zu sein, der Dankbarkeit, dem inständigen Flehen und inbrünstigen Bitten und der bescheidenen Zurückhaltung vor den Menschen vor und stürzen so in den Abgrund. Wohingegen der höchste Grad doch der des Mohammedanischen Dienstes und seiner Anbetung ist, den man (den Grad) des Geliebten Gottes (Mahbubiyet) nennt. Was aber diesen Dienst, diese Anbetung betrifft, so ist ihre tiefste, geheime Absicht, die Manifestation der Vollendung dieser Wahrheit durch inständiges Bitten, Dankbarkeit, inbrünstiges Flehen, Ehrfurcht, Schwäche, Armseligkeit und eine bescheidene Zurückhaltung vor den Menschen zu erlangen. Einige der großen Gottesfreunde sind unabsichtlich und wenn auch nur vorübergehend stolz, hochnäsig und übertrieben in ihren Ansprüchen geworden. Aber in diesem Punkt darf man ihnen nicht in voller Absicht folgen. Sie sind rechtgeleitet, doch selbst keine Führer; und so darf man ihnen nicht nachfolgen!

Der achte Abgrund: Einige unter denen, die auf ihrer spirituellen Reise sind, selbstsüchtig und voreilig, wollen die Früchte der Gottesfreundschaft, die sie doch erst im Jenseits pflücken sollten, schon in dieser Welt genießen und fallen so in einen Abgrund, indem sie (nach diesen Früchten schon) während ihrer spirituellen Reise suchen. Doch:



»Doch das Leben in dieser Welt gleicht einer berauschenden Leihgabe.« (Sure 3, 185)




Durch dergleichen Ayat, und wie bereits in vielen Worten (Sözler) zuverlässig bewiesen wurde, ist eine einzige Frucht aus der beständigen Welt tausend Gärten dieser vergänglichen Welt vorzuziehen. Aus diesem Grund sollten solche gesegneten Früchte nicht schon hier verzehrt werden. Werden sie hier unverlangt zu essen angeboten, sollte man dafür danken und sie als eine göttliche Gnadengabe betrachten, nicht als eine Belohnung, sondern als eine Ermunterung.

Neunte Andeutung: Wir wollen hier kurz neun der so zahlreichen Früchte und Vorzüge auf dem Ordensweg beschreiben.

Die erste ist die Entfaltung und das Aufscheinen der Glaubenswahrheiten auf dem Ordensweg, welcher der gerade Weg ist, und welche der Schlüssel, die Quelle und der Brunnen der unerschöpflichen Schätze in der Ewigen Glückseligkeit sind. Es ist eine Erscheinung mit dem Grad augenscheinlicher Gewissheit .

Die zweite Frucht: Es geschieht auf dem Ordensweg, der ein Mittel ist, das Herz in Betrieb zu setzen, das Schwungrad in der menschlichen Maschine, welcher der Anlasser des Herzens ist, um alle übrigen subtilen Organe in Bewegung zu bringen, um sie dazu anzutreiben, den Zweck ihrer Erschaffung zu erfüllen: (die Vollendung) wahrer Menschlichkeit.

Die dritte Frucht: Auf der Reise ins Zwischenreich (bersah) und das Jenseits bedeutet dies, sich einem Orden in der Kette (silsilah) einer seiner Ketten anzuschließen und ein Gefährte in solch einer erleuchteten Karawane auf dem Weg in die Ewigkeit zu sein und so erlöst zu werden von der furchtbaren Einsamkeit und so eine Vertrautheit mit ihr in dieser Welt und im Zwischenreich zu finden und sich auf ihren Konsens zu verlassen und ihre Übereinstimmung angesichts der Angriffe von Furcht und Zweifel und jeden ihrer Meister als einen mächtigen (lebenden) Beweis und als ein mächtiges Zeugnis zu betrachten und durch sie alle Zweifel und irrigen Vorstellungen zurückzuweisen.

Die vierte Frucht: besteht darin, im Glauben das Wissen um Gott und das Wissen um Gott in der Freude über die Liebe Gottes mit Hilfe eines lauteren Ordensweges zu verstehen, um dann in diesem Verständnis von der absoluten Isolation in dieser Welt und von diesem absoluten Exil des Menschen in diesem Universum errettet zu werden. Wir haben bereits in vielen Worten (Sözler) bewiesen, dass die Glückseligkeit beider Welten, eine Freude ohne jeden Schmerz, eine Vertrautheit ohne jede Verlassenheit, wahre Freude und echtes Glück in der Wahrheit des Glaubens und des Islam gefunden werden. Wie bereits im Zweiten Wort erklärt wurde, birgt der Glaube den Samenkern des paradiesischen Tubabaumes.
So wächst und gedeiht denn dieses Samenkorn unter der Einhaltung der Regeln des Ordensweges.

Die fünfte Frucht ist: die subtilen Wahrheiten zu empfangen, die sich auf dem Weg des Ordens und dem Gedenken Gottes (dhikr) aus der Einhaltung der Gebote der Schari’ah ergeben und sie zu schätzen wissen... Dann wird er nicht unter Zwang gehorchen, sondern seinen Dienst und die Anbetung in Sehnsucht verrichten.

Die sechste Frucht ist: die Stufe (maqam) des Gottvertrauens, den Rang der Hingabe und den Grad göttlichen Wohlgefallens zu erlangen, welche die wahren Mittel und Werkzeuge wahrhaftiger Freude, aufrichtiger Tröstung und einer inneren Heiterkeit ohne jeden Kummer und eine Vertrautheit ohne jede Verlassenheit ist.

Die siebente Frucht ist: die wichtigste Bedingung, um in Aufrichtigkeit auf dem Ordensweg zu fahren, und zugleich auch sein bedeutendstes Ergebnis, um aus den Niederungen (der Seele) wie einer versteckten Abgötterei, Scheinheiligkeit und allem unechten (Gehabe) befreit zu werden. Und es ist zugleich auch die Errettung durch eine Reinigung der Seele (nefs) von den Gefahren dieser eigenwilligen Seele und den Gefahren des Egoismus, was einer chirurgischen Operation auf dem Ordensweg gleichkommt.

Die achte Frucht ist: durch Gottes Gedenken (dhikr) in seinem Herzen und kontemplative Versenkung auf dem Ordensweg Gottes Wohlwollen, seine göttliche Gegenwart und eine feste Absicht (niyet) zu gewinnen und so seine Gewohnheiten in Dienst und Anbetung zu verwandeln, zugleich aus seinen irdischen Handlungen Wohltaten für das Jenseits zu machen, auf diese Weise das Kapital seines Lebens aufs Schönste anzulegen und so jede Minute der Spanne seines Lebens in Samenkörner umzuwandeln, welche die Ähren des Ewigen Lebens tragen werden.

Die neunte Frucht ist: der Einsatz, um durch diese spirituelle Reise seines Herzens, unter dem Einsatz seines Geistes (ruh) und seine innere Reifung ein Vollkommener Mensch (insanu-l’kamil) zu werden, nämlich ein wahrer Gläubiger und ein ganzer Muslim, das heißt, nicht nur einen oberflächlichen Glauben, sondern einen echten Glauben und wahren Islam zu gewinnen, das heißt, in diesem Weltall und gewissermaßen als der Repräsentant in diesem Weltall unmittelbar der Diener und Anbeter des Schöpfers in Seiner Majestät und Sein Ansprechpartner zu werden, Sein Freund zu werden, Sein Gefährte (chalil) zu werden, seine Abspiegelung zu sein und sich als das beste aller Geschöpfe zu erweisen und auf diese Weise den Grund für die Bevorzugung der Söhne Adams vor den Engeln zu beweisen. So wird er sich auf den Flügeln der Schari’ah, d.h. dem Glauben und den guten Werken zu den hohen Stufen (maqam) emporschwingen und noch in dieser Welt die Ewige Glückseligkeit schauen, ja sogar in diese Glückseligkeit eingehen...



»Gepriesen seist Du! Wir haben kein Wissen außer dem, das Du uns gelehrt hast. Du bist der Allwissende und der Allweise.« (Sure 2, 32)





[h=1]Vier Schritte zur Vervollkommnung[/h]
Anhang



»Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Barmherzigen.«




Dieser kleine Anhang ist von großer Bedeutung. Jeder kann daraus seinen Nutzen ziehen.
Es gibt viele Wege, die zu Gott dem Gerechten führen. Alle wahrhaftigen Wege sind aus dem Qur’an entnommen. Aber manche dieser Wege sind kürzer als andere, noch sicherer, noch umfassender. Hier handelt es sich um den Weg »Schwäche, Armseligkeit, selbstlose Liebe und Nachdenken«, den ich neben anderen durch meinen Verstand in meiner Wenigkeit aus dem Qur’an herausgefunden habe. Ja, die Schwäche ist auch ein Weg wie die Liebe, ja sogar ist sie noch sicherer: Dank des Weges des Gottesdienstes führt sie hin, bis man Geliebter Gottes wird. Die Armseligkeit führt auch zu dem Namen Gottes »der Erbarmer (Rahman)«. Ferner ist die selbstlose Liebe ein Weg wie die Liebe, ja sogar noch schärfer und noch umfassender. Er führt zu dem Namen Gottes »der Barmherzige (Rahim)«. Ferner ist das Nachdenken auch ein Weg wie die Liebe, ja sogar noch reicher, noch glänzender und noch umfassender. Er führt zu dem Namen Gottes »der Weise (Hakim)«. Dieser Weg besteht nicht aus zehn Schritten, die man auf dem esoterischen Weg als »Zehn Feinheiten« nennt, oder nicht Schritte auf sieben Stufen, die man auf dem exoterischen Weg als »Sieben Seelen« bezeichnet, sondern vielmehr besteht er aus »vier Schritten«. Er ist mehr als Mystik, er ist die Erkenntnis der Wahrheit. Er ist die Schari’a, der Weg der Gebote Gottes. Man soll nicht falsch verstehen: Das heißt, dass man seine Schwäche, Armseligkeit und Fehler Gott dem Gerechten gegenüber erkennt. Das heißt nicht, dass man sie vorführt oder den Leuten zur Schau stellt. Die Gebete dieses kurzen Weges sind: Dem Vorbild des Propheten folgen, die Pflichtgebote einhalten, die großen Sünden verlassen und besonders die Pflichtgebete vorschriftgetreu verrichten und an deren Ende die besonderen Rezitationen vollziehen. Auf den ersten Schritt weist die Ayah



»Erklärt euch nicht selbst für rein!« (Sure 53, 32)




hin. Auf den zweiten Schritt weist die Ayah



»Und seid nicht wie diejenigen, die Gott vergessen haben, worauf Er sie sich selber vergessen ließ.« (Sure 59, 19)




hin. Auf den dritten Schritt weist die Ayah:



»Was dich an Gutem trifft, kommt von Gott, was dich an Schlimmen trifft, von dir selbst.« (Sure 4, 79)




hin. Auf den vierten Schritt weist die Ayah



»Alles ist dem Untergang geweiht, nur Er (wörtlich: Sein Antlitz) nicht.« (Sure 28, 88)




hin. Eine kurze Erläuterung zu diesen vier Schritten ist folgend:

Erster Schritt: Man soll sich nicht für geläutert halten, wie die Ayah



»Erklärt euch nicht selbst für rein!« (Sure 53, 32)




hinweist. Denn der Mensch liebt von seinem Wesen und seiner Veranlagung her sich selbst. Ja vielmehr liebt er an erster Stelle und direkt sein Wesen. Er opfert alles andere seinem Selbst. Er lobt sich selbst auf einer Art, wie es dem Angebeteten gebührt. Er erklärt sich selbst von schändlichen Handlungen frei und spricht sich frei, wie dies dem Angebeteten zukommt. Soweit wie möglich hält er sich nicht als geeignet für Fehler und er nimmt sie nicht an. Er verteidigt sich heftig in der Art einer Selbstverehrung. Sogar verwendet er die Anlagen und Fähigkeiten, die seinem Wesen anvertraut sind und ihm dazu verliehen wurden, um den wahren Angebeteten zu loben und zu preisen, für sich selbst. So erfährt er das Geheimnis von



»Einem, der seine persönliche Neigung sich zu seinem Gott gemacht hat.« (Sure 25, 43)




Er sieht sich selbst, er vertraut auf sich selbst, er gefällt sich selbst. So ist auf dieser Stufe und in diesem Schritt die Läuterung und Reinigung der Seele, dass man sich nicht für geläutert und gereinigt hält.

Zweiter Schritt: Wie die Ayah



»Und seid nicht wie diejenigen, die Gott vergessen haben, worauf Er sie sich selber vergessen ließ.« (Sure 59, 19)




diesen Unterricht erteilt: Er hat sich selbst vergessen, er hat keine Ahnung von sich selbst. Denkt er an den Tod, so gibt er ihn den anderen. Sieht er das Vergehen und den Untergang, so will er sie nicht auf sich beziehen. Wo es um Mühe und Dienst geht, so vergisst er sich, aber wo es um die Belohnung und um die Freude geht, denkt er an sich selbst und bezieht es sehr stark auf sich. Das ist charakteristisch für eine eigenwillige Seele. An dieser Stelle wird sie geläutert, gereinigt und wohlerzogen durch das Gegenteil dieser Haltung. Das heißt, wo die Seele sich vergessen will, soll man sie nicht vergessen. Das heißt, man soll sich vergessen, wo es um Freude und Wünsche geht, und an sich denken, wenn es sich um Tod und Dienst handelt.

Dritter Schritt: Wie die Ayah



»Was dich an Gutem trifft, kommt von Gott, was dich an Schlimmen trifft, von dir selber.« (Sure 4, 79)




diesen Unterricht erteilt: Die Besonderheit der Seele ist es, das Gute sich selbst zu vermachen und darauf stolz und hochmütig zu sein. In diesem Schritt soll man bei seiner Seele nur Fehler, Mängel, Schwäche und Armseligkeit erkennen und verstehen, dass alle Schönheiten und Vollkommenheiten Geschenke sind, die von dem majestätischen Schöpfer gegeben wurden. Man soll an der Stelle von Stolz Gott danken und an der Stelle von Selbstruhm Gott loben. Auf dieser Stufe ist ihre Läuterung nach dem Geheimnis



»Wohl ergeht es dem, der sie von sich aus rein hält.« (Sure 91, 9)




folgendes: Man soll seine Vollkommenheit in seiner Unvollkommenheit, seine Macht in seiner Schwäche, und sein Reichtum in seiner Armseligkeit wissen.

Vierter Schritt: Wie die Ayah



»Alles ist dem Untergang geweiht, nur Er (wörtlich: Sein Antlitz) nicht.« (Sure 28, 88)




diesen Unterricht erteilt: Die Seele hält sich für frei und selbständig und unabhängig existent. Daher beansprucht sie eine Art Herrschaft. Sie ist ihrem Angebeteten gegenüber feindselig und aufständisch gesinnt. Sie kann sich so davor retten, indem sie diese folgende Wahrheit begreift. Die Wahrheit ist folgendermaßen: Jedes Ding ist in seinem Wesen, wenn man es aus sich selbst heraus sinnvoll betrachtet, vergänglich, nicht vorhanden, eine Eingebung und nicht existent. Aber wenn man es wie ein Verhältniswort in der Grammatik betrachtet und dass es als ein Spiegel für die Namen des majestätischen Schöpfers dient und beauftragt ist, so ist es ein Zeuge, ein Bezeugter, es hat einen Körper und es existiert. An dieser Stelle ist ihre Läuterung und Reinigung folgendermaßen: In ihrer Anwesenheit ist sie abwesend und in ihrer Abwesenheit ist die anwesend. Das heißt: Wenn sie sich für etwas hält und denkt, sie würde selbständig existieren, so sitzt sie in einer dermaßen großen Finsternis der Abwesenheit im Umfang des ganzen Kosmos. Das heißt, wenn sie auf ihre persönliche Existenz vertraut und Denjenigen, der sie in Wahrheit ins Dasein brachte, vergisst, so liegt sie wie ein Leuchtkäfer mit einem persönlichen Licht im Körper in grenzenloser Finsternis der Abwesenheit und der Trennungen. So ertrinkt sie. Wenn sie aber den Egoismus verlässt und einsieht, dass sie persönlich nichts ist und nur ein Spiegelbild dessen, der alles in Wahrheit erschafft, da gewinnt sie die ganze Schöpfung und einen grenzenlosen Körper. Denn derjenige, der den Herrn, den Notwendigseienden findet, dessen Namen in allen Schöpfungen in Erscheinung treten, findet alles.



Vier Schritte zur Vervollkommnung


Schlusswort
Die Erklärung dieser vier Schritte von dem Weg »der Erkenntnis der eigenen Schwäche, Armseligkeit, selbstlosen Liebe und des Nachdenkens« findet sich in den Sechsundzwanzig Worten, die für das Erkennen der Wahrheit, für die Wahrheit der Scharia, des Weges der Gesetzgebung, und über die Weisheit des Qur’an verfasst wurden. Hier wollen wir auf ein, zwei Punkte nur kurz hinweisen. Es ist dies wie folgt:
In der Tat ist dieser Weg noch kürzer. Denn er besteht aus vier Schritten. Wenn die Schwäche die Hand der Begierde von der Seele wegnimmt, schreibt die Seele alles unmittelbar auf Gott den Allmächtigen, den Majestätischen zu. Stattdessen lässt die Liebe, die als wirksamer Weg betrachtet wird, die Hand der Begierde von der Seele wegziehen, so hält sich die Seele dennoch an einer irdischen Geliebten fest. Nachdem sie ihren Untergang erfahren hat, richtet sie sich nach dem wahren Geliebten. Ferner ist dieser Weg noch sicherer. Denn auf diesem Weg kann die Seele nicht in einen geistigen Rausch verfallen und keine überheblichen Ansprüche erheben. Denn man sieht in der eigenen Seele nichts anderes als Schwäche, Armseligkeit und Fehler, sodass man überheblich werden könnte. Ferner ist dieser Weg noch umfassender und eine große Straße. Denn, auf diesem Weg wird nicht gedacht, dass die Welt zum Nichtsein verurteilt ist, wie die Leute »der Einheitslehre des Seins« tun, um ständig mit der Gegenwart Gottes zu leben, und muss nicht urteilen: »La maudjuda illa hu (Es gibt nichts Existentes außer Ihm.)« Oder man muss sich nicht wie die Leute der »Einheitslehre der Bezeugten« vorstellen, dass die Welt in die Haft der absoluten Vergessenheit verurteilt ist, und sagen »La mashhuda illa hu (Es gibt nichts Bezeugtes außer Ihm.)«, um ständig mit der Gegenwart Gottes leben zu können. Vielmehr, da der Qur’an der Welt ganz eindeutig ihr Nichtsein und ihre Haft erlässt, richtet sich unser Weg auch dementsprechend. Er entbindet alle Existenzen vom Dienst auf eigene Rechnung und stellt sie auf die Rechnung des majestätischen Schöpfers in Dienst. Dieser Weg setzt die Existenzen ein, im Auftrag als Erscheinungsort und Spiegel für die Schönen Namen Gottes zu dienen, und er betrachtet sie wie ein Verhältniswort zu seinem Substantiv, dem Schöpfer. Auf diesem Weg kann man sich vor der absoluten Gottvergessenheit retten, in die ständige Gegenwart Gottes eintreten und in jedem Ding einen Weg zu Gott dem Gerechten finden.

Zusammenfassung: Hier handelt es sich darum, die Dinge vom Dienst auf die eigene Rechnung zu entbinden und sie nicht von sich aus als sinnvoll zu betrachten.
 
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